Lebendige bedrohte Wörter

Von Susanne Flach

Gestern war mal wieder “Tag der deutschen Sprache”. So genau war mir nie richtig klar, was die Ini­tia­toren damit wirk­lich bezweck­en wollen. Naja, nutzen Sie halt mal die deutsche Sprache! Brüllen Sie schnell zehn Mal “deutsch” in Großbuch­staben! Stop­pen Sie den sint­flu­tar­ti­gen Sprach­wan­del mit bloßen Hän­den und passen Sie auf, dass Ihnen kein Anglizis­mus durch die Fin­ger glitscht! Und ver­mei­den Sie bloß sone neu­modis­chen Indefinitdemonstrativartikel!

Die Badis­che Zeitung, die zu diesem Anlass bere­its im let­zten Jahr mit einem “Floskel-Alpha­bet” was Volon­tieren­des beschäftigt hat, macht dieses Jahr mit einem ABC der “Bedro­ht­en Wörter” auf. These Ergeb­nis: “Immer mehr Begriffe, die wir lieben, ger­at­en in Vergessen­heit.” Dieser Spruch set­zt sich zwar sofort dem Ver­dacht eines Oxy­morons aus, weil ein Wort ja per Def­i­n­i­tion nur dann ausster­ben kann, wenn es nicht mehr genutzt wird. Dieser Ein­wand wäre jet­zt aber nur unnötig verkürzend: mir kann ja ein Wort gefall­en und ich kann es nutzen — aber wenn es son­st kein­er tut, werde ich mein Lieblingswort mit ins Grab nehmen. Umgekehrt gilt natür­lich, dass nicht jedes Wort, was ich als sel­ten anse­he oder empfinde, auch sel­ten ist.

In der Hoff­nung, dass alle mit der fol­gen­den Def­i­n­i­tion leben kön­nen, verknüpfen wir an ‘bedro­ht’ die Erfül­lung fol­gen­der Bedingungen*:

  1. Es ist in der Ver­gange­heit über­haupt genutzt worden.
  2. Es ist in der Ver­gan­gen­heit (dauer­haft) deut­lich häu­figer genutzt wor­den, als heute.

AutorIn “bwa” von der Badis­chen Zeitung set­zt fol­gende Begriffe auf die Liste der bedro­ht­en Wörter:

aber­mals, blümer­ant, Chose, dort**, ete­petete, frohlock­en, garstig, hanebüchen, Ingrimm, Jubelpers­er, knorke, Lab­sal, Meschugge, Nuck­elpinne, Ohren­schmaus, poussieren, Quas­sel­strippe, Ratze­fum­mel, Som­mer­frische, Schurigeln, töricht, unhold, Vet­ter, Wen­de­hals, Xan­thippe, Yup­pie, Zierrat

Auf welch­er sub­jek­tiv­en Grund­lage die Liste erstellt wurde, bleibt das Geheim­nis von “bwa”. Sie basiert aber sich­er nicht auf wirk­lichem Sprachge­brauch. Dabei wär das sog­ar recht ein­fach gewe­sen: Der fol­gen­den Ein­grup­pierung liegt eine kurze Suche über GoogleN­grams zugrunde (kon­ser­v­a­tiv bew­ertet, Zeitraum 1800–2000, smoothing=3):

Die absoluten Stars der Liste, da ihre Fre­quenz zumin­d­est bis 2000 kon­tinuier­lich ansteigt — mal mehr, mal weniger -, sind blümer­ant, Chose, ete­petete, hanebüchen, Jubelpers­er, knorke, Meschugge, Quas­sel­strippe und Yup­pie. Bei eini­gen dieser Wörter ist gegen Ende eventuell ein klein­er Abfall rein­in­ter­pretier­bar — aber es dürfte a) fraglich sein, ob dies ein ein­deutiger Trend ist und b) trotz der Tat­sache, dass Google­Books bei 2000 aufhört, eher unwahrschein­lich sein, dass sie deshalb als ‘bedro­ht’ emp­fun­den wer­den müssen.

Damit kein­er ohne bunte Bild­chen nach Hause gehen muss, eine kleine Auswahl aus der Kat­e­gorie “hat Kar­riere vor sich”:

Größ­ten­teils unverän­dert (lies: sta­bil) bzw. unter Umstän­den sehr stark schwank­end, aber keineswegs im Unter­gang begrif­f­en sind garstig, Ohren­schmaus, Som­mer­frische, schurigeln, Unhold, Vet­ter, Wen­de­hals (den steilen Anstieg ab den 80ern ignoriere ich geflissentlich) und Xan­thippe. Keine Aus­sagen erlaubt NGram zu Nuck­elpinne und Ratze­fum­mel. Und zumin­d­est bei Nuck­elpinne ist in mein­er sub­jek­tiv­en Ein­schätzung wed­er (1) noch (2) erfüllt — es gren­zt irgend­wie schon fast an einen Okkasionalismus.

Ratze­fum­mel klingt für mich nach Kinder­sprache. Eine nicht-repräsen­ta­tive Umfrage unter meinem einzi­gen Face­book-Kon­takt, der in der 10. Klasse derzeit noch die Schul­bank drückt, hat das bestätigt: ‘Nein, in der Grund­schule [vielle­icht,] aber jet­zt nicht mehr’ — immer­hin kan­nte er es. Um die Über­leben­schan­cen von Ratze­fum­mel muss man sich aber keine Sor­gen machen: die hand­voll Belege aus dem Wortschatz­por­tal der Uni Leipzig beze­ich­nen mit Ratze­fum­mel sin­niger­weise eine Art Papstgewand.

[ke hat meine Quelle kon­trol­liert und mich darauf aufmerk­sam gemacht, dass mit Ratze­fum­mel in diesen Bele­gen immer noch ein Radier­gum­mi gemeint ist, dies­mal mit dem Kon­ter­fei des Pap­stes. Jet­zt weiß ich gar nicht, ob ich mich für ne Schlu­drigkeit entschuldigen muss oder mich für die Erfind­ung der Bedeu­tungser­weiterung ‘Pap­st­ge­wand’ loben darf.]

Kri­te­rien (1) und (2) erfüllen lediglich aber­mals, frohlock­en, Ingrimm, Lab­sal, poussieren und töricht. Aber bevor wir bekla­gen, dass zum Beispiel aber­mals vom Ausster­ben bedro­ht ist: das Wort ist ein­fach noch viel zu häu­fig, um von nie­man­dem mehr ver­wen­det oder gar ver­standen zu werden.

Natür­lich sind die vorgeschla­ge­nen Wörter alle sehr unter­schiedlich fre­quent und damit schon poten­tiell unter­schiedlich ‘bedro­ht’. Und natür­lich bewe­gen wir uns bere­its weit unterm Promille­bere­ich, wo niedrigfre­quente Lex­eme auch mal schnell weg vom Fen­ster sind (wom­it aber die Wahrschein­lichkeit steigt, dass wir sie gar nicht ver­mis­sen wer­den). Im Großen und Ganzen: ganz so düster ist es halt nicht mit diesen Kan­di­dat­en — im Gegen­teil: der über­wiegende Anteil dieser Liste bedro­hter Wörter erfreut sich inner­halb seines Fre­quenzbere­ichs bester Gesundheit.

Und falls doch nicht: Ohne Ingrimm lässt es sich leichter leben.

 

PS: Die BILD-Zeitung lis­tet “die zehn läng­sten deutschen Wörter” (Link kön­nen Sie derzeit ver­mut­lich noch googeln):

  1. Grund­stücksverkehrs­genehmi­gungszuständigkeit­süber­tra­gungsverord­nung
  2. Rind­fleis­chetiket­tierungsüberwachungsauf­gabenüber­tra­gungs­ge­setz
  3. Verkehrsin­fra­struk­tur­fi­nanzierungs­ge­sellschaft
  4. Gle­ichgewichts­dichte­gra­di­en­ten­zen­trifu­ga­tion
  5. Elek­triz­itätswirtschaft­sor­gan­i­sa­tion­s­ge­setz
  6. Verkehr­swege­pla­nungs­beschle­u­ni­gungs­ge­setz
  7. Hochleis­tungs­flüs­sigkeitschro­matogra­phie
  8. Restrik­tions­frag­mentlän­gen­poly­mor­phis­mus
  9. Telekom­mu­nika­tion­süberwachungsverord­nung
  10. Unternehmenss­teuer­for­ten­twick­lungs­ge­setz

Diese sollen “in min­destens vier Tex­ten belegt” sein. Ja, die meis­ten ver­mut­lich hier, hier, hier und hier.

*Danke an Dierk Haa­sis für die Lösung eines logis­chen Fehlers in der Bedinungsbedingung.

**Was das hochfre­quente dort dort (oder hier?) zu suchen hat, entzieht sich meinem Inter­pre­ta­tion­shor­i­zont. Begrün­det wird es der­weil mit ein­er Art Deixis-Problem:

Vor­sicht auf der A5 zwis­chen Freiburg-Süd und Freiburg-Mitte. Hier kommt Ihnen einen Falschfahrer ent­ge­gen”. “Hier?” Sätze wie diesen sagt der Mann im Radio fast jeden Tag. Richtig sind sie den­noch nicht. Die Sache mit dem Falschfahrer mag stim­men, die Sache mit dem “Hier” aber nicht. Dass auch dur­chaus beg­nadete Reporta­gen­schreiber das Wörtchen “hier” zunehmend falsch ein­set­zen, macht es nicht bess­er. “Hier” ist stets da, wo sich Hör­er oder Leser ger­ade aufhal­ten. Am Früh­stück­stisch, im Bett oder son­st wo. Aber nicht zwin­gend auf der A5 zwis­chen Freiburg-Mitte und Freiburg-Süd.

Ja, aber die HörerIn­nen, die vom Geis­ter­fahrer poten­tiell betrof­fen sind, gehören eben auch zu den HörerIn­nen. So ein­fach ist das. Und möglicher­weise gibt es einen psy­chol­o­gis­chen Vorteil, so eine Art Sig­nal­wirkung, dass hier gegenüber einem dort bess­er vor der Gefahr warnt, weil man mit hier seine unmit­tel­bare Umge­bung assozi­iert. Wer weiß.

Sprachbrocken 36/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Lit­er­at­en kom­men im Sprachlog sel­ten zu Wort, aber warum eigentlich? Schließlich stolpere ich bei mein­er Suche nach Sprach­brock­en ständig über Hin­weise auf deren sprach­lichen Genius, da müsste doch etwas zu holen sein. Diese Woche zum Beispiel lese ich auf nachrichten.at über den por­tugiesis­chen Schrift­steller Anto­nio Lobo Antunes, dass er mit „sein­er unkon­ven­tionellen, energievollen und dicht­en Sprache, seinen an Atmo­sphäre und Meta­phern reichen Tex­ten … Fans weltweit“ begeis­tere. Und diese Meta­phern klin­gen dann zum Beispiel so: „Ich mag es, die Buch­staben zu malen. Aufs Glas (des PC-Schirms) zu sehen, ist wie Liebe­machen mit Kon­dom. Ich schreibe ohne Kon­dom.“ Ein har­ter Kerl ist er also, der nicht lange fack­elt und seinen Kugelschreiber hin­steckt, wo er will. Und ich will nicht, das wir uns hier im Sprachlog mit textuell über­trag­baren Krankheit­en ansteck­en. Und deshalb kom­men Lit­er­at­en im Sprachlog sel­ten zu Wort.

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Sprachbrocken 35/2012 („Minus-DE“-Ausgabe)

Von Anatol Stefanowitsch

Die Sprach­brock­en #35, die ich heute mor­gen veröf­fentlicht habe, sind in ihrem Voraus­blick auf ein Inter­net ohne Links und ohne Zitate ja etwas trüb­sin­nig gewor­den. Aber so würde eine bun­des­deutsche Aus­gabe eben in Zukun­ft ausse­hen, beschw­eren Sie sich nicht bei mir, son­dern beim Springer-Ver­lag (der ja im Übri­gen schon immer eine reak­tionäre, demokratiefeindliche Pro­pa­gan­dam­as­chine war, also guckt halt nicht so über­rascht). Da die Sprach­brock­en in dieser Form auf Dauer keinen Spaß machen wer­den, präsen­tiere ich hier ein zweites möglich­es Zukunftsszenario.

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Sprachbrocken 35/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Mehrere deutsche Zeitun­gen berichteten in den let­zten Tagen übere­in­stim­mend, dass der Vere­in Deutsche Sprache den Vor­standsvor­sitzen­den der Kaufhaus­kette Karstadt, Andrew Jen­nings zum „Sprach­pan­sch­er des Jahres“ ernan­nt hat. Die Zeitun­gen stützen sich dabei auf den Bericht ein­er Presseagen­tur mit Sitz in Berlin. Wenn man den Bericht­en trauen kann, wirft man dem aus Großbri­tan­nien stam­menden Man­ag­er (verzei­hung, dem aus Großbri­tan­nien stam­menden Schaffer/Macher [ist das richtig so, Herr Krämer?]) vor, in der Außen­darstel­lung seines Unternehmens mit großer Kon­se­quenz englis­che Wörter und Phrasen zu ver­wen­den, wo nahezu poet­isch anmu­tende deutsche Alter­na­tiv­en zur Ver­fü­gung stün­den — so ver­wende Karstadt etwa den Begriff Mid­sea­son-Sale, statt des deutschen Zwis­chen­sai­son-Ausverkauf (bei dem man sich freilich das Wort Sai­son weg­denken sollte, wenn man denn wirk­lich etwas gegen Sprachver­mis­chung hat).

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Sprachbrocken 34/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Wie Eltern ihre Kinder nen­nen dür­fen, ist in Deutsch­land weit­ge­hend den Standesbeamt/innen über­lassen, mit denen sie es bei der Ausstel­lung der Geburt­surkunde zufäl­lig zu tun bekom­men. Aber es hilf sich­er, wenn ein Name im Vor­na­mens-Lexikon des Duden­ver­lags ste­ht. Und da sich seit Jahrzehn­ten ein Trend zu möglichst indi­vidu­ellen Vor­na­men beobacht­en lässt, ist es eine gute Nachricht, dass in die aktuelle Auflage 200 Namen neu aufgenom­men wur­den — darunter Barack (aus dem Kisua­he­li), Char­lène (eine franzö­sisierte Ver­sion des englis­chen Charleen), Mert (alt­türkisch für „freige­big, tapfer, aufrichtig“ und der schöne alt­deutsche Name Eil­rich — für „tra­di­tionelle, aber exper­i­men­tier­freudi­ge Eltern“, wie es in der dpa-Mel­dung fre­undlich for­muliert heißt.

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Legitimes Befremden

Von Anatol Stefanowitsch

Todd Akin, Kan­di­dat für den US-Sen­at, hat mit seinen Aus­sagen zu Abtrei­bung und Verge­wal­ti­gung nicht nur die Welt schock­iert, son­dern auch für sprach­liche Ver­wirrung gesorgt. Die sprach­liche Ver­wirrung kann ich aufk­lären, und damit vielle­icht sog­ar zeigen, dass Akins schock­ieren­den Aus­sagen ein schock­ieren­des Welt­bild unterliegt.

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Ambiguitätenolympiade

Von Susanne Flach

Der Beitrag hätte natür­lich vor dem Olympia-Overkill vor drei Wochen erscheinen sollen oder zumin­d­est in den 16 Tagen danach, aber man will son Fest ja guck­en und nicht drüber schreiben. Also: Was bedeutet Olympiade und was ist ange­blich so falsch daran, es zu nutzen, wenn man das Sport­fest selb­st meint?

Foren sind ja voll davon. Und meist endet die Diskus­sion damit: “Das heißt Olymp­is­che Spiele. Olympiade ist nur die Zeit zwis­chen den Spielen.”

Heute haue ich nicht in die “wenn es aber von ein­er aus­re­ichend großen Zahl von Sprechern…”-Kerbe. Und Kor­po­ra habe ich für diesen Beitrag auch nicht gewälzt. Was bleibt ist die sub­jek­tive Ein­schätzung, dass eine nicht geringe Menge an Repor­terIn­nen, Trainer­In­nen und Sport­lerIn­nen selb­st Olympiade benutzten, um auf das aktuelle Ereig­nis zu referenzieren.

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Sprachbrocken 33/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Die eigene Sprache ist uns ver­traut, fremde Sprachen sind uns fremd — mit dieser Ein­sicht begin­nt ein Artikel auf WELT ONLINE. Triv­ial, aber doch wenig­stens wahr. Aber eine Sprache gebe es, über­rascht uns die Autorin dann, die sei ganz anders: Wer das Glück habe, sie zu hören, erlebe gle­ichzeit­ig Heimat und Ferne. Es geht um das Friesis­che. Nach einem (gar nicht mal so schlechen) Kurzaus­flug in die Geschichte und geo­graphis­che Verteilung dieser Sprache erfahren wir dann, warum die Sprache so ganz anders sein soll als alle anderen Sprachen: Weil wir (also, wir Deutschen) zwar „nicht unbe­d­ingt jedes Wort ver­ste­hen“ (für mich die Untertrei­bung der Woche) aber doch etwas „Ver­trautes“ her­aushören. Katze z.B. heiße kaat und Schiff skeb. Wom­it klar wäre, dass es mit der Einzi­gar­tigkeit des Friesis­chen nicht weit her ist, denn vage Wortähn­lichkeit­en kön­nen wir (also, wir Deutschen) in allen ger­man­is­chen Sprachen, vom Nord­kap bis in die Alpen und vom Harz bis an die West­küste der Vere­inigten Staat­en find­en. Aber der Artikel stellt sich dann ohne­hin als ein befremdlich umweghafter Geburt­stags­gruß an die aus Fries­land stam­mende Ver­lag­seigner­in Friede Springer her­aus, als ver­traulich­es Fish­ing for Com­pli­ments bei der Chefin, also.

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Ringen um Verständnis

Von Anatol Stefanowitsch

Wer im Inter­net über alltäglichen Sex­is­mus, Ras­sis­mus, Homo­pho­bie und andere Arten der Diskri­m­inierung schreibt — zum Beispiel über die sex­is­tis­che Wer­bung eines Musikver­sand­haus­es oder ein­er Fluglin­ie, über spär­lich gek­lei­dete Elfen mit Bar­bie-Kör­pern in Über­raschung­seiern für Mäd­chen, über ras­sis­tis­che Stereo­type im beliebtesten Kinder­buch der Welt, über Frauen stereo­typ­isierende Wer­bung in ein­er fem­i­nis­tis­chen Zeitrschift, über Radiosendun­gen über Sex­is­mus, zu denen nur Män­ner ein­ge­laden wer­den, usw. –, braucht auf zwei Dinge nicht lange zu warten: Men­schen, die fest­stellen, dass das Beschriebene völ­lig irrel­e­vant ist und ganz und gar nichts mit „echter“ Diskrim­inerung zu tun hat und Men­schen, die sich empört gegen den ver­meintlichen Ver­such wehren, ihnen Ver­hal­tensvorschriften zu machen, wo sie doch ganz genau wis­sen, dass ihr Ver­hal­ten keines­falls diskri­m­inierend sein kann (falls es Diskri­m­inierung in unser­er mod­er­nen Gesellschaft über­haupt noch gibt).

Da wed­er die Fest­stel­lung noch die Empörung nor­maler­weise mit Argu­menten unter­füt­tert wird und da Erk­lärungs- und Diskus­sionsver­suchen meist mit ein­er stumpfen Wieder­hol­ung der Fest­stel­lun­gen und der Empörung begeg­net wird, steigt mit jedem Mal die Ver­lock­ung, diese Men­schen als unverbesser­liche Dummköpfe oder bösar­tige Trolle abzuschreiben, ihre Kom­mentare zu löschen oder gar nicht erst freizuschal­ten und sich auch son­st nicht mehr auf Gespräche mit ihnen einzulassen.

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Sprachbrocken 32/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Sprach­liche Min­der­heit­en stoßen bei der Mehrheit sel­ten auf offene Ohren, wenn sie einen offiziellen Sta­tus für ihre Sprache ein­fordern. „Wer hier leben will, soll gefäl­ligst unsere Sprache sprechen“ gilt wei­thin als legi­t­i­aume Forderung (außer bei deutschen Auswan­der­ern, die stattdessen nach dem Prinzip „Wo ich leben will, sollen die gefäl­ligst meine Sprache sprechen“ handeln).

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