Blogspektrogramm 2/2015

Von Susanne Flach

Wörter­wahlen, Wörter­wahlen, Wörter­wahlen, Wörter­wahlen, W– oh! Sprachver­fall, Mehrsprachigkeit, Sprachver­fall und… Wörter­wahlen. Viel Spaß bei vorüberge­hen­der Monokultur!

Blogspektrogramm 1/2015

Von Kristin Kopf

Ein fro­hes neues Jahr aller­seits! Wir fan­gen dies­mal selb­stre­f­eren­ziell mit Schätzen aus dem Sprachlog-Archiv an und haben dann eine Menge zu hören und zu sehen. Es geht um Poli­tik, Ästhetik, Wort­wahlen und Schimpfwörter — viel Spaß!

  • Im Sprachlog-Archiv find­et sich einiges zum Jahres­be­ginn, zum Beispiel die Erk­lärung, woher Prosit, wie in Prosit Neu­jahr! stammt oder, viel trick­re­ich­er, ety­mol­o­gis­che Über­legun­gen zum Guten Rutsch. Und wer sich auch dieses Jahr noch an in 2015 stört, kann mal hier klick­en.
  • Ist Deutsch eine hässliche Sprache? Eine Frage, vor der man als Lin­guistin rat­los ste­ht — was soll denn bitte Hässlichkeit sein? Wie will man das messen? Was haben Wer­turteile da über­haupt zu suchen? Bernd Brun­ner hat für den DEUTSCHLANDFUNK ein wenig nachgedacht: »Ist eine “harte” Sprache automa­tisch hässlich und eine “weiche” immer schön? Fühlen sich Men­schen, die selb­st hart klin­gende Sprachen sprechen, wom­öglich eher zu weich­er klin­gen­den hingezogen?«
  • Geht man nach der gemein­samen Auftreten­shäu­figkeit von Wörtern, sind beispiel­sweise die im Inter­net so beliebten Katzen schwarz, getigert, her­ren­los, klein, rol­lig oder tot – Mar­garete Stokows­ki überträgt diesen Blick in ihrer TAZ-Kolumne auf die Wörter Mann und Frau und zer­legt die deprim­ieren­den Ergebnisse.
  • Was zum Guck­en: Mar­tin Haase (NEUSPRECH-Blog) hat sich auf dem 31c3 die dig­i­tale Agen­da der Bun­desregierung aus, unter anderem, lin­guis­tis­ch­er Per­spek­tive ange­se­hen. (Etwas unschön die Pas­sage zu »Dep­pen­leerze­ichen«, die offen­sichtlich auf bil­lige Lach­er abzielt.)
  • Für LEXICON VALLEY haben Bob Garfield und Mike Vuo­lo Lexiko­grafInnen zu den englis­chen Wörtern des Jahres 2014 befragt: »Mer­ri­am-Web­ster chose cul­ture, Oxford select­ed vape, and Dictionary.com went with expo­sure. So how did three esteemed ref­er­ence works end up with three very dif­fer­ent Words of the Year? And why does Erin McK­ean of Wordnik.com avoid crown­ing a WOTY altogether?«
  •  Englis­che Schimpfwörter auf -shit: Was heißen sie und woher kom­men sie? Kory Stam­per hat für STRONG LANGUAGE nachgeschla­gen und stellt zum Beispiel fest: »go ape tends to imply a hap­py, usu­al­ly harm­less fren­zy, where­as go apeshit almost always refers to vio­lent or oth­er ill-man­nered explosions.«
  • Welche Sprachen wird die Welt im Jahr 2115 sprechen? Das weiß natür­lich nie­mand, aber John McWhort­er macht für das WALL STREET JOURNAL ein paar Vorher­sagen: »A trav­el­er to the future, a cen­tu­ry from now, is like­ly to notice two things about the lan­guage land­scape of Earth. One, there will be vast­ly few­er lan­guages. Two, lan­guages will often be less com­pli­cat­ed than they are today –– espe­cial­ly in how they are spo­ken as opposed to how they are written.«

Blogspektrogramm 52/2014

Von Susanne Flach

Es ist…— das let­zte Blogspek­tro­gramm in diesem Jahr! Da fahren wir nochmal gaaaanz groß auf mit Lese­be­fehlen zu Mythen bei Rechtschrei­bung, Sprachver­fall & Amtss­pachen, deutschen Kre­ol­sprachen, Cyber­at­tack­en, Mehrsprachigkeit & sowas wie ner Dialektkarte.

  • Nedad Nemić hat sich im öster­re­ichis­chen STANDARD dem „Sprachver­fall“ gewid­met, also genauer gesagt den Mythen des­sel­ben, die der Vor­sitzende der orthografis­chen Bischof­skon­ferenz, Hans Zehet­mair, diesen Monat — unter anderem hier zitiert — aufgewärmt hat.
  • Auch so’n Mythos: Deutsch als Amtssprache der USA. Leseempfehlung für die, die sich das nicht bei Wikipedia durch­le­sen wollen.
  • Was die Cyber­at­tacke auf Sony mit Lin­guis­tik zu tun hat? Voilà — die Gram­matik der Nachricht­en kommt bei Computerlinguist/innen auf den Prüf­s­tand, die NEW YORK TIMES berichtet.
  • Und wie pos­i­tiv auf ein­mal über Mehrsprachigkeit berichtet wer­den kann, wenn es um Englisch oder Franzö­sisch geht (und nicht um [häus­liche] Erst­sprachen von Migrant/innen), zeigt dieser Artikel in DIE WELT. Weniger eine akute Leseempfehlung, als ein Kontrastprogramm.
  • Péter Maitz von der Uni­ver­sität Augs­burg forscht zum Unserdeutsch in Papua-Neuguinea. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG berichtet. Leseempfehlung auch wegen der hüb­schen SZ-Grafik.
  • Wer Grun­didee und Moti­va­tion von Lann Horn­schei­dts Vorschlä­gen immer noch missver­ste­hen muss: hier ent­lang.
  • Für alle Linguist/innen (& die, die es noch wer­den wollen), die noch Fam­i­lien­trara um sich rumhaben und Argu­mente brauchen, wie sie ihre Beruf­swahl der Fam­i­lie verk­lick­ern wollen: diese Über­sicht bei ALL THINGS LINGUISTIC kön­nte helfen.
  • The Dude Map.

Sprachdatenrätsel: ’s Gribbili un’s Gripfli

Von Kristin Kopf

Nun hat­ten wir es erst vorgestern von der Krip­pen, da geht es schon heute mit dem sel­ben Wort in eine ganz andere Richtung:

Corpus delicti

Cor­pus Delicti

Zum Fest hat mein Vater die Wei­h­nacht­skrippe vom Spe­ich­er geholt und entstaubt — wir hat­ten die seit sich­er 15 Jahren nicht mehr aufgestellt. Da mein Vater gel­ern­ter Elek­tromeis­ter ist, besitzt unsere Krippe natür­lich auch Strom in Form zweier klein­er Glüh­bir­nen, die tat­säch­lich die ganze Zeit unbeschadet über­standen haben. Und da mein Brud­er seine Katzen mit­ge­bracht hat, war das Gras um die Krippe herum in kurz­er Zeit ziem­lich zer­fressen. All das bot aus­re­ichend Gele­gen­heit, über diese Wei­h­nacht­skrippe zu sprechen, und als dann am 24. beim Aben­dessen zum unge­fähr fün­fzig­sten Mal das Wort dafür fiel, wurde ich stutzig: Meine Eltern sprachen die ganze Zeit vom Grib­bili, also wörtlich ‘Krip­pelein’.

Zunächst mal war inter­es­sant, dass diese Verkleinerungs­form im ale­man­nis­chen Dialekt mein­er Eltern den Nor­mal­fall darstellt. Eine Wei­h­nacht­skrippe, darauf behar­rten sie eis­ern, kann man gar nicht ohne li-Endung (der dialek­tal­en Entsprechung von -lein) beze­ich­nen, es gibt keine Gribb. Also so wie Mäd­chen oder Eich­hörnchen im Stan­dard­deutschen, für die nutzt man auch keine unverklein­erte Form.

Dann war inter­es­sant, dass eine unchristliche Fut­terkrippe mit einem anderen Wort beze­ich­net wird: Gripf.

Und dann wurde es richtig span­nend: Weit­er­lesen

Ich steh’ an deiner Krippen hier

Von Kristin Kopf

Vielle­icht erin­nert sich ja die eine oder der andere hier noch an die lin­guis­tis­che Wei­h­nacht­slied­analyse anno 2008: Damals habe ich mir angeschaut, warum die Alten sun­gen und nicht san­gen und wieso die Kinder­lein kom­men sollen, nicht die Kindlein. In der diesjähri­gen Neuau­flage geht es um die Krip­pen, die uns dann nach eini­gen Schlenkern auch ver­rat­en wird, warum wir Elisen­le­bkuchen essen:

 Ich steh an dein­er Krip­pen hier,
O Jesulein, mein Leben,
Ich komme, bring und schenke dir,
Was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Muth, nimm alles hin,
Und laß dirs wohlgefallen.

(Und zum Anhören. Text: Paul Ger­hardt, 1656) ((Wer, wie ich, von der Melodie ver­wirrt ist: Da gibt es zwei.))

Jeder nur eine Krippe!

Ganz offen­sichtlich ist hier von nur ein­er Krippe die Rede — trotz­dem ste­ht da Krippen! Und beim weit­eren Durch­forsten des Lied­textes tauchen noch mehr solch­er Fälle auf:

Zur Seit­en will ich hie und dar / Viel weiße Lilien stecken

Suchst mein­er See­len Her­rlichkeit / Durch Elend und Armseligkeit

Was ist da los? Wenn wir die For­men nach der heuti­gen Gram­matik analysieren, ist alles klar: Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 51/2014

Von Kristin Kopf

Näch­ste Woche gibt es min­destens einen wei­h­nachtlichen Beitrag — aber heute benehmen wir uns hier noch ganz nor­mal und präsen­tieren Links zum Profx-Shit­storm, den Kan­di­daten­wörtern für den Anglizis­mus 2014, dem nieder­ländis­chen Wort des Jahres — wahrschein­lich über­dauern­der als das deutsche –, zu Kuhkäf­fern und zu den Prob­le­men, die man mit einem Dialekt an ein­er Uni haben kann. Einen schö­nen Son­ntag allerseits!

  • Lann Horn­schei­dt äußert sich in der ZEIT zum Shit­storm um die Bitte, als Profx angeschrieben zu wer­den, und zur Ein­teilung von Men­schen in zwei Geschlechter: »Das heißt ja nicht, dass es mor­gen keine Frauen und Män­ner mehr geben wird, son­dern dass ein unhin­ter­fragtes Akzep­tieren von Zweigeschlechtlichkeit ein Priv­i­leg sein kann. […] Da die gesellschaftlichen Machtver­hält­nisse und Verän­derun­gen so umfassend und dif­fus sind, ist es für viele ent­las­tend, endlich ein ‘per­sön­lich­es’ Ziel für ihre Wut und Verun­sicherung zu haben.« (Dazu auch noch ein­mal ein Ver­weis auf den hier bere­its ver­link­ten Artikel von Anto­nia Baum.)
  • Die Nominierungsphase für den ANGLIZISMUS DES JAHRES 2014 ist vor­bei — alle Kan­di­dat­en find­en Sie hier. Die Jury grü­belt und recher­chiert jet­zt und wird sich im Jan­u­ar mit span­nen­den Erken­nt­nis­sen wieder melden.
  • In den Nieder­lan­den gibt es nun auch ein Wort des Jahres 2014, berichtet NIEDERLANDENET: »Dagob­ert­duck­taks (dt. Dagob­ert-Duck-Steuer) hat die Abstim­mung zum Wort des Jahres 2014 gewon­nen. Mit diesem Wort beze­ich­net man scherzhaft Son­der­s­teuern auf das Ver­mö­gen von Superreichen.«
  • Wie nen­nt man ein enorm abgele­genes Dorf in Deutsch­land? Das unter­schei­det sich von Region zu Region — die ZEIT hat eine hüb­sche Karte aus Dat­en des AdA gemacht.
  • Wenn wir schon bei Dialek­ten und Dör­fern sind: Wer deut­lich region­al geprägte Sprache in offiziellen Kon­tex­ten benutzt, wird oft für dumm gehal­ten — das ist nicht nur in Deutsch­land so, son­dern auch in Großbri­tan­nien, wo sich Kate Edwards im TELEGRAPH kri­tisch dazu äußert: »Well, my accent’s stay­ing put. So what if it tells peo­ple where I’m from? I adore where I’m from. The peo­ple I love live there and they speak in the same way and I find it beau­ti­ful. If you glean from my accent that I come from a socio-eco­nom­i­cal­ly deprived area then, yes, I do. If you think less of me for where I come from; for how I speak; for choos­ing not to ‘drop’ my accent when I’m an aca­d­e­m­ic? Then you’ve got issues.« 

[Randnotiz] Geschenk gewonnen

Von Kristin Kopf

Die einge­hende Prü­fung der vie­len guten Ideen, wem man ein Ety­mo­log­icum zu Wei­h­nacht­en schenken kön­nte, war ganz schon schwierig — viele Müt­ter, Onkels, Fre­undin­nen der Cou­sine von Omas Nach­barin etc. hat­ten es redlich ver­di­ent. Auf der Short­list: Andreas, dessen Mit­be­wohner­in mit dem Kluge nicht glück­lich gewor­den ist, Klaas, dessen Schwest­er als Deutschlehrerin eine exzel­lente Mul­ti­p­lika­torin wäre und Zesyra, deren Fre­und sich seine eige­nen Ety­molo­gien aus­denkt und damit das gemein­same Kind zu schädi­gen dro­ht. Weil ich mich zwis­chen den dreien nicht entschei­den kon­nte, habe ich gelost, uuu­u­u­u­u­und … Zesyra hat gewon­nen! Bzw. ihr Fre­und. Ganz her­zlichen Glück­wun­sch — und danke an alle, die mit­gemacht haben!

Blogspektrogramm 50/2014

Von Susanne Flach

Die Debat­te in dieser Woche war von Sprache & Migra­tion bes­timmt. Wir liefern hier noch ein paar sin­nvolle Links aus dem Dic­kicht von Häme, Spott, Zus­tim­mung und „aber trotz­dem“. Wir erweit­ern die Liste gerne, weil wir möglicher­weise etwas den Überblick ver­loren haben:

Wort des Jahres: Lichtgrenze

Von Anatol Stefanowitsch

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat ein Prob­lem: Sie heißt nun ein­mal, nun ja, Gesellschaft für deutsche Sprache und muss deshalb ab und zu etwas zum The­ma „deutsche Sprache“ sagen. Das an sich wäre ja auch noch kein Problem.

Das Prob­lem ist, dass es ganz offen­sichtlich bei der Gesellschaft für deutsche Sprache nie­man­den gibt, der sich mit der deutschen Sprache ausken­nt, oder sich wenig­stens ein biss­chen für sie inter­essiert. Weit­er­lesen

Integration durch Sprachvorschriften?

Von Sprachlog

Die CSU wollte für ihren Parteitag Ende dieser Woche einen Lei­tantrag ein­brin­gen, nach dem Men­schen mit Migra­tionsh­in­ter­grund dazu „ange­hal­ten“ wer­den soll­ten, „im öffentlichen Raum und in der Fam­i­lie deutsch zu sprechen“. Hier die betr­e­f­fende Pas­sage im Zusam­men­hang: Weit­er­lesen