Schlagwort-Archive: Etymologie

Wörter auf ‑nf

Von Kristin Kopf

Vor ein­er Weile kam jemand mit der Suchanfrage

wörter mit endung nf

hier­her. Offline kön­nte man so etwas mit einem soge­nan­nten “rück­läu­fi­gen Wörter­buch” her­aus­find­en. Aber was’n Stress!

Meine Online-Stan­dard­lö­sung in solchen Fällen ist canoo.net. Ging hier aber erst­mal nicht, denn da muss man min­destens drei Buch­staben eingeben. Die Anfrage *nf führt zu “Bitte seien Sie genauer: Wild­cards sind erst ab 3 Buch­staben erlaubt”. Wie nervig, es will ja kein­er tausend (= 30) Abfra­gen mit *anf, *bnf, … machen!

Aber elexiko vom Insti­tut für Deutsche Sprache ist koop­er­a­tiv, es spuckt 15 Tre­f­fer aus. Sucht man sich davon nur die ein­fachen Wörter aus, schnur­rt die Zahl der­er auf -nf ganz schnell auf vier zusam­men: Hanf, Senf, fünf und der Eigen­name Genf. Sind das schon alle? Weit­er­lesen

The German Blitz macht endlich Sinn!

Von Susanne Flach

Gestört von sprach­wis­senschaftlich­er Prü­fungslit­er­atur waren die Tief­flieger vom VDS in der let­zten Zeit irgend­wie von meinem Radar ver­schwun­den. Ein weit­er­er Grund ist möglicher­weise auch, dass ein erneuter Viren- und Tro­jan­eran­griff auf meinen Rech­n­er meine Leseze­ichen­leiste mit den unter „Lustiges Fremd­schä­men für Fort­geschrit­tene” abgelegten Foren­beiträ­gen des Vere­ins unbrauch­bar gemacht hat. Den heuti­gen Besuch beim VDS ver­danke ich einem sehr witzi­gen Beitrag im Sprach­blog über „Sprach­pan­sch­er”.

Zur Erin­nerung und in Kurz­form: eigentlich geht es dem VDS nicht um Sprach­pflege, son­dern um die ange­bliche Über­frach­tung der deutschen Sprache mit „Denglisch”. Haup­taus­sagen: Nieder­gang des Deutschen! Pein­liche Ange­berei! Heiße Luft! Lehn­wörter ergeben kein­er­lei Sinn in ihrer Herkun­ftssprache! Mut­ter­sprach­ler lachen sich tot über unseren Gebrauch englis­ch­er Lehn­wörter! Bedeu­tung der Lehn­wörter im Englis­chen ganz anders! Goethe würde sich im Grab umdrehen!

Denkbar. Weit­er­lesen

Von Hamburgern und Nürnburgern

Von Susanne Flach

Sie haben’s geschafft. Ich stand let­zte Woche im Restau­rant zum gold­e­nen M und war kurzfristig sehr ver­wirrt. Aber der Rei­he nach.

McDonald’s wirbt auf Bussen im Ham­burg­er Nahverkehr mit “Mehr Ham­burg­er gibt’s bei uns”. Das Wort­spiel funk­tion­iert natür­lich, weil Ham­burg­er sowohl die Bedeu­tung ‘Per­son aus Ham­burg’ als auch ‘gegrilltes Rind­fleisch im Brötchen’ hat. Und auch wenn die Herkun­ft der zweit­en Bedeu­tung nicht zweifels­frei auf die Hans­es­tadt zurück zu führen ist, bzw. zu Ham­burg keine abschließende Beziehung herzustellen ist, ist — unter der Annahme, dass der Burg­er doch iii­i­ir­gend­wie mit der Hafen­stadt zu tun hat — Ham­burg­er eines der Haus- und Hof­beispiele für einige wichtige mor­phosyn­tak­tis­che Prozesse.

Zum Anek­doten­reper­toire eines Anglis­ten oder Lin­guis­ten sollte auch die Diskus­sion mit nicht-deutschsprachi­gen Glo­be­trot­tern darüber gehören, dass Ham­burg­er ver­mut­lich keine uramerikanis­che Erfind­ung ist und dass Burg­er ety­mol­o­gisch nicht nur mit Fleisch zwis­chen Brötchen zu tun hat, son­dern auch mit dem (der?) deutschen Burg ver­wandt ist. Eine solche Diskus­sion endet meist dann, wenn man dem lin­guis­tisch nicht geschul­ten Gesprächspart­ner die zugegeben­er­maßen fiese Frage stellt, wo im Ham­burg­er denn der Schinken (engl. ham) sei. Von einem befre­un­de­ten Lin­guis­tenkol­le­gen ist über­liefert, dass er in Aus­tralien meist für mehrere Minuten glaub­haft aufrechter­hal­ten kon­nte, dass die Schwest­er­stadt von Ham­burg das über die Elbe liegende weniger bekan­nte Cheese­burg sei.

Was passiert hier mor­phol­o­gisch? Weit­er­lesen

Der Weltkopf 2010

Von Kristin Kopf

Als ich anf­ing Englisch zu ler­nen, fand ich es selt­sam, einen Pokal cup zu nen­nen, wo das doch ‘Tasse’ heißt. Mir war schon klar, dass ein Wort in ein­er Fremd­sprache Zusatzbe­deu­tun­gen haben kann, die es im Deutschen nicht hat, aber das schien mir doch weit herge­holt. World Cup, die Welttasse?

Mit­tler­weile weiß ich natür­lich, dass cup Gefäße ganz ver­schieden­er Art beze­ich­nen kann, neben Tassen, Bech­ern, Kelchen, Näpfen und Schalen eben auch Pokale und per (metonymis­ch­er) Über­tra­gung auch gle­ich das ganze Ereig­nis, bei dem der Pokal errun­gen und über­re­icht wird.

Was ich aber noch nicht so lange weiß: Dass das Wort cup einen Ver­wandten im Deutschen hat – den Kopf. Und das kommt so … Weit­er­lesen

Herrliche Etymologie, dämliche Aufgabe

Von Kristin Kopf

Auf der Suche nach Auf­gaben zur Wort­bil­dung bin ich vor eini­gen Wochen auf die fol­gende Frage gestoßen:

Quelle: Bach­e­lor­wis­sen Ger­man­is­tis­che Lin­guis­tik (Busch/Stenschke)

Beschreiben Sie aus­ge­hend von der zugrunde liegen­den Wort­bil­dung den Bedeu­tungswan­del bei den Adjek­tiv­en däm­lich und her­rlich.

Erst fand ich’s lustig, aber dann hat mich das Mitleid mit den armen Bach­e­lors gepackt. Das ist näm­lich eine ganz gemeine Falle. Weit­er­lesen

StuTS-Status & Top-100-Language-Blogs-Wahl

Von Kristin Kopf

Es ist tat­säch­lich StuTS. Irgend­wie nach einem Jahr Vor­bere­itung sehr unre­al, dass es jet­zt wirk­lich so weit ist.

Ich habe heute eine Menge Vorträge gehört und sie waren alle wirk­lich gut:

  • Robert Fuchs über also im Indis­chen Englisch – es kann an Stellen ste­hen, die das Britis­che Englisch nicht erlaubt, wahrschein­lich durch den Ein­fluss eines ähn­lichen Wortes in ver­schiede­nen indis­chen Sprachen,
  • Michael Sap­pir über Porte­man­teau­mor­pheme im Karuk – sie sind sehr wider­spen­stig und wollen sich nicht so recht beschreiben lassen, sodass man zur Vere­in­fachung kom­plizierte Regeln annehmen muss ;),
  • Ludger Paschen über ein Audioko­r­pus zu Vari­etäten des Rus­sis­chen – eine total span­nende Sisyphosar­beit, 1000 Stun­den Tonauf­nah­men sollen extrem detail­liert annotiert werden,
  • Sophie ter Schure über Exper­i­mente zum Spracher­werb und zur Wor­tarten­klas­si­fika­tion – beson­ders schön kam hier raus, dass man nicht immer sofort das per­fek­te Exper­i­ment­de­sign find­et und wie man schließlich doch zu aus­sagekräfti­gen Dat­en gelan­gen kann – und
  • Tan­ja Ack­er­mann zu “geschlechtsspez­i­fis­chen” Deon­a­men – lustiger­weise ver­hal­ten sich die Deon­a­men sehr ähn­lich wie die Ruf­na­men z.B. bezüglich der Wortlänge, der Beto­nungsstruk­tur und des Aus­lauts. Strate­gien, die man benutzt, um Frauen- und Män­ner­na­men zu dif­feren­zieren, benutzt man auch, um für sie gedachte Pro­duk­te zu benennen.

Außer­dem gab es natür­lich den Gastvor­trag von Mar­i­on Grein zu Kom­pli­menten in ver­schiede­nen Sprachen – muss man gehört haben, kann man nicht beschreiben. Enormer Unter­hal­tungswert plus fach­lich hochinteressant.

Schließlich gab es noch eine Stadt­führung, die eigentlich im Mainz­er Dialekt sein sollte – der Stadt­führer hat sich aber nicht so recht getraut. Gel­ernt habe ich trotz­dem was, z.B. dass der Schambes mal Jean Bap­tiste hieß.

Top 100 Language Blogs 2010

Und weil ich dafür keinen Extra­beitrag auf­machen will, noch schnell hier: Das Sch­plock wurde für eine Wahl nominiert, und zwar die Top 100 Lan­guage Blogs 2010, in der Kat­e­gorie Lan­guage Pro­fes­sion­als. Ich bin mir noch nicht so sich­er, wie ich mich dabei füh­le, denn ein­er­seits ist sind so tolle Seit­en wie John Wells phonetis­ches Blog nominiert, ander­er­seits aber auch der Zwiebelfisch.

Eine knapp kom­men­tierte Liste aller Kan­di­dat­en find­et ihr hier (und hier kann man bis 24. Mai abstim­men – für was auch immer man will, ich habe hier extra keinen dieser scham­losen Vote-for-this-Blog-But­tons hingesetzt).

Ich hab lei­der gar keine Zeit, mich durch die Kan­di­dat­en durchzuk­lick­en, aber wenn ihr irgendwelche Perlen in der Liste find­et, freue ich mich riesig auf Hin­weise in den Kom­mentaren. Genug Sprach(wissenschafts)bookmarks kann man nie haben 🙂

Wie man unnötig lange Vulkannamen zurechtstutzen kann …

Von Kristin Kopf

Schon seit Beginn des Aschewolk­endra­mas schreibt FAZ.net (nicht als einzige) ziem­lich kon­se­quent vom Eyjaf­jal­la. Eine Miniauswahl:

Zu Beginn des ganzen Dra­mas schrieb man zuweilen noch vom Eyjaf­jal­la-Gletsch­er und dem Aus­bruch des isländis­chen Vulka­ns am Eyjafal­la-Gletsch­er, aber auch schon vom Eyjaf­jal­la-Vulkan.

Gletscher = Berg = Vulkan?

Ich habe hin- und herg­erät­selt warum, denn wirk­lich Sinn ergibt das für mich nicht. Ich erin­nere: Eyjaf­jal­la­jökull heißt ‘Insel(n)bergegletscher’. Der Gletsch­er heißt so und der Vulkan unter dem Gletsch­er heißt auch so, sagt die deutsche Wikipedia.

Wenn man den ‘Gletsch­er’ weglässt, wie die FAZ das tut, erhält man also nicht den “echt­en” Namen des Vulkans.

Die Hart­näck­igkeit der FAZ hat mich dann aber doch verun­sichert, und so zog ich aus zu klären, ob das Wort auch wirk­lich den gesamten Berg inklu­sive Vulkan beze­ich­net. Weit­er­lesen

Von der Natürlichkeit der Katastrophe

Von Susanne Flach

Derzeit bedro­ht Öl die amerikanis­che Gol­fre­gion. Dieses Bild ist in Wahrheit noch zynis­ch­er, als es klinkt. Wom­it wir beim The­ma wären. Ver­schiedene Medi­en, darunter Spiegel Online, Focus und die Zeit, sprechen von ein­er Naturkatastrophe*.

Moment. Der Tsuna­mi 2004 war eine Naturkatas­tro­phe. Sichuan und Haiti waren Naturkatas­tro­phen. Es wäre ver­mut­lich stre­it­bar, ob der Aus­bruch des Eyjaf­jal­la­jökull eine Naturkatas­tro­phe im eigentlichen Sinne war — er war es immer­hin für die Ange­höri­gen der audio­vi­suellen Medienlandschaft.

Und auch wenn die Men­schheit dem schwarzen Gold wie einem Gott huldigt, ist eine Ölpest nichts Natür­lich­es. Die Explo­sion auf der Deep­wa­ter Hori­zon und seine Fol­gen ergeben eine Umweltkatas­tro­phe, eine vom Men­schen verur­sachte, also nicht-natür­liche Katas­tro­phe. Wie jede Ölpest. Für die Finanzwelt aus­ge­drückt: wenn Oba­ma sagt, dass BP für die Katas­tro­phe bezahlen wird, dann gibt es einen Schuldigen. Bei Naturkatas­tro­phen gibt es den nicht.

Lin­guis­tisch sind bei­de Wörter soge­nan­nte Kom­posi­ta, in diesem Fall zusam­menge­set­zte Sub­stan­tive. Aber sie unter­schei­den sich in ihrer Kopf-Kern-Struktur:

  • Naturkatas­tro­phe = ’natür­liche Katas­tro­phe’ (siehe auch engl. nat­ur­al dis­as­ter -> Adjek­tiv (nat­ur­al) + Substantiv)
  • Umweltkatas­tro­phe = ‘Katas­tro­phe für die Umwelt’

In bei­den Fällen ergeben sich zwar Auswirkun­gen für Natur und Umwelt — in der Umweltkatas­tro­phe sind diese auch seman­tisch zugänglich­er. Im Fall der Naturkatas­tro­phe wer­den die ver­heeren­den Auswirkun­gen aber nicht vom Sub­stan­tiv ‘Natur’ getra­gen — dieses sagt lediglich aus, dass es sich um eine natür­lich Ursache han­delt, z.B. bei Erd­beben, Flutereignis­sen, Vulka­naus­brüchen. Die Ursache der Katas­tro­phe ist wieder­rum in Umweltkatas­tro­phe nicht sofort ersichtlich (wobei es sich grund­sät­zlich um vom Men­schen verur­sache Ereignisse han­delt). Es ist auch eine Frage der Kon­ven­tion: und die ist (noch), dass Umwelt- und Naturkatas­tro­phen zwei Paar Schuhe sind. So gese­hen dürften Jour­nal­is­ten das Isländis­che für die Kom­po­si­tion Eyjaf­jal­la­jökull ver­ant­wortlich machen (genau genom­men find­en sich in Eyjaf­jal­la­jökull auch Ele­mente von Deriva­tion und Flek­tion, aber belassen wir es mal dabei).

Aber men­schlich­es Gewinnstreben bleibt eine Umweltkatastrophe.

*Im Zuge von Recherchen scheint zumin­d­est SpOn den Lap­sus bemerkt zu haben und hat Naturkatas­tro­phe durch Umweltkatas­tro­phe erset­zt. Der Ver­dacht liegt übri­gens nahe, dass die fraglichen Medi­en eine Agen­turmel­dung über­nom­men haben. Wäre wohl ein Fall für die Jungs hier.

Einhällig und aufwendig

Von Kristin Kopf

Ich habe eben einen (übri­gens aus­geze­ich­neten!) Blog­beitrag von Ana­tol Ste­fanow­itsch zum iPad gele­sen und darin fol­gende Schrei­bung entdeckt:

Schon damals habe ich mich darüber gewun­dert, dass die Presse hier so ein­häl­lig einen Humor pflegt (oder auf­greift), der auf der krampfhaften Suche nach anstößi­gen Dop­peldeutigkeit­en beruht und der mir seit der sech­sten Klasse nicht mehr begeg­net ist.

Ein großar­tiger Satz, ganz neben­bei. Mir geht’s aber um das <ä> in ein­häl­lig. Das ist zwar ein Rechtschreibfehler, aber er deutet auf etwas span­nen­des hin: eine gelehrte Volk­se­t­y­molo­gie, denn hier wurde ein­hel­lig wahrschein­lich an hallen angeschlossen und entsprechend mit <ä> geschrieben.

In Wirk­lichkeit stammt’s vom althochdeutschen Verb hel­lan ‘tönen’. Das ist heute aus­gestor­ben, an sein­er Stelle hat sich hallen durchge­set­zt, das seit dem 15. Jahrhun­dert belegt ist und vom mit­tel­hochdeutschen Sub­stan­tiv hal ‘Hall’ abgeleit­et wurde (welch­es wiederum doch auf hel­lan zurück­ge­ht, aber den Schlenker ers­pare ich euch lieber).

ä‑tymologische Schreibung

Dass man Wörter an ver­wandte Wörter mit <a> anschließt und entsprechend <ä> statt <e> schreibt, ist eine beliebte Prax­is. Ihr erin­nert euch vielle­icht dran, wie’s bei der Rechtschreibre­form hieß, dass man jet­zt <aufwändig> mit <ä> schreibt, weil es von <Aufwand> kommt und <Stängel> wegen <Stange>. Das Prinzip, das man damit ver­fol­gt, heißt “Mor­phemkon­stanz” – zusam­menge­hörige Wörter sollen auch durch die Schrei­bung als solche markiert werden.

Das ist ganz deut­lich bei den Umlaut­plu­ralen, wo man niemals <Hand> – <Hende> schreiben würde (aber dur­chaus mal getan hat), oder bei den Weit­er­lesen