Wenn wir den „Anglizismus des Jahres“ bekanntgeben, sind zwei Reaktionen sicher wie das Amen in der Kirche. Erstens: „Das Wort habe ich noch nie gehört“. Zweitens: „Das Wort ist doch uralt, was soll daran interessant sein.“ Das liegt vermutlich daran, dass die „Sprachgemeinschaft“ eher aus vielen kleinen Sprachcliquen besteht, die einander sprachlich nur am Rande wahrnehmen: Was für die einen ein altbekanntes Lehnwort ist, haben andere noch nie gehört.
In diesen Reigen reiht sich dieses Jahr zum ersten Mal ein Major Player ein: Die Gesellschaft für deutsche Sprache, die unsere Wörterwahl bislang geflissentlich ignoriert hat. In einer Pressemitteilung lassen sie wissen, dass ihnen unsere Wahl so überhaupt nicht zusagt. Zwar spreche aus ihrer Sicht „nichts dagegen, den Anglizismen eine eigene „Wort des Jahres“-Aktion zu widmen“ – vielen Dank, das beruhigt uns ungemein – aber gegen unseren diesjähriger Sieger -gate spreche dafür umso mehr:
Herausgekommen ist in diesem Jahr mit dem Suffixoid ‑gate allerdings ein Wort (besser gesagt: Wortbestandteil), das es im Deutschen bereits seit 1972 gibt, entlehnt im Zusammenhang mit dem Watergate-Skandal. Im Anglizismenwörterbuch von Broder Carstensen aus dem Jahr 1993 wird ‑gate mit der allgemeinen Bedeutung „Skandal“ auch bereits als im Deutschen produktiv und reihenbildend beschrieben. […]
Unklar an der Wahl von -gate zum Anglizismus des Jahres bleibt jedoch, warum die zunehmende Verwendung ausgerechnet für das Jahr 2013 so besonders charakteristisch sein soll. […] -gate ist im deutschen Sprachgebrauch wohl spätestens mit der Verwendung im CDU-Spendenskandal im Jahr 2000 angekommen und insofern eben kein aktuelles Beispiel für einen neu ins Deutsche integrierten Anglizismus, sondern ein alter Hut.
Der Fokus hat die Meldung aufgegriffen und zu einem „Zoff zwischen Sprach-Wissenschaftlern“ hochstilisiert. Ihr wollt Zoff? Ihr bekommt Zoff.
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