Blogspektrogramm 48/2012

Von Sprachlog

Das Blogspek­tro­gramm als Blogkarneval deutschsprachiger Sprach­blogs war über ein Jahr lang eine feste Insti­tu­tion. Mit dem Zusam­men­schluss zum neuen Sprachlog set­zen wir nun auf ein neues For­mat: Bis auf weit­eres wer­den wir das Blogspek­tro­gramm in Form von wöchentlichen Link­tipps hier im Sprachlog weiterführen.

Und hier sind unsere Empfehlun­gen der Woche:

  • Auf PLAZEBOALARM unter­sucht der Medi­z­in­jour­nal­ist Mar­cus Anhäuser die Ver­drän­gung der Abkürzung DNS (für Des­oxyri­bonuk­lein­säure) durch die englis­che Abkürzung DNA (deoxyri­bonu­cle­ic acid) mit beein­druck­en­dem sprach­wis­senschaftlichem Forschungsgeist.
  • Detlef Gürtler muss sich auf WORTISTIK immer häu­figer mit parteina­hen Wortschöp­fun­gen auseinan­der­set­zen – diese Woche sucht er nach dem Erst­be­leg für das piratis­che ser­iös­lich.
  • Auch das SPRAACHENBLOG hat sich mit dem Jugend­wort des Jahres (yolo) beschäftigt und liefert gle­ich noch span­nende Infor­ma­tio­nen zur Geschichte und Prob­lematik von Jugendsprachwörterbüchern.
  • DR. BOPP wird gefragt, ob man öfters sagen und schreiben darf – natür­lich!, sagt er, und erk­lärt, warum.
  • Wer noch Fra­gen zu den gelöscht­en Lehn­wörtern im Oxford Eng­lish Dic­tio­nary (die dieswöchi­gen Sprach­brock­en berichteten) hat, find­et im NEW YORKER alle Antworten (Englisch).
  • Tee­nie Mat­lock analysiert in diesem Artikel (Englisch) für den AMERICAN SCIENTIST Sprachver­wen­dung und ihre Auswirkun­gen im Wahlkampf – sie beschreibt, wie die Wahl bes­timmter gram­ma­tis­ch­er Mit­tel auss­chlaggebend für die Bew­er­tung von Kan­di­dat­en sein kann und welche Rolle Bewe­gungsmeta­phern spie­len. (Via Lan­guage Log.)

Hin­weise für das näch­ste Blogspek­tro­gramm nehmen wir gerne bis zum 8.12. unter kontakt@sprachlog.de ent­ge­gen. Wegen des Leis­tungss­chutzrechts ver­linken wir derzeit in den Sprach­brock­en und im Blogspek­tro­gramm nicht auf Presseerzeug­nisse aus Deutschland.

Flüchtlinge und Geflüchtete

Von Anatol Stefanowitsch

Vorschläge für sen­si­ble Sprachregelun­gen tre­f­fen sel­ten auf Gegen­liebe. Im Gegen­teil: Sie ziehen Vor­würfe von „Zen­sur“, „Denkver­boten“ und natür­lich „poli­tis­ch­er Kor­rek­theit“ an, wie das Licht die Mot­ten. ((Mit „poli­tis­ch­er Kor­rek­theit“ meinen diejeni­gen, die sie anderen vor­w­er­fen, natür­lich nichts Gutes und die Meta­pher vom Licht (der Ver­nun­ft) und den Mot­ten (aus der ~kiste der Geschichte) gefällt mir immer bess­er, je öfter ich sie lese.))

So auch bei dem Vorschlag, Flüchtlinge lieber als Geflüchtete zu beze­ich­nen. Dieser Vorschlag ist nicht völ­lig neu, aber er erre­icht immer wieder mal eine bre­it­ere Öffentlichkeit, z.B. während des No-Bor­der-Camps in Köln im Juni oder während der aktuellen als Refugee Camp beze­ich­neten Demon­stra­tio­nen.

Warum diese (oder irgen­deine andere) Sprachregelung sin­nvoll sein kön­nte, fra­gen die Geg­n­er poli­tis­ch­er Kor­rek­theit nie: für sie ist klar, dass jede Sprachregelung erstens über­flüs­sig und zweit­ens ein schw­er­er Fall von Sprachver­hun­zung ist. Über­flüs­sig, weil das Wort, um das es jew­eils geht, doch völ­lig unprob­lema­tisch sei, und Sprachver­hun­zung, weil für sie jede unge­wohnte For­mulierung eine ästhetis­che Gefahr darstellt. Sehen wir uns deshalb diese zwei Aspek­te anhand des Begriff­s­paars Flüchtlinge/Geflüchtete näher an, denn es lassen sich daran die Über­legun­gen verdeut­lichen, die bei Vorschlä­gen für Sprachregelun­gen immer eine Rolle spie­len. [Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beispiele ras­sis­tis­ch­er Sprache]. Weit­er­lesen

Sprachbrocken 48/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Wo Deutsche, Schweiz­erin­nen und Östere­icherin­nen ((Der Ein­fach­heit hal­ber wer­den in diesem Text die fem­i­ni­nen For­men ver­wen­det; Män­ner sind selb­stver­ständlich mit­ge­meint.)) Fäkalaus­drücke ver­wen­den, um ihren Unmut zu Äußern, ver­wen­den unsere Nach­barin­nen in Europa bevorzugt Wörter aus dem Bedeu­tungs­feld „Geschlechtsverkehr“. Zumin­d­est behauptet das der Freiburg­er Sprach­wis­senschaftler Hans-Mar­tin Gauger, dessen Buch „Das Feuchte & Das Schmutzige“ der Schweiz­er TAGESANZEIGER bespricht. Weit­er­lesen

Themen und Köpfe 1

Von Anatol Stefanowitsch

Zusam­men mit Enno Park und Gästen disku­tiere ich ein­mal im Monat unter dem Titel The­men und Köpfe Fra­gen rund um Poli­tik, Gesellschaft und natür­lich auch Sprache. Aus­gabe 1 find­et sich auf unser­er brand­neuen Seite. Wir sprechen mit dem Philosophen und Volk­swirt Thomas Wied über die Eurokrise (also, er spricht, wir stellen unqual­i­fizierte Zwis­chen­fra­gen). Sprach­lich ist dies­mal nicht viel dabei, außer ein­lei­t­en­den Kom­mentaren zum gener­ischen Fem­i­ninum, das wir auch ver­sucht haben, in unserem Gespräch durchge­hend zu ver­wen­den. Auf der Seite find­et sich auch die Null­num­mer des Pod­casts, in der wir auch über ver­schieden­ste sprach­liche Fra­gen sprechen.

Das gener­ische Fem­i­ninum war natür­lich der „Woche des gener­ischen Fem­i­ninums“ geschuldet, über das Sie hier alles nach­le­sen kön­nen. Ich erlaube mir, beson­ders auf ein kurzes Video hinzuweisen, das ich anlässlich dieser Aktion pro­duziert habe und in dem ich das gener­ische Maskulinum erkläre.

Remember, remember, the … 11th of September?

Von Kristin Kopf

Ran­dall Munroe von xkcd hat gestern einen großar­ti­gen Cal­en­dar of mean­ing­ful dates, also einen Kalen­der bedeu­ten­der Dat­en gepostet:
Hin­ter seinen Web­comics steck­en ja oft kleine wis­senschaftliche Pro­jek­te und Spiel­ereien – in diesem Fall mit Sprache.

Für diesen Com­ic hat Munroe im englis­chsprachi­gen Kor­pus von Google ngrams (mehr dazu hier, hier und hier), also ein­er großen Samm­lung dig­i­tal­isiert­er Büch­er, säm­liche Tage eines Jahres abge­fragt und deren rel­a­tive Häu­figkeit für den Zeitraum seit 2000 dargestellt. Man sieht unter anderem sehr schön, dass über den Monat­ser­sten beson­ders häu­fig geschrieben wird und dass der 29. Feb­ru­ar nicht nur in der Real­ität sehr sel­ten vorkommt. Bei­des wenig verwunderlich.

In der Beispiel­suchan­frage wird Octo­ber 17th als For­mat angegeben. Inter­es­sant wäre zu erfahren, ob auch die britis­che Datum­snen­nung, 17th of Octo­ber, abge­fragt wurde, sie hat eben­falls viele Tre­f­fer (auch im Sub­ko­r­pus des amerikanis­chen Englisch).

September 11th

Im Fall des 11. Sep­tem­bers aber, der mit Abstand das häu­fig­ste Datum ist, geht die Nutzung der bei­den Benen­nungsmöglichkeit­en weit ausein­der. Während 11th of Sep­tem­ber mit 17th of Octo­ber/Octo­ber 17th in ein­er Liga spielt, stellt die amerikanis­che Vari­ante Sep­tem­ber 11th alles in den Schatten:

September 11th in Google ngrams

(Klick­en für Originalsuche.)

In diesem Fall ist Sep­tem­ber 11th näm­lich kein ein­fach­es Datum mehr, son­dern ein Eigen­name für ein his­torisches Ereig­nis – Prax­onym nen­nt man das. Und Namen vari­ieren nun mal nicht son­der­lich. (Sep­tem­ber 11th hat aber noch einen zweit­en Namen, 9/11.)

Im xkcd-Kalen­der steckt noch ein weit­eres beson­ders Datum, nämlich

The 4th of July,

auch als US-amerikanis­ch­er Nation­alfeiertag bekan­nt. Hier sind inter­es­san­ter­weise bei­de For­men fast gle­ich fre­quent, zumin­d­est, wenn man sich die heutige Zeit anschaut. Das erscheint erst ein­mal selt­sam, ist die Vari­ante mit der vor­angestell­ten Zahl doch neben Inde­pen­dence Day die reg­uläre Beze­ich­nung des Tages.

Erweit­ert man sowohl den Zeitraum als auch die unter­sucht­en Vari­anten, wird klar­er, woran das wahrschein­lich liegt: Die Zahl wird heute dann, wenn der Nation­alfeiertag gemeint ist, in der Regel aus­geschrieben, also Fourth of July. Die Ver­lauf­skur­ven seit 1776 (dem Jahr der Unab­hängigkeit­serk­lärung) sehen so aus:

Amerik. Nationalfeiertag bei Google ngrams

(Klick­en für Originalsuche.)

Hier ist schön zu sehen, dass das nor­male Datums­for­mat (July 4th) nie beson­ders fre­quent war, wahrschein­lich, weil es in der Regel nicht dazu benutzt wurde, auf den Feiertag zu referieren. Die britis­che Ver­sion ist hinge­gen die ganze Zeit sehr fre­quent, wobei zunächst die Schreib­weise mit der Zahl dominiert (4th of July), gegen Ende der 1870er übern­immt dann aber die aus­geschrieben Form (Fourth of July). Die Beze­ich­nung Inde­pen­dence Day ist zwar laut OED seit 1791 belegt, sie hat aber erst seit den 1940ern an Häu­figkeit gewon­nen – vielle­icht vor dem Hin­ter­grund des Zweit­en Weltkriegs patri­o­tisch begrün­det? (Aber ich spekuliere.)

Warum nicht July 4th?

Bleibt noch die Frage, warum sich bei der Benen­nung des Tages die britis­che Vari­ante durchge­set­zt hat, es ging doch um die Unab­hängigkeit von eben denen? Die nahe­liegende Antwort: Auch amerikanis­ches Englisch war ein­mal britisch, das Datums­for­mat hat sich also in den USA in den let­zten 236 Jahren verän­dert. So etwas sollte man aber, egal wie plau­si­bel, nicht ungeprüft behaupten, also habe ich eine weit­ere (recht schnelle, also verbesser­bare) Kor­pus­recherche gemacht – dies­mal bei COHA, dem Cor­pus of His­tor­i­cal Amer­i­can Eng­lish. ((Die genauen Suchan­fra­gen waren für sechs der ersten sieben Tage jedes Monats, außer Juni (bei dem habe ich mich ver­tippt und es erst zu spät bemerkt), d.h.:

Für Xth of Month: 1st|2nd|3rd|5th|6th|7th of JANUARY|FEBRUARY|MARCH|APRIL|MAY|JULY| AUGUST|SEPTEMBER|OCTOBER|NOVEMBER|DECEMBER
Für Month Xth: JANUARY|FEBRUARY|MARCH|APRIL|MAY|JULY| AUGUST|SEPTEMBER|OCTOBER|NOVEMBER|DECEMBER 1st|2nd|3rd|5th|6th|7th))

  In der fol­gen­den Grafik sind die bei­den Datums­for­mate seit 1810 im Ver­gle­ich zueinan­der zu sehen, wobei rot das britis­che, blau das amerikanis­che darstellt:DatumsformateEs ist klar zu erken­nen, dass in den COHA-Dat­en bis Anfang des 20. Jahrhun­derts das britis­che For­mat dominierte – es ist also nicht auss­chließlich britis­ches Englisch, son­dern auch älteres amerikanis­ches Englisch. Ab ca. 1900 vol­l­zog sich dann der Wech­sel zur heuti­gen Ausdruckweise.

Für den 4th of July war es da aber bere­its zu spät: Er hat­te sich als fes­ter Aus­druck einge­bürg­ert und wurde von diesem Wan­del­prozess nicht ergriffen.

Nun wäre es noch span­nend zu erfahren, warum es den Wech­sel gab. Darüber geben die Kor­pus­dat­en lei­der keine Auskun­ft und meine (allerd­ings ober­fläch­lichen) Recherchen haben auch nichts ergeben. Vielle­icht wis­sen ja Ana­tol oder Suz was? Oder jemand anders? Ich wäre sehr neugierig!

Yolo & Yallaf!

Von Susanne Flach

Der Lan­gen­schei­dt Ver­lag suchte während des Som­mer­lochs wieder das Jugend­wort des Jahres — und will es am Son­ntag nach Juryauswahl und Pub­likumsab­stim­mung gefun­den haben. Yolo, was für you only live once (‚Du leb­st nur ein­mal‘) ste­ht und laut Jury als „Auf­forderung, eine Chance zu nutzen“ inter­pretiert wird. Weit­ere Nominierun­gen waren (in abw­er­tender Rei­hen­folge): FU!, yal­la, wulf­fen und Koma­su­tra.

Irgend­wie ist yolo sog­ar fast pfif­fig und sprach­wis­senschaftlich als Diskurs­mark­er beina­he inter­es­sant — zumin­d­est, wenn sich der Anspruch die Gewin­ner­worte der let­zten bei­den Jahre, Niveaulim­bo (2010) und Swag (2011), von unten ansieht.

Was aber genau die focussierte Jury aus Spießern von Welt dazu bewogen hat, wulf­fen zu nominieren, das als gut­ten­ber­gen bere­its im let­zten Jahr erkennbar schlecht als Unfug getarnt war, wird ihr Geheim­nis bleiben. Genau wie übri­gens die Nominierungs- und Auswahl­prozesse. Zwar kann jede/r Vorschläge ein­senden, aber schon das wortkarge 358-seit­ige Forum auf der Wahl-Seite lässt Zweifel daran aufkom­men, woher Kan­di­dat­en und Pub­likums­barom­e­ter genau kommen.

(Zu FU! möchte ich mich zum Beispiel gar nicht äußern (lol­rofllol).)

In Ord­nung. Die Jury kämpft ver­mut­lich noch mehr als wir beim Anglizis­mus des Jahres damit, die Aktu­al­ität und den tat­säch­lichen Sprachge­brauch der Kan­di­dat­en präzise zu bes­tim­men und einzu­gren­zen (ehrlich­er Ver­such voraus­ge­set­zt). Googles zeitliche Zuver­läs­sigkeit ist derzeit hundsmis­er­abel — selb­st wenn man die Tre­f­fer nach dem 20. Juli raus­fil­tert, an welchem Lan­gen­schei­dt die Kan­di­dat­en bekan­nt­gab, erhält man über­wiegend Pressemit­teilun­gen vom Anfang der Woche. Sei’s drum. Aber ob beispiel­sweise Koma­su­tra so neu ist? Schnell und ober­fläch­lich recher­chiert: komasutra.de ist eine seit April 2007 kon­nek­tierte Domain mit ver­steck­ten Par­ty­bildern. Naja, bleiben wir fair: ein kreativ­er Ham­burg­er macht ja noch kein kama­sutrös schiefge­laufenes Besäufnis.

Zumin­d­est bei der Ein­hal­tung des Nominierungskri­teri­ums „Kreativ­ität“ hat man sich möglicher­weise Mühe gegeben: zwar ist yolo for­mal ein stin­knor­males Akro­nym (sowas wie Laser). Aber immer­hin: sollte yolo tat­säch­lich im Sinne „eines Lebens­ge­fühls“ ver­wen­det wer­den, würde ich an dieser Stelle ganz ergrif­f­en nick­en wollen. Aber es liegt kaum ein brauch­bar­er Beleg aus dem deutschsprachi­gen Raum vor — vielle­icht ver­steck­en sie sich auch ein­fach viel zu gut im leeren Rund ein­er inter­ne­to­phoben Gen­er­a­tion. Doch selb­st meine bei­den Infor­man­tInnen (15 & 18) mocht­en dieses Wohlwollen mit „ach, diese amerikanis­che Ver­arsche pseudoin­tellek­tueller Hip­ster­scheiße?“ auch nicht so recht auslösen.

Bei der Beurteilung der Ver­bre­itung im Sprachge­brauch der Ziel­gruppe beg­nügt sich die Jury dementsprechend auch dieses Jahr mit Klick­zahlen eines Videos eines möglicher­weise bekan­nten Duos (hier: Drake feat. Lil Wayne — it’s in the name, wayne!). Diesen Beleg aber mit ein­er „nicht mehr wegzudenken[den]“ Ver­bre­itung eines Wortes gle­ichzuset­zen wäre in etwa so, als behaupte man, wir ver­stün­den „Ret­tungss­chirm“ als Aus­druck ein­er hip­pen Non­cha­lance, weil 82 Mil­lio­nen Mit­glieder der Sprachge­mein­schaft bei ein­er bun­desregieren­den Neu­jahrsansprache die Fernbe­di­enung nicht rechtzeit­ig gefun­den haben.

Vielle­icht hat die Jury aber auch ein­fach ganz großar­ti­gen Humor.

Herzlich Willkommen

Von Sprachlog

Her­zlich willkom­men im neuen Sprachlog, auf dem ab sofort drei langjährige Sprachblogger/innen gemein­sam über Sprache und Sprachen schreiben: Ana­tol Ste­fanow­itsch vom alten Sprachlog, Kristin Kopf vom Sch­plock und Susanne Flach von *decaf.

Für uns ist das neue Sprachlog der logis­che näch­ste Schritt auf einem Weg, den wir schon länger gemein­sam gehen: Von Anfang an haben wir uns gegen­seit­ig gele­sen, ver­linkt und inspiri­ert. Wir haben zusam­men gegen eine Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz geblog­gt und ver­net­zen im Blogspek­tro­gramm seit über einem Jahr die High­lights der deutschsprachi­gen Sprach­blogszene. Und mit dem „Anglizis­mus des Jahres“ haben wir die beste Wörter­wahl der Welt erfunden.

Für unsere Leser/innen wollen wir das neue Sprachlog durch eine größere Vielfalt von The­men und Sichtweisen sowie einem dichteren Veröf­fentlichungsrhyth­mus zu einem noch lohnen­deren Aus­flugziel in der deutschsprachi­gen Blog­land­schaft aus­bauen, als es unsere einzel­nen Blogs sein konnten.

Dabei erfind­en wir zwar das Rad des Sprach­bloggens nicht neu, son­dern bleiben den Schw­er­punk­ten treu, für die uns unsere Leser/innen schon bish­er lieben (und has­sen), und wer­den weit­er­hin die wis­senschaftliche Per­spek­tive auf Sprache in unter­halt­same und zugängliche Form gießen.

Das neue Sprachlog ist aber trotz­dem mehr als nur die Summe sein­er Teile. Unter einem gemein­samen Dach wer­den wir uns zwangsläu­fig häu­figer über den Weg laufen und uns so gegen­seit­ig inspiri­eren – etwa das­selbe The­ma aus drei unter­schiedlichen Per­spek­tiv­en beleucht­en oder Rand­no­ti­zen und ver­tiefende Infor­ma­tio­nen zu den Beiträ­gen der jew­eils anderen liefern. Außer­dem kön­nen wir uns am Küchen­tisch unser­er Blog-WG gegen­seit­ig auf The­men hin­weisen, die unbe­d­ingt sprachlog­gis­che Aufmerk­samkeit benötigen.

Zudem laden wir uns von Zeit zu Zeit Gäste ein, die unser The­men­spek­trum ergänzen. So geben wir der Sprach­wis­senschaft in ihrer ganzen Bre­ite Raum.

Schließlich sind wir, wie sich das für neue WGs gehört, mit Sack und Pack zusam­menge­zo­gen, haben also den größten Teil unser­er Blog­beiträge aus dem Bre­mer Sprach­blog, dem alten Sprachlog, dem Sch­plock und dem *decaf-Blog mit­ge­bracht. So ist mit weit über 800 Tex­ten und mehr als 10 000 Kom­mentaren der größte Fun­dus deutschsprachiger Blog­beiträge zu sprach­wis­senschaftlichen The­men über­haupt entstanden.

Wir wün­schen Ihnen viel Spaß beim Stöbern im Archiv, und viel Spaß beim Lesen der neuen Beiträge, mit denen wir schon im Laufe des Tages losle­gen. Und natür­lich freuen wir uns weit­er­hin auf anre­gende Diskus­sio­nen in den Kommentaren!

(PS.: Der erste Beitrag kommt schon heute Nachmittag!)

Sprache und Plattformneutralität

Von Anatol Stefanowitsch

Mein Vor­trag „Sprache und Plat­tform­neu­tral­ität“, in dem ich über einige Aspek­te von Ungle­ich­heit und Diskri­m­inierung von Sprache spreche, ist auf YouTube ver­füg­bar. Ich ver­linke ihn hier nur noch ein­mal, um einen Ort für die Lit­er­aturliste und für kleine inhaltliche Kor­rek­turen zu haben.

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Frauen ruhig beim Vornamen nennen?

Von Kristin Kopf

Nach ein­er Erwäh­nung bei Suz (sowieso lesenswert!) habe ich auf­grund ein­er akuten Wis­senslücke nach “Mol­ly Brown” gegoogelt und bin (eher aus Verse­hen) auf den deutschen Wikipedi­aein­trag gestoßen. Sein Auf­bau hat mich sowieso etwas irri­tiert, die gründliche Aufzäh­lung aller Geschwis­ter, Hal­bgeschwis­ter etc. ohne augen­schein­liche Rel­e­vanz, … aber naja. So richtig ges­tutzt habe ich aber, als ich an diese Stelle kam:

Mol­ly war sozial sehr engagiert und half zum Beispiel in der Sup­penküche der Mine­nar­beit­er von Leadville aus. Anfang der 1890er wurde James Brown zum lei­t­en­den Direk­tor der Ibex-Mine­nan­la­gen. 1893, als die Arbeit­slosigkeit in Leadville bei 90 % lag, begann Brown mit der Förderung von Gold in der Lit­tle Jon­ny Mine und avancierte zu einem der wohlhabend­sten Män­ner im Bun­desstaat. Weit­er­lesen

Sprachbrocken 37/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Nichts gegen die Paläoan­thro­polo­gie, aber es sei mir verziehen, wenn ich manch­mal den Ein­druck bekomme, sie sei nur erfun­den wor­den, damit die Lit­er­atur­wis­senschaft keine method­ol­o­gis­chen Min­der­w­er­tigkeit­skom­plexe entwick­elt. Da unter­sucht ein sech­sköp­figes inter­na­tionales Team das Skelett eines Nean­der­talers und belegt anhand von Abnutzungsspuren an den Zäh­nen etwas, das ohne­hin bekan­nt war: Dass dieser Nean­der­taler (wie seine Artgenossen ins­ge­samt) ver­mut­lich Recht­shän­der war. Soweit, so gut. Da das aber wohl nicht inter­es­sant genug war, schließt man im Schlusskapi­tel der Studie dann unver­mit­telt, dass dies auf eine men­schenähn­liche Aus­prä­gung der linken Gehirn­hälfte und damit auf die Fähigkeit zur Sprache hin­weist. Und diese nicht weit­er belegte Speku­la­tion wird vorherse­hbar­er Weise der Aufhänger der Geschichte in der Presse. Ich wollte eine linkshändi­ge Kol­le­gin fra­gen, was sie von dieser Geschichte hält, aber natür­lich kon­nte sie nicht antworten.

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