Bei Fremdsprach-Sünden raste ich aus!

Von Anatol Stefanowitsch

Dieses Bild zeigt nicht etwa eine Bou­tique in Rom oder Mai­land, nein, es han­delt sich um ein Ladengeschäft in der Ottenser Haupt­straße im boden­ständi­gen Hamburg.

Riduzione

Ja, bin ich denn in Ital­ien? Speziell der deutsche Tex­til­han­del ver­sucht, sich mit dieser Sprach­pan­scherei ein welt­män­nis­ches Flair zu geben! Weit­er­lesen

Mini-Feldforschungsrätsel

Von Kristin Kopf

Heute habe ich euch, frisch von meinen Exkur­sio­nen ins wilde Ale­man­nien, zwei kleine Szenen mit­ge­bracht. Sie spie­len sich in Anbe­tra­cht der aktuellen Wit­terung tagtäglich tausend­fach ab:

»Essen wir … ?« — »Nein, … !«

Meine erste Idee war, die Gespräche ins Hochdeutsche zu über­set­zten und zu erk­lären, was der Unter­schied zum Dialekt ist, aber … vielle­icht habt ihr ja Lust? Ich über­lasse euch die mühevoll extrahierten Sprach­dat­en mal zur Betra­ch­tung – was ist daran auf­fäl­lig? Kom­mentare willkom­men! (Ich mache sie aber erst mor­gen sicht­bar, son­st kom­men hier gle­ich die Mut­ter­sprach­lerin­nen und dann gibts nix mehr zu rätseln …)

Wer einen guten Tipp braucht, wird hin­ter dem Umbruch fündig. Weit­er­lesen

Pippi, geh von Bord

Von Anatol Stefanowitsch

In meinem Beitrag vom Mon­tag habe ich das Prob­lem des Wortes Neger und sein­er Ableitun­gen in Astrid Lind­grens Pip­pi Langstrumpf geht an Bord und Pip­pi in Taka-Tuka-Land disku­tiert und argu­men­tiert, dass es aus über­set­zungs­the­o­retis­ch­er Sicht falsch wäre, Lind­grens schwedis­ches neger aus den 1940er Jahren im 21. Jahrhun­dert mit dem deutschen Neger zu über­set­zen, da ersteres zur Zeit Lind­grens ange­blich neu­tral, let­zteres spätestens heute aber neg­a­tiv belegt ist. Ich habe weit­er argu­men­tiert, dass auch seman­tisch angemessene Über­set­zun­gen wie dunkel­häutiger Men­sch das eigentliche Prob­lem tief in diese Erzäh­lun­gen ver­woben­er ras­sis­tis­ch­er Stereo­type nicht lösen. Die Frage, die am Ende offen­blieb und mit der ich mich heute befassen will, war die, wie man mit diesem Prob­lem am besten umgeht.

Der Oetinger-Ver­lag, der die deutschen Über­set­zun­gen der Pip­pi-Langstrumpf-Büch­er ver­legt, hat sich 2009 zu ein­er Neubear­beitung entschieden:

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Pippi Langstrumpf, N****prinzessin und Übersetzungsproblem

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn ich mein­er Tochter früher die Büch­er Pip­pi Langstrumpf geht an Bord und Pip­pi auf Taka-Tuka-Land vorge­le­sen habe, sah ich mich zu redak­tionellen Änderun­gen gezwun­gen: Die Büch­er enthal­ten eine Rei­he ras­sis­tis­ch­er Aus­drücke, die ich beim Vor­lesen stillschweigend durch annäh­ernd neu­trale Wörter erset­zt habe.

[Hin­weis: Der fol­gende Beitrag enthält Beispiele ras­sis­tis­ch­er Sprache.} Weit­er­lesen

Der Hoteldirektor und das Zimmermädchen

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen habe ich in der Berlin­er S‑Bahn fol­gende Stel­lenanzeige gesehen:

Stellenanzeige der GRG für Zimmermädchen (Berliner S-Bahn, 2011)

Stel­lenanzeige der GRG für Zim­mer­mäd­chen (Berlin­er S‑Bahn, 2011)

Da ich mit meinem Beruf im Großen und Ganzen zufrieden bin, hat mich daran natür­lich nicht die Stelle selb­st inter­essiert, son­dern die Tat­sache, dass die hier gesucht­en Zim­mer­mäd­chen männlich oder weib­lich sein durften. Wenn die Anzeige typ­isch ist, wäre Zim­mer­mäd­chen damit eine der weni­gen Berufs­beze­ich­nun­gen, bei der die weib­liche Form gener­isch — also für Män­ner und Frauen — ver­wen­det wird (Hebamme und Mäd­chen für Alles wären weit­ere Beispiele).

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Auf dem Holzweg mit dem Holzweg

Von Kristin Kopf

Das Bild­blog hat einen taz-Blog­a­r­tikel über Ter­ror­ex­perten ver­linkt, der den Titel »Plä­doy­er zur Abschaf­fung des Ter­ror­ex­perten. Sel­ten waren so viele so schnell auf dem Holzweg« trägt und eine beze­ich­nende Illus­tra­tion besitzt: Einen Steg aus Holz, der durch ein Moor führt.

Die Bild­wahl ist ein schön­er Hin­weis darauf, wie die Bedeu­tung der Wen­dung auf dem Holzweg sein ‘sich irren’ mit der Zeit intrans­par­ent wurde – und zwar, weil das zuge­hörige Konzept für die bre­ite Bevölkerung immer unwichtiger wurde und den meis­ten Leuten heute unbekan­nt ist.

Ein Holzweg, wie in der Wen­dung gebraucht, ist näm­lich nicht ein ‘Weg aus Holz’, son­dern ein ‘Weg für Holz’. Also wie ein Hol­zlager, nicht wie ein Holzbein. Und das kam so: Weit­er­lesen

Schschschschschschschschschsch

Von Kristin Kopf

Beim Herum­le­sen in früh­neuhochdeutschen Tex­ten habe ich eine char­mante Betra­ch­tung über das Graphem <sch> gefunden:

In: Der Hochdeutsche Schlüszel Zur Schreib­richtigkeit oder Rechtschrei­bung (Leipzig, 1648)

Wann das (ch) auf ein (s) folget/so wird ein grobzis­chen­der Laut daraus/daß es fast seltzsam ist / wie doch solche drey Búch­staben sich zu der zis­chen­den Stimme gefun­den haben ; weil wed­er ein­er alleine/noch sie zusam­men solchen Tón zugében ver­mö­gen : wer­den dem­nach aus­ge­sprochen wie das Hebrais­che ש, als: erfrischen/&c.

Das <sch> ist ein soge­nan­nter “Tri­graph”: Man benutzt drei Buch­staben, um einen bedeu­tung­sun­ter­schei­den­den Laut (“Phonem”) aufzuschreiben. Das heißt man schreibt z.B. <Sau>, aber <Schau>, dabei wer­den bei­de Wörter nur mit jew­eils zwei Laut­en (einem Frika­tiv und einem Diph­thong) aus­ge­sprochen: /za̯ʊ/ und /ʃa̯ʊ/. Ähn­lich geht es mit <ch> (<Bach>, gesprochen /χ/) und <ng> (<hängen>, gesprochen /ŋ/).

Und, wie klug bemerkt, andere Schrift­sys­teme machen keine der­ar­ti­gen Umstände. Das hebräis­che Alpha­bet hat das z.B. <ש> (das allerd­ings sowohl als [s] als auch als [ʃ] aus­ge­sprochen wer­den kann), das ara­bis­che das <> und das kyril­lis­che das <ш>. Und auch das lateinis­che Alpha­bet kann man pri­ma anpassen, wie zum Beispiel das Rumänis­che mit <ș> zeigt.

Der Autor wun­derte sich über die selt­same Schreibprax­is, mit <s>, <c> und <h> einen Laut aufzuschreiben, der sich nicht aus den dreien zusam­menset­zt. Das ist aber gar kein so großes Hex­en­werk – in Wirk­lichkeit reflek­tiert sie eine ältere Aussprache. Unser heutiger Laut /ʃ/ kommt durch zwei Laut­wan­del­prozesse zus­tande: Weit­er­lesen

Hymnische Liebschaften

Von Anatol Stefanowitsch

Wie die öster­re­ichis­che Zeitung Der Stan­dard vor eini­gen Tagen berichtet hat, haben sich SPÖ, ÖVP und Grüne darauf geeinigt, den Sex­is­mus (wenig­stens teil­weise) aus dem Text der öster­re­ichis­chen „Bun­deshymne“ zu ent­fer­nen. Die Hymne begin­nt wie folgt:

Land der Berge, Land am Strome,
Land der Äck­er, Land der Dome,
Land der Häm­mer, zukunftsreich!
Heimat bist du großer Söhne,
Volk, beg­nadet für das Schöne,
Viel­gerühmtes Österreich …

Die dritte Zeile soll nun so umgedichtet wer­den, dass neben den Söh­nen auch die Töchter Erwäh­nung find­en. Dabei ist die Möglichkeit Heimat großer Töchter, Söhne eben­so im Gespräch, wie Heimat bist du großer Töchter und großer Söhne (wobei mir nicht klar ist, wie let­zteres metrisch eingepasst wer­den soll).

Da mich schon an der Mar­gin­al­isierung von Frauen bei Legofig­uren störe, dürfte es nicht über­raschen, dass ich diesen Schritt begrüßenswert finde, allerd­ings mit zwei Einschränkungen.

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Titelhuberei

Von Anatol Stefanowitsch

Wieder­holt bin ich in den let­zten Tagen auf das Wort Titel­hu­berei ange­sprochen und angeschrieben wor­den, das Krista Sager in ihrer Pressemel­dung zur Stre­ichung von Dok­tor­titeln aus dem Per­son­alausweis ver­wen­det hat. Ob das ein neues Wort sei, wurde ich gefragt, was es genau bedeute und woher es komme.

In die aktuelle Debat­te einge­führt hat dieses Wort, soweit ich her­aus­find­en kon­nte, Bun­des­bil­dungsmin­is­terin (Hon.-Prof. Dr.) Annette Scha­van, die es am Woch­enende des 18./19. Juni gegenüber der Frank­furter All­ge­meinen Son­ntagszeitung ver­wen­det hat: Ihrer Mei­n­ung nach sollte der Dok­tor­ti­tel „Aus­druck ein­er wis­senschaftlichen Qual­i­fika­tion und nicht ein Sta­tussym­bol oder Titel­hu­berei sein“.

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Titelkämpfe

Von Anatol Stefanowitsch

In den Kom­mentaren zu meinem Beitrag zu Adels- und akademis­chen Titeln hat­te ich etwas vor­eilig einen Nach­trag zur deren tat­säch­lich­er Ver­wen­dung ver­sprochen, und da die Grü­nen nun den Dok­tor­ti­tel aus dem Per­son­alausweis stre­ichen wollen, ist es höch­ste Zeit, diesen Nach­trag Wirk­lichkeit wer­den zu lassen.

Zunächst will ich noch ein­mal kurz die Sach- und Recht­slage zu akademis­chen Graden und Adel­stiteln zusam­men­fassen, die ich in meinem let­zten Beitrag aus­führlich­er dargestellt hat­te (Punkt 1 übernehme ich dabei weit­ge­hend wörtlich aus meinem aktuellen Par­al­lel­beitrag bei DE PLAGIO):

Akademis­che Grade existieren und dür­fen von ihren Inhab­ern öffentlich geführt wer­den — auf Vis­itenkarten und Brief­pa­pi­er, auf Prax­is- und Fir­men­schildern und natür­lich auf Wahlplakat­en. Das gilt nicht nur für den Dok­tor­grad, son­dern auch für den BA, den MA, den Dipl. usw. Tat­säch­lich ist es in Deutsch­land rel­a­tiv unüblich, Grade öffentlich zu führen — den BA und MA führt kaum jemand (außer vielle­icht auf ein­er uni­ver­sitären Web­seite). Der Dr. wird schon häu­figer geführt — von Wissenschaftler/innen aber häu­fig nur im uni­ver­sitären Kon­text, und von vie­len gar nicht. Am Durchgängig­sten scheint mir der Dipl.-Ing. geführt zu werden.

Etwas ver­wirrend ist nun die Tat­sache, dass der Dok­tor­grad als einziger akademis­ch­er Grad im Per­son­alausweis und im Reisep­a­ss einge­tra­gen wer­den kann (aber nicht muss). Das führt zu viel Ver­wirrung bezüglich der Frage, ob er damit zu einem „Namens­be­standteil“ wird (Antwort: im rechtlichen Sinne nicht, im All­t­agsver­ständ­nis sich­er). Die Frage ist aber ohne­hin neben­säch­lich, da sie kein­er­lei Auswirkun­gen auf das öffentliche Führen des Grades hat. Ich kann einen Grad führen oder auch nicht, egal, ob ich ihn im Per­son­alausweis ste­hen habe oder nicht.

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