Wenn ich mit Büchern, Spielen und Fernsehsendungen zur deutschen Sprache berühmt geworden wäre, ohne besonders viel von der deutschen Sprache zu verstehen; wenn ich dann einen offenen Brief von ein paar österreichischen Reaktionären mitunterzeichnet hätte, in dem die fordern, sprachlichen Sexismus zur Norm zu machen; wenn mich dann die Wiener Zeitung fragen würde, warum ich das getan habe, dann würde ich antworten, dass ein „angesehener Wiener Autor“ mich in einem „höflichen, formvollendeten Stil“ darum gebeten habe (man würde verstehen, dass ich angesehenen Autoren nichts abschlagen kann, und dass etwas, das höflich und formvollendet formuliert ist, nicht falsch sein kann). Weiterlesen
Schlagwort-Archive: Österreich
Die fünf Freunde und die Rückkehr zur sprachlichen Normalität
Österreich ist ja, nach eigener Aussage, die Heimat großer Söhne – so groß, dass für große Töchter neben ihnen kaum noch Platz ist. Aber nicht nur das – es ist auch das Land der Berge, das Land am Strome, das Land der Äcker, das Land der Dome – und das Land der Hämmer. Und einen besonders großen Hammer haben 650 Expert/innen für die psycholinguistische Verarbeitung männlicher Pronomen und Personenbezeichnungen, äh, nein, für die, äh, nein, für die Struktur und Bedeutung der deutschen Gegenwartssprache – nein, ich fange noch mal an. Weiterlesen
Männer sind Norm, Frauen sind Ideologie
Geschlechtergerechte Sprache ist nicht nur ein gesellschaftlich kontroverses Thema – kein Wunder in einer Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt –, sondern vor allem auch eines, über das sich viele Menschen schlicht noch nie Gedanken gemacht haben – ebenfalls kein Wunder in einer Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt. Es ist deshalb klar, dass man nicht automatisch vom Schlimmsten ausgehen sollte, wenn jemand gegen geschlechtergerechte Sprache argumentiert und etwa behauptet, das „generische“ Maskulinum sei unproblematisch, da ja alle wüssten, dass dabei auch Frauen einbezogen sind, und jede Abweichung von dieser sprachlichen Form würde Texte nur unlesbar machen. Die- oder derjenige könnte ja einfach aus einer Unkenntnis des Themas so argumentieren.
Das könnte auch für das „Komitee zur Regelung des Schriftverkehrs“ des Austrian Standards Institute gelten, das in einem Entwurf für eine Überarbeitung ÖNORM A 1080 („Richtlinien für die Textgestaltung“) vorschlägt, das „generische“ Maskulinum tatsächlich zur Norm zu erheben und damit alle Formen geschlechtergerechter Sprache für inkorrekt zu erklären (wir berichteten).
Als die österreichische Sprachwissenschaftlerin und Lektorin Karin Wetschanow, Mitautorin eines Leitfadens für geschlechtergerechte Sprache des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (PDF) dem Komitee in der Wiener Zeitung vorwarf, „von einer ‚antifeministischen Ideologie‘ geprägt zu sein und auf die Expertise maßgeblicher Wissenschaftler verzichtet zu haben“, war ich zunächst sehr skeptisch. Weiterlesen
Der Mann als Norm
Vor einigen Wochen haben wir hier über den Versuch zweier Wikipedia-Autoren berichtet, das sogenannte „generische“ Maskulinum (also die patriarchale Praxis, männliche Personenbezeichnungen „geschlechtsneutral“ zu verwenden) als allgemeinen Standard festzulegen (in der Abstimmung scheiterte dieser Versuch spektakulär, was entweder darauf hinweist, dass die Wikipedianer/innen insgesamt mehr Bewusstsein für diskriminierende Sprachstrukturen haben als gemeinhin angenommen, oder dass sie Vorschriften noch mehr hassen als geschlechtergerechte Sprache).
Aktuell versucht nun das Austrian Standards Institute, denselben Taschenspielertrick abzuziehen. Wie der Verein österreichischer Juristinnen berichtet, schlägt das ASI im aktuellen Entwurf für die ÖNORM A 1080 („Richtlinien für die Textgestaltung“) vor, „auf weibliche Formen zu verzichten und stattdessen mittels Generalklauseln klarzustellen, dass Frauen in der männlichen Form mitgemeint seien.“ Auch das Binnen‑I und die in Österreich üblichen weiblichen Formen für akademische Titel (z.B. Dr.in, Prof.in) sollen nach der Vorstellung des ASI als inkorrekt gelten. „Auf weibliche Formen könne in schriftlichen Texten verzichtet werden, denn männliche Formen würden für beide Geschlechter gelten, so die Empfehlung.“ Weiterlesen