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[Ostern] Gründonnerstag

Von Kristin Kopf

So, jet­zt wird hier mal wieder ein bißchen ety­mol­o­gisiert! Die Kar­woche bietet dafür ja wirk­lich mehr als genug Gele­gen­heit – los geht’s mit dem Grün­don­ner­stag. In mein­er Kind­heit wurde immer behauptet, das Erst­glied gehe auf mit­tel­hochdeutsch grî­nen ‘den Mund weinend/knurrend/winselnd/lachend verziehen’ zurück und drücke qua­si die Trau­rigkeit über die Gefan­gen­nahme Jesu aus. Weil greinen im Ale­man­nis­chen heute noch ein das Wort für ‘weinen’ ist, erschien mir diese Erk­lärung immer sehr einleuchtend.

2009-04-09-grunDoch Kluge hat eine Über­raschung parat: Im Mit­tel­hochdeutschen gab es die Fügung der grüene don­er­stac bere­its und somit einen ein­deuti­gen Bezug zur Farbe Grün. Aber was hat das Grün mit diesem Tag zu tun? Kluge und die Grimms sagen: In religiös­er Hin­sicht kaum etwas.

die deu­tung von gr. bleibt umstrit­ten, doch ist der name sichtlich eher volk­sthüm­lichen als kirch­lichen gepräges (DWB)

Bei­de bieten als mögliche Erk­lärung an, dass es Brauch war, an diesem Tag (grüne) Kräuter zu essen:

das reich und vielfältig entwick­elte brauchthum am gr., der genusz heil­brin­gen­der kräuter, das grün­don­ner­stag­sei (ant­laszei), der gr. als ter­min der säens und pflanzens u. s. w., […], läszt wie bei ostern an einen nach­hall vorchristlich­er übung denken; ob ihm, wie HOLTZMANN […] ver­mutet, ein Donars­fest im mai zugrunde liegt, bleibt uner­weis­lich (DWB)

Ist die schöne The­o­rie vom Greinen also wirk­lich nicht zu ret­ten? Muss der Grün­don­ner­stag den Hei­den über­lassen wer­den? In den kryp­tis­chen Lit­er­at­u­rangaben Kluges find­et sich doch noch ein Mini­hin­weis auf eine alter­na­tive Ety­molo­gie mit einem ganz ähn­lich klin­gen­den Wort – momen­tan habe ich aber keine Zeit (Habe ich erwäh­nt, dass ich sche­in­frei bin?), die entsprechen­den Zeitschriften und Büch­er herauszusuchen:

HWDA 3 (1931), 1186 f. Anders (Umdeu­tung von ahd. grun stm./stf. ‘Jam­mer, Unglück’): H. Jeske SW 11 (1986), 82–109; LM 4 (1989), 1752 f.”

Let­ztlich bleibt also rät­sel­haft, wie der Tag zu sein­er Farbe kam. Ich habe mich mal in anderen Sprachen Europas umge­se­hen um her­auszufind­en, was noch als Benen­nungsmo­tiv dienen kann:

  • ‘heiliger Don­ner­stag’: Spanisch (Jueves San­to), Ital­ienisch (giovedì san­to), Franzö­sisch (jeu­di saint), Rus­sisch (свято́й четве́рг)
  • großer Don­ner­stag’: Pol­nisch (Wiel­ki Czwartek), Ungarisch (Nagyc­sütörtök), Est­nisch (Suur nel­japäev), Rumänisch (Joia Mare)
  • weißer Don­ner­stag’: Nieder­ländisch (Witte Don­derdag) – wahrschein­lich wegen der litur­gis­chen Farbe Weiß.
  • Fußwaschungs­don­ner­stag’: Englisch (Maun­dy Thurs­day)
  • Reini­gungs­don­ner­stag’: Schwedisch (Skär­tors­da­gen), Nor­wegisch (Skjær­tors­dag), Dänisch (Skær­tors­dag) – schwed. skära und seine Entsprechun­gen heißen eigentlich ‘schnei­den’, haben hier aber wohl eine andere Bedeu­tung.

Aber der grüne Don­ner­stag ist doch nicht ganz einmalig:

  • Tschechisch: Zelený čtvrtek. Die tschechis­che Wikipedia sug­geriert irgen­deine Art von deutschem Ein­fluss (inklu­sive greinen), aber mehr kon­nte ich nicht errat­en. Wenn hier jemand Tschechisch kann … [break­ing news: Meine Fre­undin Esther hat’s über­set­zt: Der zitierte Bischof behauptet tat­säch­lich, es käme vom deutschen Grein­don­ner­stag, der durch Lautver­tauschung zum Grün­don­ner­stag gewor­den sei. Quellen gibt er dazu aber keine an, es ist also Vor­sicht geboten. Auch lustig: In Tschechien scheint man am Grün­don­ner­stag tra­di­tionell Spinat zu essen.]
  • Rumänisch: Joia Verde. Ist neben Joia Mare (s.o.) in meinen Wörter­buch angegeben. Ich kön­nte mir einen deutschen Ein­fluss über die Sieben­bürg­er Sach­sen gut vorstellen, will mich aber nicht zu weit aus dem Fen­ster lehnen.

Beze­ich­nun­gen in weit­eren Sprachen her­zlich willkom­men! Jens ja Lin­da, wie ist es mit Finnisch? Ich bilde mir ein, die Wort­gren­ze gefun­den zu haben (Kiiras|torstai), komme aber man­gels Struk­tur­wis­sen nicht auf die Nen­n­form des Erstglieds.

… der weiß nicht, was er will

Von Kristin Kopf

Willkom­men im April! Ich hoffe, Euch macht heute kein­er zum Aprill­snar­ren:

APRILLSNARR, m. pois­son d’avril, engl. april’s fool, april­fool: selb­st die übri­gen, die man hier als lächer­lich hin­ter­gangne april­snar­ren (dupes) beze­ich­net. GÖTHE 46, 161. im nördlichen Eng­land sagt man april­gouk, aprils­gauch, kukuk. BRAND pop­u­lar antiq­ui­ties ed. Hal­li­well. Lond. 1848. 1, 139.

Inter­es­sant, dass es das Wort heute gar nicht mehr gibt, dafür aber den Aprilscherz. Eine kurze Recherche im DWDS fördert let­zteren in den let­zten hun­dert Jahren 49-mal zutage, ersteren hinge­gen über­haupt nicht. Im W‑Archiv der geschriebe­nen Sprache von Cos­mas-II gibt grade mal es einen April­snar­ren, allerd­ings in einem Liedti­tel (und den Aprilscherz 1039-mal).

Mey­ers Großes Kon­ver­sa­tions-Lexikon von 1905 ken­nt den April­snar­ren noch (dafür den -scherz nicht), so lange kann sein Tod also nicht her sein:

April­snarr, Spot­tname eines »in den April Geschickten«.

Wann ist der Narr also ver­schwun­den und der Scherz aufge­taucht? Haben die bei­den sich gegen­seit­ig abgelöst? Oder ist der Narr gar nicht tot, son­dern nur extrem sel­ten? So viele Fragen …

Egal wie – auf einen guten April! Ohne sein Wetter:

  • APRILLENWETTER, m. her­ren­gun­st und april­len­wet­ter sind verän­der­lich; april­len­wet­ter, män­ner­schwüre. FR. MÜLLER 1, 292.
  • APRILLENZEIT, f.

dein lieb­ster war ein junges blut,
und junges blut hegt wankelmut
wie die aprillenzeit.
BÜRGER 47a.

Bücher freestyle

Von Anatol Stefanowitsch

Es entste­ht vielle­icht manch­mal der Ein­druck, ich würde das Ein­streuen englis­chen Wortguts in deutschsprachi­gen Zusam­men­hän­gen immer und über­all gutheißen. Das ist nicht der Fall: Mir geht es bei der Beobach­tung dieses Phänomens über­haupt nicht darum, ob ich es „gut“ oder „schlecht“ finde, son­dern darum, ob es die deutsche Sprache bedro­ht (tut es nicht), was für Motive dahin­ter­ste­hen (sich­er keine Scham der deutschen Sprache gegenüber) und was für kom­mu­nika­tive Wirkun­gen damit erzielt wer­den. Weit­er­lesen

Beitragsersuche und selbsterfüllende Wikipediaeinträge

Von Anatol Stefanowitsch

Ein sehr merk­würdi­ges Wort geis­tert durch meine Bitte um eine deutsche Alter­na­tive zum Call for Papers: das Wort Beitragser­such. Es stammt aus der Wikipedia, wo es im Ein­trag zu Call for Papers als deutsche Über­set­zung angegeben wird.

Anders als viele mein­er Kol­le­gen bin ich der Mei­n­ung, dass die deutschsprachige Wikipedia grund­sät­zlich eine zuver­läs­sige Quelle darstellt. Fehler wer­den schnell kor­rigiert und wenn mal ein Artikel über­lebt, der inhaltlich nichts taugt, erken­nt man den nor­maler­weise auf den ersten Blick an for­malen Mängeln.

Aber in diesem Fall hat jemand die Wikipedia manip­uliert: Weit­er­lesen

Wort gesucht

Von Anatol Stefanowitsch

Ich will nicht von mein­er von eini­gen so heiß ersehn­ten Rück­kehr zu enger fach­wis­senschaftlichen Beiträ­gen ablenken (enjoy them while they last…) und erwarte nach wie vor Beschrei­bun­gen von selb­st beobachteten metapho­rischen Gesten.

Aber ich will heute auch ein­mal Aktion Lebendi­ges Deutsch spie­len, denn es gibt Begriffe, für die wäre eine grif­fige deutsche Entsprechung wirk­lich sin­nvoll für die hätte ich aus völ­lig indi­vidu­ellen Geschmack­spräferen­zen gerne eine deutsche Entsprechung: Weit­er­lesen

Fragen an das Internet beantwortet

Von Kristin Kopf

Word­Press ver­fügt über eine elende Sta­tis­tik­funk­tion, die man stun­den­lang sinn­los anstar­ren kann. Um die vergeudete Zeit etwas zu recht­fer­ti­gen, will ich ein paar “Fra­gen” beant­worten, die über Suchan­fra­gen zum Sch­plock geleit­et wur­den, wo dann zwar die Such­wörter, nicht aber die Antworten vorhan­den waren.

schmettern ethymologisch (12.3.2009)

Wahrschein­lich ist es ein laut­ma­lerisches Wort, das irgend­wie mit mit­tel­hochdeutschem smîzen ‘stre­ichen, schmieren’ (das ist die Vor­form von schmeißen) und niederdeutschem schmad­dern ‘schmieren’ ver­wandt ist.

Im Mit­tel­hochdeutschen hieß es sme­tern und hat­te die Bedeu­tung ‘klap­pern, schwatzen’. Das Wort hat ab dem 16. Jahrhun­dert die Bedeu­tung ‘mit Geräusch hin­schleud­ern’, man musste also immer etwas schmettern. Später dann brauchte das Verb kein Objekt mehr, es beze­ich­net sei­ther eher die Tat­sache, dass etwas einen ‘krachen­den Schall’ verur­sacht. Wenn man ein Objekt ver­wen­den will, benutzt man hin­schmettern.

Danke übri­gens für die Inspi­ra­tion mit ethymol­o­gisch!

eichhörnchen etymologisch (22.3.2009)

Voll­tr­e­f­fer – eine Volk­se­t­y­molo­gie! Klas­sis­ch­er Fall für Olschan­sky: Schon im Althochdeutschen hat man das Wort als Zusam­menset­zung aus Eiche und Horn analysiert (eih­horno), dabei geht es eigentlich auf das ger­man­is­che Wort *aikur­na- zurück, was die indoger­man­is­che Wurzel *aig- bein­hal­tet, ‘sich heftig bewe­gen, schwingen’.

Obwohl also ety­mol­o­gisch von einem Horn nicht die Rede sein kann, wurde das Wort Mitte des 19. Jahrhun­derts zu ein­er generellen Beze­ich­nung für alle ver­wandten Nagetiere der Famile Sci­uri­dae wie z.B. Baumhörnchen, Erd­hörnchen, Flughörnchen.

Quelle: Wikipedia

Quelle: Wikipedia (Ray eye), CC-by-sa‑2.0‑de

paumen hochdeutsch (19.3.2009)

Wahrschein­lich geht es hier um eine alte dialek­tale Form des Wortes Bäume. Zu Beginn der althochdeutschen Zeit gab es die soge­nan­nte “Zweite Lautver­schiebung”, und ein Teil davon, die “Medi­en­ver­schiebung”, verän­derte die west­ger­man­is­chen Laute b, d und g.

  • [d] wurde zu [t], das sieht man z.B. an Wörtern wie Tag, auf Englisch day, weil das Englis­che keine Zweite Lautver­schiebung hat­te. Es gibt noch massen­haft weit­ere Beispiele (Tochterdaugh­ter, Tordoor, Tierdeer, …).
  • [b] und [g] blieben im Hochdeutschen weit­er­hin [b] und [g] – ver­glichen mit dem Englis­chen ist also kein Unter­schied festzustellen: Buch book, Bierbeer, gutgood, graugrey, …

Im Alto­berdeutschen aber, vor allem im Alt­bairischen, wurde teil­weise [b] > [p] und [g] > [k]. (Es ist aber zumin­d­est in der Schrei­bung nicht kon­se­quent durchge­führt, oft ste­hen auch <b> und <g>.) Wir find­en in alt­bairischen Tex­ten also Wörter wie perg ‘Berg’, kot ‘Gott’ und paum, ‘Baum’. Hier ist z.B. ein Auss­chnitt aus dem Wes­so­brun­ner Gebet, dessen Entste­hung auf ca. 790 geschätzt wird:

Dat gafre­gin ih mit firahim fir­i­u­uiz­zo meista,
dat ero ni uuas noh ûfhimil,
noh paum nih­heinîg noh pereg ni uuas,
ni suigli ster­ro nohheinîg noh sun­na ni scein,
noh mâno ni liuh­ta noh der mâręo sêo.
Dô dâr niu­ui­ht ni uuas enteo ni uuenteo
enti dô uuas der eino almahtî­co cot, …

(Text nach TITUS)

Das habe ich bei den Men­schen als größtes Wun­der erfahren: dass es die Erde nicht gab und nicht den Him­mel, es gab nicht den Baum und auch nicht den Berg, es schien nicht ein einziger Stern, nicht die Sonne, es leuchtete wed­er der Mond noch die glänzende See. Als es da also nichts gab, was man als Anfang oder Ende hätte ver­ste­hen kön­nen, gab es schon lange den einen, allmächti­gen Gott, …” (Über­set­zung aus Nübling 2006:23)

Und im Grimm­schen Wörter­buch gibt es einige Beispiele für paumen:

  • FRUCHTTRÄGERLEIN, n. frucht­knospe, bei MEGENBERG 93, 15: (vor dem blitz) ver­hül­let diu nâtûr diu fruht­trager­lein, daჳ sint die frühti­gen knödel (knötchen) auf den paumen, mit pletern, sam dâ ain amme ir kint ver­hül­let mit windeln.
  • FÜRBASZ , adv. weit­er, weit­er fort. […] STEINHÖWEL (1487) 64; doch nach langem seinen bedunken in gůt dauchte, seyt­mal er der fin­ster nacht hal­ben nitt fürpasz mochte, auf einen paumen ze steigen.
  • NACHSPÜREN, verb.1) intran­si­tiv, spürend fol­gen, aufzus­püren (zu erforschen, zu ergrün­den) suchen […] die aich­hörn­lein lof­fen / auf den paumen, der ich keim kund / nach-spüren, weil ich het kein hund. H. SACHS 4, 286, 8 K.

So. Auf die näch­sten Suchan­fra­gen ist das Sch­plock vorbereitet!

Osnabrück, nicht Bar Celona: DGfS-Jahrestagung 2009

Von Kristin Kopf

Diese Woche war ich auf der Jahresta­gung der DGfS in Osnabrück (übri­gens die Haupt­stadt des schlecht­en Wortwitzes) und habe viele, viele Vorträge gehört, viele berühmte und weniger berühmte Men­schen gese­hen und wenig geschlafen. Es war ein Riesenspaß!

Ich habe natür­lich unglaublich viele span­nende Dinge gel­ernt, aber lei­der eignen sich immer nur Split­ter davon für ein Blog – meine per­sön­lichen High­lights waren die Plenumsvorträge von Mar­i­anne Mithun und Adele Gold­berg, die sich aber nicht gut zer­schnipseln lassen.

Hier also meine DGfS-Nachlese:

AG 1: Formen und Funktionen von Satzverknüpfungen

Ferraresi/Weiß – Und-(?!)Nebensätze

Mit und kon­nte in mit­tel- und früh­neuhochdeutsch­er Zeit nicht nur Koor­di­na­tion aus­ge­drückt wer­den, son­dern auch Subordination:

(1) alse lieb und ich dir bin ‘so lieb wie ich dir bin’ (modal-ver­gle­ichend)

(2) zuvor und er zu mor­gen eszbevor er früh­stücke’ (tem­po­ral)

(3) erget­zet sie der lei­de unt ir ir habet getân ‘entschädigt sie für das Leid, das ihr ihr ange­tan habt’ (rel­a­tivisch)

AG 5: Formen des Ausdrucks von Höflichkeit/ Respekt im Gespräch

Hentschel — Alle Men­schen wer­den Brüder

Im Ser­bis­chen kann man (wie in vie­len Sprachen) Ver­wandtschafts­beze­ich­nun­gen auch für Nicht-Ver­wandte benutzen. Dabei benutzt man sine ‘Sohn’ sowohl für junge Frauen als auch für junge Män­ner. Die Beze­ich­nung für ‘Tochter’ kann gar nicht ver­wen­det wer­den. Wahrschein­lich hat es damit zu tun, dass die männliche Form als pos­i­tiv­er wahrgenom­men wird.
Im Chi­ne­sis­chen haben die Beze­ich­nun­gen für großer Brud­er und kleine Schwest­er teil­weise die Bedeu­tun­gen ‘Ban­denchef’ und ‘Pros­ti­tu­ierte’ bekom­men, wo sie nicht auf wirk­liche Geschwis­ter referieren.

Haase — Ref­er­enten­honori­fika­tion zwis­chen Gram­matik und Lexikon

Im Bask­ischen gibt es eine Markierung für Vertrautheit/Familiarität (im Gegen­satz zu den meis­ten Sprachen, die Höflichkeit/Distanz/Respekt markieren) – dabei wird extrem viel palatal­isiert und es wer­den Ele­mente in Ver­ben eingeschoben, die z.B. die Tran­si­tiv­ität verän­dern (das nen­nt man Alloku­tiv). Diese Art zu sprechen wird meist nur gegenüber Fam­i­lien­ange­höri­gen (aber nicht den Eltern), kleinen Kindern oder Tieren ver­wen­det. Weil sie auf so einen engen Kreis beschränkt ist, hat sie eine sehr hohe Var­i­anz — jede Fam­i­lie entwick­elt ihre eigene Version.

Simon — Zur Gram­matik der indi­rek­ten Anrede im Afrikaans und im älteren Deutsch

Im Afrikaans gibt es bes­timmte Beze­ich­nun­gen (Ver­wandtschafts- und Berufts­beze­ich­nun­gen), die man für die Anrede benutzt, um höflich zu sein. Dabei wer­den diese For­men nicht nur ein­mal zur Anrede gebraucht (wie “Herr Pfar­rer, …”), son­dern auch an Stellen, wo andere Sprachen ein Reflex­iv- oder ein Pos­ses­sivpronomen gebrauchen wür­den. Wenn man im Afrikaans über jeman­den spricht, sagt man z.B.

(1) Dom­i­nee skeer hom. ‘Der Pfar­rer rasiert sich

bei höflich­er Anrede wird es aber zu 

(2) Dom­i­nee skeer Dom­i­nee ‘Herr Pfar­rer, Sie rasieren sich (wörtl.: Herr Pfar­rer rasieren Her­rn Pfar­rer)’.

AG 13: Comparison constructions and similarity-based classification

Hahn — What makes things similar

Mit wenig Sprach­bezug, aber kong­ni­tiv sehr span­nend: Wenn wir Dinge miteinan­der ver­gle­ichen, ist die Ver­gle­ich­srich­tung wichtig. Wenn wir eine Lin­ie von 85° sehen, stim­men wir wahrschein­lich schnell zu, dass sie fast ver­tikal ist, wenn wir eine ver­tikale Lin­ie sehen, stim­men wir aber eher nicht zu, dass sie fast 85° hat.

Plenarvortrag

Gold­berg — Items and Generalizations

Es gibt im Englis­chen Adjek­tive, die nicht vor dem Bezugswort ste­hen kön­nen, son­dern eigentlich nur prädika­tiv ver­wen­det wer­den können:

(1) ??the asleep child

ist komisch, aber

(2) the child is asleep

geht. Das sind alles Adjek­tive die mit a- begin­nen (der Laut ist ein Schwa [ə]) und die meis­tens früher mal Prä­po­si­tion­alphrasen waren (also z.B. on sleep > asleep). Man kann sie heute noch sehr gut tren­nen, nach Wurzel und a:

(3) a|sleep, a|float, a|live, a|blaze

im Gegen­satz zu ähn­lich aussehenden/klingenden Adjek­tiv­en mit ein­er anderen Quelle (absurd, acute, aduld) die attribu­tiv ver­wen­det wer­den kön­nen (the absurd sit­u­a­tion). Heutige SprecherIn­nen ler­nen also eigentlich eine his­torische Regel, indem sie die For­men, bei denen das a- vom on stammt, anders behan­deln. Darüber sind sie sich allerd­ings nicht im Klaren, sie fol­gen eben dem Gebrauch der­er, von denen sie ler­nen, und da sie in Kon­tex­ten, in denen z.B. asleep gebaucht wird, nie den attribu­tiv­en Gebrauch hören, ler­nen sie die Regel. Im Vor­trag war das nur ein kleines Beispiel zur Begrün­dung eines bes­timmten Sprach- und Gram­matikver­ständ­niss­es, das aber hier den Rah­men spren­gen würde.

Ken Lee und der Dadaismus einer Fremdsprache

Von Kristin Kopf

Wenn die Klausuren vor­bei sind, gibt’s auch wieder wortre­ichere Ein­träge, versprochen.

Wom­it ich mich vom Ler­nen ablenke, kann man hier sehen:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=_RgL2MKfWTo&hl=de&fs=1]

Was mich vor allem fasziniert, ist die Ein­stel­lung zu Sprache, die dahin­ter­steck­en muss. Die Sän­gerin ist ja fest davon überzeugt, dass sie alles richtig singt — wahrschein­lich, weil sie es ihrer Mei­n­ung nach exakt so nachs­ingt, wie sie es gehört hat.
Dass das nicht reicht um ver­standen zu wer­den, weil man immer mit den Ohren sein­er Mut­ter­sprache hört, wurde ihr wohl erst später klar.

Schplock ist kein Splog!

Von Kristin Kopf

Na wie gut, dass ich bei mein­er Blog­be­nen­nung nicht nach der Schrei­bung gegan­gen bin … son­st hieße ich heute Splog — und das heißt, wie ich eben gel­ernt habe, spam blog. (Siehe auch hier! Und hier, mit tollem Titel: Behind Splog­ging: Why Splog­gers Splog.)

Die Beze­ich­nung Blog anfür­sich ist ziem­lich span­nend — sie kommt ja bekan­nter­maßen von weblog. Dass so etwas abgekürzt wird, ist nicht ungewöhn­lich — aber dass dabei der let­zte Laut des ersten Wortes dem zweit­en zugeschla­gen wurde, stellt eine Extrav­a­ganz beson­deren Aus­maßes dar.
Tech­niken, mit denen man Wörter verkürzt, unterteilt man in der Sprach­wis­senschaft in mehrere Unter­grup­pen. Vier davon hier:

  1. Kon­t­a­m­i­na­tio­nen: zwei Wörter ver­schmelzen. Lokal beson­ders beliebt: Mainz+ einzi­gar­tig zu mainzi­gar­tig. Aber natür­lich gehört auch das oben erwäh­nte Splog dazu.
  2. Kürzun­gen: Ein Teil des Wortes wird wegge­lassen: (Omni)Bus, (Eisen)Bahn, …
  3. Abkürzun­gen: Einzelne Buch­staben, meist die Anfangs­buch­staben der entsprechen­den Wörter, wer­den aneinan­derg­erei­ht und als Buch­staben aus­ge­sprochen: dpa, SpVzK­mA, …
  4. Akro­nyme: Eigentlich wie bei den Abkürzun­gen, nur dass die Buch­staben nicht als solche aus­ge­sprochen wer­den, son­dern man sie hin­tere­inan­der­weg liest, wie ein nor­males Wort: Bafög, Egli1, …

Das blog gehört eigentlich der zweit­en Gruppe an — aber während die meis­ten Wörter dieser Gruppe in europäis­chen Sprachen an den Sil­ben­gren­zen abge­tren­nt wer­den (Omni|bus), oder gar an den Wort­gren­zen (Eisen|bahn), ver­stößt blog gegen bei­des: web und log bilden jew­eils eine Silbe und ein Wort. Von der ersten Silbe ein­fach einen Laut beizube­hal­ten, ist selt­sam. Wie kommt’s also? Ein Artikel des Econ­o­mist legt nahe, dass es sich um ein Wort­spiel han­delte (Wikipedia hat’s für mich gefunden):

The word “blog” appears to date back to 1997, when one of the few prac­ti­tion­ers at the time, Jorn Barg­er, called his site a “weblog”. In 1999, anoth­er user, Peter Mer­holz, play­ful­ly broke the word into “we blog”, and some­how the new term—blog—stuck as both a verb and a noun.”

Quelle

Hm, das The­ma ist noch lange nicht aus­geschöpft, aber ich will mor­gen eine Spar­ty feiern … Man sieht sich!

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Ich hab’n jpg in dem pdf und will’s auf DVD brennen …

Von Kristin Kopf

Viele com­put­er­be­zo­gene Abkürzun­gen sind ja noch recht bekan­nt (www, http, CD, …) — aber ger­ade bei eini­gen der For­mate, die ich täglich benutze, hat­te ich keine Ahnung, was sie eigentlich bedeuten.

Wer ein bißchen rät­seln will, dem sei meine Auswahl hier genan­nt: pdf, jpg, mp3, DVD, CD-ROM

Und wer Erleuch­tung sucht, möge nach unten scrollen!

dateiendungen

Jet­zt zur Auflösung:

  1. pdf - portable doc­u­ment for­mat: So weit, so nahe­liegend. Ich wün­schte, mehr Men­schen wür­den es benutzen, im ihre Doku­mente trans­portier­bar zu machen ...
  2. jpgJoint Pho­to­graph­ic Experts Group: Wahrschein­lich ein Depart­ment des CIA …
  3. mp3 - MPEG‑1 Audio Lay­er 3 (MPEGMov­ing Pic­ture Experts Group): Noch mehr Experten, hui.
  4. DVDDig­i­tal Ver­sa­tile Disc: Ein wahrhaft viel­seit­iges Medi­um und der Tod der
  5. CD-ROM - Com­pact Disc Read-Only Mem­o­ry: Der erste Teil war mir klar, aber woher das ROM kam … Ich meine, ich wusste, dass es nichts mit Rom zu tun hat, wie ein beliebtes Bren­npro­gramm sug­geriert (Gibt’s das noch? Ist es noch beliebt?), aber dass es so pro­fan sein würde …

Ich würde ja vorschla­gen, dass Ihr in die Kom­mentare schreibt, wie klar Euch das längst war, oder welche anderen bekan­nten Com­put­er­abkürzun­gen Ihr auflösen kön­nt — aber ich fürchte, dann wird klar, wie wenige Leute hier lesen. Also … vielle­icht lieber nicht 😉

Lieber noch ein paar Über­legun­gen zum Sta­tus dieser Abkürzun­gen. Sind es Wörter? So richtige?

DVD und CD-ROM sich­er: Schon ihre Lang­for­men waren Sub­stan­tive (disc), die ein­fach nur gekürzt wur­den, sie beze­ich­nen (in der Mehrzahl) sil­berne Scheiben, die man anfassen und rum­schlep­pen kann, Sätze wie “Ich habe meine CD-ROM zerkratzt, aber glück­licher­weise hat­te ich den Film noch auf DVD hört man alle nase­lang, sie bilden auch ganz nor­male Plu­ral­fomen (die DVDs, die CD-ROMs) — aber was ist mit den Dateiformaten?

Bei der Lang­form dieser Abkürzun­gen han­delt es sich auch um Sub­stan­tive — allerd­ings um welche, die etwas anderes beze­ich­neten: for­mat bezog sich auf das Spe­icher­for­mat, nicht auf das konkrete Doku­ment, das in diesem For­mat existiert, group bezog sich auf die Gruppe von Men­schen, die das For­mat erstellt hat, nicht auf die konkrete Bild­datei (JPEG), lay­er (mp3) auf … was weiß ich, irgend­was Tech­nis­ches halt. Bei let­zterem wurde sog­ar so krass abgekürzt, dass es von lay­er keinen Rest mehr in der Abkürzung gibt.

Die Abkürzun­gen wur­den kreiert um zu kennze­ich­nen, dass eine Datei einem bes­timmten For­mat ange­hört. Oder sog­ar einem von ein­er bes­timmten Gruppe erstell­ten For­mat. (So gese­hen fol­gt JPG ein­er ähn­lichen Benen­nungsmo­ti­va­tion wie Kolumbi­en, Cook­town oder Peter Moosleit­ners inter­es­santes Mag­a­zin. Allerd­ings hat aus­gerech­net JPG die Sache nicht sooo weit mit­gemacht wie PDF und mp3, wahrschein­lich, weil das For­mat meist nur eine geringe Rolle spielt, man spricht halt von einem Bild.)

Natür­lich waren sie extrem kurz, wie das bei Dateien­dun­gen immer ist. (Manche Betrieb­ssys­teme lassen nur drei Zeichen zu. *hach* Wikipedia bildet unglaublich …)
Als Com­put­er­nutzerIn wird man also tagtäglich mit den Endun­gen kon­fron­tiert, aber fast nie mit den Fein­heit­en des dahin­ter­ste­hen­den For­mats. So gese­hen war der Weg nicht weit von der Grundbe­deu­tung ‘Dateifor­mat’ zu ‘gehört einem bes­timmten For­mat an’ (in Kon­tex­ten, bei denen die Endung an einen Dateina­men ange­fügt wurde) zu ‘konkrete Datei in einem bes­timmten For­mat’ — wobei noch immer alle Bedeu­tun­gen existieren. (Finde ich.)

So war die Abkürzung anfangs ein Wort, dann eine Art tech­nis­ch­er Mark­er, bei dem ich mich schw­ertue, ihn als Wort zu beze­ich­nen (immer, wenn’s an einem Dateina­men hängt) und wurde schließlich wieder zu einem Wort mit ein­er anderen Bedeutung.

Diese Wörter in ihrer neuen Bedeu­tung haben noch mit eini­gen Schwierigkeit­en zu kämpfen, ganz beson­ders was die Schrei­bung anbetrifft.
Wie heißt es nun, .pdf, pdf, Pdf oder PDF?

(1) Ich habe ein .pdf gefun­den (lei­der auf Japanisch) es hiess: Main­Mem­o­ry Exten­sion Man­u­al — for End User.
Quelle

(2) ach du möcht­est ein pdf erstellen?
Quelle

(3) Ich habe ein Pdf, kön­nte es Ihnen bei Inter­esse per Mail schick­en, PN darf ich noch nicht. 
Quelle

(4) Ich habe ein PDF zur ein­er ach so tollen Inter­net­druck­erei geschickt und bekam ein Druck­ergeb­nis in der manche Texte richtig waren und manche halt nur aus ä bestanden. 
Quelle

Manche Leute schreiben PDF-For­mat, aber ein­fach das For­mat zu ver­dop­peln ist auch nicht so ele­gant. PDF-Doku­ment gibt’s auch.

Ich bin ges­pan­nt, was sich da durch­set­zen wird. Mein Wun­schtraum wäre ja Pedeäf (wie Ede­ka aus E.d.K., Einkauf­sgenossen­schaft der Kolo­nial­waren­händler im Halleschen Tor­bezirk zu Berlin).