Schlagwort-Archive: Spracherwerb

[Lesetipp] Das Gehirn lernt mehrere Sprachen gleichzeitig

Von Kristin Kopf

Kluge Artikel über Sprache scheinen Kon­junk­tur zu haben! Hier schnell ein Hin­weis auf ein schönes Inter­view aus dem Spiegel mit Petra Schulz über Zweis­prachigkeit im Fall von Deutsch und Türkisch – ein Sprach­paar, das in der öffentlichen Wahrnehmung bekan­nter­maßen ziem­lich unfair behan­delt wird. Sie bringt es auf den Punkt:

Wir leben mit ein­er Dop­pel­moral. Wir freuen uns, wenn jemand mit Deutsch und Chi­ne­sisch aufwächst oder mit Deutsch und Englisch. Dafür gibt es Schul­terk­lopfen. Warum nicht Deutsch und Türkisch?

[Videotipp] The linguistic genius of babies

Von Kristin Kopf

Ich bin dieser Tage ganz furcht­bar beschäftigt und komme lei­der kaum zum Sch­plock – wird aber wieder bess­er. Spätestens übernäch­ste Woche. (Näch­ste Woche ist DGfS-Jahresta­gung, sieht man da jeman­den von euch?)

Inzwis­chen ein schneller Videotipp: Patri­cia Kuhl spricht über Spracher­werb. Sehr kurz, aber span­nend. (Momen­tan nur auf Englisch, aber vielle­icht kom­men ja dem­nächst noch deutsche Unter­ti­tel dazu.)
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=qRRiWg6wYXw]

[Veranstaltungstipp] Chomsky in Mainz

Von Kristin Kopf

Am 24. März kommt Noam Chom­sky nach Mainz – im Rah­men ein­er Vor­lesungsrei­he, die dann das ganze Som­merse­mes­ter über mit Angela Friederi­ci stat­tfind­et: “Sprache und Gehirn. Zur Sprach­fähigkeit des Men­schen”. Die Mainz­er unter Euch werden’s sich­er schon mit­bekom­men haben, aber vielle­icht inter­essiert es ja auch Leute aus der Nähe.

[Videotipp] Affen, Kleinkinder und Kommunikation

Von Kristin Kopf

Sooo, ich bin schon mit einem Bein aus der Tür, denn mor­gen geht’s in aller Frühe zur DGfS-Jahresta­gung nach Berlin. Juhu!!!
Damit euch in der Zwis­chen­zeit nicht lang­weilig wird, gibt’s einen kleinen Videotipp (mit Dank an Memo).

Michael Tomasel­lo, dem es sich immer zuzuhören lohnt, sprach 2006 in Paris in ein­er vierteili­gen Vor­lesungsrei­he über Kom­mu­nika­tion und warum sie bei Men­schen so anders ist als bei Men­schenaf­fen. Tech­nisch ver­sierte Leute haben es aufgeze­ich­net und online gestellt. Naja, vielle­icht nicht ganz so ver­siert, denn das erste Video hat lei­der eine ganz schlechte Klangqual­ität, das vierte ist auch nicht ganz so doll.

Es gibt viele lustige Videos von Affen und Kleinkindern und viele lehrre­iche Erken­nt­nisse über die Unter­schiede und Gemein­samkeit­en zwis­chen den beiden.

Hier geht’s zur Über­sicht der Videos, hier find­en sich auch noch kurze Inhaltsangaben.

Wer sich für das The­ma zwar inter­essiert, aber dazu keine englis­chen Videos anguck­en mag, kann ja mal einen Blick in dieses (für Laien anspruchsvolle!) Buch werfen:

Michael Tomasel­lo (1999): Die kul­turelle Entwick­lung des men­schlichen Denkens. Aus dem Englis­chen über­set­zt von Jür­gen Schröder. Frank­furt a.M.: Suhrkamp.


					

Europawahl ist Sprachenwahl?

Von Kristin Kopf

So, alle Wahllokale geschlossen? Dann kann ich ja.

Ich saß let­zte Woche rat­los vor dem Europawahlzettel, fasziniert von all den kreativ­en Parteien. Nicht gewählt, aber mit Inter­esse zur Ken­nt­nis genom­men habe ich die Partei auf dem Lis­ten­platz 24:

Europawahl 2009

Europawahl 2009

(Die auf 25 war aber auch lustig.)

Ich habe die deutsche Home­page von EDE gefun­den – komis­cher­weise scheint es sie nicht auf Esperan­to zu geben (dafür aber ihre europäis­che Seite). Die Poli­tik scheint eigentlich nur darin zu beste­hen, für Demokratie zu sein (nicht sehr pro­fil­bildend) und Esperan­to als Sprache der europäis­chen Ver­ständi­gung vorantreiben zu wollen. Die Begrün­dung für let­zteres ist die, dass eine Nation­al­sprache als Hauptver­ständi­gungssprache deren Mut­ter­sprach­ler über Gebühr bevorzugt. Mit Esperan­to macht man es also laut EDE für alle schw­er­er und somit fair­er, weil alle eine Fremd­sprache sprechen. Die Frage ist allerd­ings, ob es wirk­lich für alle gle­ich schw­er würde, oder ob nicht doch wieder bes­timmte Mut­ter­sprach­ler bevorzugt würden …

Das Ler­nen [von Esperan­to] wird zudem dadurch noch weit­er vere­in­facht, dass die Wort­stämme vor allem aus roman­is­chen und ger­man­is­chen Sprachen entlehnt sind. Somit ver­ste­ht der durch­schnit­tlich gebildete deutsche Lern­er einen erhe­blichen Teil des Wortschatzes – ganz ohne Ler­naufwand.” (Quelle, Her­vorhe­bun­gen von mir)

So, das ist also fair? Ja, viele Sprachen, die in Europa gesprochen wer­den, sind ger­man­is­che oder roman­is­che Sprachen. Aber bei weit­em nicht alle. Es gibt in der EU näm­lich auch fol­gende Amtssprachen (Region­al- und Min­der­heit­en­sprachen berück­sichtige ich gar nicht erst):

  • Slaw­ischen Sprachen (Pol­nisch, Tschechisch, Bul­gar­isch, Slowakisch, Slowenisch, Kroat­isch – let­zteres nur als regionale Amtssprache in Österreich)
  • Irisch-Gälisch, eine keltische Sprache, gesprochen in Irland und diverse keltische Sprachen in Großbritannien
  • Baltische Sprachen (Let­tisch und Litauisch)
  • Griechisch, das einen eige­nen Sprachzweig bildet, gesprochen in Griechen­land und auf Zypern
  • Bask­isch, gesprochen in Spanien, eine isolierte Sprache (d.h. dass keine mit dem Bask­ischen ver­wandten Sprachen existieren) – ist allerd­ings nur eine regionale Amtssprache
  • Malti, gesprochen auf Mal­ta, eine semi­tische Sprache
  • Est­nisch, Finnisch, Ungarisch, die finno-ugrischen Sprachen
  • Türkisch, gesprochen auf Zypern, eine Turk­sprache

Hier noch ein­mal visu­al­isiert – die “Rand­grup­pen” sind klar zu erkennen:

2009-06-07-NichtgermromEuropa3

(mod­i­fiziert nach Wikipedia)

Ich will nie­man­dem das Esperan­to schlechtre­den, dazu ver­ste­he ich auch viel zu wenig davon – aber dass es eine “neu­trale” Sprache geben kann, die für Sprech­er aller Sprachen in der EU mit einem ähn­lichen Ler­naufwand ver­bun­den ist, bezwei­fle ich dann doch. Und dass es jet­zt noch eine Chance hat, zur EU-Sprache aufzusteigen, erst recht. Nichts­destotrotz eine inter­es­sante Sprache, in die es sich dur­chaus lohnt, mal reinzuschnuppern:

[Buchtipp] Vernäht und zugeflixt!

Von Kristin Kopf

Ich hat­te gehofft, diese Woche noch etwas Span­nen­des schreiben zu kön­nen – geplant sind z.B. noch ein, zwei Beiträge zu Ver­wandtschaftssys­te­men. Da jet­zt aber meine Hausar­beit über sel­bige in den let­zten Zügen liegt und mor­gen fer­tig wer­den soll, gibt’s nur einen schnellen Buchtipp.

2009-03-27-vernahtBere­its let­ztes Jahr erschienen, ist “Ver­flixt und … Vernäht und zuge­flixt! Von Ver­sprech­ern, Flüchen, Dialek­ten & Co.” von Ilse Achilles und Ger­da Pigh­in zwar kein Geheimtipp mehr, aber emp­fohlen wer­den muss es den­noch noch – vor allem den­jeni­gen unter Euch, die nicht aus der Lin­guis­tikecke kommen.

Ziel des Pro­jek­tes war es, Sprach­wis­senschaft­lerIn­nen und inter­essierte Laien zusam­men­zubrin­gen, ein pop­ulär­wis­senschaftlich­es Buch mit Anspruch über Sprache zu schreiben. In elf Kapiteln stellen die Autorin­nen ver­schiedene The­men vor, die die Sprach­wis­senschaft beschäfti­gen. Jedes Kapi­tel hat eine Art “Pat­en” aus der akademis­chen Welt – Sprach­wis­senschaft­lerin­nen und Sprach­wis­senschaftler liefer­ten die Infor­ma­tio­nen, die Autorin­nen machen sie angenehm les­bar. Es geht z.B. um Sprach­wan­del, Jugend­sprache, Dialek­te, Rechtschrei­bung, Sprachen­ler­nen, Bilin­gual­is­mus, Fremd­wörter, Flüche, Ver­sprech­er, Gebär­den­sprache und Computerlinguistik.

Sprache ist ja so ein The­ma, bei dem es unglaublich viele selb­ster­nan­nte Experten gibt – dass man aber auch pop­ulär­wis­senschaftlich schreiben kann, ohne in die üblichen Schimpfti­raden über die Ver­lot­terung der Sprache, Denglisch und die Rechtschreibre­form zu ver­fall­en, wird hier unter Beweis gestellt. Wer sich bish­er noch nicht mit Sprach­wis­senschaft beschäftigt hat, wird in diesem Büch­lein einen wun­der­baren Ein­stieg find­en und ent­deck­en, dass man über Sprache auch ganz, ganz anders denken und urteilen kann, als das nor­maler­weise geschieht.

Hät­tet Ihr übri­gens errat­en, dass die Autorin­nen für Frauen­zeitschriften schreiben oder geschrieben haben?

Wir haben umler­nen müssen,” sagt Stein­bach, ein hochgewach­sen­er Mann, mit kräftigem Haar und angenehmem Lachen.

Nie im Leben, ne?

Kinderleichter Spracherwerb

Von Anatol Stefanowitsch

In den let­zten Tagen ging eine inter­es­sante Mel­dung zum frühkindlichen Fremd­sprache­nun­ter­richt durch die Presse: unter dem Ein­druck des „Pisa-Schocks“ schick­en immer mehr Eltern ihre Kinder — vom Säugling bis zum Vorschulkind — in Englis­chkurse. Die Kleinen sollen dort für das Über­leben in ein­er glob­al­isierten Welt fit gemacht werden.

(In Ameri­ka haben ähn­lich besorgte Eltern übri­gens eine andere Vorstel­lung davon, wer diese glob­al­isierte Welt dominieren wird und lassen ihre Kinder deshalb von chi­ne­sis­chen Kin­der­mäd­chen in deren Mut­ter­sprache betreuen oder schick­en sie in zweis­prachige englisch-chi­ne­sis­che Vorschulen.)

Aus der Poli­tik, die sich über so viel elter­lich­es Engage­ment doch eigentlich freuen sollte, kom­men nun war­nende Stim­men: Weit­er­lesen