Videografieren mit Zielrichtung Führungs- und Einsatzmittel

Von Kristin Kopf

Ich lese seit dem Kirch­garten immer wieder gerne Pressemel­dun­gen auf der rhein­land-pfälzis­chen Polizei­home­page. Dabei stechen gele­gentlich ungewöhn­liche Wörter (und sel­tener auch For­mulierun­gen) her­vor, bei denen ich ver­mute, dass es sich um Polizeis­prache handelt.

Drei Fällen bin ich mal ein bißchen nachgegangen …

videografieren

Wegen des Zün­dens und Wer­fens von pyrotech­nis­chen Gegen­stän­den laufen bere­its weit­ere Ermit­tlun­gen, der Gang durch die Unter­führung wurde videografiert. (Quelle)

Zunächst mal: Was heißt es? Mir scheint, ein­fach nur ‘fil­men’, sei es per Überwachungskam­era oder per mobil­er Videokam­era. Bei der Polizei passiert das natür­lich beson­ders oft auf Demon­stra­tio­nen oder im Straßenverkehr.

Die Google-Suche nach videografiert liefert ca. 15.000 Tre­f­fer auf deutschsprachi­gen Seit­en. (Darin eingeschlossen sind auch die Schreib­vari­ante mit <ph> und der Infini­tiv.) Die Suche nach Täter videografiert führt zu etwas über 4.000 Tre­f­fern, was schon mal sehr auf einen polizeilichen Hin­ter­grund hindeutet.

Ganz so ein­fach war es dann aber doch nicht: Weit­er­lesen

Die vielstimmige Gesellschaft und ihre Feinde

Von Anatol Stefanowitsch

Der Vere­in Deutsche Sprache hat ja bekan­ntlich große Angst vor einem Ver­fall, wenn nicht sog­ar vor einem Ausster­ben, der deutschen Sprache. Seit Jahren agi­tieren die sprach­lichen Kle­ingärt­ner aus Dort­mund deshalb gegen die Ver­wen­dung von englis­chen Lehn­wörtern, zum Beispiel, indem sie regelmäßig einen Promi­nen­ten für „beson­ders bemerkenswerte Fehlleis­tun­gen im Umgang mit der deutschen Sprache“ als Sprach­pan­sch­er des Jahres an den Sprach­pranger stellen. Allerd­ings mit gemis­chtem Erfolg: Die alljährliche Wahl, die in der Anfangszeit noch ein bre­ites Pressee­cho fand, schafft es inzwis­chen kaum noch in die Medi­en. Zu ermü­dend sind die immer gle­ichen Bezich­ti­gun­gen wegen der gele­gentlichen „Anglizis­men“ die der „Sprach­pan­sch­er“ ver­wen­det, oder, wie im Fall des aktuellen Titelin­hab­ers Fritz Pleit­gen, nicht ver­hin­dert haben soll.

Für ein poten­ziell unheil­volleres Anliegen hat die sprach­liche Jagdge­sellschaft nun aber einen starken Medi­en­part­ner gefun­den: Seit Jahren agi­tiert der Vere­in für die Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz. Ab und zu ist es ihm gelun­gen, einen Hin­ter­bän­kler oder einen pro­fil­süchti­gen Poli­tik­er im Som­mer­loch von diesem Anliegen zu überzeu­gen, und sog­ar der CDU-Parteitag hat sich vor zwei Jahren gegen den aus­drück­lichen Willen von Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel für einen entsprechen­den Antrag aus­ge­sprochen. Aber genutzt hat das bis­lang nichts.

Das kön­nte sich jet­zt ändern, denn dem VDS ist es gelun­gen, die BILD für die Sache zu gewin­nen. Auf BILD.de wirbt die seit gestern für eine Unter­schrifte­nak­tion des Vere­ins und fordert die Leser/innen auf, den fol­gen­den Text auszu­druck­en und unter­schrieben an den Vere­in weiterzuleiten:

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Sprachverfall in deutschen Wäldern

Von Anatol Stefanowitsch

Ich bekomme nicht mehr soviel (physis­che und elek­tro­n­is­che) Post von Sprach­nör­glern wie zu meinen besten Sprach­nör­glernör­gler-Zeit­en, aber zwei- bis dreimal im Monat bekomme ich immer­noch E‑Mails, und manch­mal sog­ar Briefe, in denen mir besorgte Mit­bürg­er ein­dringlichst den apoka­lyp­tis­chen Zus­tand der deutschen Sprache vor Augen führt und mich dann mehr oder weniger fre­undlich auf­fordern, meinen sprach­wis­senschaftlichen Häre­sien abzuschwören und mich endlich dem Kampf gegen die „Anglizis­men“ und das „Denglisch“ anzuschließen.

Dabei argu­men­tieren die Sprach­nör­gler häu­fig so klis­chee­haft, dass ich davon aus­ge­hen muss, es mit hin­ter­gründi­gen Par­o­di­en zu tun zu haben. Bei dieser hier in Auszü­gen wiedergegebe­nen E‑Mail bin ich mir nicht sicher:

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Chaos mit “Zucchini”

Von Kristin Kopf

Kür­bisse vor Kürbissuppe

Ich habe mich diese Woche jahreszeitbe­d­ingt eine Menge mit Kür­bis­sen beschäftigt.1 Siehe rechts. Dabei spuk­te mir immer wieder im Kopf herum, dass ja auch Zuc­chi­ni Kür­bisse sind. Das ursprünglich ital­ienis­che Wort bedeutet in sein­er Herkun­ftssprache sog­ar ‘klein­er Kür­bis’, es ist von zuc­ca ‘Kür­bis’ abgeleitet.

Kurioser­weise kann das Wort sowohl im Ital­ienis­chen als auch im Deutschen maskulin und fem­i­nin sein. Weit­er­lesen

Verzerrte Realitäten

Von Anatol Stefanowitsch

An vie­len Orten der Welt bemühen sich Sprachwissenschaftler/innen darum, ster­bende Sprachen zu doku­men­tieren. Das ist nicht nur für die Sprach­wis­senschaft wichtig, son­dern manch­mal auch für die betrof­fe­nen Sprachge­mein­schaften, wenn die nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen die Sprache ihrer Vor­fahren wieder­beleben möcht­en. Wer die Doku­men­ta­tion ster­ben­der Sprachen unter­stützen möchte, kann das z.B. durch eine Spende an die Gesellschaft für Bedro­hte Sprachen tun.

Ab und zu ent­deck­en die Forscher/innen bei ihrer Doku­men­ta­tion­sar­beit sog­ar bis­lang unbekan­nte Sprachen. Aus sprach­wis­senschaftlich­er Sicht ist das beson­ders beson­ders span­nend, weil immer die Möglichkeit beste­ht, dass die neu ent­deck­te Sprache Eigen­schaften hat, die wir vorher für unwahrschein­lich oder sog­ar für unmöglich gehal­ten hät­ten. So zum Beispiel, als der Mis­sion­ar und Feld­forsch­er Desmond Der­byshire im Rah­men sein­er Mis­sion­stätigkeit die Sprache Hixkaryana ent­deck­te, deren grundle­gen­der Satzbau die bis dato für unmöglich gehal­te­nen Rei­hen­folge Objekt-Verb-Sub­jekt aufwies (Der­byshire 1961).

Aber als ich die fol­gende Schlagzeile in meinem Fee­dread­er sah, war ich dann doch über­rascht: „Lin­guis­ten ent­deck­en neue Sprache, die unsere Real­ität verz­er­rt“, schreibt das Tech­nikblog „Giz­mo­do“ (nur, damit kein falsch­er Ein­druck entste­ht: Ich lese Giz­mo­do nicht, aber mein Fee­dread­er durch­sucht für mich Google News nach Wörtern wie „Anglizis­mus“, „Sprach­wan­del“ und eben auch „Lin­guis­ten“).

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Der Newsmixa

Von Susanne Flach

Auch Schlagzeilen­gener­a­toren haben Humor:

Screen­shot bei MSN.de, 8. Juli 2010

Erin­nert mich irgend­wie an fol­gen­des lustiges Schlagzeilen­wür­feln — als Ver­such­skan­inchen für Home­brew in mein­er aus­tralis­chen WG hielt ich es damals für eine Art Nahtoderfahrung:

Screen­shot bei BR Online, 19. Mai 2005 (via malison.org)

Im gle­ichen Monat heiratete außer­dem Prinz Charles seine Camil­la, oder, wie mein britis­ch­er Mit­be­wohn­er meinte: “Die arme Sau — 30 Jahre warten und wofür? Damit ihm ein alter Pole und ein nicht so alter Deutsch­er die Show stehlen!”

Haarige Derivate

Von Susanne Flach

Haben Sie auch schon mal gehört, dass Irisch keine Wörter für ja und nein hat? Oder keins für Sex? Ersteres ist wahr, zweites nicht. Kön­nen die Iren deshalb zum Sex (nicht) nein sagen? Oder Taga­log, das ange­blich kein Wort für Kap­i­tal­is­mus hat? Doch, kap­i­tal­is­mo. Oder die berühmte Schaden­freude, die Anglo-Amerikan­er ange­blich nicht empfind­en, weil sie kein Wort dafür haben? Und die Deutschen sind natür­lich geord­neter, als die Englän­der, weil wir die über­sichtliche Über­sichtlichkeit haben. Das ist natür­lich eine wah­n­witzige Logik, aber darum soll’s hier jet­zt nicht gehen.

Umgekehrt geht’s natür­lich auch: Eski­mo­sprachen haben ___ Wörter für Schnee, asi­atis­che Sprachen ___ Wörter für die Zubere­itung von Reis — und Alban­isch hat eine beachtliche Zahl an Wörtern für Schnurrbart.

Ange­blich 27, um genau zu sein.

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Sexismusverdacht

Von Kristin Kopf

In let­zter Zeit ger­at­en immer wieder Leute her, weil es irgend­wo eine (meist niveaulose) Debat­te zu Sex­is­mus gibt. Im Laufe ebendieser zaubert jemand die “däm­lich kommt von Dame”-Behaup­tung aus dem Hut und prompt schreibt jemand anders: “Nein, däm­lich ist nicht sex­is­tisch, das kommt näm­lich gar nicht von Dame!” Drunter dann ein Link zum ein­schlägi­gen Sch­plock-Beitrag.

Aber ist es so leicht?

Dass däm­lich nicht von Dame kommt, ja klar – aber ist es deshalb auch defin­i­tiv nicht sex­is­tisch? Weit­er­lesen

[Lesetipp] Der Geschichtenerzähler

Von Kristin Kopf

Dass Mario Var­gas Llosa den Lit­er­aturnobel­preis gewon­nen hat, erin­nert mich prompt an meine Semes­ter in der Kom­para­tis­tik. Ich denke das Sem­i­nar hieß “Interkul­turelles Erzählen”, ich hielt dort mein erstes und (hof­fentlich mit viel Abstand) grauen­haftestes Unirefer­at und ein Buch ist mir sehr, sehr ein­drück­lich in Erin­nerung geblieben: “Der Geschicht­en­erzäh­ler” (span. “El Hablador”) von obge­nan­ntem Llosa. Die Erzäh­lung spielt in Peru, ganz beson­ders im Regen­wald bei den Machiguen­ga und am besten man ver­rät vorher so gut wie gar nichts drüber. Der Sch­plock-Bezug? Das SIL kommt am Rande vor. (Eher unschme­ichel­haft, wenn ich mich recht entsinne.)

Ich werde diese Erin­nerung zum Anlass nehmen, das Buch endlich mal wieder zu lesen – will noch jemand? Dann würd ich gle­ich zwei Exem­plare bestellen.

Wörter auf ‑nf

Von Kristin Kopf

Vor ein­er Weile kam jemand mit der Suchanfrage

wörter mit endung nf

hier­her. Offline kön­nte man so etwas mit einem soge­nan­nten “rück­läu­fi­gen Wörter­buch” her­aus­find­en. Aber was’n Stress!

Meine Online-Stan­dard­lö­sung in solchen Fällen ist canoo.net. Ging hier aber erst­mal nicht, denn da muss man min­destens drei Buch­staben eingeben. Die Anfrage *nf führt zu “Bitte seien Sie genauer: Wild­cards sind erst ab 3 Buch­staben erlaubt”. Wie nervig, es will ja kein­er tausend (= 30) Abfra­gen mit *anf, *bnf, … machen!

Aber elexiko vom Insti­tut für Deutsche Sprache ist koop­er­a­tiv, es spuckt 15 Tre­f­fer aus. Sucht man sich davon nur die ein­fachen Wörter aus, schnur­rt die Zahl der­er auf -nf ganz schnell auf vier zusam­men: Hanf, Senf, fünf und der Eigen­name Genf. Sind das schon alle? Weit­er­lesen