Geschlechtergerechte Sprache ist nicht nur ein gesellschaftlich kontroverses Thema – kein Wunder in einer Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt –, sondern vor allem auch eines, über das sich viele Menschen schlicht noch nie Gedanken gemacht haben – ebenfalls kein Wunder in einer Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt. Es ist deshalb klar, dass man nicht automatisch vom Schlimmsten ausgehen sollte, wenn jemand gegen geschlechtergerechte Sprache argumentiert und etwa behauptet, das „generische“ Maskulinum sei unproblematisch, da ja alle wüssten, dass dabei auch Frauen einbezogen sind, und jede Abweichung von dieser sprachlichen Form würde Texte nur unlesbar machen. Die- oder derjenige könnte ja einfach aus einer Unkenntnis des Themas so argumentieren.
Das könnte auch für das „Komitee zur Regelung des Schriftverkehrs“ des Austrian Standards Institute gelten, das in einem Entwurf für eine Überarbeitung ÖNORM A 1080 („Richtlinien für die Textgestaltung“) vorschlägt, das „generische“ Maskulinum tatsächlich zur Norm zu erheben und damit alle Formen geschlechtergerechter Sprache für inkorrekt zu erklären (wir berichteten).
Als die österreichische Sprachwissenschaftlerin und Lektorin Karin Wetschanow, Mitautorin eines Leitfadens für geschlechtergerechte Sprache des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (PDF) dem Komitee in der Wiener Zeitung vorwarf, „von einer ‚antifeministischen Ideologie‘ geprägt zu sein und auf die Expertise maßgeblicher Wissenschaftler verzichtet zu haben“, war ich zunächst sehr skeptisch. Weiterlesen