Schlagwort-Archive: Sprachverwirrung

Warum man Fake News nicht verbieten kann: Eine Fallstudie

Von Anatol Stefanowitsch

Zufäl­lig war ich heute auf der Suche nach Wei­h­nachts­geschenken in den Schön­hauser-Allee-Arkaden (einem Einkauf­szen­trum im Pren­zlauer Berg), als der Ein­gang und die Straße und der U‑Bahnhof vor dem Einkauf­szen­trum von der Polizei abges­per­rt wur­den. Ein fre­undlich­er Beamter erk­lärte auf Nach­frage, dass man einen verdächti­gen Gegen­stand gefun­den habe, der nun unter­sucht würde.

Das wurde auch schnell von eini­gen lokalen Medi­en auf Twit­ter bekan­nt­gegeben, z.B. hier (um 14:33):

Der Gegen­stand wurde am Ende ergeb­nis­los gesprengt (es war, je nach Mel­dung, eine Tüte, ein Kof­fer oder ein leer­er Schuhkar­ton) und mein Wei­h­nachts­geschenk habe ich auch nicht gefun­den, aber dafür eine schöne Fall­studie darüber, wie man Fake News ver­fasst, ohne dabei zu lügen. Weit­er­lesen

Wie man Männer zu Affen macht

Von Anatol Stefanowitsch

Die Rheinis­che Post hat gestern mit der Behaup­tung „Män­ner ähneln Affen mehr als Frauen“ die schlecht­este Schlagzeile eines pop­ulär­wis­senschaftlichen Artikels geliefert, die mir in diesem Jahr untergekom­men ist. Sie ist nicht nur falsch (was selb­st biol­o­gisch nur schwach gebilde­ten Men­schen intu­itiv klar sein dürfte), sie beruht außer­dem auf einem tief ver­wurzel­ten sex­is­tis­chen Denkmuster.

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Sprachgeografische Verwirrung

Von Anatol Stefanowitsch

Nein, ich meinte tat­säch­lich „sor­bis­che Pronomen“, son­st hätte ich „rus­sis­che“ oder „ara­bis­che“ geschrieben (wobei let­ztere auch äußerst inter­es­sant sind)

Sorbischepronomen

Merke: Such­maschi­nen soll­ten nur dann ver­suchen, klüger als der Nutzer zu sein, wenn sie klüger als der Nutzer sind.

Lobet den Herrn!

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn auch Ihr in den Klauen ein­er Sek­te seid, in der englis­ches Lehngut ange­betet wird: Es beste­ht Hoff­nung. Entsagt dem angel­säch­sis­chen Teufel­szeug und kehrt in den Schoß der einen wahren Kirche zurück.

Vomanglizismuskonvertiert

Oder ihr lernt den Unter­schied zwis­chen „Anglizis­mus“ und „Anglikanis­mus“ und genießt ein­fach euer Leben. Und feiert den Anglizis­mus des Jahres.

Bock zum Gärtner

Von Anatol Stefanowitsch

Während die Sprach­nör­gler in Deutsch­land sich haupt­säch­lich auf englis­che Lehn­wörter ein­schießen, bekämpfen ihre britis­chen Brüder und Schwest­ern im Geiste von der britis­chen Plain Eng­lish Cam­paignhaupt­säch­lich SMS- und Jugend­sprache, lange Sätze, Meta­phern — im Prinzip alles, was sie nicht verstehen.

Zum The­ma „Meta­phern“ geben sie den um eine klare Sprache bemüht­en Besuch­ern ihrer Web­seite zum Beispiel diese War­nung auf den Weg:

George Orwell’s advice is still worth fol­low­ing: ‘Nev­er use a metaphor, sim­i­le, or oth­er fig­ure of speech which you are used to see­ing in print.’ („George Orwells Rat gilt immer noch: Ver­wende nie eine Meta­pher, einen Ver­gle­ich oder son­st irgen­deine Rede­fig­ur, die du regelmäßig gedruckt siehst.“)

Irgend­je­mand hat aber offen­sichtlich vergessen, das der Press­esprecherin des Vere­ins zu sagen. Die äußerte gegenüber der Tageszeitung Dai­ly Mail gegenüber näm­lich jüngst Fol­gen­des (Rede­fig­uren, die man schon eine Mil­lion mal gedruckt gese­hen hat, sind in Fettdruck dargestellt): Weit­er­lesen

Säumige Handwerker

Von Anatol Stefanowitsch

Die Ham­burg­er Handw­erk­skam­mer wirbt seit eini­gen Monat­en in Bah­nen, Bussen und Zeitun­gen, und im Sep­tem­ber sog­ar mit einem Groß­plakat am Dock 10, mit dem Slo­gan „Zugegeben, Ham­burg ist uns gut gelun­gen. Aber wir hat­ten ja auch 1.200 Jahre Zeit“.

Hamburgistunsgutgelungen

Ich nehme an, dass das Handw­erk sich mit diesem Werbe­spruch pos­i­tiv darstellen will, auch wenn ich den ver­schlun­genen Gedanken­gang nicht nachvol­lziehen kann, auf dem ein Wer­ber zur Überzeu­gung gelangt ist, dass der Slo­gan diesen Zweck erfüllt.

Denn dass die Ham­burg­er Handw­erk­er min­destens 1.200 Jahre brauchen, um über­haupt mal vor­bei zu schauen, das wussten wir auch so. Neu ist nur, dass sie auch noch stolz darauf sind.

Merkels Lieblingszitat

Von Anatol Stefanowitsch

Im Bun­destagswahlkampf fällt ja auf, dass alle Spitzenkan­di­dat­en ver­suchen, das Web 2.0 für sich zu nutzen. Ver­mut­lich ziehen sie ihre Inspi­ra­tion dafür aus dem US-amerikanis­chen Präsi­dentschaftswahlkampf, vergessen dabei aber, dass Barack Oba­ma das Web deshalb so erfol­gre­ich nutzen kon­nte, weil er tat­säch­lich weiß, wie man es bedi­ent. Bei unseren Poli­tik­ern dage­gen durch­schaut man schnell, dass sie nur bloggen lassen, dass Press­esprech­er in ihrem Auf­trag twit­tern und dass ihre Face­book-Seit­en von PR-Agen­turen betrieben werden.

Und damit sind wir schon fast beim The­ma: Angela Merkels Face­book-Seite. Weit­er­lesen

Suchmaschinenträume

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn ich nach Sprach­blog­barem google — dazu ver­wende ich vordefinierte Kom­bi­na­tio­nen von Such­be­grif­f­en, mit denen ich Google News durch­suche — find­en sich unter den Ergeb­nis­sen immer jede Menge Pressemel­dun­gen zu uni­ver­sitären Forschung­spro­jek­ten. Ich ignoriere diese Pressemel­dun­gen nor­maler­weise und greife sie, wenn über­haupt, erst dann auf, wenn sie es tat­säch­lich in ein Presse­or­gan geschafft haben.

Aber selb­st dann sind sie meis­tens nicht geeignet: die Forschung­spro­jek­te sind aus wis­senschaftlich­er Sicht oft ziem­lich unbe­deu­tend und wenig orig­inell. Ich nehme an, die Kolleg/innen wis­sen das meis­tens — als Hochschullehrer ste­ht man häu­fig durch die Press­es­telle sein­er Uni­ver­sität oder durch die Hochschulleitung unter Druck, sich öffentlichkeitswirk­sam zu verkaufen, und dazu eignen sich rel­a­tiv triv­iale aber eingängige The­men oft bess­er als die anspruchsvolleren, aber auch obskur­eren Forschungs­fra­gen, die einem eigentlich am Herzen liegen. Weit­er­lesen

Posieren vor dem Gesicht

Von Anatol Stefanowitsch

Auf Mal­lor­ca wartet auf arglose Pauschal­touris­ten ja derzeit eine nicht zu unter­schätzende Gefahr, eine schreck­liche Seuche, die gnaden­los und ohne Anse­hen der Per­son zuschlägt, vor der es keinen Schutz und für die es keine wirk­same Behand­lung gibt.

Ich rede natür­lich von den Ani­ma­teuren, die uns Urlaubern unsere paar Tage ehrlich ver­di­ente Auszeit ver­miesen, indem sie uns mit Pool- und Strand­spie­len, Gesangswet­tbe­wer­ben und Bin­goaben­den belästi­gen. In meinem Hotel waren die Ani­ma­teure eher halb­herzig bei der Sache, und so kon­nte ich mich ihnen voll­ständig entziehen. Aber gestern abend, längst aus dem Urlaub zurück, bin ich ihnen doch in die Falle getappt. Weit­er­lesen

Who scheissmeistered the Schmerzlkender?

Von Anatol Stefanowitsch

In den Kom­mentaren zu meinem gestri­gen Beitrag weist Sprachblogleser/in „D“ auf einen Hör­funkbeitrag vom 4. Juni mit einem ähn­lichen The­ma hin. Unter der stilis­tisch gren­zw­er­ti­gen Über­schrift „New York liebt ein biss­chen Deutsch — Can you schlepp a Gesamtkunst­werk?“ liefert Lena Bodewein, Hör­funkko­r­re­spon­dentin der ARD, einen Beitrag über deutsches Lehngut in New York.

Ich muss hier vor­sichtig sein: Bodewein hat ihr lin­guis­tis­ches Handw­erk­szeug vor vie­len Jahren an der Uni­ver­sität Ham­burg erwor­ben, genau zu der Zeit, als ich dort meine akademis­che Lauf­bahn begann. Unter anderem saß sie, wenn ich mich richtig erin­nere, in einem mein­er Sem­i­nare zum The­ma „Englisch als Welt­sprache“ und hat dort ein sehr vergnüglich­es Refer­at über Scheinan­glizis­men gehal­ten. Ich habe sie also mit aus­ge­bildet, und jed­er Fehler, den sie macht, fällt deshalb ein Stück weit auf mich zurück. Weit­er­lesen