Schlagwort-Archive: Entlehnung

Sexismusverdacht

Von Kristin Kopf

In let­zter Zeit ger­at­en immer wieder Leute her, weil es irgend­wo eine (meist niveaulose) Debat­te zu Sex­is­mus gibt. Im Laufe ebendieser zaubert jemand die “däm­lich kommt von Dame”-Behaup­tung aus dem Hut und prompt schreibt jemand anders: “Nein, däm­lich ist nicht sex­is­tisch, das kommt näm­lich gar nicht von Dame!” Drunter dann ein Link zum ein­schlägi­gen Sch­plock-Beitrag.

Aber ist es so leicht?

Dass däm­lich nicht von Dame kommt, ja klar – aber ist es deshalb auch defin­i­tiv nicht sex­is­tisch? Weit­er­lesen

Wörter auf ‑nf

Von Kristin Kopf

Vor ein­er Weile kam jemand mit der Suchanfrage

wörter mit endung nf

hier­her. Offline kön­nte man so etwas mit einem soge­nan­nten “rück­läu­fi­gen Wörter­buch” her­aus­find­en. Aber was’n Stress!

Meine Online-Stan­dard­lö­sung in solchen Fällen ist canoo.net. Ging hier aber erst­mal nicht, denn da muss man min­destens drei Buch­staben eingeben. Die Anfrage *nf führt zu “Bitte seien Sie genauer: Wild­cards sind erst ab 3 Buch­staben erlaubt”. Wie nervig, es will ja kein­er tausend (= 30) Abfra­gen mit *anf, *bnf, … machen!

Aber elexiko vom Insti­tut für Deutsche Sprache ist koop­er­a­tiv, es spuckt 15 Tre­f­fer aus. Sucht man sich davon nur die ein­fachen Wörter aus, schnur­rt die Zahl der­er auf -nf ganz schnell auf vier zusam­men: Hanf, Senf, fünf und der Eigen­name Genf. Sind das schon alle? Weit­er­lesen

Was sich begeben vnnd zugetragen hat / in Deutsch:vnnd Welschlant …

Von Kristin Kopf

Ich lese ger­ade früh­neuhochdeutsche Zeitung­s­texte und muss sagen, ich wäre um eine Aus-aller-Welt- oder Panora­ma-Seite sehr dankbar. Es geht immer nur um die nervi­gen Evan­ge­lis­chen, die in stun­den­lan­gen Audien­zen und Res­o­lu­tio­nen Rechte fordern und manch­mal ein bißchen Krawall machen. Sehr sel­ten wird mal jemand erstochen oder ent­führt, Über­fälle von “See-” oder “Meer­raubern” wer­den zwar etwas öfter, aber nur in Hin­blick auf ihren wirtschaftlichen Schaden berichtet.

Aber auch wenn der Inhalt wenig abwech­slungsre­ich ist: Die Sprache macht alles wieder wett. Früh­neuhochdeutsch liest sich aus heutiger Per­spek­tive ein­fach sehr lustig, selb­st wenn es bit­ter­ernst gemeint ist. Ein sehr inter­es­san­ter Punkt sind dabei die zahlre­ichen Fremd­wörter lateinis­chen oder franzö­sis­chen Ursprungs, die es so nicht bis heute geschafft haben.

Da ist jemand darauf bedacht, das Kön­i­gre­ich selb­st zu defendirn, Weit­er­lesen

Ibere Ittume-Inglische ine ‑Ialektde

Von Kristin Kopf

[Gegenüber dem Orig­i­nal leicht verändert.]

Let­zte Woche habe ich Peter Hafen getrof­fen. Er ist der erste Vor­sitzende des Bern­er Mat­teänglisch-Clubs (mit der char­man­ten Abkürzung Mäc). Die Geheim­sprache Mat­teänglisch hat er in sein­er Schulzeit – wie schon sein Vater und sein Groß­vater – von seinen Klassenkam­er­aden gel­ernt. Die fol­gen­den Erk­lärun­gen basieren teils auf seinen Erzäh­lun­gen, teils auf dem Mäc-Buch Mat­teänglisch. Geschichte der Mat­te. Dialekt und Geheim­sprache von Stirnemann.

Mat­teenglisch ent­stand im Bern­er Mat­te­quarti­er und basiert auf dessen Dialekt, dem Mat­te­di­alekt (oder Mat­te-Bern­deutsch) – der vie­len auch schon wie eine Geheim­sprache vorgekom­men sein dürfte, aber nicht mit ihr ver­wech­selt wer­den sollte.

Der Mattedialekt als Soziolekt

Die Mat­te ‘Wiese’ ist ein beson­der­er Stadt­teil Berns: Sie liegt in der Fluß­biegung der Aare direkt am Wass­er – und über 30 Meter unter dem Rest der Stadt. Hier waren früher vor allem Schif­fer und Handw­erk­er ange­siedelt, später dann auch Indus­trie­un­ternehmen und ihre Arbeiter.

Lage der Mat­te in Bern – Quelle: Tschub­by (cc-by-sa, bearbeitet)

In der Mat­te kon­nte sich durch zwei Bedin­gun­gen ein sehr eigen­ständi­ger Dialekt entwick­elt: Weit­er­lesen

Der Weltkopf 2010

Von Kristin Kopf

Als ich anf­ing Englisch zu ler­nen, fand ich es selt­sam, einen Pokal cup zu nen­nen, wo das doch ‘Tasse’ heißt. Mir war schon klar, dass ein Wort in ein­er Fremd­sprache Zusatzbe­deu­tun­gen haben kann, die es im Deutschen nicht hat, aber das schien mir doch weit herge­holt. World Cup, die Welttasse?

Mit­tler­weile weiß ich natür­lich, dass cup Gefäße ganz ver­schieden­er Art beze­ich­nen kann, neben Tassen, Bech­ern, Kelchen, Näpfen und Schalen eben auch Pokale und per (metonymis­ch­er) Über­tra­gung auch gle­ich das ganze Ereig­nis, bei dem der Pokal errun­gen und über­re­icht wird.

Was ich aber noch nicht so lange weiß: Dass das Wort cup einen Ver­wandten im Deutschen hat – den Kopf. Und das kommt so … Weit­er­lesen

Über ubër

Von Kristin Kopf

Kür­zlich bin ich auf ein­er englis­chen Inter­net­seite auf das Wort ubër gestoßen und habe danach fest­gestellt, dass die Schrei­bung im Inter­net nicht ger­ade sel­ten ist.1 Da gibt es das Ubër high mileage MPV, den ubër ubër cheap stuff, die Ubër Bin­go Oscars, die ubër-cor­po­ra­tion Google und sog­ar Ubër uns in der deutschen Ver­sion ein­er tschechis­chen Seite. (Weit­ere ubërs in deutschen Texten …)

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[Lesetipp] Interview mit dem Wortwart

Von Kristin Kopf

Matthias Heine hat für die FAS ein Inter­view mit Lothar Lem­nitzer, dem Betreiber der Wort­warte, geführt. Ins­ge­samt recht angenehme Fra­gen und meist sehr gründliche Antworten – ich finde es dur­chaus lesenswert.

Das zu Beginn erwäh­nte Buch “Hirndieb­stahl im Sparadies” habe ich mir übri­gens let­ztes Jahr gekauft, ich war aber nicht beson­ders ange­tan – das eigentlich Coole, näm­lich die Wörter, wer­den durch die sehr bemüht­en Texte mein­er Mei­n­ung nach ver­dor­ben. Ganz zu schweigen von den Illus­tra­tio­nen. Gesam­turteil? Bahn­hofs­buch­hand­lungs­buch. Hat vielle­icht jemand Inter­esse dran?

Wann wird’s mal wieder richtig Juni?

Von Kristin Kopf

Heute gibt es mal wieder ein bißchen Ety­molo­gie. Anlass war die fol­gende, som­mer­lich anmu­tende Suchan­frage, die zum Sch­plock führte:

wörter mit juni (26.1.2010)

Deutsche Zusam­menset­zun­gen, die den Monat Juni enthal­ten, scheint es kaum zu geben. Canoo.net liefert nur den Junikäfer.

Es gibt natür­lich auch Wörter, die die Zeichen­kette Juni enthal­ten, aber keinen Bezug zum Monat aufweisen – aber auch nur sehr wenige, z.B. Junior, Jeju­ni­tisEntzün­dung des Leer­darms’ oder Junipe­rusWachold­er’.

Indi­rekt beste­ht aber doch zumin­d­est zwis­chen Junior und Juni eine Beziehung:

Der Juni kommt vom lateinis­chen (mên­sis) Iûnius, also dem Monat der Göt­tin Juno. Deren Name wiederum scheint auf das indoger­man­is­che *yeu- zurück­zuge­hen, das u.a. ‘jung’ oder ‘vital’ bedeuten kon­nte. Die Göt­tin hat­te wahrschein­lich ursprünglich ein jungfräulich­es Element.

Der Junior stammt vom lateinis­chen iûnior ‘der Jün­gere’, dem Kom­par­a­tiv von iuve­nis ‘jung’, das auf dieselbe indoger­man­is­che Wurzel zurück­ge­führt wird.

Unser heutiges jung ist übri­gens, eben­so wie das englis­che young mit diesen For­men ety­mol­o­gisch verwandt.

Das Jejunum, das der Jeju­ni­tis ihren Namen ver­lei­ht, ist aber ander­er Herkun­ft – es geht auf das lateinis­che ieiunus zurück, das ‘hun­grig, durstig, fas­tend’ hieß. Wohl weil dieser Darmab­schnitt nach dem Tod leer ist. Der Arme.

Die Herkun­ft von Junipe­rus ist ungek­lärt.

Wörter mit irgen­dein­er bes­timmten Buch­staben­kette kann man bei Canoo.net übri­gens aus­geze­ich­net suchen. Man set­zt ein­fach Sternchen rund um die Buch­staben, also *juni*, et voilà. Lei­der geht das aber erst ab drei Buch­staben, was mich schon öfter geärg­ert hat.

So, jet­zt geh ich einen Schnee­mann bauen!

No Headlines

Von Anatol Stefanowitsch

Die Aktion Lebendi­ges Deutsch hat natür­lich auch im let­zten Monat wieder zwei Neube­wor­tungsvorschläge vorgelegt. Zunächst war ein deutsch­er Begriff für das Spot­light gesucht, und die Aktioneure haben eine wenig über­raschende Wahl getroffen:

Beim Such­wort „Spot­light“ hat sich die Jury für „Punk­tlicht“ entsch­ieden — genau das­selbe in der sel­ben Kürze.

Wenig über­raschend, weil dies die deutsche Über­set­zung für spot­light ist, die sich in jedem deutsch-englis­chen Wörter­buch find­et. Auch der WAHRIG betra­chtet bei­de Begriffe als Syn­onyme, wie die Ein­träge für Spot­light und Punk­tlicht zeigen: Weit­er­lesen

Am Ende des Tages

Von Anatol Stefanowitsch

Die Sprach­nör­gler haben vor kurzem eine neue Redewen­dung ent­deckt, die es auszumerzen gilt, näm­lich am Ende des Tages in der fol­gen­den Verwendung:

  1. Am Ende des Tages ste­ht für mich eine rena­turi­erte Ems“, sagt Nieder­sach­sens Min­is­ter­präsi­dent Chris­t­ian Wulff. [Finan­cial Times]
  2. Am Ende des Tages zählen Leis­tung und Zahlen“, sagt Peter Staab, zuständig für Investor Rela­tions… [Welt.de]
  3. Die deutsche Singspielin­dus­trie darbt. Am Ende des Tages kön­nen nur heiße Stoffe wie das Oba­ma-Musi­cal neue Hoff­nung brin­gen. [Finanztreff.de]

Schon 2006 hat Chefnör­gler Bas­t­ian Sick diese Phrase in ein­er Glosse als Beispiel für einen Anglizis­mus erwäh­nt: Weit­er­lesen