In der Diskussion zu meinem Beitrag vom Montag wird unter anderem die Frage diskutiert, ob die Tatsache, dass weibliche Personenbezeichnungen häufig von männlichen Personenbezeichnungen abgeleitet sind, aber fast nie umgekehrt, auf einen strukturellen Sexismus der deutschen Sprache hinweist. Mir ist unklar, wie man ernsthaft der Meinung sein kann, dass das nicht der Fall ist: Man müsste dazu entweder davon ausgehen, dass die Richtung der Ableitung hier reiner Zufall ist, oder, dass sprachliche Strukturen grundsätzlich keine Bedeutung transportieren, sodass die Richtung der Ableitung keine Rolle spielt. Beide Annahmen scheinen mir absolut unplausibel.
Nicht nur offensichtliche Aspekte der Sprachstruktur transportieren aber ein sexistisches Menschenbild; auch in versteckten Muster des Sprachgebrauchs schlägt es sich nieder. Diese Muster kann man nicht durch die Betrachtung einzelner Beispiele aufdecken, sondern nur durch die quantitative Analyse größerer Textmengen. Die Wörter Witwe und Witwer liefern ein schönes Beispiel dafür.