Schneeschmelze

Von Anatol Stefanowitsch

Eigentlich ist die ganze Geschichte Schnee von gestern: lange Zeit glaubte man, die Eski­mos ver­fügten über eine große Zahl von Wörtern für Schnee und ver­wies gerne und häu­fig auf diese ver­meintliche Tat­sache. Dann set­zte sich langsam die Erken­nt­nis durch, dass dies nicht der Fall ist. Eigentlich ist das schon alles und vie­len Men­schen ist nicht klar, warum uns das über­haupt inter­essieren sollte. Ich hätte das The­ma auch lieber ver­mieden, aber ein aktueller Anlass in der Blo­gosphäre (und das unver­hoffte Win­ter­wet­ter) zwin­gen mich nun, die Geschichte hier aufzu­greifen. Weit­er­lesen

Unwort des Jahres 2007

Von Anatol Stefanowitsch

Die Medi­en­präsenz der Sprach­wis­senschaft war diese Woche haupt­säch­lich durch die selb­ster­nan­nte „Unwort des Jahres“-Jury bes­timmt, die in diesem Jahr die frei­willige Aus­reise zum Unwort erko­ren hat. Als Sprach­wis­senschaftler kann man dazu eigentlich nicht viel sagen, denn die Sprach­wis­senschaft beschäftigt sich mit Unwörtern genau­sowenig, wie die Zoolo­gie mit Untieren oder die Math­e­matik mit Unsum­men. Die Begrün­dung der Jury hat dann mit Sprache auch nur wenig zu tun:

Frei­willige Aus­reise meint in Abgren­zung zum amtlichen Begriff Abschiebung, der Zwangs­maß­nah­men bein­hal­tet, die Kon­se­quenz aus der „inten­siv­en Beratung“ abgelehn­ter Asyl­be­wer­ber in den sog. Aus­reisezen­tren, die Bun­desre­pub­lik doch lieber von selb­st wieder zu ver­lassen. Die Frei­willigkeit ein­er solchen Aus­reise darf in vie­len Fällen bezweifelt werden.

Das macht den Begriff frei­willige Aus­reise allerd­ing nicht zu einem Unwort, son­dern zu ein­er Lüge. Und „Lügen haben kurze Beine“, das wusste schon meine Groß­mut­ter. Dafür braucht es keine Sprachwissenschaftler.

Kinderleichter Spracherwerb

Von Anatol Stefanowitsch

In den let­zten Tagen ging eine inter­es­sante Mel­dung zum frühkindlichen Fremd­sprache­nun­ter­richt durch die Presse: unter dem Ein­druck des „Pisa-Schocks“ schick­en immer mehr Eltern ihre Kinder — vom Säugling bis zum Vorschulkind — in Englis­chkurse. Die Kleinen sollen dort für das Über­leben in ein­er glob­al­isierten Welt fit gemacht werden.

(In Ameri­ka haben ähn­lich besorgte Eltern übri­gens eine andere Vorstel­lung davon, wer diese glob­al­isierte Welt dominieren wird und lassen ihre Kinder deshalb von chi­ne­sis­chen Kin­der­mäd­chen in deren Mut­ter­sprache betreuen oder schick­en sie in zweis­prachige englisch-chi­ne­sis­che Vorschulen.)

Aus der Poli­tik, die sich über so viel elter­lich­es Engage­ment doch eigentlich freuen sollte, kom­men nun war­nende Stim­men: Weit­er­lesen