[Anglizismus des Jahres] Die App?

Von Kristin Kopf

Ich will euch ein wenig an meinen Über­legun­gen zum Anglizis­mus des Jahres teil­haben lassen. Dazu picke ich ein paar Kan­di­dat­en her­aus und schaue, was sie so unter­nom­men haben, um sich im Deutschen zu ver­bre­it­en. Begin­nen will ich mit der App. Das Wort beze­ich­net ein kleines, i.d.R. kostenpflichtiges (aber gün­stiges) Pro­gramm, meist für ein Handy, aber auch für den Com­put­er. Dis­claimer: Ich habe noch nie wissentlich eine App genutzt.

Die Bedeutung

app ent­stand als Kurz­form für appli­ca­tion ‘Anwen­dung’. Die englis­che Wikipedia leit­et entsprechend auch von App auf Appli­ca­tion soft­ware weit­er, es gibt keine Dif­feren­zierung wie in der deutschen.  Entsprechend der all­ge­meinen Aus­gangs­be­deu­tung nen­nen frühe Texte das, was der App Store verkauft, auch meist Pro­gramm. In den Textbeispie­len der ersten gener­ischen Ver­wen­dun­gen (s.u.) find­en sich als Qua­si-Syn­onyme Pro­grämm­chen, Handy­er­weiterun­gen und kleines Pro­gramm. Hier ist also schon eine seman­tis­che Veren­gung einge­treten, es geht nicht um irgen­dein Pro­gramm, son­dern um ein kleines, das nicht zur Grund­funk­tion eines Handys oder Com­put­ers zählt (Erweiterung). Soweit ich das ein­schätzen kann, ist diese seman­tis­che Entwick­lung nichts eigen­ständig Deutsches, son­dern im Englis­chen passiert und dann mit dem Wort zusam­men entlehnt wor­den. Weit­er­lesen

[Anglizismus des Jahres] Publikumswahl

Von Kristin Kopf

Wie schon erwäh­nt, darf ich mit über den Anglizis­mus des Jahres 2010 entschei­den. Ich finde das ganz schön schwierig … die Regel, dass das Wort erst 2010 so richtig häu­fig gewor­den sein darf, ver­hin­dert viele span­nende Möglichkeit­en. So ein Wort muss sich ja erst­mal aus­bre­it­en, bevor es seine Bedeu­tung ausweit­en oder seine Schrei­bung mod­i­fizieren kann etc. Und diese Prozesse finde ich eigentlich die interessanten.

In den Sprachlogkom­mentaren wurde schon bemerkt, dass die meis­ten Kan­di­dat­en aus der Welt des Inter­nets bzw. der Com­put­er­welt stam­men. Ich sehe da nur Bal­con­ing und Cher­many ohne einen solchen Hin­ter­grund. Das liegt sich­er zum einen daran, dass die Vorschläge von Leuten gemacht wur­den, die das Inter­net wahrschein­lich ziem­lich stark nutzen, aber zum anderen auch daran, dass das eben mit Abstand der nicht-fach­sprach­liche Bere­ich ist, in dem wir den größten Neu­wortbe­darf haben.

Ich werde jet­zt ein bißchen in mich gehen und zahlre­iche Kor­pus­recherchen durch­führen, um rauszukriegen, welch­es der Wörter ich am besten finde (und warum). Ihr kön­nt Euere Mei­n­ung aber auch kund­tun, und zwar in der Pub­likum­swahl.

Die Kan­di­dat­en (mit Links zu den Blog­beiträ­gen der Jury):

App
aus­rollen
Bal­con­ing
Blur­many
Cable­gate
Cher­many
Cloud
clouden
durch­faven
ent­frien­den (1, 2)
leak­en (1, 2)
leiken oder liken
Script­ed Reality
Shit­storm
Social Media
Whistle­blow­er

Anglizismus des Jahres, Zwischenmeldung

Von Anatol Stefanowitsch

Die Jury hat die Nominierun­gen streng begutachtet: Von den fast vierzig Vorschlä­gen haben es nur sechzehn in die zweite Runde geschaft: App, (Updates etc.) aus­rollen, Bal­con­ing, Blur­many, Cable­gate, Cher­many, Cloud, clouden, durch­faven, ent­frien­den, leak­en, leiken/liken, Script­ed Real­i­ty, Shit­storm, Social Media, und Whistle­blow­er.

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Namenlandschaften 2: Kleine Räume

Von Kristin Kopf

Heute gibt es, wie ver­sprochen, Beispiele für Namen, die sehr klein­räu­mig ver­bre­it­et sind. Im ersten Teil zu Namen­land­schaften habe ich geschrieben:

Wenn ich in den Süden fahre, merke ich nicht nur am isch und kannsch und weisch, dass ich zuhause angekom­men bin, son­dern auch daran, dass die Leute plöt­zlich Him­mels­bach, Göp­pert und Ohne­mus heißen.

Vielle­icht hat ja jemand von euch die Namen schon kartiert und fest­gestellt, dass ich aus dem Orte­naukreis in Baden-Würt­tem­berg komme. Einen anderen Schluss lassen sie näm­lich wirk­lich nicht zu:

v.l.n.r.: Ohne­mus, Him­mels­bach, Göppert

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Schneechaos im Wörterbuch

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn Sie wegen Anja Wässer­bachs Artikel „Inu­it und der Schnee von gestern” in den Stuttgarter Nachricht­en oder im Schwarzwälder Bote hier gelandet sind und nun mehr über Schnee und Eski­mos wis­sen möcht­en, empfehle ich Ihnen die fol­gen­den Artikel aus meinem alten Blog, dem „Bre­mer Sprachblog“):

Außer­dem hoffe ich, dass Sie sich auch hier in meinem neuen Blog umse­hen und empfehle Schneefre­un­den fol­gende Beiträge: 

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Geistiges Eigentum (Nachtrag)

Von Anatol Stefanowitsch

In einem Kom­men­tar zu diesem Beitrag schlägt ein Leser vor, doch auch die Entwick­lung des Wortes „Autoren­rechte“ zu betrachten.

Gebrauchshäufigkeit der Wörter <i>Autorenrechte</i> und <i>geistiges Eigentum</i> in Google Books

Gebrauchshäu­figkeit der Wörter Autoren­rechte und geistiges Eigen­tum in Google Books

Das habe ich hier­mit getan, und die wun­der­schöne neg­a­tive Kor­re­la­tion dieses Wortes und des Aus­drucks „geistiges Eigen­tum“ zeigt eins ganz deut­lich: Worum auch immer es in der Debat­te um geistiges Eigen­tum geht, es geht nicht um die Rechte der Autoren.

Der Schutz geistigen Eigentums und die Erfindung des Computers

Von Anatol Stefanowitsch

Google Books ist für mich schon lange ein unverzicht­bares Werkzeug zur Lit­er­atur­recherche, aber jet­zt hat Google eine weit­ere inter­es­sante Ver­wen­dungsmöglichkeit geschaf­fen (habe ich eigentlich schon mal erwäh­nt, dass ich Google liebe?): den Google Books Ngram Viewer.

Der Google Books Ngram View­er macht es möglich, die Häu­figkeit­sen­twick­lung von Wörtern und Phrasen über die let­zten zwei­hun­dert Jahre zu ver­fol­gen und so eine Vielzahl an kul­tur- und sprachgeschichtlichen Fragestel­lun­gen zu unter­suchen. Schöne sprach­wis­senschaftliche Beispiele find­en sich zum Beispiel in Kristin Kopfs Sch­plock und Michael Manns lexiko­gra­phieblog).

Aber nicht nur Sprach- und Kulturwissenschaftler/innen — die ähn­liche Unter­suchun­gen auch vor Googles neuem Werkzeug schon durchge­führt haben — nutzen den Ngram View­er für inter­es­sante Unter­suchun­gen, son­dern auch viele andere Men­schen. Markus Dahlem, zum Beispiel, hat in den Brain­logs eine kleine medi­zin- und kul­turgeschichtliche Analyse von Migräne, Epilep­sie und Schla­gan­fall durchge­führt, und Techdirt-Grün­der Mike Mas­nick hat nach den Aus­drück­en patents, copy­right, trade­mark und intel­lec­tu­al prop­er­ty gesucht, um einen Ein­druck von der Geschichte dieser Begriffe und der dahin­ter­ste­hen­den Ideen zu bekom­men. Er bekam fol­gen­des Ergeb­nis:

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Namenlandschaften 1: Große Flächen

Von Kristin Kopf

Über die Feiertage ist mir mal wieder aufge­fall­en, wie prä­gend Namen für eine Gegend sein kön­nen. Wenn ich in den Süden fahre, merke ich nicht nur am isch und kannsch und weisch, dass ich zuhause angekom­men bin, son­dern auch daran, dass die Leute plöt­zlich Him­mels­bach, Göp­pert und Ohne­mus heißen.

Und tat­säch­lich sind alle Namen, die mir typ­isch vorka­men, in “meinem” Land­kreis oder einem direkt angren­zen­den mit Abstand am häu­fig­sten. Um noch mehr solch­er Namen zu find­en, habe ich dann die Face­book­fre­unde mein­er Ver­wandtschaft durchgeschaut, was sich als exzel­lente Strate­gie erwiesen hat. (Man kön­nte da richtig kreativ wer­den mit Face­bookpro­filen: Öffentlich zugängliche Pro­file mit Wohnor­tangaben automa­tisch auswerten und damit ein “Namen­pro­fil” eines Ortes erstellen. Namen von Leuten, die noch zur Schule gehen, kön­nten dabei ein stärk­eres Gewicht bekom­men, weil sie eher noch an ihrem Herkun­ft­sort leben. Oder Namen von Leuten, bei denen Wohn- und Schu­lort iden­tisch sind. Großstädte wer­den wegen der vie­len Umzieherei ignori­ert. Etc. Aber ich fürchte, das gren­zt dann schon an Ille­gal­ität und set­zt kein so gutes Zeichen in punc­to Datenschutz.)

Wenn man nun Namen als typ­isch im Ver­dacht hat, wie kriegt man raus, wie häu­fig sie wo sind? Als am besten geeignet für solche Zwecke haben sich Dat­en aus elek­tro­n­is­chen Tele­fon­büch­ern her­aus­gestellt – darin sind die Namen ja ganz genau bes­timmten Postleitzahlen­bere­ichen zuge­ord­net. Mit­tels bes­timmter Com­put­er­pro­gramme kann man sie dann pri­ma auf ein­er Deutsch­land­karte verorten.

Ide­ale, aber lei­der nicht öffentlich zugängliche Möglichkeit­en dazu hat der Deutsche Fam­i­li­en­na­me­nat­las (ein Pro­jekt der Unis Mainz und Freiburg, mit Tele­fon­buch­dat­en von 2005), aber es gibt auch im Inter­net eine sehr brauch­bare Option, auf die ich hier schon ein­mal ver­wiesen habe, näm­lich Geogen (mit Tele­fon­buch­dat­en von 2002).

Unterteilt in zwei kleinere Beiträge will ich zunächst ein­mal zeigen, welche Namen es über­all gibt und bei welchen man trotz recht weit­er Ver­bre­itung großflächige Unter­schiede erken­nen kann (heute) und dann die ein­gangs erwäh­n­ten Namen zeigen, die für einen ganz bes­timmten Land­kreis typ­isch sind und son­st fast nir­gends in Deutsch­land auftreten (lat­er this week). Weit­er­lesen

Ramsauers Liste

Von Anatol Stefanowitsch

Über Ram­sauers Sprach­bere­ini­gungsrhetorik ist ja viel geschrieben und kopfgeschüt­telt wor­den, aber seine tat­säch­liche schwarze Liste von zu ver­mei­den­den Anglizis­men ist schw­er zu find­en. Ein paar Online-Zeitun­gen geben sie wieder, allerd­ings größ­ten­teils in Form von klick­fördern­den Gale­rien, in denen man nur ein bis fünf Wörter auf ein­mal zu sehen bekomm

Hier deshalb für die Nach­welt die Gesamtliste, die ich aus zwei Quellen (hier und hier) abgeglichen und in ein ein­heitlich­es For­mat gebracht habe. Weit­er­lesen

Von thun zu tun: Orthographie bei Ngrams

Von Kristin Kopf

In den let­zten Tagen sind mir noch tausend Spiel­ereien einge­fall­en, die man mit Ngrams machen kann. Unter anderem lässt sich damit recht gut sicht­bar machen, wie schnell orthographis­che Stan­dar­d­isierung und Änderung sich in Büch­ern durch­set­zen konnten.

Wichtige Zeit­punk­te sind dabei zum einen die II. Orthographis­che Kon­ferenz (1901, dazu im Sch­plock hier und hier), bei der erst­mals eine verbindliche Rechtschrei­bung fest­gelegt wurde, und zum zweit­en die Rechtschreibre­form von 1996. Weit­er­lesen