Wann wird’s mal wieder richtig Juni?

Von Kristin Kopf

Heute gibt es mal wieder ein bißchen Ety­molo­gie. Anlass war die fol­gende, som­mer­lich anmu­tende Suchan­frage, die zum Sch­plock führte:

wörter mit juni (26.1.2010)

Deutsche Zusam­menset­zun­gen, die den Monat Juni enthal­ten, scheint es kaum zu geben. Canoo.net liefert nur den Junikäfer.

Es gibt natür­lich auch Wörter, die die Zeichen­kette Juni enthal­ten, aber keinen Bezug zum Monat aufweisen – aber auch nur sehr wenige, z.B. Junior, Jeju­ni­tisEntzün­dung des Leer­darms’ oder Junipe­rusWachold­er’.

Indi­rekt beste­ht aber doch zumin­d­est zwis­chen Junior und Juni eine Beziehung:

Der Juni kommt vom lateinis­chen (mên­sis) Iûnius, also dem Monat der Göt­tin Juno. Deren Name wiederum scheint auf das indoger­man­is­che *yeu- zurück­zuge­hen, das u.a. ‘jung’ oder ‘vital’ bedeuten kon­nte. Die Göt­tin hat­te wahrschein­lich ursprünglich ein jungfräulich­es Element.

Der Junior stammt vom lateinis­chen iûnior ‘der Jün­gere’, dem Kom­par­a­tiv von iuve­nis ‘jung’, das auf dieselbe indoger­man­is­che Wurzel zurück­ge­führt wird.

Unser heutiges jung ist übri­gens, eben­so wie das englis­che young mit diesen For­men ety­mol­o­gisch verwandt.

Das Jejunum, das der Jeju­ni­tis ihren Namen ver­lei­ht, ist aber ander­er Herkun­ft – es geht auf das lateinis­che ieiunus zurück, das ‘hun­grig, durstig, fas­tend’ hieß. Wohl weil dieser Darmab­schnitt nach dem Tod leer ist. Der Arme.

Die Herkun­ft von Junipe­rus ist ungek­lärt.

Wörter mit irgen­dein­er bes­timmten Buch­staben­kette kann man bei Canoo.net übri­gens aus­geze­ich­net suchen. Man set­zt ein­fach Sternchen rund um die Buch­staben, also *juni*, et voilà. Lei­der geht das aber erst ab drei Buch­staben, was mich schon öfter geärg­ert hat.

So, jet­zt geh ich einen Schnee­mann bauen!

We are all sitting in one boat”

Von Susanne Flach

Derzeit macht sich die deutsche Inter­net­ge­meinde über Gün­ther Oet­tinger lustig, weil er eine Rede auf Englisch hielt.

Mal davon abge­se­hen, dass er nicht mal Deutsch spricht, gibt es genug Gründe, diesen Mann zu has­sen: Der Geschicht­sre­vi­sion­ist ist CDU-Poli­tik­er, Schwabe und Fan des VfB Stuttgart; jedes für sich schon hin­re­ichende Gründe, sich über jedes Fass Häme zu freuen, das über ihm aus­gekü­belt wird. Und wer ver­sucht, aus Hans Fil­binger einen Wider­stand­skämpfer zu machen, hat im öffentlichen Leben nichts mehr verloren.

Die hämis­chen Reak­tion in Blogs und Foren reichen von Belus­ti­gung über Fremd­schä­men bis zu Verärgerun­gen darüber, dass Poli­tik­er “richtig viel Asche vom Steuerzahler bekom­men”. Und dass man für jedes kle­in­ste Prak­tikum “außereu­ropäis­che Sprachken­nt­nisse vor­weisen” müsse. Oet­tinger hat sich in der Ver­gan­gen­heit als Ver­fechter für Englisch als Arbeitssprache etabliert, wofür er vom Vere­in Deutsche Sprache (jaja, unsere Fre­unde vom VDS) 2006 den “Sprach­pan­sch­er des Jahres” für “beson­dere Fehlleis­tun­gen im Umgang mit der deutschen Sprache” ver­liehen bekam. (Der Men­sch hat diesen Preis ver­di­ent, sobald er den Mund aufmacht.)

Und so spiegelt sich das in Inter­ne­treak­tio­nen wider: Wer Fremd­sprachenken­nt­nisse fordere, müsse auch selb­st mit gutem Beispiel voran gehen, schließlich sei das in der freien Wirtschaft auch so. Dort würde man mit Oet­tingers Sprachken­nt­nis­sen keinen Job bekommen.

Ja und nein. Oet­tinger ist Poli­tik­er, und als solch­er maßge­blich an Geset­zen und Poli­tiken beteiligt. Poli­tik sendet Sig­nal­wirkun­gen, und unter­mauert Forderun­gen nach Fremd­sprachenken­nt­nis­sen mit der Umset­zung entsprechen­der Richtlin­ien. Sie lenkt mit öffentlichen Geldern, beispiel­sweise im europäis­chen Mobil­ität­spro­gramm ERASMUS, welche primär dazu da sind, Fremd­sprachenken­nt­nisse und kul­turelles Ver­ständ­nis zu fördern. Man­ag­er tun das nicht. Man­ag­er prof­i­tieren von entsprechen­den Maß­nah­men der Regierungen.

Viel wird jet­zt auch darauf rumgerit­ten, dass ja eigentlich auch nie­mand nach Oet­tingers Englis­chken­nt­nis­sen gefragt hätte, wäre er in Stuttgart geblieben. Aber in Brüs­sel sei die Amtssprache ja Englisch, da müsse er, weil auf einem inter­na­tionalen Par­kett, auch vernün­ftig Englisch sprechen kön­nen. Die, die das fordern, haben die EU nicht verstanden.

Nein, Amtssprache in Brüs­sel ist nicht Englisch, Amtssprachen sind in der EU nicht weniger als 23 Sprachen. Arbeitssprachen hinge­gen sind die Sprachen, die im täglichen Beamte­nap­pa­rat die meist­genutzten sind. Und das sind Deutsch, Franzö­sisch und Englisch. Anmerkun­gen von Kom­men­ta­toren, Oet­tinger käme in der informellen Poli­tik­mache in Brüs­sel ohne entsprechende Englis­chken­nt­nisse zu kurz, sind von ein­er reflexar­ti­gen Angst geprägt, “wir Deutschen” kämen zu kurz. Die EU-Real­ität zeigt doch: Deutsch­land und Frankre­ich regieren das Orchester.

Darüber hin­aus definiert sich die EU über “Ein­heit in Vielfalt” — und ganz beson­ders über ihre Sprachen­vielfalt. Die EU leis­tet sich einen bul­li­gen Über­set­zungsap­pa­rat, der immer­hin mehr als 2% ihres Bud­gets aus­macht. Ob nun in der Hin­terz­im­mer­poli­tik immer ein Dol­metsch­er dabei ist, sei mal ern­sthaft in Frage gestellt, aber daraus eine Forderung abzuleit­en, ein deutsch­er EU-Kom­mis­sar müsse “vernün­ftig Englisch” beherrschen kön­nen, ist falsch und irreführend. Wir kön­nen gerne über Oet­tingers Qual­i­fika­tio­nen disku­tieren — seine Sprachken­nt­nisse zählen nicht dazu. Sein Arbeit­ge­ber — die Europäis­che Union, und damit “wir alle” — legt großen Wert auf Gle­ich­berech­ti­gung. Dies äußert sich eben in ihrem Statut, dass sich jed­er Bürg­er in sein­er Mut­ter­sprache an sie wen­den darf, gle­ich, wie gut und flüs­sig er Englisch spricht. Das ist für die Demokratie in dieser Riesenor­gan­i­sa­tion über­lebenswichtig. Die EU definiert sich viel­sprachig, nicht englischsprachig.

In der Diskus­sion offen­bart sich auch eine eige­nar­tige Schiz­o­phre­nie unser­er Gesellschaft: wir wollen inter­na­tion­al sein und haben Angst vor dem Ver­fall unser­er Sprache. Gui­do West­er­welle bashte man dafür, dass er sich weigerte, auf ein­er deutschen Pressekon­ferenz die Frage eines britis­chen Jour­nal­is­ten auf Englisch zu beant­worten, Gün­ther Oet­tinger amüsiert die Inter­net­ge­meinde, in dem er vor einem inter­na­tionalen Pub­likum der Colum­bia Uni­ver­si­ty in Berlin Englisch spricht. Dass die Rede an sich scheiße war und inhalt­sleer dazu, liegt daran, dass der Men­sch Poli­tik­er ist.

Im Übri­gen: Oet­tingers Englisch (und auch das von Gui­do West­er­welle) ist lediglich von einem starken deutschen Akzent geprägt. Er liest die Rede ab und tappt damit in jede Falle, die die unl­o­gis­che englis­che Orthogra­phie für ihn aufgestellt hat. Das ist bemitlei­denswert, pein­lich ist es nicht. Ich bleibe bei mein­er These: die Mehrheit der­jeni­gen, die das so unglaublich amüsant find­en, hät­ten mit den fraglichen Fremd­wörtern auch ihre Prob­leme und erfahren ver­mut­lich eine unter­be­wusste Befreiung, genau dabei nicht selb­st ertappt wor­den zu sein. Deutsche tendieren dazu, ihre eige­nen Sprachken­nt­nisse zu überschätzen.

Einige Kom­men­ta­toren belusti­gen sich unter anderem über seine Schluss­be­merkung (zumin­d­est sug­geriert uns das das YouTube-Video): “We are all sit­ting in one boat”. Die englis­che Entsprechung heißt zwar “we are all in the same boat” — an der Meta­pher ändert es nichts. Man sollte die Sprache selb­st beherrschen, bevor man sich über die Ken­nt­nisse der­sel­ben ander­er lustig macht.

Um Oet­tinger zu ver­ste­hen, muss man ihm auch zuhören wollen.

Max Frisch macht Sinn

Von Anatol Stefanowitsch

Die meist­ge­le­se­nen Beiträge meines alten Blogs waren die, in denen ich mich mit der Herkun­ft, Bedeu­tung und inter­nen Logik der Redewen­dung Sinn machen beschäftigt habe. Es verge­ht keine Woche, in der nicht aus irgen­deinem Forum neue Leser den Weg zu mir find­en, weil jemand dort die Redewen­dung ver­wen­det und damit einen Sturm sprach­lichen Spottes aus­löst, in dessen Ver­lauf jemand dem Übeltäter zur Seite springt und auf meine Beiträge ver­weist. In denen zeige ich ja unter anderem, dass die Redewen­dung zwar ver­mut­lich durch das Englis­che inspiri­ert ist, aber im Deutschen schon sehr viel länger existiert als üblicher­weise angenom­men; dass sie sich prob­lem­los in die deutsche Sprachlogik ein­fügt (sofern es so etwas gibt) und auch ohne Hil­fe von außen hätte entste­hen kön­nen; dass sie etwas anderes bedeutet als die ange­blich besseren Alter­na­tiv­en Sinn haben und Sinn ergeben und dass große Dichter und Denker sie ver­wen­den (ich verknüpfe hier ein­fach den ersten Teil der viel­teili­gen Serie).

Nicht, dass das die Sprach­schatzmeis­ter beein­druckt: Das sei ja alles schön und gut, schreiben die typ­is­cher­weise, aber Sinn machen sei nun ein­mal unl­o­gisch, über­flüs­sig und unge­bildet, daran sei auch durch unbe­stre­it­bare Tat­sachen nichts zu ändern.

Vor zwei Wochen gab es wieder eine solche Sprach­schlacht im Law­blog, in ein­er eigentlich inhaltlich viel inter­es­san­teren Diskus­sion um die Frage, ob ehe­ma­lige Staatssym­bole als Marken­ze­ichen angemeldet wer­den dür­fen. In Ver­lauf des Gefechts ver­stieg sich ein­er der Kom­men­ta­toren zu fol­gen­der Behauptung:

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Sag niemals nie

Von Susanne Flach

Ich habe sie gefun­den, die Unterver­wen­dung des unbes­timmten Artikels:

  1. we did not have Ø very cold win­ter here [Lein­ster, 1894, Catholic]
  2. we did have Ø very hot sum­mer here [Lein­ster, 1892, Catholic]

Aber — und ich liebe dieses wis­senschaftliche aber — diese Kon­stel­la­tion tritt nur bei ein­er einzi­gen Schreiberin auf und nur in Verbindung mit Jahreszeit­en und Tem­per­at­u­rangaben, fast so, als wollte sie sagen we did not have very cold win­ter weath­er.

Ich habe es eher durch Zufall als durch aufmerk­same Suche gefun­den; es ist eine Erwäh­nung wert. Aber eine sys­tem­a­tis­che Unter­ver­wen­dung ist nicht festzustellen. Und eine Schwalbe macht bekan­ntlich keinen Sommer.

Auch nicht einen beson­ders heißen.

Unverständnis auf Deutsch

Von Anatol Stefanowitsch

Im Mit­te­lal­ter und in der frühen Neuzeit war Latein die Sprache der Wis­senschaft. Galileo Galilei, Johannes Kepler und Tycho Bra­he ver­fassten ihre Hauptwerke nicht in ital­ienis­ch­er, deutsch­er oder dänis­ch­er Sprache, son­dern in lateinis­ch­er. Das ermöglichte ihnen, ihre Ideen schnell und direkt nachvol­lziehbar auszu­tauschen, sie zu kri­tisieren oder darauf aufzubauen.

Das Tem­po der wis­senschaftlichen Forschung und der Grad ihrer inter­na­tionalen Ver­net­zung haben sich seit­dem drastisch erhöht, und der freie Aus­tausch von Ideen ist unverzicht­bar­er denn je. Wis­senschaftlich­er Fortschritt wäre schlicht nicht möglich, wenn Forsch­er jahre- oder auch nur monate­lang auf Über­set­zun­gen warten oder sprachkundi­ge Kolleg/innen bit­ten müssten, Ihnen bei der Lek­türe der Flut wis­senschaftlich­er Veröf­fentlichun­gen behil­flich zu sein.

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Das Bremer Sprachblog: (Fast) ein Nachruf

Von Anatol Stefanowitsch

Ich habe es gestern bere­its angedeutet und heute kündi­ge ich es offiziell an: Mor­gen, auf den Tag drei Jahre nach meinem ersten Beitrag hier im Bre­mer Sprach­blog nehme ich meinen Hut, lösche die Lichter, und ziehe die Tür hin­ter mir zu. Grund genug, dem Bre­mer Sprach­blog einen kleinen Nachruf zu gön­nen. Weit­er­lesen

No Headlines

Von Anatol Stefanowitsch

Die Aktion Lebendi­ges Deutsch hat natür­lich auch im let­zten Monat wieder zwei Neube­wor­tungsvorschläge vorgelegt. Zunächst war ein deutsch­er Begriff für das Spot­light gesucht, und die Aktioneure haben eine wenig über­raschende Wahl getroffen:

Beim Such­wort „Spot­light“ hat sich die Jury für „Punk­tlicht“ entsch­ieden — genau das­selbe in der sel­ben Kürze.

Wenig über­raschend, weil dies die deutsche Über­set­zung für spot­light ist, die sich in jedem deutsch-englis­chen Wörter­buch find­et. Auch der WAHRIG betra­chtet bei­de Begriffe als Syn­onyme, wie die Ein­träge für Spot­light und Punk­tlicht zeigen: Weit­er­lesen

Wer A sagt, muss auch Ø sagen

Von Susanne Flach

Eine weit­ere Schwächung der Sub­stratthe­o­rie sollte eigentlich sein, dass für das irische Englisch keine Unter­ver­wen­dung des unbes­timmten Artikels a/an belegt ist. Nach mein­er Logik muss eine Nicht-Doku­men­tiertheit nicht automa­tisch bedeuten, dass es kein Vorkom­men gibt — aber sie sind eben, naja, nicht belegt. Wir erin­nern uns: Irisch hat keinen unbes­timmten Artikel. Unbes­timmtheit wird durch das nack­te Sub­stan­tiv markiert: fear ‘ein Mann’ aber an fear ‘der Mann’. Nicht ver­wirren lassen, ir. an entspricht nicht dem englis­chen ‘an’, son­dern ‘the’.

Davon aus­ge­hend, dass Artikel a) zu den gram­ma­tis­chen Kat­e­gorien gehören, die von Kindern am spätesten erlernt und dementsprechen spät kor­rekt im Sinne der mut­ter­sprach­lichen Kom­pe­tenz beherrscht wer­den und b) viele ver­schiedene seman­tis­che und prag­ma­tis­che Funk­tio­nen haben, ist der Artikel­ge­brauch im All­ge­meinen stark­er Vari­a­tion und Kom­plex­ität unter­wor­fen, auch im Mut­ter­sprach­enenglisch. Fremd- und Zweit­sprachen­lern­er haben deshalb größte Prob­leme  “with mas­ter­ing (the) Eng­lish arti­cles” (IrE: “the mas­ter­ing of Eng­lish arti­cles” [!!]). Dazu gibt es viele Stu­di­en — beson­ders große Prob­leme haben dabei Sprech­er von Sprachen ohne Artikel, z.B. Rus­sisch oder Chi­ne­sisch. Daraus lässt sich auch die große Vari­a­tion des Artikel­ge­brauchs in asi­atis­chen Englischs ableit­en, beson­ders dort, wo Englisch die Fremd- oder Zweit­sprache ist.

Die Abwe­sen­heit von unbes­timmten Artikeln im Irischen führt aber nicht zu ein­er “Prob­lematik” der Iren in der Ver­wen­dung des unbes­timmten englis­chen Artikel. In der Sub­strat­logik müsste dies zumin­d­est teil­weise so sein. Was belegt ist, ist die gele­gentliche Ver­wen­dung von the für a/an:

they think he is the most refined young man. [geog­ra­phy unknown, 1910]
Mark is the Bach­e­lor as yet. [Fer­managh, Ulster, 1848]

Eine Unterver­wen­dung des Artikels wäre jedoch lediglich Mark is bach­e­lor as yet — und eine solche ist mir für irisches Englisch wed­er in unserem Kor­pus, noch in der rel­e­van­ten Lit­er­atur begeg­net. Mehr noch: die Nähe von irisch an (bes­timmt) zu engl. an (unbes­timmt) hat erst recht nicht dazu geführt, dass im irischen Englisch häu­figer unbes­timmte statt bes­timmte Artikel ver­wen­det wer­den (Trans­fer­logik).

Das Muster wird klarer.

Die ideale Gewährsperson: “Steinalt und völlig ungebildet”

Von Kristin Kopf

So, meine Mag­is­ter­ar­beit ist seit Mon­tag abgegeben und die ersten Fehler hab ich auch schon drin gefun­den. Ich ste­he dem Sch­plock also wieder zur Verfügung!

Ich liebe alte sprach­wis­senschaftliche Texte. So unge­fähr 1850 bis 1910 war eine gold­ene Ära. Hier meine bei­den High­light-Sprach­beispiele aus Ren­ward Brand­stet­ters “Der Gen­i­tiv der Luzern­er Mundart in Gegen­wart und Ver­gan­gen­heit”:

Veroni­ka wird an ihrem Hus­ten ster­ben = Uf ’s Vroo­nis Wueste(n) mues me Häärd tue.”

Das heißt wörtlich: ‘Auf des Vro­nis Hus­ten muss man Erde (gemeint ist Fried­hof­serde) tun.’

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The Article War III

Von Susanne Flach

Jahrzehn­te­lang wurde in der Lit­er­atur zu Englisch in Irland darüber gestrit­ten, ob die Vari­etät irische oder alte und/oder archais­che englis­che Wurzeln hat. Das eine sind die Anhänger der Sub­stratthe­o­rie (sub­stra­tum), let­ztere sind die Ver­fechter der Super­stratthe­o­rie bzw. der reten­tion (super­stra­tum). In den wenig­sten Fällen einzel­ner Phänomene ist aber über­haupt die eine Quelle auszu­machen, weshalb es in den let­zten zehn Jahren spür­bar eine Ver­schiebung hin zum “drit­ten Weg” gegeben hat: Rolle des Sprachkon­tak­ts an sich, des lan­guage shift (Sprach­wech­sel), Zweis­prachigkeit, Grad des lin­guis­tis­chen Trans­fers und die Rolle sozialer Fak­toren. Ein Großteil der neueren Lit­er­atur ist damit auch in ein­er glob­aleren Vari­etäten- und Uni­ver­salien­forschung englis­ch­er (Umgangs-)Sprache anzusiedeln.

Mit dem Artikel­ge­brauch in Irland haben sich nur zwei Autoren bish­er näher befasst (und weil ich schon im Schreib­modus denke, füge ich noch hinzu to the best of my knowl­edge). Zwar hat irgend­wie jed­er, der über Syn­tax des irischen Englischs pub­liziert hat, etwas dazu geschrieben, en pas­sant. Okay, vielle­icht sind’s auch drei (Ray­mond Hick­ey). Weit­er­lesen