Was haben Karton, Ballon, Battaillon, Salon, Medaillon und Million gemeinsam? Ganz zu schweigen von Minestrone, Cannelloni und Tortelloni?
Mehrere Dinge … zunächst einmal sind es ganz klar Fremdwörter. Weiterlesen
Was haben Karton, Ballon, Battaillon, Salon, Medaillon und Million gemeinsam? Ganz zu schweigen von Minestrone, Cannelloni und Tortelloni?
Mehrere Dinge … zunächst einmal sind es ganz klar Fremdwörter. Weiterlesen
Eben habe ich das Wort Kiwi im etymologischen Wörterbuch nachgeschlagen, um herauszufinden, wann es ins Deutsche entlehnt wurde. Das Resultat ist unspektakulär – 20. Jahrhundert. Die Geschichte des Wortes ist dafür aber umso interessanter:
Kiwi kommt aus dem Maori, einer polynesischen Sprache, die von den Ureinwohnern Neuseelands gesprochen wurde und wird.
Am Anfang war kiwi einzig und allein ein flugunfähiger Vogel, der in Neuseeland beheimatet ist. Wahrscheinlich ahmt das Wort den Ruf des Tieres nach und ist somit lautmalerisch.
Der Kiwi wurde in Neuseeland ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend als Symbol für alles Mögliche verwendet, Weiterlesen
Ich habe einen tollen Onlinekurs in Etymologie entdeckt – wer sich für die Herkunft von Wörtern interessiert, sollte ganz schnell hingehen:
Alle Informationen sind in kleine, leicht verständliche Einheiten gegliedert. Es geht nicht nur um Einzelwortgeschichte, sondern um übergreifende Konzepte wie Bedeutungswandel und auch um den Einfluss von Lautwandel. Wenn man Lust hat, kann man das Gelernte am Ende in einem kleinen Quiz testen. Super gemacht und präsentiert!
Im Eingangsbereich der Bereichsbibliothek Philosophicum in Mainz hat man versucht, thematische Gestaltungselemente einzubringen. Das Ergebnis strahlt nicht gerade vor Originalität, aber es sieht ganz gut aus und gibt Schplockstoff her:
Jedes Mal, wenn ich vorbeikomme, frage ich mich, wie viele verschiedene Sprachen da wirklich drauf sind. Ganz offensichtlich wiederholen sich die Wörter ja nach einer Weile. Jetzt hab ich’s endlich mal fotografiert und zuhause in Ruhe nachgezählt: Ich sehe 37. Viele sind natürlich langweilig, weil sie einfach nur Variationen des griechischen Wortes sind, aber dazwischen steckt immer noch genug Interessantes. Gerade die Sprachen mit den “fremden” Schriftsystemen werden übrigens zu einem großen Teil nicht im Philosophicum gelehrt, sondern anderswo auf dem Campus (wenn überhaupt). Ich schätze mal, man hat sie hauptsächlich aus optischen Gründen ausgewählt.
Im Folgenden eine Liste aller verschiedenen Wörter, die ich gefunden habe. Vielleicht habt Ihr ja Lust, beim Identifizieren mitzuhelfen?
photokej hat ein schönes Hinweisschild bei einem türkischen Lebensmittelhändler gefunden, das auch aus Schplock-Perspektive spannend ist:
Der deutsche Text Libe Kunden wirzind urlaup Danke verrät nämlich einiges über das türkische Schriftsystem und das Türkische generell.
Türkisch wird erst seit 1928 in lateinischen Buchstaben geschrieben, davor benutzte man arabische Schriftzeichen. Die waren allerdings ziemlich inadäquat, weil man damit nicht alle Laute des Türkischen notieren konnte. Seit 1928 benutzt man nun also lateinische Buchstaben: <a b c ç d e f g ğ h ı i j k l m n o ö p r s ş t u ü v y z>
Wie die Buchstaben im Einzelnen ausgesprochen werden, könnt Ihr ganz leicht selbst herausfinden, nur auf das <z> will ich eingehen. Wie in sehr vielen anderen Sprachen auch1, steht das <z> im Türkischen nicht für [ts], sondern für ein stimmhaftes s.
Im Deutschen gibt es <ß> und <ss> ausschließlich für das stimmlose s. Der Buchstabe <s> kann aber sowohl für die stimmlose als auch für die stimmhafte Variante stehen: in <Ast> ist er stimmlos, in <Sonne> stimmhaft. Bei deutschen Wörtern ist das <s> am Wortanfang immer dann stimmhaft, wenn ein Vokal direkt darauf folgt. (See, Sau, sieben, … aber Slalom, Skript, Sniper2)
Die Schreibung <zind> für <sind> kommt also daher, dass im Türkischen <z> der Buchstabe für das stimmhafte s ist.
(Darauf folgt natürlich auch umgekehrt die Erkenntnis, dass Namen wie Özdemir nicht Ötzdemir gesprochen werden.)
Urlaub wird im Deutschen ja tatsächlich mit einem p-Laut am Ende gesprochen. Schuld ist die “Auslautverhärtung”, ein Phänomen des Deutschen, das bestimmte Konsonanten am Silbenende stimmlos macht.
Betroffen sind
Die Auslautverhärtung ist ein sehr altes Phänomen, schon im Mittelhochdeutschen gab es sie (<c> = [k]):
… ich sach, deist sicherlîchen wâr,
eins gebûren sun, der truoc [trug] ein har,
daz was reide unde val;
ob der ahsel hin ze tal mit lenge ez volleclîchen gienc [ging]. […]wie Troye wart besezzen,
dô Pârîs der vermezzen
dem künege ûz Kriechen nam sin wîp, [Weib]
diu im was liep [lieb] alsam sîn lîp [Leib], … (Meier Helmbrecht)
Zwischenzeitlich hat man aber wieder aufgehört, sie auch zu schreiben. Der Grund nennt sich “Morphemkonstanz” was eigentlich nichts anderes heißt, als dass man am Schriftbild klar erkennen können soll, dass <Urlaub> und <Urlaube> Formen ein und desselben Lexems sind.
Aber zurück zur türkischen Transferenz: Die Person hat nicht nur urlaup geschrieben, weil sie nach Gehör geschrieben hat. Im Türkischen gibt es nämlich ein Phänomen, das auch mit stimmhaften und stimmlosen Konsonanten zu tun hat:
p, t, k oder ç am Wortende werden bei vielen Wörtern stimmhaft, wenn eine Endung angefügt wird. Man könnte es auch als “Inlauterweichung” bezeichnen:
Im Gegensatz zum Deutschen schreibt man das im Türkischen aber auch verschieden:
Der Verschriftung der deutschen Auslautverhärtung wird also durch die türkische Rechtschreibung nachgeholfen – wenn man den Wechsel von <b> und <p> schon kennt, kommt’s einem auch im Deutschen nicht unbedingt komisch vor.
Mein letzter Punkt hat mir Rechtschreibung nichts mehr zu tun – es geht um die fehlende Präposition im.
Im Türkischen gibt es keine Präpositionen. Ihre Funktion wird in den meisten Fällen von Kasusendungen erfüllt, die ans Substantiv angehängt werden:
Ich nehme an, dass auch bei im Urlaub im Türkischen ein Lokativ stehen müsste (?).
Die beiden Systeme sind also nicht wirklich kompatibel. Dazu kommen die Genera des Deutschen: Um im Urlaub korrekt sagen zu können, muss man nicht nur die entsprechende Präposition kennen, sondern auch noch wissen, dass Urlaub maskulin ist und daher im braucht, nicht in der. (Ganz abgesehen von der Kasusflexion …)
Die Präposition wegzulassen, ist da wahrscheinlich das einfachste. Vor allem, wenn man endlich entspannt Ferien machen will.
Patrick hat im Mai bemerkt, dass ich <gegooglet> schreibe statt <gegoogelt>:
Mir ist auch aufgefallen, dass Du „gegooglet“ schreibst, obwohl Präskriptivisten „googel-“ als Stamm vorschreiben (vgl. hier). Wäre mal interessant rauszufinden wie oft dieser „Fehler“ so im Schnitt passiert.
Ich habe natürlich einen Grund für meine Schreibung, und zwar die Tatsache, dass Google drinsteckt. Da das Verb eine Ableitung des Eigennamens ist, erscheint es mir höchst gewagt, diesen Eigennamen schriftlich zu entstellen, in googel. Genau das tun aber Wörterbücher wie der Duden. Und haben dafür zugegebenermaßen auch einen guten Grund: Es gibt eine ganze Menge deutscher Verben auf -eln, in die sich googeln ausgezeichnet einfügt:
Die 1. Person Singular spielt hier eine wichtige Rolle: Statt ich handele, lächele kann es auch ich handle, lächle heißen. Den Ausfall des e im Wortinneren bezeichnet man als “Synkope”. Dadurch entsteht eine Form auf -le, die dem Ende von Goog-le gleicht. Das bietet eine Art Anknüpfungspunkt für das neue Verb: In der 1. Person Singular kann es unverändert bleiben, in den anderen fügt es sich in die Reihe der anderen l-Verben ein. (Diesen Vorgang nennt man “Analogie”.)
Dass die 1. Person Singular in den deutschen Verben aus der Reihe tanzt (ich handle, du handelst, er handelt; wir/sie handeln, ihr handelt) ist zwei verschiedenen Tilgungsprozessen geschuldet. Das e in handle ist nämlich nicht dasselbe wie in handeln: Bei handeln gehört es zum Wortstamm, bei handle ist es die Flexionsendung.
Vor langer, langer Zeit (im Mittelhochdeutschen, 1050–1350) hatten einmal sowohl Stamm als auch Endung immer ein e:
Stamm | Endung | |
Infinitiv | handel | en |
ich | handel | e |
du | handel | est |
er/sie/es | handel | et |
wir | handel | en |
ir | handel | et |
sie | handel | en |
Dann wurde das Endungs-e synkopiert, und zwar
Es bleibt also nur die 1. Person Singular be-e-t:
Stamm | Endung | |
Infinitiv | handel | n |
ich | handel | e |
du | handel | st |
er/sie/es | handel | t |
wir | handel | n |
ihr | handel | t |
sie | handel | n |
Nun gibt es aber noch eine zweite e-Tilgung. Diesmal ist sie freiwillig und betrifft das e im Stamm. Bei Verben, die auf -el enden, kann es in der 1. Person Singular getilgt werden, also ich handele oder ich handle. Ersteres sieht man aber m.E. wirklich nur noch in schriftlicher Form:
Stamm | Endung | |
Infinitiv | handel | n |
ich | hand(e)l | e |
du | handel | st |
er/sie/es | handel | t |
wir | handel | n |
ihr | handel | t |
sie | handel | n |
Daraus resultierend ist das vorher dreisilbige Wort in allen Präsensformen zweisilbig geworden: han-deln, han-dle, … Dadurch wird das Wort ohne Informationsverlust kürzer und bekommt das trochäische Betonungsmuster (betonte Silbe – unbetonte Silbe), das generell im Deutschen sehr beliebt ist.
Die gesprochene Sprache ist vielerorts noch viel weiter und hat mittlerweile alle e-Laute eliminiert: ich handl, du handlst, er handlt, wir/sie handln, ihr handlt. Deshalb ist die Debatte darüber, ob man <googlen> oder <googeln> schreibt für das gesprochene Deutsch auch ziemlich irrelevant – gesprochen heißt es einfach gugln.
Ich habe mal gegooglet (“Seiten auf Deutsch”), und zwar den Infinitiv (goog[el/le]n) und das Partizip (gegoog[el/le]t):
Insgesamt hat also die Dudenlösung die Nase vorn, allerdings gibt es große Unterschiede zwischen Infinitiv (googlen dominiert leicht) und Partizip (gegoogelt dominiert extrem). Google selbst scheint das Wort übrigens nicht zu gebrauchen.
Kürzlich kam hier jemand her auf der Suche nach einer
deutschlandkarte auf japanisch
Ja, wie kann man so etwas finden? Wahrscheinlich wird ja nicht “Deutschlandkarte” dabeistehen, wenn’s auf Japanisch ist. Ich hatte mehrere semibrillante Ideen, die schiefgegangen sind: In der japanischen Wikipedia hat der Eintrag für Deutschland nur eine deutsche Karte, bei GoogleMaps-Japan sind die Orte in Originalsprache bezeichnet. Dann also doch das Offensichtlichste: Bildersuche bei Google mit dem Suchwort ドイツ (doitsu ‘Deutsch(land)’). Gleich auf der ersten Seite gibt es drei Karten: eine zweisprachige, und zwei rein japanische. Verfeinert man die Suche noch mit den Schriftzeichen für Landkarte, 地図, findet man u.a. noch eine etwas detailliertere zweisprachige Karte.
All diese Karten sind in Katakana beschriftet, also der Schrift für Fremdwörter. Dabei versucht man, den deutschen Klang so gut wie möglich mit den japanischen Lauten und vor allem der japanischen Phonotaktik wiederzugeben.
Phonotaktik bezeichnet die in einer Sprache möglichen Lautkombinationen. Besonders was die Konsonanten anbetrifft, gibt es da zwischen verschiedenen Sprachen große Unterschiede. Im Deutschen können Silben mit mehreren aufeinanderfolgenden Konsonanten beginnen oder enden, wie ʃt-, ʃpr-, ʃl-, kr-, … (stehen, sprechen, schlafen, kriechen) oder -nf, -rm, -ln, -rbst … (Hanf, Arm, streicheln, Herbst). Solche Kombinationen heißen auch “Konsonantencluster”. Im Japanischen gibt es das quasi nicht. Am Anfang einer Silbe können maximal zwei Konsonanten stehen, aber auch nur ganz bestimmte, und am Ende nur einer.
Wenn man mit solchen Silben nun deutsche Wörter erfassen will, wird’s schwierig. Was ist mit einer Stadt wie Stuttgart? Die Lösung ist einfach: Man schiebt ein paar Vokale zwischen die störrischen Kononantencluster: shu-tut-to-ga-ru-to (シュトゥットガルト). Schwupps, entspricht das Wort den phonotaktischen Regeln des Japanischen. Die Vokale zwischen stimmlosen Konsonanten werden übrigens fast gar nicht ausgesprochen (bzw. sie werden stimmlos, aber dazu ein andermal), so dass der Wortanfang für deutsche Ohren wie scht- klingt. Den Effekt kann man bei diesem Wort, shukudai ‘Hausaufgaben’, hören – es klingt wie shkudai.
Und für alle, die gerne rätseln …
Die Lösungen:
(Teil 1 | Teil 2)
Ich habe mal wieder die Suchanfragen durchgeblättert, die zum Schplock führten. Eine davon lautete:
katakana guten tag (24.4.2009)
Auf Japanisch heißt ‘Guten Tag’ konnichiwa. (Zum Anhören dort auf den kleinen Pfeif drücken.) Das wird normalerweise so geschrieben: 今日は. Die ersten beiden Zeichen sind sogenannte Kanji, das letzte Zeichen ist ein Hiragana. In Katakana würde man es so schreiben: コンニチハ. Das tut man aber eigentlich nicht, weil Katakana Schriftzeichen sind, mit denen man Fremdwörter notiert, keine alteingesessenen japanischen Wörter (oder vor Ewigkeiten aus dem Chinesischen entlehnten).
Vielleicht wollte die Person aber auch wissen, wie die deutschen Wörter Guten Tag aussehen würden, wenn man sie auf Japanisch aufschreiben wollte? Da wäre mein Vorschlag: グテン ターク (gu-te‑n ta-a-ku).
Ein schöner Anlass, um das mit den Kanji, Hiragana und Katakana mal ein bißchen aufzudröseln:
Im Japanischen gibt es drei verschiedene Schriftsysteme. Zwei davon, die Katakana und die Hiragana, sind sich sehr ähnlich, das dritte, die Kanji, ist ganz anders und wird erst übermorgen behandelt 😉 Welches Schriftsystem wann verwendet wird, ist klar definiert.
Die Kanji werden verwendet für:
Die Hiragana für:
Und die Katakana für:
Die drei Schriftsysteme repräsentieren zwei sehr unterschiedliche Ansätze des Schreibens. Die sich wiederum sehr deutlich von unserer Art unterscheiden:
Alphabetschriften folgen mehr oder weniger dem Prinzip, dass jeder Laut (bzw. genauer jedes Phonem) durch einen Buchstaben (bzw. genauer ein Graphem) repräsentiert wird. Es besteht also eine Phonem-Graphem-Beziehung. Weder das gesprochene noch das geschriebene Wort haben irgendeinen Bezug zur Wortbedeutung, sie sind dem Bezeichneten gegenüber völlig willkürlich. (Das ist nur bei lautmalerischen Wörtern anders, da ähnelt der Klang dem Bezeichneten.)
Man sieht hier also, dass zwar die Lautstruktur und die Schreibung von Geld miteinander verknüpft sind, der Bezug der beiden zum realen Objekt aber extra gelernt werden muss.
Die meisten Sprachen der Welt werden in einer Alphabetschrift notiert. Dazu gehört das lateinische Alphabet (a, b, c, …), das sich wie das kyrillische (а, б, в, …) aus dem griechischen Alphabet entwickelt hat (α, β, γ, …).
In Japan benutzt man keine Alphabetschrift, sondern:
Es gibt auch Schriftsysteme, die nicht einen Laut, sondern eine ganze Silbe in ein Zeichen stecken.
Hier sieht man, dass das japanische Wort für Geld in Hiragana aus zwei Silben besteht, ka und ne, und jede dieser Silben hat ein Zeichen1. Wobei das etwas gelogen ist – es passt zwar zufällig für dieses Wort, aber eigentlich schreibt man bei Hiragana keine Silben, sondern Moren. Moren sind Einheiten, die etwas kleiner sind als Silben. Wenn nämlich eine Silbe einen langen Vokal beinhaltet, dann wird der extra geschrieben.
Mutter heißt auf Japanisch okaasan (お母さん2). Das Wort besteht aus drei Silben:
Es besteht aber gleichzeitig aus fünf Moren. Um Moren zu bestimmen, muss man die Silbe noch einmal in kleinere Teile zerlegen. Wer sich nicht für Silbenstruktur interessiert, kann den nächsten Abschnitt einfach überspringen, aber ich versuche es leicht verständlich zu erklären.
Eine Silbe besteht aus mehreren Bestandteilen. Wichtig für uns ist jetzt mal nur das, was nach dem Konsonanten kommt (falls ein Konsonant am Anfang steht). Wenn es ein kurzer Vokal ist und die Silbe dann zuende ist, haben wir gar kein Problem, Silbe und More sind identisch. Das ist z.B. beim o von okaasan so. Deshalb bekommt das o auch nur ein einziges Hiragana, nämlich お.
Wenn aber ein langer Vokal folgt wie bei kaa, oder sogar ein Konsonant wie bei san, verhält sich die Sache anders. Bei Langvokalen zählt nur der halbe Vokal zur ersten More, die andere Hälfte bildet die zweite More: ka|a. Dadurch bekommen beide Teile ein eigenes Zeichen: か ka und あ a.
Bei Konsonanten am Silbenende zählt der Konsonant ebenfalls als Extramore: sa|n mit den Zeichen さ sa und ん n.
In Hiragana hat das Wort also fünf Zeichen: おかあさん okaasan. (Yeah, ich wollte schon immer mal ne retro-bonbonbunte Seite!)
Eine Sprache mit echter Silbenschrift ist zum Beispiel das Cherokee.
Übermorgen geht’s dann weiter mit den Kanji …
Fronleichnam als (katholischen) Feiertag gibt es seit 1246 immer am zweiten Donnerstag nach Pfingsten. Das Fest ist auf keinen konkreten biblischen Anlass zurückzuführen – gefeiert wird die körperliche Gegenwart Jesu in Hostie und Messwein bei der Wandlung. (Stichwort Transsubstantiation)
Es handelt sich mal wieder um einen Feiertag, dessen Etymologie im Religionsunterricht alljährlich durchgekaut wurde – aber den fern vom katholischen Glauben Aufgewachsenen unter Euch kann ich vielleicht noch was Neues erzählen. Dazu werde ich das Wort Fronleichnam einmal auseinandernehmen …
Das Erstglied Fron gibt es als eigenständiges Wort kaum noch. Wie das gleichbedeutende Frondienst ‘zwangsweise Dienstleistungen in Form von körperlichen Arbeiten für unterschiedliche Herrschaftsträger’ steht es zwar im Wörterbuch, wird aber viel seltener benutzt als letzteres. Bei Google habe ich für Fron quasi keine modernen Verwendungen gefunden. Für Frondienst schon:
“Der Samstag sollte im Bedarfsfall wieder Werktag ohne Zuschläge sein. Die Leute gehen doch eigentlich gern zur Arbeit, das ist doch kein Frondienst”, sagte von Pierer der “Bild”-Zeitung. (Manager Magazin)
Private Altersvorsorge im Frondienst für die öffentliche Hand (Yahoo Nachrichten)
In der Schweiz wird Frondienst ganz neutral benutzt, für ‘freiwilliger Arbeitseinsatz’:
Jeder geleistete Frondienst-Halbtag wird auf unserem Frondienst-Ausweis vermerkt. Für zehn Frondienst-Halbtage gibt es eine Gratis-Übernachtung in einer unserer Clubhütten für zwei Personen. (Schweizerischer Alpinclub Sektion Blümlisalp)
Frondienst durch Vereinsmitglieder und weitere Interessierte ist einer der Stützpfeiler des Typoramas. (Typorama)
Was war aber die ursprüngliche, wörtliche Bedeutung?
Die Basis bildet das althochdeutsche frō ‘Herr’1, beziehungsweise dessen Genitiv Plural, frōno ‘der Herren/der Götter’. Diese Genitivform konnte auch als Adjektiv gebraucht werden und hieß dann ‘rechtlich, gerichtlich, öffentlich’ (bezogen auf den weltlichen Herren und seinen Machtbereich) oder ‘göttlich’.
Die weltliche Bedeutung führte zu Wörtern wie Fronbote ‘Gerichtsbote’ und Frondienst ‘Herrendienst’ (daraus verkürzt dann Fron). Auch das deutsche Wort frönen ist mit Fron eng verwandt (es hieß ursprünglich ‘dienen, unterworfen sein’).
Die religiöse Bedeutung bescherte uns Fronleichnam.
Also heißt Fronleichnam ‘göttlicher Leichnam/Leichnam des Herren’? Nein, das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Das Zweitglied hatte früher einmal eine andere Bedeutung: Im Alt- und Mittelhochdeutschen gab es das Wort līch ‘Körper, Fleisch, Leiche’, und von ihm abgeleitet die Form līch-hinamo ‘Körper’. Das hinamo kommt vom westgermanischen hamōn ‘Hülle, Kleidung, Leib’. Die Verbindung der beiden Wörter war wahrscheinlich ursprünglich poetisch und hieß so etwas wie ‘Hülle des Fleisches’ oder ‘Gefäß des Lebens’ und somit letztlich ‘Körper’.
Das Wort Körper gibt es erst seit dem Mittelhochdeutschen (denn es hat ja ein p!). Es war eine Entlehnung des lateinischen corpus und verdrängte das bis dahin übliche līch. Erhalten hat es sich dann nur in der früheren Nebenbedeutung ‘toter Körper, Leiche’.
Fronleichnam heißt somit ‘Körper/Leib des Herren’ und ist eine Teilübersetzung der lateinischen Festbezeichnung corpus christi ‘Körper/Leib Christi’. Der Bezug zum Gefeierten wird sofort klar: Es geht ja um die körperliche Präsenz in der Eucharistie.
Ende gut, alles gut? Ja, aber eines muss ich doch noch schnell loswerden: Das alte Wort līch ‘Körper, Fleisch, Leiche’ hat noch eine andere Entwicklung mitgemacht. Es konnte an ein anderes Wort (x) angehängt werden, das dann die Bedeutung ‘einer, dessen Körper/Gestalt x ist’ bekam. Nach und nach wurde -līch dann zu einer reinen Adjektivendung, ‘etwas, das in der Art von x ist’: fröh-lich, freund-lich, herz-lich, … Dabei verlor es auch sein langes ī und ist heute nur noch ein kurzes -lich. Durch das i in der Endung gab es, wo möglich, Umlaut: gründ-lich, höf-lich, schwärz-lich.
Rudi Keller, seines Zeichens Entlehner der Theorie der unsichtbaren Hand in die Linguistik, hat der Süddeutschen vor fast einem Jahr ein Interview gegeben. (Gefunden hier.) Es geht, natürlich, um Sprachwandel. Ich finde es eher so lala, vieles wird nur angerissen und bleibt dann kontextlos stehen, aber die Grundhaltung ist mir sympathisch. Nur dass er davon spricht, dass die Sick-Leser i.d.R. nicht dazu in der Lage sind, das, was sie lesen, “umzusetzen”, jagt mir einen kalten Schauer den Rücken hinunter. Herr bewahre uns!
Schade übrigens, dass bei vielen Leuten nur wenig angekommen zu sein scheint, viele Kommentare klingen so, als seien nur die Zwischenüberschriften gelesen worden …
Der angesprochene Aufsatz Kellers (von 2004) findet sich übrigens hier, darin werden fast alle im Interview angesprochenen Punkte ausführlicher behandelt, diesmal ohne die Elemente, die mir am Interview mißbehagen. Wissenschaftlich gesehen ist es Fast Food (leicht verdaulich & nichts Neues), aber als allgemeinverständliche Darstellung ist es absolut zu empfehlen.