Welche Sprache hat die meisten Wörter für Schnee?
Na? Weiterlesen
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Eine Siebzehnjährige schreibt einen Roman, der inhaltlich und sprachlich weit über ihren Erfahrungshorizont hinausgeht. Da es um Sex und Drogen geht und die Siebzehnjährige blond und – nun ja, siebzehn ist, kann sich das deutsche Literaturfeuilleton kaum einkriegen vor erregten Lobpreisungen. Sie bescheinigen ihr eine „ernste Wildheit, die in eine expressive Sprachgewalt drängt“ (Saarbrücker Zeitung), bezeichnen das Buch als „literarischen Kugelblitz“ (Die ZEIT) und „großen Coming-of-age-Roman der Nullerjahre“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) und behaupten ohne Ironie, dass sich „wohl alle deutschsprachigen Romandebüts [an ihm] messen lassen müssen“ (Tagesspiegel).
Dann stellt sich — eigentlich wenig verwunderlich — heraus, dass der Roman „Axolotl Roadkill“ nicht nur jenseits des sprachlichen und inhaltlichen Erfahrungshorizonts der Verfasserin Helene Hegemann liegt, sondern auch jenseits ihrer sprachlichen und erzählerischen Fähigkeiten: Sie hat Teile daraus aus dem Roman „Strobo“ des Autors Airen abgeschrieben, wie Deef Pirmasens in seinem Blog Gefühlskonserve zeigt.
Wie gesagt, es verwundert mich nicht. Natürlich gibt es literarische Wunderkinder; man denke an Jonathan Safran Foer, der gerade einmal 24 war, als sein überwältigendes Debüt Everything is Illumniated (dt. „Alles ist erleuchtet“) erschien. Nur schreiben die üblicherweise über Dinge, von denen sie etwas verstehen. Wenn jemand über Dinge schreibt, von denen er oder sie nichts wissen kann, sollte man stutzig werden (diese Strategie verwende ich seit Jahren erfolgreich, um Plagiarismus in Seminar- und Examensarbeiten aufzuspüren).
Wenn, in seiner wirklich einfachsten und stark verkürzten Form, der bestimmte Artikel einen Referenten (z.B. ein Objekt oder eine Person) als bestimmt oder definit markiert, dann ist der Artikel in vielen im vorigen Beitrag angeführten Kontexten eigentlich überflüssig. Ein Frühling, in welchem ich nach England fahre, ist immer noch der gleiche Frühling, ob mit oder ohne bestimmten Artikel.
Noch “unlogischer” wird es bei Artikeln in Verbindung mit Namen. Weiterlesen
Die Vermutung, dass Standardenglisch mit seiner Artikellosigkeit meist allein auf weiter Flur steht, hat mich veranlasst, eine kleine Umfrage unter Muttersprachlern europäischer Sprachen mit bestimmten Artikeln (oder deren Äquivalenten) durchzuführen. Dazu bat ich um Übersetzungen von acht Beispielsätzen, in denen das irische Englisch angeblich so signifikant vom Standardenglisch abweicht. Darunter habe ich derzeit Beispiele aus dem Französischen, Italienischen, Ungarischen, Schwedischen und Bulgarischen. Und aus meinem eigenen Dialekt, dem Hochrheinalemannischen.*
Zwar verwenden nur Französich und Italienisch in allen Kontexten der Beispielsätze Definitheitsmarker, aber die Akzeptanzrate — mehr noch, die Notwendigkeit — von bestimmten Artikeln in einigen Kontexten ist für alle Sprachen verblüffend.
Ich habe heute schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage von der Mainzer StuTS geträumt. Albgeträumt, um genau zu sein. In Traum 1 war es Mittwoch, der 12. Mai, und es gab genau eine Anmeldung. In Traum 2 hatten wir, immerhin, 35 Anmeldungen, aber keine Vorträge und keine richtige Unterkunft. Wir mussten eine portable Dusche auf einem Grünstreifen aufstellen und alle 35 Teilnehmer wurden bei Armin zuhause (er wohnte in einem Hochhaus in Wiesbaden) einquartiert. Die Leute aus dem Orgateam werden unsere momentanen logistischen Probleme schnell erkennen …
So, was aber ist die StuTS? In ihrer Langform heißt sie “Studentische Tagung Sprachwissenschaft”, und das sagt schon das meiste: Studierende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum (und manchmal auch darüber hinaus) treffen sich jedes Semester für vier Tage an einer anderen Uni und tauschen sich über das aus, was sie so beschäftigt. Es ist eine Mischung aus Wissenschaft und Klassenfahrt, will sagen: großartig. Und im Sommersemester 2010 findet die StuTS in Mainz statt: vom 12. bis 16. Mai.
Wir sind seit letztem Sommer wie wild am Organisieren – das Geld läppert sich so zusammen, die Unterkunft sträubt sich noch ein wenig, das kulturelle Programm sieht vielversprechend aus und einen spannenden Gastvortrag haben wir auch schon. Und seit kurzem kann man sich tatsächlich anmelden: Hier. Wir freuen uns auf viele alte und neue Gesichter, und natürlich muss man nicht unbedingt Linguistik studieren, auch mit Interesse an Sprachwissenschaft im Rahmen anderer Fächer (z.B. Anglistik, Germanistik, …) wird man auf der StuTS eine Menge Spaß haben.
Wer vorher mehr Infos will, schaut am besten auf unserer Homepage vorbei, oder auf der allgemeinen StuTS-Seite, oder befreundet sich mit der 47. StuTS bei Facebook (auch als Veranstaltung) und im StudiVZ (da gibt’s auch eine Gruppe).
So, ich hoffe ich kann jetzt wieder ruhig schlafen.
Man schätzt, dass alle ein bis zwei Wochen eine der derzeit noch sechs- bis siebentausend menschlichen Sprachen für immer verschwindet, weil ihr letzter Sprecher oder ihre letzte Sprecherin stirbt. Meistens geschieht das, ohne dass es jemandem auffällt. Aber da inzwischen in vielen Gegenden der Welt Sprachwissenschaftler versuchen, aussterbende Sprachen in einem Wettlauf gegen die Zeit zu dokumentieren, erfahren wir ab und zu davon.
Diese Woche ging der Tod der 85-jährigen Boa Sr., der letzten Sprecherin des Aka-Bo, durch die Medien.
Den Umzug und die damit einhergehende Umbenennung des Bremer Sprachlogs will ich zum Anlass für einen schnellen Linktipp nehmen – wer das Bremer Sprachblog nicht kannte, der sollte jetzt auf jeden Fall das Sprachlog kennenlernen.
Anatol Stefanowitsch, Professor für Englische Sprachwissenschaft an der Uni Bremen, liefert seit ziemlich genau drei Jahren Hintergrundinformationen und Meinungen zu sprach(wissenschaft)lichen Themen. Die Auswahl ist mir manchmal etwas zu VDSlastig – skurrile Pressemitteilungen über die Zerstörung der deutschen Sprache durch Anglizismen zu sezieren hat sicher seine Berechtigung, aber mir persönlich gefallen die weniger kämpferischen Beiträge besser. Glücklicherweise sind davon auch eine ganze Menge vorhanden.
Was das Sprachlog zudem spannend macht, sind die Diskussionen in den Kommentaren – da gibt es einen richtigen Meinungsaustausch, der oft wirklich interessant zu lesen ist. (Jetzt mal davon abgesehen, dass viele Kommentatoren mittlerweile darauf konditioniert zu sein scheinen, bei jeder Gelegenheit Häme über den VDS auszuschütten.)
Wer noch nie im (Bremer) Sprach(b)log gelesen hat, dem möchte ich hier ein paar meiner Favoriten nahelegen:
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ist schon öfter durch eine Abneigung gegen englisches Wortgut aufgefallen. Im letzten Jahr strich er zum Beispiel aus dem Wahlprogramm der CSU die „Anglizismen“ heraus und begründete dies mit den Worten: „Wie will man in Deutschland etwas politisch umsetzen, wenn man es nicht mal auf Deutsch sagen kann?“ [PNP.de/Kain 2009]. Andererseits scheint er kein Eiferer zu sein: Ende 2008 sprach er sich dagegen aus, Deutsch als „Staatssprache“ im Grundgesetz zu verankern [DONAUKURIER.de/Rücker 2008].
In den letzten Tagen hat er durch anti-anglizistische Verordnungen für sein Ministerium von sich reden gemacht:
Er erließ für sein Haus ein striktes „Denglisch“-Verbot, also die Vermischung deutscher und englischer Begriffe, berichtete die „Bild“-Zeitung. So heißt das „Travel Management“ im Verkehrsministerium künftig wieder „Reisestelle“.
Statt „Task Forces“ arbeiten bei Ramsauer jetzt wieder „Projektgruppen“. Und statt zum „Inhouse Meeting“ kommen die Ministerialbeamten nun zum „hauseigenen Seminar“ zusammen. „Ich will, dass im Haus wieder mehr deutsch gesprochen wird“, sagte Ramsauer der Zeitung mit Blick auf seine Deutsche-Offensive im eigenen Haus. [WELT.de]
Diese Maßnahmen erscheinen mir nicht übermäßig kontrovers. Wie selbst Sprachnörgler schon verwundert feststellen mussten, versuche auch ich, Fremdwörter zu vermeiden, wenn es weit verbreitete und im Zusammenhang angemessene deutsche Alternativen gibt. Ich tue das nicht aus Angst vor einer Überschwemmung des Deutschen mit fremdem Wortgut, sondern um zu zeigen, wie sprachgewandt und gebildet ich bin.
Obwohl es sich die Leser/innen meines alten und auch neuen Blogs
manchmal anders wünschen, beschäftigt sich ein ansehnlicher Teil meiner
Beiträge mit den Sprachkritikern, die häufig den öffentlichen Diskurs
über Sprache dominieren. Zum einen wäre es aus meiner Sicht ein großer
Fehler, ihnen unwidersprochen das Feld zu überlassen, zum anderen
fasziniert mich die überhitzte irrationale Rhetorik, mit der sie bei
den nichtigsten Anlässen um sich werfen.
Ein Lehrstück sprachkritischer Redekunst und Logik bietet eine
Presseerklärung des Vereins Deutsche Sprache (VDS) vom 11. Januar 2010
mit dem leicht größenwahnsinnigen Titel „Sprachschützer greifen
Justizminister an“. Anlass für diese Presseerklärung sind aktuelle
Pläne der Justizminister von Nordrhein-Westfalen und Hamburg, die die
Voraussetzungen schaffen sollen, um internationale Wirtschaftsprozesse
vor deutschen Gerichten in Zukunft bei einem entsprechenden Wunsch der
Prozessparteien in englischer Sprache zu verhandeln. Auf diese Art
sollen, wie die FAZ schon am 8. Januar 2010 erläuterte, der
Justizstandort Deutschland gestärkt und die Interessen deutscher Firmen
besser gewahrt werden:
In den Kommentaren zu meinem letzten Beitrag haben gleich zwei Leser die Vermutung geäußert, dass die Redewendung Sinn machen in den Schweizer Dialekten des Deutschen anders verwendet wird als in den bundesdeutschen. Nach Hektor Ks Eindruck wird die oft als „richtige“ Alternative empfohlene Redewendung Sinn haben in den ihm vertrauten Schweizer Dialekten gar nicht verwendet, während Sinn machen weit verbreitet ist. Matthias hat eine genauere Vermutung: seiner sprachlichen Erfahrung nach wird Sinn haben in der Deutschschweiz nur in verneinenden Zusammenhängen verwendet (hat keinen Sinn), während Sinn machen bevorzugt wird, um positive Aussagen zu machen.
Das sind zwei Hypothesen, die sich sprachwissenschaftlich sehr schön überprüfen lassen, und das will ich hier kurz tun. Dazu habe ich aus den Korpora (Textsammlungen) des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim jeweils eine Schweizer und eine bundesdeutsche Tageszeitung ausgewählt, für die dort Jahrgänge vorhanden sind, die etwa die gleiche Zeitspanne abdecken (so vermeide ich, dass Sprachwandelprozesse das Bild verzerren). Für die Schweiz war das das St. Galler Tagblatt, für die Bundesrepublik die Rhein-Zeitung (kann es etwas Bundesrepublikanischeres als das Rheinland geben?). Das IDS hat für beide Zeitungen Jahrgänge zwischen 1996/97 und 2008, wobei beim St. Galler Tagblatt einige Jahrgänge in der Mitte fehlen. Weiterlesen