Ich war jung und brauchte das Wort

Von Anatol Stefanowitsch

Alle Welt redet heute über das „Jugend­wort des Jahres“, das der Ver­lag von Mario Barths „Deutsch-Frau Frau–Deutsch“ gegen jede himm­lis­che Gerechtigkeit jedes Jahr wählt. Lesen Sie exk­lu­siv im Sprachlog die geheime Geschichte dieses Wörter­wahl gewor­de­nen Scheit­erns lexiko­grafis­chen Sachver­stands. Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 47/2013

Von Susanne Flach

Uff, da war aber viel los diese Woche! Während der Bericht zur Lage der deutschen Sprache uns diese Woche im Sprachlog auf Trab gehal­ten hat, wurde ander­norts natür­lich nicht inne gehal­ten: Wörter­wahl in Eng­land, ein 50jähriges Jubiläum, (Not) Lost in Trans­la­tion und viel Medi­en­rum­mel um die Anglizismenwahl!

  • Mit großem Medi­en­in­ter­esse wurde der Anglizis­mus des Jahres the Word of the Year (WOTY) in Eng­land bere­its gekürt: self­ie. Die Oxford Dic­tio­nar­ies bericht­en in ihrem Blog davon, der Lin­guist Ben Zim­mer kom­men­tiert (und mah­nt zur Vor­sicht bei der Unter­schei­dung zwis­chen Erst­be­leg und Wor­tur­sprung). Aber nur unser Ana­tol hat sich angemessen inspiri­eren lassen.
  • Bei den Oxford Dic­tio­nar­ies hat man ein paar Wissenschaftler/innen gebeten, sich zu self­ie zu äußern, auch den geschätzten David Crys­tal: „ein exzel­lentes Wort des Jahres“.
  • Dem schließen wir uns an, obwohl wir ein biss­chen hrmpfen, weil self­ie auch beim AdJ nominiert ist: Juryvor­sitz Ana­tol äußert sich bei detektor.fm zu self­ie und anderen Anglizis­men.
  • Das RBB Info Radio macht sich auch ein paar Gedanken zur AdJ-Wahl.
  • Diese Woche feierte ein Großereig­nis run­des Jubiläum, dem kaum ein­er entkom­men kon­nte: Vor 50 Jahren hob die BBC „Doc­tor Who“ aus der Taufe — Ben Zim­mer von VISUAL THESAURUS wid­met sich der Geschichte hin­ter „Dalek“.
  • Bei WORTBETRIEB schreibt Bar­bara Mürdter über uns.
  • Der Ger­man­ist Karl-Heinz Göt­tert hat diese Woche zwei Inter­views gegeben (SPIEGEL und TELEPOLIS), deren Inhalt für regelmäßige Sprachlogleser/innen nicht viel Neues bietet, aber im Sinne der Doku­men­ta­tion von Linguist/innen in der Öffentlichkeit — eben. ((Wobei ich per­sön­lich die Meta­pher der „Mod­ernisierung“ zu emo­tion­al gewählt finde, weil sie impliziert, da müsste was mod­ernisiert wer­den. Der „Nach­holbe­darf“ wurde auch bei eini­gen Kom­men­ta­toren mit dem falschen Hals aufgenom­men. Sei’s drum.))
  • Stimme aus der Steinzeit: Mar­tin Wor­thing­ton von der Uni­ver­sität in Cam­bridge kiest Lyrik des Akkadis­chen.
  • Im Lan­guageL­og ein Beleg für schief gelaufene Über­set­zung von fag.

Zur Lage der deutschen Flexion, oder: Dativ, Genitiv, Tod?

Von Kristin Kopf

Ein Spoil­er vor­weg: Sie liegt gut, die deutsche Flex­ion. Wie jedes lebendi­ge Wesen bewegt sie sich natür­lich ein wenig in ihrem Bett, weshalb es zu gegen­wartssprach­lichen Vari­anten wie den fol­gen­den kommt:

am Rand des Son­nen­sys­temsam Rande des Sonnensystems

der Wasserüber­schuss des Tan­gani­kader Wasserüber­schuss des Tan­gani­kas

einen Bär fan­geneinen Bären fangen

der Entschluss des Autorsder Entschluss des Autoren

dank des Zauber­tranks dank dem Zaubertrank

mit langem weißem Haarmit langem weißen Haar

wenn sie dort stünde wenn sie dort stände

Ja, genau, mit »Flex­ion« ist die Markierung gram­ma­tis­ch­er Infor­ma­tio­nen an z.B. Sub­stan­tiv­en, Ver­ben und Adjek­tiv­en gemeint und wir befind­en uns hier in Teil 3 unser­er Artikelserie zum »Bericht zur Lage der deutschen Sprache« (zu Teil 1 und 2).

Das Kapi­tel zur Entwick­lung der Flex­ion im Deutschen von Lud­wig Eichinger ((Eichinger, Lud­wig M. (2013): Die Entwick­lung der Flex­ion: Gebrauchsver­schiebung, sys­tem­a­tis­ch­er Wan­del und Sta­bil­ität der Gram­matik. In: Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften (Hg.): Reich­tum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache. Berlin, 121–170.)) nimmt das Phänomen aus zwei ver­schiede­nen Per­spek­tiv­en unter die Lupe: Zum einen betra­chtet Eichinger einzelne Flex­ive (das sind die konkreten Endun­gen), zum anderen das dahin­ter­ste­hende System.

Aus dem Beitrag möchte ich heute nur einen Punkt her­aus­greifen: Das Ver­hält­nis von Gen­i­tiv und Dativ. Weit­er­lesen

Von der Struktur des Anglizismeninventars

Von Susanne Flach

Im zweit­en Teil unser­er The­men­woche zum „Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ soll es mir heute um den Beitrag von Peter Eisen­berg um Anglizis­men gehen, ((Eisen­berg, Peter. 2013. Anglizis­men im Deutschen. In Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften (Hg.), Reich­tum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache, 57–119. Berlin: De Gruyter.)) nach­dem Ana­tol gestern mit all­ge­meinen Ein­schätzun­gen zur Entwick­lung des deutschen Wortschatzes begonnen hat.

Eisen­berg begin­nt seine Diskus­sion mit der Abar­beitung an zwei notwendi­gen, aber notorisch schwieri­gen Punk­ten. Der erste liegt darin, dass es alles andere als triv­ial ist, eine aus Laien­sicht schein­bar klare Def­i­n­i­tion eines „Anglizis­mus“ zu find­en und diese dann auf tat­säch­liche Beobach­tun­gen anzuwen­den: was zählt eigentlich als Anglizis­mus? Deshalb ist der Unter­suchungs­ge­gen­stand zweit­ens auch nahezu unmöglich zu quan­tifizieren: welchen Anteil haben Anglizis­men am deutschen Wortschatz denn nun tatsächlich?

Um keinen Anglizis­mus „zu ver­lieren“, wählt Eisen­berg in sein­er Analyse eine kon­ser­v­a­tive Betra­ch­tung: im Zweifel wer­den Wörter, die entwed­er nur in Teilen aus Lehngut zusam­menge­set­zt sind oder bere­its so weit inte­gri­ert sind, dass sie nicht mehr als Lehn­wörter wahrgenom­men wer­den, zu den Anglizis­men hinzugezählt. Wenn also selb­st part­ner­schaftlich, touris­tisch oder Park dort auf­tauchen, kann man abschätzen, dass das Pro­jekt sich nicht dem Vor­wurf seit­ens der Sprachkri­tik aus­set­zen müsste, die Bedeu­tung und den Ein­fluss von Anglizis­men herunterzuspielen.

Zen­trales Ergeb­nis ist, dass sich die Anzahl der Anglizis­men in der deutschen Stan­dard­sprache zwis­chen den bei­den unter­sucht­en Peri­o­den 1905–1914 und 1995–2004 sowohl auf der Ebene der Wörter, als auch auf der Ebene der Ver­wen­dungs­fre­quenz erhöht hat. Das sollte nie­man­den über­raschen, selb­st dann nicht, wenn man sich verge­gen­wär­tigt, dass sich in den 90 Jahren unsere Leben­sre­al­itäten mar­gin­al ver­schoben haben. Die Zahlen aus Eisen­bergs Unter­suchung und Stu­di­en ander­er Wissenschaftler/innen, die in den let­zten Jahren dazu unter­nom­men wur­den, sind method­isch nicht ver­gle­ich­bar (obgle­ich sie sich prozen­tu­al in einem ähn­lichen niedri­gen Bere­ich um etwa 3–6% der Lexikonein­träge bewe­gen) — aber es spricht nichts dafür, dass die Pegel der Anglizis­mus­flut bedrohliche(re) Aus­maße angenom­men hätten.

Das zen­trale qual­i­ta­tive Ergeb­nis der Studie ist deshalb weitaus inter­es­san­ter. Denn, so Eisen­berg, bildete die Gruppe der englis­chen Lehn­wörter früher „so etwas wie einen Worthaufen mit wenig Struk­tur“ (Eisen­berg 2013: 114), lassen sich heute Muster im Anglizis­menin­ven­tar erken­nen, die deut­lich darauf hin­deuten, dass Entlehnun­gen den Struk­turen und Reg­u­lar­itäten des Deutschen unter­wor­fen sind bzw. wer­den. Ein Beispiel: das Deriva­tion­ssuf­fix -ing hat nicht etwa das deutsche -ung ver­drängt, son­dern ste­ht nur für Bil­dun­gen mit frem­den Basen zur Ver­fü­gung, native -ung-Nom­i­na bleiben davon unberührt. Wir haben Styling, aber nicht *Störing statt Störung.

Weit­ge­hend ana­log zur Vari­a­tion das Lesen/die Lesung ist das Muster das Stylen/das Styling für unter­schiedliche Per­spek­tiv­en auf den Vor­gang und Resul­tat bzw. das Event in Gänze. Ergo: englis­ches Mate­r­i­al zer­stört nicht die Kern­gram­matik des Deutschen, son­dern hat es um das eine oder andere klar abgrenzbare, aber gut inte­gri­erte Par­a­dig­ma ergänzt. Diag­nose: das Deutsche ist gesund und es bedeutet eben genau nicht, dass wahl­los alles entlehnt wer­den kann (oder wird). Was den Reg­u­lar­itäten des Deutschen unter pho­nol­o­gis­chen, mor­phol­o­gis­chen und syn­tak­tis­chen Mustern nicht entspricht, wird diesen entwed­er angepasst — oder wird eben deut­lich sel­tener entlehnt. Natür­lich ist das ein bedeu­ten­der Ein­fluss des Englis­chen (der ja offen­bar Resul­tat der erhöht­en Entlehnungsak­tiv­ität ist), aber eben kein­er, der nach­haltig die Inte­gra­tionskraft des Deutschen stört.

Damit geht ein­her, dass die Anglizis­men im heuti­gen Deutsch sel­tener „reine Anglizis­men“ sind, son­dern ver­mehrt Hybrid­bil­dun­gen (Par­tyschreck, handyfrei), sie set­zen sich also aus entlehn­tem und nativem Mate­r­i­al zusam­men. Das führt uns wieder zurück zur Schwierigkeit, was zu Anglizis­men gezählt wer­den kann — und wie man diese quan­ti­ta­tiv erfasst. Aber am wenig­sten spricht es dafür, dass Entlehnung eine Gefahr für das Inven­tar unser­er Sprache darstellt.

Ich finde ja Eisen­bergs Liste der jew­eils 20 häu­fig­sten Sub­stan­tiv­en, Ver­ben und Adjek­tiv­en aus dem Englis­chen inter­es­sant, die im Kor­pus des Pro­jek­ts gezählt wur­den: sie enthält nahezu aus­nahm­s­los Begriffe, die im Fieberther­mome­ter der Sprach­nör­glei, dem Anglizis­men-Index des Vere­in Deutsche Sprache (VDS), entwed­er über­haupt nicht auf­tauchen oder als unprob­lema­tisch klas­si­fiziert sind: 26 von 60 (43%) tauchen im Index nicht auf, 16 (27%) sind nach VDS-Klas­si­fika­tion „ergänzend“ (=kein Fieber), acht (13%) „dif­feren­zierend“ (=mit­tleres Fieber) und eben­falls nur acht (13%) entsprechen der Kat­e­gorie „ver­drän­gend“ (=hohes Fieber). Das lässt darauf schließen, dass die Forscher/innengruppe Anglizis­men in der Tat sehr inklu­siv definiert und analysiert hat.

Diese Erken­nt­nis ist aber umgekehrt bemerkenswert, weil der VDS mit ein­er „Sta­tis­tik“ zu seinem Index sug­geriert, dass Deutsch völ­lig hil­f­los gegen die Fluten kämpft: immer­hin macht die Klasse der höchst fieber­aus­lösenden Wörter im Index 80%, die der gesund­heitlich unbe­den­klichen aber nur 3% aus. Aber weil man mit Sta­tis­tik ganz gut lügen kann, kommt hier eine Erk­lärung: im Anglizis­menin­dex sind in erdrück­ender Mehrheit Ein­träge verze­ich­net, die so sel­ten (und: so absurd) sind, dass man bei gesun­dem Men­schen­ver­stand nur als Gele­gen­heits­bil­dung anse­hen kann.

Der Umkehrschluss klingt deshalb beina­he triv­ial: je fre­quenter ein Anglizis­mus ist, desto wahrschein­lich­er ist er stärk­er im Deutschen inte­gri­ert — und desto wahrschein­lich­er wird er nie auf dem Index lan­den. Ergo: erneut ein Indiz dafür, dass die Vorge­hensweise der Studie sog­ar sehr wohlwol­lend und sen­si­bel mit den Befürch­tun­gen der Anglizis­menkri­tik­ern umge­ht. Denn würde man die fre­quenten und gut inte­gri­erten Begriffe raus­nehmen, die in die 3–6%-Rechnung der Stu­di­en ein­fließen, würde die Quelle der Panikmache deut­lich schneller ver­siegen, als manchem lieb sein dürfte. Ich werde darauf noch mal zurückkommen.

The­o­retisch ist noch her­vorzuheben, dass Eisen­berg den Begriff des „Pseudoan­glizis­mus“ expliz­it anspricht — und aus guten Grün­den ablehnt. Und das begrün­det er so: die Tat­sache, dass wir keinen Anglizis­mus for­mal und seman­tisch so ver­wen­den, wie Sprecher/innen der Geber­sprache, macht die Klas­si­fizierung von Begrif­f­en als „Pseudoan­glizis­mus“ entwed­er über­flüs­sig — oder aber man müsste aus diesen Grün­den alle Anglizis­men als „Pseudoan­glizis­men“ beze­ich­nen (denn, so Eisen­berg, wir sprechen ja auch nicht von „Pseu­do­fremd­wörtern“). Diese Beobach­tung entspricht auch ziem­lich gut unser­er Moti­va­tion, in näch­ster Zeit aus­gewählte „Pseudoan­glizis­men“ etwas genauer unter die Lupe zu nehmen (was derzeit aus den vie­len aktuellen Anlässen etwas unter­brochen wer­den muss). Für den Moment bietet Eisen­bergs Studie dur­chaus ein paar span­nende Gedanken für Anglizis­mus­be­tra­ch­tung und eine öffentliche Auseinandersetzung.

Statt PS: Das Presse­barom­e­ter zum Lage­bericht (eher unveränderlich).

Gedeih und Verderb des deutschen Wortschatzes

Von Anatol Stefanowitsch

In der öffentlichen Diskus­sion um den Zus­tand der deutschen Sprache lag die Hoheit lange Zeit völ­lig unange­focht­en bei den Sprach­nör­glern. Wohl wagte sich ab und zu eine ein­same Stimme aus der Sprach­wis­senschaft ins Feuil­leton, um an der einen oder anderen Stelle etwas Real­ität in die Debat­te zu brin­gen, aber ins­ge­samt schien es intellek­tuell wenig befriedi­gend, sich in die unweiger­lich kla­maukhafte Auseinan­der­set­zung mit Anglizis­men­jägern und Sprachver­ar­mungs-apoka­lyp­tik­ern zu begeben – und vielle­icht war man sich auch ein­fach etwas zu schade dafür.

Das hat sich in den let­zten Jahren geän­dert. Büch­er wie das unglück­lich betitelte aber inhaltlich ordentlich gemachte Sick of Sick? Ein Streifzug durch die Sprache als Antwort auf den »Zwiebelfisch« von André Mei­n­unger, Du Jane, ich Goethe von Guy Deutsch­er oder Kiezdeutsch: Ein neuer Dialekt entste­ht von Heike Wiese nah­men zu The­men wie dem Ver­fall von Gram­matik, der Entste­hung von Sprache(n) u.a. Stel­lung, und seit 2007 bloggen Kristin (damals noch im Sch­plock) und ich (damals noch im Bre­mer Sprachlog) regelmäßig über Sprach­wan­del, Lehn­wörter, Jugend­sprache, Sprach­poli­tik und vieles mehr (später kamen andere junge Sprach­blog­gerin­nen dazu – z.B. unsere Sprachlogkol­le­gin Susanne, Michael Mann vom lexiko­grafieblog).

Über die Jahre ist es uns, denke ich, gelun­gen, die öffentliche Diskus­sion zu bee­in­flussen – zwar haben die Sprach­nör­gler immer noch die Ober­hand, aber vie­len inter­essierten Men­schen ist inzwis­chen klar, dass Sprach­nörgelei nicht die einzige Sichtweise auf Sprache ist (und auch nicht die richtige).

Es freut uns, dass nun mit etwas Ver­spä­tung (oder, sagen wir, mit ruhiger Würde) auch die insti­tu­tion­al­isierte Sprach­wis­senschaft die öffentliche Diskus­sion um Sprache sucht. Gestern Abend stell­ten die Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und die Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften unter dem Titel „Reich­tum und Armut der deutschen Sprache“ ihren „ersten Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ vor. Die Presse berichtet bish­er eher zöger­lich, aber das kommt hof­fentlich noch [→Google News].
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Blogspektrogramm 46/2013

Von Kristin Kopf

Wie das Jahr verge­ht: Willkom­men zum Blogspek­tro­gramm Nr. 46, fea­tur­ing Albrecht Dür­er, vielle­icht den Anglizis­mus des Jahres, eine Kuh namens Gießkanne, ein Wörter­buch und einen Com­ic. Viel Spaß beim Lesen!

  • Im LEXIKOGRAPHIEBLOG schreibt Michael Mann über einen ver­meintlichen »trvm­mer hawffe̅« und zeigt dabei, dass Gra­phie auch ohne Ortho- geht.
  • Auch die Jury nominiert dies­mal Kan­di­dat­en für den ANGLIZISMUS DES JAHRES 2013 – von Big Data bis E‑Ink. Bessere Vorschläge? Her damit!
  • Kür­zlich haben wir ja an dieser Stelle schon ein­mal auf Berichter­stat­tung über die Mainz­er Tier­na­men­ta­gung ver­wiesen – beim HR gibt es nun ein kurzes Video über Kuh­na­men mit einem der Referenten.
  • Lorien Kite schreibt in der FINANCIAL TIMES sehr aus­führlich und stel­len­weise erstaunlich poet­isch über das Oxford Eng­lish Dic­tio­nary: »Once there, the rule is that [the words] nev­er come out, with obso­les­cence marked, instead, by dag­ger sym­bols sprin­kled like memen­to mori through its pages.«
  • Bei XKCD wurde diese Woche die Infigierung im Englis­chen und eine ihrer Beschränkun­gen illustriert.

Sprachbrocken: Krieg der Wörter

Von Anatol Stefanowitsch

Wir weni­gen verbliebe­nen gebür­ti­gen Berliner/innen leben ja seit Jahren mit der Schmach der schwäbis­chen Inva­sion. Nein, ich rede nicht von den Immo­bilien­in­ve­storen der ersten Nach­wen­de­gen­er­a­tion oder den Betreiberin­nen von Wal­dor­fkindergärten und Szener­estau­rants – ich meine Schwäbisch, die Sprache. Ich meine die Inva­sion der Berlin­er Bäck­ereien durch Wörter wie Wecke und Pflau­men­datschi, gegen die unser rev­o­lu­tion­ser­probtes Berlin­er Urgestein Wolf­gang Thierse Anfang des Jahres einen Auf­s­tand anführte. Der blieb damals schein­bar erfol­g­los – ihm fehlte ein knack­iger Slo­gan wie „Wir sind das Brot“. Unvergessen der zynis­che Ausspruch der siegre­ichen schwäbis­chen Zwetschgenköni­gin Anto­nia Marie, „Wenn sie keine Weck­en wollen, sollen sie doch Mutscheln essen.“ Weit­er­lesen

Juchu, kein Fehler!

Von Susanne Flach

Vor­let­zte Woche ver­lieh ich mein­er Freude über eine eher sel­tene Form der Sprachkri­tik mit einem jauchzen­den „juchu!“ Aus­druck. Das rief Julian von Heyl auf den Plan, einen Lek­tor mit Orthografiepor­tal, der noch am sel­ben Tag seine Rei­he „beliebte Fehler“ um den Ein­trag juchu/juchhu erweit­erte. Die Anklage: ich hat­te in mein­er Freude ein <h> ver­schluckt. Ich hätte <juchhu> schreiben müssen.

Nun nehmen selb­st wir Sprachwissenschaftler/innen den Vor­wurf der orthografis­chen Ver­fehlung ernst. Egal, was manch­mal über uns an Vorurteilen im Umlauf ist — auch wir kon­sul­tieren in Zweifels­fällen äußerst gerne den Duden oder andere fundierte Orthografier­at­ge­ber, um schrift­sprach­lichen Nor­men zu entsprechen. Und ich mag von Heyls Por­tal, weil es sich jam­mer­frei der Sprachver­wen­dung in nor­ma­tiv­en Sit­u­a­tion nähert. Und manch­mal sind es ein­fach Zweifels­fälle, die Vari­antenal­ter­na­tion zulassen. Ich wider­sprach also dem Vor­wurf des Orthografiev­erge­hens und ver­sprach Argu­mente. Weit­er­lesen

Halbzeit bei den Nominierungen zum Anglizismus 2013

Von Anatol Stefanowitsch

Bei unserem Vot­ing zum Anglzis­mus des Jahres 2013 haben wir einen Mile­stone erre­icht: Hal­bzeit bei der Nominierungsphase. Zeit, also, für eine Exec­u­tive Sum­ma­ry auch hier im Sprachlog. Bis gestern kon­nten wir auf unser­er Nominierungs­seite 41 Vorschläge unser­er Tar­get Group posten, und heute kamen noch ein­mal elf Wortkan­di­dat­en dazu, die die Jury in ein­er ersten eige­nen Recherche iden­ti­fiziert hat. Damit ste­hen wir in unser­er Com­pe­ti­tion aktuell bei 52 Wörtern, die um den Sieg in unser­er Win­ner-takes-all-Wörter­wahl kämpfen müssen. Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 45/2013

Von Susanne Flach

Der Post zum Son­ntag kommt heute mit geball­ter Infor­ma­tions- und Unter­hal­tungs­dichte auf dem Gebi­et der Namen‑, Perga­ment- und Demen­z­forschung daher, gar­niert mit hüb­schen Videos, bun­ten Karten und tollen Zeich­nun­gen. Voilà & viel Spaß:

  • THE ATLANTIC kar­tografiert chi­ne­sis­che Nach­na­men; GEOCURRENTS hier für europäis­che Nach­na­men ist das hier faszinierend — Vorkom­men von Nach­na­men reflek­tieren immer noch jahrhun­derte alte Sied­lungstra­di­tio­nen (Englisch).
  • An der Uni­ver­sität Wien unter­sucht man mit­te­lal­ter­lich­es Perga­ment, welch­es damals wegen Ressourcenknap­pheit mehrfach über­schrieben wurde — und heute faszinierende Erken­nt­nisse her­vor­bringt. Das berichtet die Wis­senschaftsabteilung des ORF.
  • Bilin­gual­is­mus kann den Aus­bruch von Demenz verzögern — zu diesem Ergeb­nis kommt diese Studie, die in der Zeitschrift NEUROLOGY veröf­fentlich wurde. Das sind aus Sicht der Bilin­gual­is­mus­forschung keine über­raschend neuen Erken­nt­nisse, allerd­ings hat man die These zum ersten Mal in ein­er Gesellschaft unter­sucht, in der Bilin­gual­is­mus nicht mit Migra­tion kor­re­liert (und deshalb durch den Fak­tor „Lebens­geschichte“ bee­in­flusst sein kön­nte), son­dern in Indi­en, wo Mehrsprachigkeit der Nor­mal­fall ist, kom­men­tiert Mark Liber­man im LANGUAGE LOG (Englisch).
  • Ist Hä? ein Wort? Und ist es uni­ver­sal? Diese Frage stellen sich drei Wis­senschaftler vom Max-Planck-Insti­tut für Psy­cholin­guis­tik in Nijmegen. Auf ein­er eige­nen Seite fassen sie die Ergeb­nisse ver­ständlich zusam­men (mit Video!), die Orig­i­nal­studie ist hier (Englisch, via LanguageLog).
  • Hier ist eine inter­es­sante Daten­bank online gegan­gen: im Atlas of Pid­gin and Cre­ole Lan­guage Struc­tures (APiCS) kann man sich ein Bild von Merk­malen von Pid­gin- und Kre­ol­sprachen machen. Damit fol­gt APiCS der Tra­di­tion des World Atlas of Lan­guage Struc­tures (WALS) oder dem Elec­tron­ic World Atlas of Vari­eties of Eng­lish (eWAVE).
  • Videotipp der Woche: in ein­er neuen Rei­he „Chalk­ing Points“ wer­den sprach­liche Phänomene mit Krei­de illus­tri­ert. Heute empfehlen wir den Clip zur Entwick­lung des Pos­ses­sive-S-Apos­trophs im Englis­chen (Englisch).