Vielleicht erinnert sich ja die eine oder der andere hier noch an die linguistische Weihnachtsliedanalyse anno 2008: Damals habe ich mir angeschaut, warum die Alten sungen und nicht sangen und wieso die Kinderlein kommen sollen, nicht die Kindlein. In der diesjährigen Neuauflage geht es um die Krippen, die uns dann nach einigen Schlenkern auch verraten wird, warum wir Elisenlebkuchen essen:
Ich steh an deiner Krippen hier,
O Jesulein, mein Leben,
Ich komme, bring und schenke dir,
Was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Muth, nimm alles hin,
Und laß dirs wohlgefallen.(Und zum Anhören. Text: Paul Gerhardt, 1656) ((Wer, wie ich, von der Melodie verwirrt ist: Da gibt es zwei.))
Jeder nur eine Krippe!
Ganz offensichtlich ist hier von nur einer Krippe die Rede — trotzdem steht da Krippen! Und beim weiteren Durchforsten des Liedtextes tauchen noch mehr solcher Fälle auf:
Zur Seiten will ich hie und dar / Viel weiße Lilien stecken
Suchst meiner Seelen Herrlichkeit / Durch Elend und Armseligkeit
Was ist da los? Wenn wir die Formen nach der heutigen Grammatik analysieren, ist alles klar: Weiterlesen