[Schplock trifft Lehre] Dialekt oder Sprache?

Von Kristin Kopf

In der Kat­e­gorie [Sch­plock trifft Lehre] halte ich Inhalte und Ergeb­nisse aus dem Sem­i­nar Rhe­in­fränkisch fest, das ich im Som­merse­mes­ter 2012 an der Uni Mainz gebe. (Zum Ein­stiegs­beitrag und zur Über­sicht)

Vielle­icht habe ich es in der ersten Sitzung mit dem Ansatz »spielerisch­er Ein­stieg« ein wenig gut gemeint – aber ander­er­seits, warum nicht? Nach tage­langem Herumge­google und einem exzel­len­ten Tipp von mein­er Kol­le­gin Luise habe ich die fol­gen­den Hör­beispiele aus­ge­graben. Bei welchen davon han­delt es sich um deutsche Dialek­te? Bei welchen um eigene Sprachen? Und welche Dialek­te oder Sprachen sind das jeweils?

(Zu den Quellen und Lösun­gen.) Weit­er­lesen

Sprachbrocken 16/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Dass die deutsche Sprache ver­fällt, ist eine trau­rige Tat­sache, an der wir in den Sprach­brock­en nur schw­er vor­beikom­men. In Cot­tbus beispiel­sweise, erfahren wir in einem Leser­brief in der Lausitzer Rund­schau, wird Deutsch nur noch zu Hause gesprochen — in der Öffentlichkeit bedi­ent man sich nur noch der „Sprache der Vere­inigten Staat­en von Ameri­ka“ (wom­it ver­mut­lich Englisch gemeint ist). So wer­den „deutsche iden­titätss­tif­tende Werte unter den Tisch gekehrt“.

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[Schplock trifft Lehre] Dialekte: Wo und wie cool sind sie?

Von Kristin Kopf

In der Kat­e­gorie [Sch­plock trifft Lehre] halte ich Inhalte und Ergeb­nisse aus dem Sem­i­nar Rhe­in­fränkisch fest, das ich im Som­merse­mes­ter 2012 an der Uni Mainz gebe. (Zum Ein­stiegs­beitrag.)

Diese Woche hat das Semes­ter ange­fan­gen, und damit auch mein Ver­such der Sem­i­nar­doku­men­ta­tion hier im Sch­plock. Ein paar grobe Dat­en für die Inter­essierten: Das Rhe­in­fränkisch-Sem­i­nar beste­ht aus zwei Par­al­lelkursen (Don­ner­stag und Fre­itag). Bei­de sind so voll, wie die Räume es zulassen (je ca. 35 Teil­nehmerIn­nen), die Studieren­den sind in der Regel im 6. Semes­ter und studieren im Bach­e­lor of Edu­ca­tion, wollen also ein­mal DeutschlehrerIn­nen wer­den. Daher wer­den wir im Sem­i­nar, und das ist ein weit­eres Exper­i­ment, auch darauf einge­hen, ob und wie sich die The­men für Schü­lerin­nen und Schüler auf­bere­it­en lassen. Ich poste hier im Sch­plock nicht die kom­plet­ten Inhalte des Sem­i­nars, son­dern jew­eils das, was mir davon auch für eine bre­it­ere Öffentlichkeit inter­es­sant erscheint.

Zum Ein­stieg, und weil ich neugierig war, welche Vorken­nt­nisse meine Studieren­den besitzen, habe ich einen kleinen wahrnehmungs­di­alek­tol­o­gis­chen Test gemacht, der sich ganz grob am Kiel­er DFG-Pro­jekt Der deutsche Sprachraum aus der Sicht lin­guis­tis­ch­er Laien ori­en­tiert (das auch ein Blog besitzt!), allerd­ings wesentlich kürz­er. Wer mag, kann ihn hier eben­falls machen. Weit­er­lesen

Sprache und Ungleichheit

Von Anatol Stefanowitsch

In der heute erschiene­nen Aus­gabe von Aus Poli­tik und Zeit­geschichte (ein­er Beilage der Wochen­zeitung Das Par­la­ment) schreibe ich über „Sprache und Ungle­ich­heit“.  Eins der schwierig­sten The­men über­haupt, das hier im Sprachlog regelmäßig Protest, Spott und Häme aus­löst und mit dem ich selb­st immer wieder kämpfen muss.

Die Gele­gen­heit, einige mein­er Blog­beiträge zu diesem The­ma in Form eines (populär-)wissenschaftlichen Auf­satzes noch ein­mal sys­tem­a­tisch aufzuar­beit­en, war mir deshalb sehr willkom­men und ich freue mich über Feed­back hier in den Kom­mentaren oder per E‑Mail (dabei gilt, wie immer und vor allem bei diesem The­ma: Kom­mentare, in denen Grup­pen von Men­schen her­abgewürdigt wer­den, sind nicht erwün­scht und wer­den gelöscht).

Wer nicht weiß, woher er/sie Das Par­la­ment bekom­men soll, kann die Beilage (in der ins­ge­samt neun höchst span­nende Beiträge zum The­ma „Ungle­ich­heit“ enthal­ten sind, auf der Web­seite der Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung als PDF-Datei (2,5 MB) herun­ter­laden (natür­lich kostenlos).

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

Sprachbrocken 15/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Auf dem Bun­deskongress der Alt­philolo­gen in Erfurt hat der Öster­re­ichis­che Bil­dungsmin­is­ter Karl­heinz Töchter­le eine über­raschende aber höchst plau­si­ble Lösung für die „derzeit­ige Krise“ im Bil­dungssys­tem präsen­tiert: Mehr Latei­n­un­ter­richt! Denn ger­ade in Krisen­zeit­en, so zitiert die Thüriger All­ge­meine den pro­movierten Alt­philolo­gen, seien häu­fig sprach­liche und lit­er­arische Rückbesin­nun­gen zu beobacht­en. Außer­dem ver­mutet er pos­i­tive Auswirkun­gen auf die Mut­ter­sprache der Schüler/innen: „Mit Latein kön­nen Schüler mod­ell­haft ler­nen, wie Sprache funk­tion­iert und damit die eigene Sprache mit ihrer Gram­matik bess­er ver­ste­hen.“ Nen­nt mich ver­rückt, aber kön­nten sie nicht auch anhand ihrer eige­nen Sprache(n) mod­ell­haft ler­nen, wie Sprache funk­tion­iert? Und hätte das nicht den Vorteil, dass die Unter­richt­szeit, die son­st auf das Erler­nen ein­er toten Sprache ver­schwen­det würde, für Neben­säch­lichkeit­en wie mod­erne Fremd­sprachen zur Ver­fü­gung stünde, an denen man mod­ell­haft ler­nen kön­nte, wie man sich mit Men­schen aus anderen Län­dern und Kul­turen unterhält?

Ander­er­seits kön­nte ein wenig klas­sis­che Bil­dung den einen oder anderen Shit­storm ver­hin­dern. Wir erin­nern uns, wie es dem Fir­men­sprech­er von Schleck­er (ken­nen Sie Schleck­er noch?) sein­erzeit beina­he gelun­gen wäre, durch ein klares Beken­nt­nis zu einem an der Sprachkun­st der Antike ori­en­tieren Sprach­stil die Empörung über die Tat­sache, dass er die Kun­den sein­er Fir­ma für dumm und unge­bildet hielt, schon im Keim zu erstick­en. Wie ungeschickt erscheint im Ver­gle­ich zu dieser alt­philol­o­gis­chen Ele­ganz die Antwort „roflcopter gtfo“, mit der die Piraten­partei dieser Tage auf das abso­lut nachvol­lziehbare Ansin­nen eines selb­ster­nan­nten Parteina­men­warts reagierte, sie mögen doch bitte ihren Namen in etwas weniger piratiges ändern. Dass hier kein Shit­storm los­brach, lag sich­er nur daran, dass nie­mand wusste, was dieses kryp­tis­che Akro­nym bedeuten kön­nte. Der West­en schuf flugs Abhil­fe, in dem er einen „Grund­wortschatz zum Chat­ten“ veröf­fentlichte. Darin wird aus­füh­lich disku­tiert, was roflcopter bedeutet, und auch geheimnisvolle Neuwörter wie lol, nope und sry wer­den erläutert. Was gtfo heißt, mochte man den Leser/innen wohl nicht zumuten. Wir sind weniger zim­per­lich: Es bedeutet in etwa „Extra omnes, vel pedi­cabo ego vos et irrumabo“.

Aber es gibt Hoff­nung: Zwar ver­fällt der Sprachge­brauch der Jun­gend mit zunehmender Geschwindigkeit, aber dafür, berichtet die AFP, haben franzö­sis­che Forsch­er gezeigt, dass Paviane lesen kön­nen. Na gut, nicht „lesen“, eher „Kom­bi­na­tio­nen von Buch­staben von anderen Kom­bi­na­tio­nen von Buch­staben unter­schei­den“, was aber natür­lich weniger catchy klingt. Aber immer­hin bedeutet das, dass man in der Press­es­telle der Piraten­partei einen Pavian beschäfti­gen kön­nte, um den aus­ge­hen­den E‑Mail-Verkehr auf poten­ziell injuriöse Akro­nyme zu kon­trol­lieren. Er kön­nte sog­ar das belei­di­gende GTFO vom frölich-harm­losen TGIF und das anstößige WTF vom loben­den FTW unter­schei­den. Fäkalaus­drücke im mündlichen Sprachge­brauch kön­nte so ein Pavian lei­der nicht ver­hin­dern, dafür bräuchte man min­destens einen Ältesten­rat.

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich als Gast­beitrag hier, wo auch Kom­mentare dazu zu find­en sind.]

[Schplock trifft Lehre] Rheinfränkisch

Von Kristin Kopf

Ich jam­mere ja nun schon seit einiger Zeit darüber, dass ich kaum mehr Zeit fürs Sch­plock habe. Das liegt vor allem daran, dass ich so viel unter­richte. Schon let­ztes Semes­ter habe ich aber immer wieder über­legt, ob einzelne Sem­i­narthe­men nicht auch sch­plock­fähig wären, und dieses Som­merse­mes­ter will ich die Verblog­gung von Unter­richtsin­hal­ten nun ern­sthaft angehen.

Ver­such­sob­jekt wird mein Sem­i­nar zum Rhe­in­fränkischen. Das geht näch­ste Woche los, und dann will ich jede Woche einen kurzen Artikel über das Phänomen schreiben, das wir besprochen haben. Schlau wie ich bin, kündi­ge ich euch das jet­zt an, damit ich keinen Rückzieher mehr machen kann. Los geht es dann übernäch­ste Woche, denn das, was ich näch­ste Woche machen will, erledi­ge ich größ­ten­teils in diesem Post schon.

Das Sem­i­nar gebe ich nicht, weil ich unglaublich viel über den rhe­in­fränkischen Dialek­traum weiß, son­dern weil ich gerne unglaublich viel darüber wis­sen würde. Wird also auch für mich span­nend. Ich denke, ich habe jet­zt einen ganz guten Überblick für den Anfang. Was ich auch habe, ist eine viel zu lange Liste mit möglichen The­men, deshalb werde ich die Studieren­den darüber abstim­men lassen, was sie beson­ders inter­essiert. Heute will ich euch diese Liste ganz kurz vorstellen. Weit­ere Ideen sind natür­lich her­zlich willkommen!

Rhe­in­fränkisch; CC-BY-SA 3.0 Hans Erren (Wikipedia)

Zunächst ein­mal aber: Wo befind­en wir uns eigentlich? Das Rhe­in­fränkische ist ein Dialek­t­ge­bi­et des West­mit­teldeutschen, Mainz liegt drin, allerd­ings ist man sich son­st nicht ganz einig, was alles dazuge­hört. Die klas­sis­che Ein­teilung (Beispiele bei der Wikipedia, im dtv-Atlas Deutsche Sprache) set­zt einen bre­it­en Streifen von Saar­brück­en bis Kas­sel an, die Unterteilung von Wiesinger nimmt hinge­gen das Hes­sis­che (d.h. das dunkellila Gebi­et auf der Karte rechts) weit­ge­hend aus. Was wir uns im Sem­i­nar dann let­ztlich anschauen wer­den, hängt von den einzel­nen Phänome­nen ab.

Die Ein­teilung der west­mit­teldeutschen Dialek­te erfol­gt meis­tens anhand des Durch­führungs­grads der 2. Lautver­schiebung. Unter der Über­schrift Rheinis­ch­er Fäch­er find­et ihr hier etwas dazu. Im Rhe­in­fränkischen sagt man also, abwe­ichend von der hochdeutschen (und süd­deutschen) Lau­tung, Abl ‘Apfel’ und Pund ‘Pfund’, aber übere­in­stim­mend damit das, Dorf und machen (statt der nördlicheren Vari­anten dat, Dorp, mak­en). Das ist ein The­ma, das defin­i­tiv im Sem­i­nar drankom­men wird. Eben­falls schon sich­er ist die Koronal­isierung (ch wird zu sch), ein generell mit­teldeutsches Phänomen, das ich im Sch­plock mal am Beispiel von Kirsche ‘Kirche’ besprochen habe und sei­ther innig liebe. Hier gibt es auch ein paar Beispielka­rten aus dem Atlas der deutschen Alltagssprache.

Die weit­eren möglichen The­men liste ich euch jet­zt auf, immer mit einem Beispiel­satz, ein­er kurzen Erk­lärung und eventuell Links. Die Beispiel­sätze stam­men, sofern nicht anders angegeben, aus “Kud­del­mud­del ums Kup­perdibbe”, dem Mainz­erischen Aster­ixband: Weit­er­lesen

Sprachbrocken 14/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Unsere Sprache kön­nte ja so schön sein, wenn sie nur irgend­wie anders wäre. Nicht so englisch, nicht so preußisch, nicht so voller inner­er Prägungen.

In Sen­ften­berg irren Senioren sprach­lich völ­lig ori­en­tierungs­los durch die Straßen, berichtet die Lausitzer Rund­schau. Der Grund: Ein Wer­be­flächenan­bi­eter wirbt für seine Wer­be­flächen mit den deutsch-englis­chen Wort­spiel Miet Me!. Eigentlich sind die Rent­ner der Kreis­stadt ja weltof­fene Men­schen, aber diese „Englisch-Schwemme“ geht dann doch zu weit: „Ist es denn zu viel ver­langt, dass im Stadt­bild deutsche Begriffe ver­wen­det wer­den?“ fragt eine pen­sion­ierte Deutschlehrerin, deren Englis­chunter­richt zu lange her ist, um ihr bei Wörtern wie Sale und Open noch nüt­zlich zu sein. Wir rat­en ihr, das Mot­to ihrer Heimat­stadt zu beherzi­gen: investieren studieren flanieren.

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Aprilscherz aufgelöst

Von Anatol Stefanowitsch

Also, lösen wir den diesjähri­gen Aprilscherz auf — obwohl das gar nicht so ein­fach ist. Eins ist klar: ná’oolk­ilí ist zwar ein waschecht­es Nava­jo-Wort, es bedeutet aber nicht „Massenkaram­bo­lage“, son­dern „Uhr“.

Die Mehrzahl der Kommentator/innen hat also den Aprilscherz kor­rekt erkan­nt — woran, bleibt allerd­ings unklar, denn die Begrün­dun­gen sind alle­samt nicht nachvol­lziehbar. Ob Massenkaram­bo­la­gen im Gebi­et der Nava­jo häu­fig vorkom­men oder nicht, zum Beispiel, ist erstens irrel­e­vant für die Frage, ob die ein Wort dafür haben (wir haben ja auch ein Wort für das in jedem Fall sel­tenere Ereig­nis Venus­tran­sit); zweit­ens sollte man Massenkaram­bo­la­gen im Nava­jo-Reser­vat in Ari­zona nicht vor­eilig auss­chließen — wie ein Kom­men­ta­tor richtig beobachtet hat, führt mit der I‑40 eine wichtige Inter­state genau durch Nava­jo Coun­ty, auf der im Übri­gen des Öfteren Sand­stürme auftreten, die die Sicht sehr plöt­zlich und sehr stark behindern.

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Sprachbrocken 13/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Den Mis­sion­aren und Mis­sion­ar­in­nen der Wycliffe Bible Trans­la­tors kann man vieles vor­w­er­fen (unter anderem eben, dass sie Mis­sion­ar­in­nen und Mis­sion­are sind), aber einen Vor­wurf kann man ihnen nicht machen: Falsche Beschei­den­heit. Bis 2050 wollen sie die Bibel in alle Sprachen der Welt über­set­zt haben. Das ist keine kleine Auf­gabe, denn derzeit wer­den, nach allem, was wir wis­sen, noch etwa 7000 Sprachen gesprochen, von denen laut Wycliff nur für 1211 wenig­stens das Neue Tes­ta­ment vor­liegt. Wenn der Plan aufge­hen soll, müssten die Bibelübersezter ab jet­zt alle zweiein­halb Tage eine neue Über­set­zung vorlegen.

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