Graf Zahl bei XKCD

Von Kristin Kopf

Der aktuelle XKCD mit Graf Zahl:

Eins! Ah ah ah … Zwei! Ah ah ah … … viele! Ah ah ah … – Prim­i­tive Kul­turen entwick­eln Sesamstraße.”

Es gibt tat­säch­lich Sprachen, in denen es nur sehr wenige Zahlwörter gibt, die sowas wie 1, 2 und ‘viele’ (alles ab 3) bedeuten. Ich würde das allerd­ings nicht “prim­i­tiv”, son­dern extrem span­nend nen­nen. WALS, der World Atlas of Lan­guage Struc­tures, lis­tet 20 Sprachen mit solchen eingeschränk­ten (“restrict­ed”) Zahlen­sys­te­men auf: Weit­er­lesen

Häppscher und andere Kleinigkeiten

Von Kristin Kopf

Vor einiger Zeit habe ich über Kuriositäten wie Kinderlein und Häusercher spekuliert. Das sind For­men, bei denen trotz Verkleinerung ein Plur­al gebildet wird. In Mainz ist man bei solchen Späßen voll dabei:

Meenzer Häppscher

Süpp­sch­er als Meen­z­er Häppscher

Wo es im Stan­dard­deutschen das Häppchendie Häppchen heißt, die Endung -chen bei der Mehrzahlbil­dung also unverän­dert bleibt, sagt man auf Rhein­hes­sisch ’s Häppsche(n) die Häppscher.

Ob und wie der Plur­al bei Verkleinerungs­for­men (“Diminu­tiv­for­men”) markiert wer­den kann, hängt vom Dialekt ab. Dazu habe ich euch mal eine bunte Karte gebastelt, die für die hochdeutschen Mundarten die For­men für Apfel­bäum­chen im Plur­al zeigt: Weit­er­lesen

Obedenck das End!

Von Kristin Kopf

Hier geht’s gle­ich weit­er! Ich bin schon am Schreiben und Bild­bear­beit­en wie ver­rückt. Meine Prü­fun­gen sind jet­zt seit ein­er Woche (minus ein­er hal­ben Stunde) vor­bei – Studi­um um.

Inzwis­chen ist auch mein Zuhause wieder bewohn­bar gewor­den und ich habe begonnen, mein soziales Leben zu rea­n­imieren. Also alles bestens hier! Bis spätestens morgen,

euere Kristin M.A.

Die Feindstaatenklausel

Von Susanne Flach

FIFA-Chef Blat­ter hat sich jegliche Ein­mis­chung der Poli­tik in den Fußball verbeten.

Fein! Nach­dem wir irgend­wie ger­ade alle vom Platz jagen, abschießen, nieder­walzen und durch geschick­te Vertei­di­gung, über­fal­lar­tige Kon­ter oder strate­gis­che Gege­nan­griffe ver­dreschen, ver­mö­beln (“Wer hat Argen­tinien am meis­ten weh getan?”) und zur Kapit­u­la­tion zwin­gen oder geg­ner­ischen Anführern zur Explo­sion brin­gen wollen, wun­dern wir uns noch über die Kriegsrhetorik aus­ländis­ch­er Medi­en über den bick­el­be­haubten hässlichen Deutschen (El Mun­do: “Bestie”) im anrol­len­den Panz­er. Da sind auch feinsin­nige Neol­o­gis­men wie “Deutsch­land müllert Eng­land” oder “Woe­ful Eng­land mullered by Ger­many” (Mir­ror) eher der Bick-Stick-Diplo­matie zuzuordnen.

Dabei ist alles in Wahrheit noch viel schlim­mer. Nach den immer noch gülti­gen — wenn auch obso­leten — Artikeln 53 und 107 der UN-Char­ta ist es allen Unterze­ich­n­er­staat­en ges­tat­tet, Aggres­sio­nen eines Feind­staates aus dem Zweit­en Weltkrieg mit mil­itärischen Mit­teln ohne beson­dere Ermäch­ti­gung gegenüberzutreten. Diese “Feind­staatsklausel” bezog sich natür­lich haupt­säch­lich auf Deutsch­land und Japan. Zu den Unterze­ich­n­ern der Char­ta 1945 gehörten unter anderem Aus­tralien, Jugoslaw­ien, das Vere­inigte Kön­i­gre­ich, Argen­tinien, Uruguay und die Nieder­lande; noch vor Deutsch­land (1990*) unterze­ich­neten die Char­ta außer­dem Ghana (1957) und Spanien (1955). (Okay, irgend­wie alle halt. Aber vor uns zit­tern jet­zt… ja auch irgend­wie alle!)

Aus Grün­den ver­patzter Pointen bin ich froh wenn die Prü­fun­gen durch sind.

*Streng genom­men hat Deutsch­land erst 1990/1 mit dem Zwei-Plus-Vier-Ver­trag volle Sou­veränität erhal­ten. Deutsch­land war aber bere­its mit dem NATO-Beitritt der BRD 1955 und der Unterze­ich­nung der UN-Char­ta der BRD und der DDR 1973 vor der Feind­staaten­klausel, äh, geschützt. Der Medi­en­ar­beit vom “hässlichen Deutschen” und der Kriegsrhetorik in aus­ländis­chen Fußballme­di­en hat das bekan­nter­maßen keinen Abbruch getan. So gese­hen ist Fußball ja auch irgend­wie die Fort­set­zung des Krieges mit anderen Mitteln.

Rand­no­tiz aus einem Prüfungsvorbereitungshirn.

Grundformen der Tangst

Von Anatol Stefanowitsch

Die jour­nal­is­tis­che Ver­mit­tlung wis­senschaftlich­er Forschungsergeb­nisse ist eine schwierige Sache. Solche Ergeb­nisse sind kom­plex und vieldeutig, sie sind auf vielfältig ver­net­zte Weise in die ver­schieden­sten, teil­weise jahrzehnte- oder jahrhun­derteal­ten Forschungsstränge einge­bun­den, und ihre Einord­nung und Inter­pre­ta­tion erfordert sowohl umfan­gre­ich­es fach­spez­i­fis­ches als auch all­ge­mein wis­senschaft­s­the­o­retis­ches Vor­wis­sen. Zeitungs- und Zeitschrifte­nar­tikel müssen dage­gen ein­fach und ein­deutig sein, sie müssen für sich ste­hen und dür­fen deshalb beim Leser kein­er­lei Vorken­nt­nisse voraussetzen.

Das macht es selb­st für erfahrene und gut geschulte Wissenschaftsjournalist/innen schwierig, ihre Auf­gabe gut zu erledi­gen und es gibt nur wenige — zum Beispiel unseren hau­seige­nen Lars Fis­ch­er — denen es durchgängig gelingt. Die jour­nal­is­tis­chen Generalist/innen, die in den Redak­tio­nen tage­sak­tueller Print- und Onlineme­di­en sitzen, sind damit völ­lig über­fordert. Diese Über­forderung kann man ihnen natür­lich nicht zum Vor­wurf machen, wohl aber, dass sie (und ihre Chefredakteur/innen) diese nicht erkennen.

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Ein Traum in Weiß

Von Anatol Stefanowitsch

Im Zusam­men­hang meines Beitrags über isländis­che Wörter für Schnee weist mich ein/e Leser/in per E‑Mail darauf hin, dass Schneewörter von Vorgestern sind. Der mod­erne Sprachken­ner weiß längst, dass die Eski­mos über Schnee nicht gerne reden, dass aber dafür ihr Far­b­vok­ab­u­lar in einem entschei­den­den Bere­ich erstaunlich dif­feren­ziert ist. Er/sie schickt mir fol­gen­des Zitat von der Web­seite des Desy, dem Ham­burg­er Teilchenbeschleuniger:

Far­ben sind alles anderes als uni­versell. Welche Far­ben wie emp­fun­den und unter­schieden wer­den, hängt stark vom jew­eili­gen Kul­turkreis ab. So gibt es in eini­gen Sprachen keine eige­nen Worte für Grün und Blau oder Gelb und Orange, während Eski­mos alleine 17 Wörter für das Weiß ken­nen. [Desy 2000]

Was sagen Sie dazu?“, fragt er/sie.

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Schneeschleudern

Von Anatol Stefanowitsch

Im Lan­guage Log, der Mut­ter aller Sprach­blogs, kämpft man seit vie­len Jahren gegen den Mythos von den vie­len (50, 100, 200, 500, …) Eski­mo-Wörtern für Schnee, den ich im Bre­mer Sprach­blog auch schon ein paar Mal behan­delt habe. Obwohl die Kol­le­gen in Dutzen­den von Beiträ­gen ver­sucht haben, den Mythos zu entkräften, find­et sich fast jede Woche jemand, der ihn an sicht­bar­er Stelle in den Medi­en wiederholt.

Es ist deshalb sich­er ver­ständlich, dass die Autoren des Lan­guage Log mit­tler­weile auf die bloße Erwäh­nung von Schnee­vok­ab­u­lar gereizt reagieren. Trotz­dem finde ich, dass Lan­guage Log­ger Ben Zim­mer in seinem jüng­sten Beitrag zum The­ma etwas überempfind­lich wirkt. The­ma des Beitrags ist fol­gen­des Wer­be­plakat des isländis­chen Bek­lei­dung­sh­er­stellers 66° North:

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Der Weltkopf 2010

Von Kristin Kopf

Als ich anf­ing Englisch zu ler­nen, fand ich es selt­sam, einen Pokal cup zu nen­nen, wo das doch ‘Tasse’ heißt. Mir war schon klar, dass ein Wort in ein­er Fremd­sprache Zusatzbe­deu­tun­gen haben kann, die es im Deutschen nicht hat, aber das schien mir doch weit herge­holt. World Cup, die Welttasse?

Mit­tler­weile weiß ich natür­lich, dass cup Gefäße ganz ver­schieden­er Art beze­ich­nen kann, neben Tassen, Bech­ern, Kelchen, Näpfen und Schalen eben auch Pokale und per (metonymis­ch­er) Über­tra­gung auch gle­ich das ganze Ereig­nis, bei dem der Pokal errun­gen und über­re­icht wird.

Was ich aber noch nicht so lange weiß: Dass das Wort cup einen Ver­wandten im Deutschen hat – den Kopf. Und das kommt so … Weit­er­lesen

Mehrsprachigkeit, Sprachpolitik, EU

Von Susanne Flach

Fragt man Men­schen, welch­es eines der größten Prob­leme der EU ist, ver­wette ich meinen Arsch darauf, dass 80% der Leute sagen: “Die EU hat ein Sprach­prob­lem”. Ver­mut­lich dürfte die Antwort auf die Frage aber auch kon­junk­turellen Schwankun­gen unter­liegen und derzeit mit “Griechen­land”, “(T)Euro” oder “Hä? EU?” konkur­ri­eren. Aber konzen­tri­eren wir uns auf Europas “Sprach­prob­lem”. Weit­er­lesen

Public Viewing zum Dritten

Von Anatol Stefanowitsch

Wie gesagt, Sprach­nör­gler inter­essieren sich nicht beson­ders für Tat­sachen, und darum war es vorherse­hbar, dass sie sich auch durch ein repräsen­ta­tives Kor­pus nicht von ihrer mor­biden Inter­pre­ta­tion des Begriffs Pub­lic View­ing abbrin­gen lassen würden.

Tom S. Fox, der schon im Bre­mer Sprach­blog aus­giebig getrollt hat und vor eini­gen Wochen unter dem Namen A. Nonym auch im Sprachlog angekom­men ist, nen­nt in seinem Kom­men­tar zu diesem Beitrag zwei Quellen, die er für gewichtiger hält als ein 100-Mil­lio­nen-Wörter-Kor­pus: Den amerikanis­chen Autor John Madi­son, der das Blog „Noth­ing for Ungood“ betreibt, und einen nicht genan­nten Fre­und, dem er eine E‑Mail geschrieben hat.

John Madi­son behauptet das in der Tat. Allerd­ings ver­di­ent er nun ein­mal sein Geld damit, Deutschen einzure­den, er beschreibe „[d]eutsche Selt­samkeit­en aus amerikanis­ch­er Per­spek­tive“ (so der Unter­ti­tel seines Buch­es zum Blog). Dabei liegen die Selt­samkeit­en sehr häu­fig einzig und allein an sein­er Überzeu­gung, dass er ganz per­sön­lich der Maßstab dafür sei, wie die Amerikan­er denken, sprechen und han­deln. Mit anderen Worten, er ist eine Art Bas­t­ian Sick für in Deutsch­land lebende Amerikan­er. Man mag das, was er schreibt, amüsant find­en (über Humor lässt sich ja lei­der nur schw­er stre­it­en), aber man sollte seine Glossen nicht mit Tat­sachenbeschrei­bun­gen verwechseln.

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