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Mit Gehirnwäsche-über-sich-ergehen-lassen beschäftigt sein

Von Kristin Kopf

Die Seman­tik von beschäftigt sein lässt für mich eigentlich nur Tätigkeit­en zu, bei denen es einen Agens gibt (z.B. mit den Hausauf­gaben beschäftigt sein) — Sätze mit einem Expe­ri­encer (also jeman­dem, der eher etwas erlebt als es aktiv durchzuführen) sind irgend­wie schief (z.B. ??mit Schlafen beschäftigt sein). Damit beschäftigt zu sein, etwas über sich erge­hen zu lassen ist auch so ein Fall …
Damit er nicht ganz alleine ste­ht, hat der Autor des unten zitierten FAZ-Artikels (ein Michael Lud­wig) auch noch andere ungewöhn­liche For­mulierun­gen einge­baut, wie z.B. jeman­den irgend­wohin reden (kurz für jeman­den dazu überre­den, irgend­wo hinzuge­hen?).

Kus­ne­zows Anhänger arbeit­eten nicht und schick­ten ihre Kinder nicht zur Schule. Sie waren damit beschäftigt, Gehirn­wäsche über sich erge­hen zu lassen. Ein rus­sis­ch­er Sek­ten­forsch­er meinte, Kus­ne­zow habe die Men­schen zu Zom­bies gemacht und schließlich mit wirren religiösen Sprüchen unter die Erde geredet.”

Auch inhaltlich macht mich der Artikel eher rat­los — die Art zu bericht­en will für mich so gar nicht zur FAZ passen.

Drücken Sie bitte die Eins!

Von Kristin Kopf

Bei der Zeit gibt es einen lesens- und hörenswerten Artikel: Frauen, auf die wir hören. Es wer­den Frauen vorgestellt, die man täglich bei Tele­fon­hot­lines, in Zügen oder bei Nav­i­ga­tion­ssys­te­men hört. Schade, dass in jedem Inter­view danach gefragt wird, wie ero­tisch die Frauen wirken.
Und schade, dass die Ansagerin vom Mainz­er Haupt­bahn­hof nicht dabei ist … “Auf Gleise Einse: Ihr Tschug fährt jetscht ein.”

2008-04-29-frauenzeit

Am Ampfang war es scheimbar der Umpfang

Von Kristin Kopf

Jip­pie! Dank Inter­net sieht man endlich mal, wo Mor­phem­gren­zen opak werden …

schein­bar > sche­im­bar: 1.150 Google-Tre­f­fer

sor­ry wollte edi­tieren und hab sche­im­bar zitieren gedrückt! 🙂

Quelle: board.mofapower.de

Anfang > Amfang: 23.400 Google-Treffer

Am Amfang macht es Spaß, später nicht mehr!!!!

Quelle: dooyoo.de

Anfang> Amp­fang: 1.230 Google-Tre­f­fer (Aber nicht auswert­bar, weil da noch ganz viele Emp­fang > Amp­fang drin sind!)

So dann wieder ganz am Amp­fang die Treppe wieder hoch und ger­ade aus in die Tür wo ich so Kerzen aus­machen musste (4x Buu-Huu).

Quelle: mogelpower.de

Umfang > Ump­fang: 6.620 Google-Tre­f­fer

Allerd­ings wurde mir vor kurzem ein Mod­elver­trag ange­boten unter der Vor­raus­set­z­tung, dass ich 5–7 cm Ump­fang an der Hüfte verliere.

Quelle: forum.gofeminin.de

Man kön­nte ewig weit­er­ma­chen: Emfang, ambi­eten, Umbill, …

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Und noch ein schön­er Fall, in dem ein­fach nur ein Fremd­wort eingedeutscht wurde — vielle­icht durch die laut­liche Ähn­lichkeit mit Kanzel und ein­er damit irgend­wie ver­bun­de­nen Volksetymologie?

can­celn > kanzeln

es fing sil­vester let­zten jahres an — wir woll­ten zusam­men zu mein­er fam­i­lie fahren, 2 tage vorher hat er das gekanzelt, weil er nicht ohne seine tochter sein konnte…

Quelle: brigitte.de

Guten Morgen, Guten Tag …

Von Kristin Kopf

Ich lese grade in ein­er Kolum­nen­samm­lung der Japan Times namens Nihon­go Notes (Osamu & Nobuko Mizu­tani) in mehreren Bän­den (eher Bänd-chen) aus den 70ern/80ern. Es geht qua­si darum, arme Aus­län­der im höflichkeitssen­si­blen Japan vor sozialer Aus­gren­zung und Äch­tung wegen Ver­wen­dung falsch­er Aus­drücke zu bewahren.
In Deutsch­land sind die Büch­er wohl nur noch anti­quar­isch und zu hor­ren­den Preisen zu bekom­men (die phan­tasievoll­ste Pre­is­forderung will pro Seite einen Euro), großes Buh!

Was mich sehr fasziniert hat (Erken­nen, Eigenes, Fremdes etc.):
お早う ohay­ou heißt ‘Guten Mor­gen!’ und 今日は kon­nichi­wa ‘Guten Tag!’ Mit großer Mühe und viel Liebe wird den Japanis­chler­nen­den nun nahege­bracht, dass es nicht nur an der Tageszeit liegt, welchen Gruß man benutzt, son­dern auch an der Beziehung, in der man zu jeman­dem ste­ht. Ohay­ou ver­wen­det man generell mor­gens, sowohl der eige­nen Gruppe (Fam­i­lie, Fre­unde, Kol­legin­nen) als auch Frem­den gegenüber. Sollte es sich aber ein­mal zutra­gen, dass man z.B. erst mit­tags zur Arbeit kommt, dann darf man nii­i­i­i­i­i­iemals kon­nichi­wa sagen, denn das ist ein Gruß, den man Leuten gegenüber ver­wen­det, die nicht zum engeren Umfeld gehören.

So weit, so gut, ominöse Japan­er … aaaaaaber dann ist mir aufge­fall­en: Wir machen es auch nicht anders! (Guten) Tag! ist auch bei uns sehr an die Ver­trautheit gekop­pelt — man würde es nie zur eige­nen Fam­i­lie oder zu Fre­un­den sagen, da klingt es viel zu formell.
今晩は kon­ban­wa bzw. Guten Abend ver­hält sich wie kon­nichi­wa/Guten Tag!
Und die Gute Nacht! finde ich lei­der nicht mehr, ich bin mir sich­er, dass irgend­wo etwas dazu stand, aber mein Leseze­ichen­sys­tem weist ern­sthafte konzep­tionelle Fehler auf.
Den­noch wün­sche ich sie hier­mit: お休みなさい oya­sum­i­na­sai!

Lange Wörter

Von Anatol Stefanowitsch

Ines Bal­cik fragt in ihrem Sprach­blog stel­lvertre­tend für Ania Dorn­heim, die wiederum im Auf­trag ein­er Hil­fe­suchen­den in ihrem Sprach­ber­atungs­fo­rum fragt, ob jemand ein tat­säch­lich ver­wen­detes Wort ken­nt, das länger ist als das sagenum­wobene Donau­dampfschif­fahrts-elek­triz­itäten­haupt­be­trieb­swerk­bauunter­beamtenge­sellschaft.

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Kompositumspatriotismus

Von Anatol Stefanowitsch

Auf dem Heimweg am Don­ner­stag­mit­tag habe ich fol­gende Behaup­tung im Deutsch­land­funk gehört:

Die deutsche Sprache ver­fügt über eine Eigen­schaft, die sie nur mit weni­gen anderen Sprachen teilt: sie kann zusam­menge­set­zte Sub­stan­tive bilden. Ver­fas­sungspa­tri­o­tismus. (DLF, 2007-04-05 12:29)

Ich habe nicht genau mit­bekom­men, warum dieser Satz fiel, weil ich damit beschäftigt war, ihn für die dieswöchige Press­eschau festzuhal­ten. Das ist bei 140 km/h auf der A1 nicht ein­fach und nicht zur Nachah­mung emp­fohlen, aber für die werten Leserin­nen und Leser des Bre­mer Sprach­blogs ist mir kein Risiko zu hoch. Ich habe dann zuhause fest­gestellt, dass es sich um einen Ver­weis auf ein bere­its am 1. April aus­ges­trahltes Essay des Rechtswis­senschaftlers Dieter Simon zur europäis­chen Ver­fas­sung han­delte, das inzwis­chen auch auf der Web­seite des DLF zu find­en ist und das mit dem ersten Satz dieser Behaup­tung begin­nt. Weit­er­lesen