Die Rheinische Post hat gestern mit der Behauptung „Männer ähneln Affen mehr als Frauen“ die schlechteste Schlagzeile eines populärwissenschaftlichen Artikels geliefert, die mir in diesem Jahr untergekommen ist. Sie ist nicht nur falsch (was selbst biologisch nur schwach gebildeten Menschen intuitiv klar sein dürfte), sie beruht außerdem auf einem tief verwurzelten sexistischen Denkmuster.
Special Woman sucht vielfliegenden Kreditgeber. Oder: Wie die Lufthansa die Welt sieht.
Es gibt schlechte Werbung. Es gibt dumme Werbung. Und es gibt gefährliche Werbung.
Ein Beispiel, das alle drei Kriterien erfüllt, ist eine aktuelle Mailingkampagne der Lufthansa, auf die mich jemand über diesen Blogbeitrag aufmerkam gemacht hat.
Musikalische Männergefühle
Vor ein paar Tagen gab es einige Aufregung um eine Werbekampagne des Musikversands Thomann, genauer gesagt, um ein Motiv daraus, das sich akkurat mit dem Fachbegriff „sexistische Kackscheiße“ beschreiben lässt. Die Werbekampagne präsentiert eine Reihe von Motiven, bei denen jeweils zwei unterschiedliche Bilder so zusammengefügt werden, dass das untere Bild eine Fortsetzung des oberen darstellt. Das obere Bild stellt dabei jeweils eine/n Musiker/in beim Musizieren (hauptsächlich Musiker, darauf komme ich dann auch gleich) dar, und ist mit dem Claim „PLAY IT.“ versehen. Das untere Bild zeigt ganz unterschiedliche Szenen, die das Gefühl hinter der Musik ausdrücken soll und die mit dem Claim „FEEL IT.“ versehen ist. Wer sich ein besseres Bild machen will, findet die Motive hier (dass mindestens eins davon sexistisch ist, habe ich erwähnt).
Das Motiv, das Stein des Anstoßes war, zeigt in der oberen Hälfte einen Pianisten, der auf einer Klaviertastatur spielt. Sein Körper wird auf der unteren Bildhälfte durch den eines Mannes mit heruntergezogenen Hosen fortgeführt, der in seinem Auto sitzt. Auf seinem Schoß sitzt eine weitgehend nackte Frau, von der man nur den Unterkörper sieht, der die Tastatur der oberen Bildhälfte fortführt. Der Blogger „Sofakissen“, der die Kampagne erst auf Twitter ausführlich kritisiert und dann auch in seinem Blog aufgegriffen hat, sieht darin (absolut korrekt) eine sexuelle Objektifizierung der (zur Hälfte) dargestellten Frau:
Sprachbrocken 23/2012
Die Lübecker Nachrichten waren diese Woche ein solcher Quell sprachlicher Freuden, dass ich für die Sprachbrocken woanders gar nicht mehr suchen musste. Da schreibt ein Peter Intelmann zum Beispiel begeistert, aber anlass- und auch etwas ziellos über die polnische Sprache. Und die verwirrt ihn sehr, denn sie benutzt zwar das lateinische Alphabet, „aber es sind eben lateinische Buchstaben mit polnischem Migrationshintergrund“: Weiterlesen
Glückssucht und die Einsamkeit des Joachim Gauck
Jedes Wort, das man an den Prediger der Eitelkeit verschenkt, der zu Zeit den Bundespräsidenten gibt, ist ja eines zu viel. Aber ganz unkommentiert möchte ich seine Kritik der Glückssucht doch nicht lassen.
Sind Piratinnen Piraten?
In einem Text, in dem ständig über eine oder mehrere gemischtgeschlechtliche Personengruppen geredet wird, muss man eine Lösung dafür finden, wie diese zu bezeichnen sind. Vor diesem Problem steht im Moment die Piratenpartei mit ihrer Satzung, in der durchgängig von Piraten die Rede ist, obwohl natürlich auch Piratinnen gemeint sind. Eine Reihe von Liquid-Feedback-Inititativen befasst sich aktuell mit der Frage, wie dieses Problem zu lösen ist, und Miriam Seyffarth hat mich über Twitter gefragt, wie ich diese Inititativen bewerte und ob ich bessere Vorschläge habe.
Natürlich nutze ich die Gelegenheit gerne, dieses allgemeine Problem anhand der Satzung der Piratenpartei und der erwähnten Inititativen zu diskutieren.
Wales in Worten
Ich war letztens kurzentschlossen eine Woche in Wales. Ein paar linguistische Eindrücke sind erwähnenswert — ein kleiner Feldforschungsbericht.
[Spieltipp] Hör mal, wo der spricht
Eben bin ich über ein kleines Spiel gestolpert, das ich schon einmal kannte, aber irgendwie wieder vergessen habe. Weiß der Teufel warum, es ist nämlich sehr cool! Bei Hör mal, wo der spricht (IdS) kann man sich standarddeutsche Sprachaufnahmen (die meisten von OberstufenschülerInnen) anhören und dann versuchen, sie ausgewählten Orten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuzuordnen. Das ist teilweise ganz schön knifflig, vor allem, wenn man sich in einem Gebiet kaum auskennt – ich hatte zum Beispiel keine Ahnung, ob ich jemanden, der norddeutsch klang, nach Oldenburg oder lieber nach Leer stecken sollte.
Achtung: Man muss ein bißchen Zeit mitbringen, in jeder der sieben Runden erhöht sich die Zahl der Beispiele. Wenn man zu viel Zeit hat, kann man gleich noch einmal spielen, mit anderen Beispielen.
Mein Ergebnis: 107/119. Und ihr so?
Sprachbrocken 21.2/2012
Die Bibel ist nicht nur eins der am meisten verkauften und am wenigsten gelesenen, sondern auch eins der am häufigsten übersetzten Bücher. In über 400 Sprachen ist sie übertragen worden, und seit kurzem, so meldet die Süddeutsche Zeitung, zählt zu diesen Sprachen auch die Sprache der kanadischen Inuit. Einfach war es wohl nicht, diese Übersetzung anzufertigen, denn das Inuktitut hat keine Wörter für zentrale biblische Konzepte wie den „Esel“ auf dem Jesus reitet, die „Schäfchen“ (wie die Follower des „guten Hirten“ ja gerne bezeichnet werden), das „Kamel“ oder die „Palme“. Man könnte sich nun fragen, was diese Konzepte eigentlich zur Botschaft des guten Buches beitragen und ob es nicht arktische Äquivalente gibt, die den Zweck ebensogut erfüllen. Aber stattdessen entschied man sich für Paraphrasen: Der Esel wurde zum „Tier, das lange Ohren hat“, der gute Hirte (angeblich) zum „Babysitter für Schlittenhunde“ und das Schaf zum „Tier mit gekräuseltem Haar“. Das Kamel und die Palme blieben unübersetzt, wobei unklar bleibt, was gegen das „Tier mit den zwei Fettklopsen auf dem Rücken“ oder den „Baum, der wie ein umgedrehter Wischmop aussieht“ sprach.
Sprachbrocken 21.1/2012
Manchmal quäle ich mich ja etwas, um für diese Kolumne interessante oder kuriose Meldungen über Sprache und Sprachen zusammenzuklauben, aber diese Woche war die Ausbeute so reichhaltig, dass sie für zwei Mal Sprachbrocken reicht. Und da ich zur Zeit sonst nicht viel schreibe, bekommen die geschätzen Leser/innen des Sprachlogs deshalb heute und morgen eine Portion. Der erste Gang steht dabei ganz im Zeichen unserer Freunde vom Verein Deutsche Sprache, die ihr fehlendes Wissen über Sprache ja stets sehr lobenswert durch linguistische Ignoranz wettmachen.