xkcd: Meinungsfreiheit

Von Anatol Stefanowitsch

Die Geschichte des Rechts auf freie Mei­n­ungsäußerung im Inter­net ist eine Geschichte voller Missver­ständ­nisse. Zum Glück gibt es ja den stets um Aufk­lärung bemüht­en Ran­dall Munroe alias xkcd, dessen Erläuterun­gen wir hier in deutsch­er Über­set­zung präsentieren:

xkcd über Meinungsfreiheit

Mei­n­ungs­frei­heit

Die Mei­n­ungs­frei­heit in Deutsch­land wird übri­gens durch fol­gende lesenswerte Geset­ze geregelt:

Eine kürzere Erk­lärung des Konzepts der Mei­n­ungs­frei­heit habe ich übri­gens vor einiger Zeit auf meinem pri­vat­en Blog veröf­fentlicht.

Der Beitrag ste­ht, wie das Orig­i­nal, unter ein­er CC-BY-NC-Lizenz. (Bilder und Orig­inal­text: © 2014 by Ran­dall Munroe; über­set­zter Text © 2014 Ana­tol Stefanowitsch).

Blogspektrogramm 15/2014

Von Susanne Flach

Heute: viel „Food for thought“, Vokale & Klang und die Aufar­beitung des Kriegs über ein Satzze­ichen. Viele Emo­tio­nen für einen Sonntag:

  • Dan Juraf­sky aus Stan­ford hat mit ein paar Kol­le­gen Restau­rant­be­w­er­tun­gen unter­sucht. Plau­si­ble, aber inter­es­sante Befunde: schlechte Restau­rants enthal­ten Ref­eren­zen auf schlechte Erfahrun­gen, Dro­gen, Trau­ma­ta. (Englisch)
  • Der INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT berichtet über eine Studie des Erfurter Psy­cholo­gen Ralf Rum­mer und der Köl­ner Phonetik­erin Mar­tine Grice, in der der Zusam­men­hang von Vokalen und Emo­tion unter­sucht wur­den: der „helle“ Vokal i: wird mit pos­i­tiv­en Erfahrun­gen assoziiert.
  • Jen­ny Cheshire hat zu den Früh­sta­di­en des neu entste­hen­den englis­chen Pronomen man geforscht und geschrieben. (Englisch)
  • Süße TED­ed-Les­son zum „Oxford com­ma“. (Englisch)

Blogspektrogramm 14/2014

Von Kristin Kopf

Sooo, sog­ar etwas früher als neun Uhr erscheint unser heutiges Spek­tro­gramm. Die Zeitver­schiebung liegt nicht an der wes­t­aus­tralis­chen Außen­stelle, aber es gab Wichtiges zu tun: Die Spek­tro­gramm­redak­tion hat sich in Mainz getrof­fen, um da Lin­guis­tik zu betreiben. Unsere heutige Linksamm­lung kann dafür jet­zt als Aben­dun­ter­hal­tung genossen werden.

  • Nom­i­na­tiv, Gen­i­tiv, Dativ, Akkusativ — warum heißen die gram­ma­tis­chen Fälle eigentlich so? Stephan Bopp erklärt’s auf FRAGEN SIE DRBOPP.
  • Im LEXIKOGRAPHIEBLOG sam­melt Michael Mann Wörter, bei denen in der Schrei­bung nur der Binde­strich einen Bedeu­tung­sun­ter­schied markiert und macht sich Gedanken dazu, warum das so ist. Mit dabei: E‑Mail vs. Email oder Nasen­rachen­raum vs. Nasen-Rachen-Raum und viele weitere.
  • Namen sind ja ganz beson­dere Wörter — bei Haupt­sache Kul­tur im hr wird ein Film dazu vorgestellt, wie Men­schen von ihren Namen bee­in­flusst werden.
  • Dass man über Namen diskri­m­inieren kann, ist gut bekan­nt. Eine Studie dazu, die sich auf Bewer­bungss­chreiben bezieht, hat sich der NDR angeschaut.
  • Jac­in­ta Nan­di denkt auf EXBERLINER wütend über den Stel­len­wert von Rechtschrei­bung nach. (Englisch)

Aprilscherz 2014 aufgelöst

Von Anatol Stefanowitsch

Achtung: Wer bei unserem Aprilscherz-Rät­sel von Gestern noch mitrat­en will, sollte sich schnell dor­thin begeben und erst dann hier weiterlesen.

Absoluter Favorit war die Geschichte mit den infek­tiösen Ver­schlus­slaut­en, gefol­gt von der Lautver­schiebung durch Höhen­luft. Den drit­ten Platz teil­ten sich die vokalhar­monisch fried­fer­ti­gen Finn/innen mit der durch Reibelaute aus­gelösten Aggres­sion. Damit ist es mir anders als in den let­zten zwei Jahren endlich wieder ein­mal gelun­gen, den Aprilscherz erfol­gre­ich zu verstecken.

Hier die vier Geschicht­en und die Auflö­sung: Weit­er­lesen

April, April (2014)

Von Anatol Stefanowitsch

Wie in jedem Jahr präsen­tieren wir heute einen sprach­lichen Aprilscherz, und wie in jedem Jahr haben wir ihn zwis­chen drei Behaup­tun­gen ver­steckt, die in der älteren oder neueren Geschichte der Sprach­wis­senschaft tat­säch­lich vertreten wur­den. Um es schw­er­er zu machen, haben wir in diesem Jahr allerd­ings auss­chließlich solche Behaup­tun­gen zusam­mengestellt, die sich als falsch her­aus­gestellt haben.

Find­en Sie den Aprilscherz (ohne zu googeln)? Geben Sie Ihren Tipp in den Kom­mentaren ab, die Auflö­sung gibt es mor­gen. In die Kom­mentare bitte nur Ver­mu­tun­gen und Argu­mente, keine Links auf Quellen, um den Rates­paß nicht zu verderben.
Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 13/2014

Von Susanne Flach

Zum Herbstbeg‑, äh, Früh­lingsan­fang kurz und knack­ig, reduziert auf das sprach­lich Inter­es­sante und Hochkarätige der Woche. Die tem­poräre Außen­stelle in Wes­t­aus­tralien ver­meldet deshalb:

  • Der CICERO spricht mit dem Dres­d­ner Lin­guis­ten Joachim Schar­loth über den Kampf­be­griff „Polit­i­cal Cor­rect­ness“: „Mit ihm ver­sucht man, Bemühun­gen, um eine nicht aus­gren­zende Sprache als „Denkver­bote“ zu verunglimpfen.“
  • Dierk Haa­sis find­et Dep­pe­na­pos­troph doof und erk­lärt im CON TEXT warum.
  • Der Entwurf für ÖNORM A 1080 hat in den let­zten Wochen ja für etwas Wirbel gesorgt (wir kom­men­tierten). DIE STANDARD hat das mit Ana­tol und etwas Abstand diese Woche noch mal besprochen.
  • …und für den Awww!-Effekt: Delfine.

Blogspektrogramm 12/2014

Von Kristin Kopf

Yet anoth­er Spek­tro­gramm­son­ntag: Willkom­men zur wöchentlichen Linksamm­lung, dies­mal zum Beispiel mit der Wis­senschaftssprache Deutsch, dem Ver­hal­ten von Online-Kom­men­ta­torIn­nen und Sprachen, die wir miteinan­der verwechseln.

  • Wolf­gang Klein (er kam im Sprachlog schon vor) hat sich für DIE WELT Gedanken zur abnehmenden Bedeu­tung von Deutsch als Wis­senschaftssprache gemacht: »Dazu kann man ver­schiedene Hal­tun­gen ein­nehmen. Für jene, die zu pathetis­chen Beschwörun­gen neigen, ist es ein Anlass zu pathetis­chen Beschwörun­gen. Es ist bedrück­end für alle, die – wie ich – ihre eigene Sprache irgend­wie lieben; aber das kann man auch, wenn sie keine Welt­gel­tung hat.« Aber auch: »Die große Masse bei uns wird von der Wis­senschaft abgeschnit­ten, wie früher zu den Zeit­en, als sie sich des Lateinis­chen bedi­ent hat.«
  • Bei DER FREITAG hat Anne Haem­ing einige Anmerkun­gen zu geschlechterg­erechter Sprache in den Medi­en: »Auch die Diskus­sio­nen um die Prak­tik­a­bil­ität von Binnen‑I oder Aus­las­sungs-Unter­strichen in Sub­stan­tiv­en sind bekan­nt und wer­den wahrschein­lich noch Jahrzehnte weit­erge­hen. Zum Glück. Denn Sprache ist, wie unsere Gesellschaft auch, etwas Lebendi­ges. Es reicht schon, sie aus dem sta­tis­chen Endzu­s­tand zu reißen und als per­ma­nentes Diskus­sion­s­medi­um zu begreifen.«
  • Nicht nur im Sprachlog gibt’s manch­mal skur­riles Kom­men­tarver­hal­ten – Geof­frey Pul­lum vom LANGUAGE LOG hat verse­hentlich in die Kom­men­tarspalte eines Zeitungsar­tikels geschaut: »It was like watch­ing a street fight about gram­mar out­side the worst bar in the worst city you ever vis­it­ed. […] I found myself won­der­ing about the san­i­ty of some peo­ple in the Tele­graph dis­cus­sion. And also about whether it is even sen­si­ble of the paper to sup­port their ran­dom rav­ings by pro­vid­ing a bar room and an adja­cent alley in which they can punch and stab each other.«
  • Den Artikel, der so den Zorn der englis­chen Leser­schaft auf sich gezo­gen hat, kann man übri­gens hier, beim TELEGRAPH, nach­le­sen: »Despite what many peo­ple think, the rules of a lan­guage – any lan­guage – are only defined by how peo­ple use that lan­guage. When you think about it, that has to be the case: the rules of Eng­lish are dif­fer­ent now from how they were in Milton’s time, let alone Chaucer’s, and no one has ever sat down and delib­er­ate­ly changed them; they’ve changed because the lan­guage has evolved, through chang­ing use.«
  • Wer erin­nert sich noch an »The Great Lan­guage Game«? Dort kann man nicht nur Sprachen errat­en und Punk­te dafür bekom­men, son­dern sich auch anschauen, wie erfol­gre­ich andere gespielt haben – Hed­vig Skirgård analysiert die gemacht­en Fehler auf A REPLICATED TYPO: »The most clear exam­ple of the geo­graph­i­cal asso­ci­a­tions is per­haps that Man­darin, Can­tonese, Kore­an and Japan­ese are con­found­ed even though they are very dif­fer­ent structurally.«

Männer sind Norm, Frauen sind Ideologie

Von Anatol Stefanowitsch

Geschlechterg­erechte Sprache ist nicht nur ein gesellschaftlich kon­tro­ver­s­es The­ma – kein Wun­der in ein­er Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt –, son­dern vor allem auch eines, über das sich viele Men­schen schlicht noch nie Gedanken gemacht haben – eben­falls kein Wun­der in ein­er Gesellschaft, in der der Mann immer noch als Norm gilt. Es ist deshalb klar, dass man nicht automa­tisch vom Schlimm­sten aus­ge­hen sollte, wenn jemand gegen geschlechterg­erechte Sprache argu­men­tiert und etwa behauptet, das „gener­ische“ Maskulinum sei unprob­lema­tisch, da ja alle wüssten, dass dabei auch Frauen ein­be­zo­gen sind, und jede Abwe­ichung von dieser sprach­lichen Form würde Texte nur unles­bar machen. Die- oder der­jenige kön­nte ja ein­fach aus ein­er Unken­nt­nis des The­mas so argumentieren.

Das kön­nte auch für das „Komi­tee zur Regelung des Schriftverkehrs“ des Aus­tri­an Stan­dards Insti­tute gel­ten, das in einem Entwurf für eine Über­ar­beitung ÖNORM A 1080 („Richtlin­ien für die Textgestal­tung“) vorschlägt, das „gener­ische“ Maskulinum tat­säch­lich zur Norm zu erheben und damit alle For­men geschlechterg­erechter Sprache für inko­r­rekt zu erk­lären (wir berichteten).

Als die öster­re­ichis­che Sprach­wis­senschaft­lerin und Lek­torin Karin Wetschanow, Mitau­torin eines Leit­fadens für geschlechterg­erechte Sprache des öster­re­ichis­chen Bun­desmin­is­teri­ums für Bil­dung, Wis­senschaft und Kul­tur (PDF) dem Komi­tee in der Wiener Zeitung vor­warf, „von ein­er ‚antifem­i­nis­tis­chen Ide­olo­gie‘ geprägt zu sein und auf die Exper­tise maßge­blich­er Wis­senschaftler verzichtet zu haben“, war ich zunächst sehr skep­tisch. Weit­er­lesen

Der Mann als Norm

Von Anatol Stefanowitsch

Vor eini­gen Wochen haben wir hier über den Ver­such zweier Wikipedia-Autoren berichtet, das soge­nan­nte „gener­ische“ Maskulinum (also die patri­ar­chale Prax­is, männliche Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen „geschlecht­sneu­tral“ zu ver­wen­den) als all­ge­meinen Stan­dard festzule­gen (in der Abstim­mung scheit­erte dieser Ver­such spek­takulär, was entwed­er darauf hin­weist, dass die Wikipedianer/innen ins­ge­samt mehr Bewusst­sein für diskri­m­inierende Sprach­struk­turen haben als gemein­hin angenom­men, oder dass sie Vorschriften noch mehr has­sen als geschlechterg­erechte Sprache).

Aktuell ver­sucht nun das Aus­tri­an Stan­dards Insti­tute, densel­ben Taschen­spiel­er­trick abzuziehen. Wie der Vere­in öster­re­ichis­ch­er Juristin­nen berichtet, schlägt das ASI im aktuellen Entwurf für die ÖNORM A 1080 („Richtlin­ien für die Textgestal­tung“) vor, „auf weib­liche For­men zu verzicht­en und stattdessen mit­tels Gen­er­alk­lauseln klarzustellen, dass Frauen in der männlichen Form mit­ge­meint seien.“ Auch das Binnen‑I und die in Öster­re­ich üblichen weib­lichen For­men für akademis­che Titel (z.B. Dr.in, Prof.in) sollen nach der Vorstel­lung des ASI als inko­r­rekt gel­ten. „Auf weib­liche For­men könne in schriftlichen Tex­ten verzichtet wer­den, denn männliche For­men wür­den für bei­de Geschlechter gel­ten, so die Empfehlung.“ Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 11/2014

Von Susanne Flach

Weil das eine Drit­tel von zwei Drit­teln der Sprachlo­gredak­tion nach der let­ztwöchi­gen Kon­feren­zreise weit­er gezo­gen ist, kommt das heutige Spek­tro­gramm aus Tralien! Heute ist’s hier voll voll, also nehmen Sie sich Zeit: viel Sprach­wan­del, ein Insti­tutsge­burt­stag, Sprach­doku­men­ta­tion und n büschen Twitter.

  • Den größten Ein­druck in sozialen Net­zw­erken dürfte ver­gan­gene Woche dieser Artikel im GUARDIAN hin­ter­lassen haben, der sich mit der Rolle von Aussprache im Sprach­wan­del beschäftigt: „Error is the engine of lan­guage change, and today’s mis­take could be tomorrow’s vig­or­ous­ly defend­ed norm.“ Achtung, enthält anschaulich erk­lärte Fachter­mi­nolo­gie (Englisch).
  • DIE PRESSE wid­met sich in zwei Artikeln dem Wan­del der Öster­re­ichis­chen Dialek­te: „Wenn der Dialekt auf ein­mal nicht mehr da ist“ (Titel unpassend für aufgek­lärten Inhalt) und „Dialek­te ster­ben schon seit 100 Jahren“ (Inter­view mit dem Sozi­olin­guis­ten Man­fred Glau­niger) (via @vilinthril, Hochdeutsch).
  • Für die aus­tralis­che Note: im südaus­tralis­chen Barossa Val­ley plant man so eine Art Revivalfes­ti­val des Deutschen, unter­stützt von der Uni­ver­si­ty of Ade­laide, berichtet HERALD SUN (Englisch).
  • Sprach­doku­men­ta­tion (weniger um, wie sug­geriert, ster­bende Sprachen notwendi­ger­weise „ret­ten“ zu wollen) mit mod­ern­er Tech­nik betreibt Steven Bird (siehe BS16/2013): ein Video bei ABC, weit­ere Links hat das LANGUAGE LOG (Englisch).
  • Das Insti­tut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim feierte ver­gan­gene Woche 50jähriges Beste­hen. Das Sprachlog grat­uliert und dankt für die gute Arbeit! Für unsere Leser/innen ver­linken wir einen — vom Anspruch her aber etwas arg run­tergekocht­en — Artikel im FOCUS, der mit dem Leit­er des IDS, Lud­wig M. Eichinger gesprochen hat.
  • Unser Ana­tol war auch wieder im Gespräch, dieses mal mit NPR und über Anglizis­men (Englisch). Con­tains angst.
  • Jack Grieve und Kolleg/innen grasen Twit­ter ab, um beliebte Wörter zu ent­deck­en (TELEGRAPH, Englisch). Vielle­icht was für die AdJ-Wahl?
  • 3SAT spricht in „Zwis­chen Twit­ter, Rap und Goethe“ mit Hein­rich Deter­ing, dem Präsi­den­ten der Akademie, die den Bericht zur Lage der deutschen Sprache her­aus­gegeben hat: eine inter­es­sante Per­spek­tive aus der Literaturwissenschaft.
  • Auch deshalb in eigen­er Sache reloaded reloaded: Die Sprachlo­gredak­tion hat wis­senschaftlich pub­liziert. Open access, free for all to enjoy (Deutsch).