Wolfgang Thierse hat sich ja in den letzten Tagen etwas unbeliebt gemacht. Auf die Nachfrage eines Interviewers der Berliner Morgenpost, ob er dem „Nachbarschaftsmix mit den vielen Schwaben und Latte-Macchiato-Muttis“ etwas abgewinnen könne, verteidigte er zunächst netterweise die Muttis (bzw. die Eltern allgemein), was aber in der Folge niemanden interessierte, und „kritisierte“ dann die Schwaben dafür, dass sie erst nach Berlin zögen, „weil alles so bunt und so abenteuerlich und so quirlig“ sei, dann aber nach einer gewissen Zeit versuchen würden, Berlin in die „Kleinstadt mit Kehrwoche“ zu verwandeln, aus der sie eigentlich entfliehen wollten.
Schwaben-Bashing wirft man ihm dafür vor und stellt seine Bemerkung auf eine Ebene mit Ausländerfeindlichkeit. Den Kontext ignoriert man dabei ebenso, wie die Tatsache, dass die „Schwaben“ nicht lange zögerten, Thierses Worte nachträglich zu rechtfertigen, in dem sie für sich in Anspruch nahmen, den Berliner/innen über den Länderfinanzausgleich überhaupt erst eine menschenwürdige Lebensqualität zu ermöglichen (Oettinger), und „Dankbarkeit“ einzufordern (Özdemir). Weiterlesen