Schlagwort-Archive: Sexismus

Sprachbrocken 19/2013

Von Anatol Stefanowitsch

Die Geschichte der geschlechterg­erecht­en Sprache, das mussten wir auch dieser Tage wieder fest­stellen, ist eine Geschichte voller Missver­ständ­nisse. Voller mutwilliger, ver­mei­d­bar­er Missver­ständ­nisse, die eigentlich bere­its hun­dert Mal aus­geräumt wor­den sind.

Dass die Macher/innen der Hei­del­berg­er Studieren­den­zeitung RUPRECHT nicht die hell­sten Sterne am qual­ität­sjour­nal­is­tis­chen Ster­nen­him­mel sind, wird schnell klar, wenn man mit dem kon­fron­tiert wird, was diese für „Satire“ hal­ten: Sex­is­mus mit ein­er Prise Ver­harm­lo­sung von recht­sex­tremem Ter­ror­is­mus. Auf der Titel­seite eines fik­tiv­en „Hei­del­berg­erinnen­er Stu­dentin­nen­magazins“ namens „car­o­la“ find­en sich Teas­er wie „Ohne Ler­nen durch die mündliche Prü­fung: Unsere besten Styling-Tipps“ aber auch „Frau Zschäpe plaud­ert aus dem Nähkästchen / Zwis­chen zwei Män­nern / Beate über die besten Unter­grund-Stel­lun­gen für drei“. Anlass dieser „Satire“ ist die Entschei­dung der „ruprecht“-Redaktion, ihre Texte nicht mehr zu „gen­dern“ und auch den Unter­ti­tel der Zeitschrift von Hei­del­berg­er Studieren­den­zeitung in Hei­del­berg­er Stu­den­ten­zeitung zu ändern. Weit­er­lesen

Sprachbrocken 12/2013

Von Anatol Stefanowitsch

Von ein­er Zeitschrift, die nach einem mächti­gen weißen Mann benan­nt ist, erwarten wir, dass sie die Befind­lichkeit­en mächtiger weißer Män­ner ver­tritt, und der CICERO erfüllt diese Erwartun­gen immer wieder in vor­bildlich­ster Weise. Im April hat man(n) sog­ar das Titelthe­ma ganz der Unter­drück­ung mächtiger weißer Män­ner gewid­met. Und der grausamen Mech­a­nis­men, mit­tels der­er sie unter­drückt wer­den – dem „Veg­gie Day“, zum Beispiel, der den Fleis­chess­er im Manne unter­drückt, in dem ihm vorgeschla­gen wird, an einem Tag in der Woche auf Fleisch zu verzicht­en. Oder Uni­sex-Toi­let­ten, die den het­ero­sex­uellen, cis-gegen­derten Mann im Manne unter­drück­en, indem sie ein­fach nur da sind. Aber das grausam­ste Unter­drück­ungswerkzeug von allen ist natür­lich die Sprache, die den Ver­bal­lib­ertären im Manne zu „schrill­sten PC-Blüten“ – wo habe ich nur kür­zlich schon ein­mal das Wort „schrill“ gele­sen? – zwingt. Bei den Bele­gen für diese schrillen PC-Blüten ver­mis­cht man(n) munter wün­schenswerte, aber nicht-exis­tente Beispiele gerechter Sprache wie Bürg­er­meis­terIn­nenkan­di­datIn (350 Google-Tre­f­fer, alle­samt auf Seit­en, die sich über „Polit­i­cal Cor­rect­ness“ beöm­meln) mit mächtigeweißemän­ner­hu­mori­gen Pseudobeispie­len gerechter Sprache wie Max­i­malpig­men­tierte. Außer­dem wird viel gejam­mert. Weit­er­lesen

Sprachbrocken 5/2013

Von Anatol Stefanowitsch

Dass die tra­di­tionellen Medi­en ins­ge­samt mit dem The­ma All­t­ags­sex­is­mus hoff­nungs­los über­fordert sind, haben sie ja zur Genüge bewiesen, aber der HESSISCHE RUNDFUNK hat sich offen­bar vorgenom­men, in merk­be­fre­ite Zonen vorzu­drin­gen, die nie ein Men­sch zuvor betreten hat. Clau­dia Saut­ter erk­lärt uns dort, dass das Ganze qua­si nur ein sprach­lich­es Prob­lem sei: Früher (ach, früher!) da habe es „eine Sprache der Erotik [gegeben] die alle ver­standen.“ Aber irgend­wie ist uns diese „öffentlich anerkan­nte Sprache der Erotik“ ver­loren gegan­gen. „Män­ner und Frauen in Deutsch­land“ wüssten schlicht nicht mehr, „wie man sich geistre­ich Anzüglichkeit­en“ sage, ohne gle­ich die „medi­ale Sit­ten­polizei“ auf dem Hals zu haben. All­ge­meine Rat­losigkeit herrscht dies­bezüglich auch bei der Bil­dredak­tion des HR: „Wie sollte ‘Mann’ das Dekol­leté ein­er Frau würdi­gen?“ fragt die Bil­dun­ter­schrift des Fotos eines (kopflosen) Dekol­letés, mit dem der Beitrag vorher­sag­bar, ja unver­mei­dlich illus­tri­ert wird. Weit­er­lesen

Das Wortwahl-Abo

Von Susanne Flach

Das „Unwort des Jahres 2012“ ist Opfer-Abo. Gestern hat die Jury um die Sprach­wis­senschaft­lerin Nina Janich von der Tech­nis­chen Uni­ver­sität Darm­stadt bekan­nt gegeben, dass man heute auf ein­er Pressekon­ferenz das Gewin­ner­wort bekan­nt geben wird. Dementsprechend hoch war dann heute mor­gen die Quote der EIL-Mel­dun­gen. Weit­er­lesen

Themen und Köpfe 1

Von Anatol Stefanowitsch

Zusam­men mit Enno Park und Gästen disku­tiere ich ein­mal im Monat unter dem Titel The­men und Köpfe Fra­gen rund um Poli­tik, Gesellschaft und natür­lich auch Sprache. Aus­gabe 1 find­et sich auf unser­er brand­neuen Seite. Wir sprechen mit dem Philosophen und Volk­swirt Thomas Wied über die Eurokrise (also, er spricht, wir stellen unqual­i­fizierte Zwis­chen­fra­gen). Sprach­lich ist dies­mal nicht viel dabei, außer ein­lei­t­en­den Kom­mentaren zum gener­ischen Fem­i­ninum, das wir auch ver­sucht haben, in unserem Gespräch durchge­hend zu ver­wen­den. Auf der Seite find­et sich auch die Null­num­mer des Pod­casts, in der wir auch über ver­schieden­ste sprach­liche Fra­gen sprechen.

Das gener­ische Fem­i­ninum war natür­lich der „Woche des gener­ischen Fem­i­ninums“ geschuldet, über das Sie hier alles nach­le­sen kön­nen. Ich erlaube mir, beson­ders auf ein kurzes Video hinzuweisen, das ich anlässlich dieser Aktion pro­duziert habe und in dem ich das gener­ische Maskulinum erkläre.

Sprache und Plattformneutralität

Von Anatol Stefanowitsch

Mein Vor­trag „Sprache und Plat­tform­neu­tral­ität“, in dem ich über einige Aspek­te von Ungle­ich­heit und Diskri­m­inierung von Sprache spreche, ist auf YouTube ver­füg­bar. Ich ver­linke ihn hier nur noch ein­mal, um einen Ort für die Lit­er­aturliste und für kleine inhaltliche Kor­rek­turen zu haben.

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Legosexismus

Von Anatol Stefanowitsch

Ich wollte heute für meine Töchter Legomän­nchen kaufen, und musste die erschreck­ende Fest­stel­lung machen, dass diese mit über­wälti­gen­der Mehrheit genau das sind: Män­nchen. Es gab über­haupt nur drei weib­liche Legofig­uren: eine junge Dame in einem spießi­gen geblümten Oberteil, die auf ein­er Bank sitzt und Musik aus einem Ghet­to­blaster hört (Erde an Lego: Bitte ein­mal „iPod“ googeln), eine Tochter aus gutem Hause, die auf einem Pferd neben einem lan­drover­ar­ti­gen Auto mit Pfer­dean­hänger sitzt, und eine Milch­magd mit ein­er Kuh auf einem Bauern­hof. Let­ztere ist im Lego-Uni­ver­sum — oder dem Teil, der ger­ade beim näch­sten Karstadt herum­ste­ht — die einzige Frau, die ein­er Beschäf­ti­gung nachge­ht. Alle anderen Beruf­stäti­gen sind Män­ner: von Sach­bear­beit­ern mit Aktenkof­fer über Piloten, Inge­nieure, Polizis­ten, Feuer­wehrmän­ner, Bauar­beit­er und Müllmän­ner bis zu Pirat­en und futur­is­tis­chen „Pow­er Miners.“

[Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beschrei­bun­gen ras­sis­tis­ch­er Stereo­type und (durch Sternchen entschärfte) Beispiele ras­sis­tis­ch­er Sprache. Einige Kom­mentare enthal­ten Beispiele ras­sis­tis­ch­er Sprache.] Weit­er­lesen

Auf der konnotativen Leiter

Von Anatol Stefanowitsch

Vor den Feierta­gen habe ich ja eigentlich über den „Krieg gegen Wei­h­nacht­en“ und die Igno­ranz der­jeni­gen geschrieben, die ihn sich aus­gedacht haben. Aber weil ich neben­bei Mal­colm X als schwarzen Bürg­er­rechtler beze­ich­net habe, dreht die Diskus­sion des Beitrags sich nun haupt­säch­lich um die Frage, ob man das darf (eine ähn­liche, kurze Diskus­sion gab es schon ein­mal hier). Das The­ma ist also offen­sichtlich inter­es­sant genug, um sich ein­mal in einem eige­nen Beitrag damit zu befassen.

Das Prob­lem, vor das uns Begriffe wie Schwarz­er stellen, entste­ht durch einen Sprach­wan­del­prozess, den man in der Sprach­wis­senschaft als Pejo­ra­tion beze­ich­net — die Abw­er­tung der Bedeu­tung eines Wortes.

[Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beispiele ras­sis­tis­ch­er und sex­is­tis­ch­er Sprache.]
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