Weltliterarische Illusionen

Von Anatol Stefanowitsch

Die „Aktion Lebendi­ges Deutsch“, bei der vier Ober­sprach­nör­gler jeden Monat nach Alter­na­tiv­en für englis­che Lehn­wörter suchen, scheint zu schwächeln. Seit Ende Novem­ber ste­ht auf der Web­seite der Aktion unverän­dert fol­gen­der Aufruf:

Von „State­ments“ wer­den wir umzin­gelt, Fest­stel­lun­gen also, mehr oder weniger wichti­gen Ver­laut­barun­gen, zumal von Poli­tik­ern. Sollte sich dafür nicht ein schlichteres, ein saftiges deutsches Wort find­en lassen? Ange­bote bitte bis 18.12.2009.

Die deutsche Sprache würde es verkraften, wenn die Aktion ein­schliefe, aber für mich wäre es eine mit­tlere Katas­tro­phe: Ich kon­nte die ganzen let­zten Jahre immer darauf bauen, dass die Aktion mir ein­mal im Monat Stoff für mein Blog liefern würde.

Da mir diese Inspi­ra­tion nun fehlt, musste ich die Web­seite der Aktion nach anderen The­me­nan­re­gun­gen durch­forsten. Und natür­lich wurde ich schnell fündig: Hin­ter der Verknüp­fung Weltlit­er­atur ver­birgt sich das passende Gegen­stück zu den sprach­lichen Unter­gangsphan­tasien der Sprach­nör­gler: kul­tureller Größen­wahn. Unter dem Titel „Das Sam­mel­beck­en der Weltlit­er­atur?“ wollen uns die Aktioneure weis­machen, dass man als kul­turell und lit­er­arisch inter­essiert­er Men­sch eigentlich nur eine einzige Sprache ken­nen muss: Deutsch.

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Zeitangaben und die referentielle Komponente

Von Susanne Flach

Im Englis­chen gibt es Kon­struk­tion — mit und alter­na­tiv ohne Artikel — die nichts damit zu tun haben, ob’s ein Ire oder ein Men­sch aus Oxford von sich gibt. Dazu zählen beispiel­sweise at night vs. in the night und in spring vs. in the spring. Die jew­eils let­zteren Kon­struk­tio­nen sind speziell den Iren nachge­sagt wor­den. Und nie­mand ist bish­er (bis auf, iro­nis­cher­weise, einige wenige Gram­matiken für Stan­dar­d­englisch) auf die seman­tis­che Kom­po­nente einge­gan­gen, schon gar nicht für irisches Englisch.

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[Veranstaltungstipp] Chomsky in Mainz

Von Kristin Kopf

Am 24. März kommt Noam Chom­sky nach Mainz – im Rah­men ein­er Vor­lesungsrei­he, die dann das ganze Som­merse­mes­ter über mit Angela Friederi­ci stat­tfind­et: “Sprache und Gehirn. Zur Sprach­fähigkeit des Men­schen”. Die Mainz­er unter Euch werden’s sich­er schon mit­bekom­men haben, aber vielle­icht inter­essiert es ja auch Leute aus der Nähe.

Verzählt

Von Anatol Stefanowitsch

Da wende ich dem Wis­senschafts­feuil­leton nur kurz den Rück­en zu, um mich ein paar Tage lang auf ein­er der wichtig­sten Kon­feren­zen der deutschen Sprach­wis­senschaft herumzutreiben, und ver­passe dabei glatt die sprach­wis­senschaftliche Sen­sa­tion des Jahrhun­derts. Hol­ger Dambeck weiß auf Spiegel Online näm­lich Fol­gen­des zu berichten:

So sehr sich amerikanis­che und europäis­che Kinder in Mathe-Tests anstren­gen – ihre Altersgenossen aus Chi­na sind bess­er. Dank eines ein­facheren Zahlen­sys­tems kön­nen sie schon früh bess­er zählen und rech­nen. Sprach­forsch­er glauben, dass die Methodik auch deutschen Kindern helfen würde. [SPIEGEL.de/Dambeck 2010]

Bevor ich erk­lären kann, was daran eine Sen­sa­tion wäre, muss ich erk­lären (wie es auch der Artikel tut), was mit einem „ein­facheren“ Zahlen­sys­tem gemeint sein soll: näm­lich ein Sys­tem sprach­lich­er Aus­drücke, das sich möglichst streng an der Dez­i­malschreib­weise ori­en­tiert. In dieser Schreib­weise gibt es, wie wir alle wis­sen, eigene Sym­bole für die Zahlen von Null bis Neun, ab der Zehn wer­den alle Zahlen als Kom­bi­na­tion dieser Sym­bole geschrieben, in der Ein­er, Zehn­er, Hun­dert­er, usw. in absteigen­der Rei­hen­folge genan­nt wer­den. Die Zahl „Ein­hun­dert­fün­fzehn“ etwa wird 115 geschrieben, was ja soviel heißt wie „Ein Mal Hun­dert, und ein Mal Zehn, und fünf Mal eins“.

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[Videotipp] Affen, Kleinkinder und Kommunikation

Von Kristin Kopf

Sooo, ich bin schon mit einem Bein aus der Tür, denn mor­gen geht’s in aller Frühe zur DGfS-Jahresta­gung nach Berlin. Juhu!!!
Damit euch in der Zwis­chen­zeit nicht lang­weilig wird, gibt’s einen kleinen Videotipp (mit Dank an Memo).

Michael Tomasel­lo, dem es sich immer zuzuhören lohnt, sprach 2006 in Paris in ein­er vierteili­gen Vor­lesungsrei­he über Kom­mu­nika­tion und warum sie bei Men­schen so anders ist als bei Men­schenaf­fen. Tech­nisch ver­sierte Leute haben es aufgeze­ich­net und online gestellt. Naja, vielle­icht nicht ganz so ver­siert, denn das erste Video hat lei­der eine ganz schlechte Klangqual­ität, das vierte ist auch nicht ganz so doll.

Es gibt viele lustige Videos von Affen und Kleinkindern und viele lehrre­iche Erken­nt­nisse über die Unter­schiede und Gemein­samkeit­en zwis­chen den beiden.

Hier geht’s zur Über­sicht der Videos, hier find­en sich auch noch kurze Inhaltsangaben.

Wer sich für das The­ma zwar inter­essiert, aber dazu keine englis­chen Videos anguck­en mag, kann ja mal einen Blick in dieses (für Laien anspruchsvolle!) Buch werfen:

Michael Tomasel­lo (1999): Die kul­turelle Entwick­lung des men­schlichen Denkens. Aus dem Englis­chen über­set­zt von Jür­gen Schröder. Frank­furt a.M.: Suhrkamp.


					

Unterwegs

Von Anatol Stefanowitsch

Ich komme ger­ade von ein­er Kon­ferenz aus Kiel und sitze im Zug nach Nürn­berg. Von da aus muss ich in eine kleine Uni­ver­sitätsstadt in der Nähe, wo ich einen Tag lang zu tun habe bevor ich auf die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sprach­wis­senschaft in Berlin weit­er­fahre. Kurz danach muss ich dann schon nach Mannheim auf die Jahresta­gung des Insti­tuts für Deutsche Sprache; vorher schaue ich vielle­icht noch auf dem jährlichen Tre­f­fen der SciLog­ger vor­bei, um meine neuen Mitblogger/innen per­sön­lich kennenzulernen.

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Die Schwilis in Georgien

Von Kristin Kopf

Der Tod eines geor­gis­chen Olympiar­o­dlers hat mich let­zte Woche zum Nach­denken über geor­gis­che Fam­i­li­en­na­men gebracht. Eine ganze Menge von ihnen schienen auf -wili zu enden, und ich fragte mich, warum.

Der kür­zlich Ver­stor­bene heißt Nodar Kumar­i­taschwili, auf Geor­gisch ნოდარ ქუმარიტაშვილი. Ich habe ein bißchen herumge­googlet, und noch eine Menge weit­er­er Wil­is gefun­den: Weit­er­lesen

*arrrrg*

Von Kristin Kopf

Da ich kein Blog besitze, in dem ich mich über sex­is­tis­che Wer­bung aufre­gen kann, muss ich kurz das Sch­plock zweck­ent­frem­den. Hier­an laufe ich täglich vorbei:

Ich hätte mich fast auf das Plakat übergeben. Es stammt übri­gens von einem Augenop­tik­erver­band namens SWAV – dem gehe ich gle­ich mal schreiben, der freut sich sich­er über Post.

Danach hab ich dann hof­fentlich ein Adren­a­lin­lev­el, das zulässt, dass ich den näch­sten wirk­lich sprach­be­zo­ge­nen Beitrag schreibe. Es wird um Fam­i­li­en­na­men gehen, aber nicht um deutsche …

Sind Sie ernsthaft eine Frau? Eigennamen und Geschlecht

Von Kristin Kopf

Ich habe heute ein Online­for­mu­lar aus­ge­füllt. Als alles fer­tig war, klick­te ich auf “weit­er”, aber es gab da ein Problem …

Da ste­ht: “Stimmt die Anrede mit dem Vor­na­men übere­in?”, das For­mu­lar scheint ern­sthafte Zweifel an mein­er Weib­lichkeit zu haben.  Aber warum nur? Weit­er­lesen

Die Spiegelung eines Plagiats in der Erschaffung von Wörtern

Von Anatol Stefanowitsch

Ich wollte nicht noch ein­mal auf den Fall Hege­mann zurück­kom­men. Die ganze Angele­gen­heit wirkt mir inzwis­chen zu insze­niert — die völ­lige Abwe­sen­heit eines Unrechts­be­wusst­seins, die die Pla­gia­torin in jedem Inter­view demon­stri­ert, die schmun­zel­nde Kom­plizen­schaft des Feuil­letons und das Behar­ren auf dem lit­er­arischen Tal­ent der Pla­gia­torin mit dem immer gle­ichen Argu­ment, dass Abschreiben „im Inter­net“ nun ein­mal nor­mal und im Falle Hege­mann sowieso eine Kun­st­form sei, das trotzige Fes­thal­ten an der Nominierung des Pla­giats für den Preis der Leipziger Buchmesse.

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