Hatten Sie einen guten Rutsch?

Von Anatol Stefanowitsch

Zum Jahreswech­sel habe ich in vie­len Inter­netme­di­en die fol­gende dpa-Mel­dung gefun­den (zum Beispiel hier):

Ham­burg (dpa) — Der Wun­sch „Guten Rutsch!“ hat nichts mit Glat­teis zu tun Der Sil­vester-Gruß „Guten Rutsch!“ leit­et sich nach Ansicht viel­er Sprach­forsch­er vom hebräis­chen Wort für Neu­jahr ab: Rosch Haschana (Kopf/Anfang des Jahres).

Auf Jid­disch wird aus „Rosch“ ein „Rutsch“ — und das ist eines von vie­len Wörtern, die wie „mal­ochen“, „meschugge“, „Stuss“ oder „Zoff“ aus dem Jid­dis­chen ins Deutsche einge­flossen sind. Mit einem „guten Rutsch“ wün­scht man also einen „guten Anfang“.

Manche Wis­senschaftler leit­en den Sil­vester­wun­sch allerd­ings auch vom Gebrauch des Wortes „Rutsch“ für „Reise“ ab.

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Berufswünsche

Von Anatol Stefanowitsch

In der Online-Aus­gabe des Toron­to Star enthüllt Kylie Minogue einen inter­es­san­ten Berufswunsch:

Toron­to Star: If you weren’t singing and act­ing what would you be doing?

Kylie Minogue: In my oth­er life I would like to be a lin­guist. I am fas­ci­nat­ed by lan­guages.

Das passt gut. In meinem anderen Leben wäre ich gerne ein inter­na­tionaler Superstar.

Auf der konnotativen Leiter

Von Anatol Stefanowitsch

Vor den Feierta­gen habe ich ja eigentlich über den „Krieg gegen Wei­h­nacht­en“ und die Igno­ranz der­jeni­gen geschrieben, die ihn sich aus­gedacht haben. Aber weil ich neben­bei Mal­colm X als schwarzen Bürg­er­rechtler beze­ich­net habe, dreht die Diskus­sion des Beitrags sich nun haupt­säch­lich um die Frage, ob man das darf (eine ähn­liche, kurze Diskus­sion gab es schon ein­mal hier). Das The­ma ist also offen­sichtlich inter­es­sant genug, um sich ein­mal in einem eige­nen Beitrag damit zu befassen.

Das Prob­lem, vor das uns Begriffe wie Schwarz­er stellen, entste­ht durch einen Sprach­wan­del­prozess, den man in der Sprach­wis­senschaft als Pejo­ra­tion beze­ich­net — die Abw­er­tung der Bedeu­tung eines Wortes.

[Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beispiele ras­sis­tis­ch­er und sex­is­tis­ch­er Sprache.]
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Jahreszeitliche Grüße

Von Anatol Stefanowitsch

Ein­er Rei­he von Fir­men und öffentlichen Insti­tu­tio­nen in den USA ist aufge­fall­en, dass man in der heuti­gen Zeit noch nicht ein­mal mehr in den Vere­inigten Staat­en automa­tisch davon aus­ge­hen kann, es bei seinem Gegenüber mit einem Chris­ten zu tun zu haben, und dass es deshalb angemessen wäre, die Floskel Mer­ry Christ­mas („Fröh­liche Wei­h­nacht­en“) durch eine neu­tralere For­mulierung zu erset­zen — etwa Hap­py Hol­i­days (Fröh­liche Ferien) oder Season’s Greet­ings („Jahreszeitliche Grüße“) zu ersetzen.

Was für einen neu­tralen Beobachter wie eine vernün­ftige und gerechte Entschei­dung wirkt, ist für die fun­da­men­tal­is­tis­che christliche Rechte in den USA ein Grund, sich einen Krieg gegen Wei­h­nacht­en zusam­men­z­u­fan­tasieren. Man hat den leisen Ver­dacht, dass es sich bei diesem einge­bilde­ten Krieg um ein medi­al insze­niertes Spiegel­ge­fecht han­deln kön­nte, um von den sehr realen Kriegen abzu­lenken, die die USA in den let­zten Jahren geführt hat, aber darum soll es hier heute nicht gehen. Stattdessen würde ich mir wün­schen, dass die christlichen Fun­da­men­tal­is­ten wenig­stens ihre eigene Reli­gion und deren Tra­di­tio­nen ken­nen wür­den. Weit­er­lesen

Sprachnörgler: Eine kurze Typologie

Von Anatol Stefanowitsch

Es gibt drei Typen von Sprach­nör­glern. Als ich heute zum let­zten Mal vor Wei­h­nacht­en an der Uni war, habe ich sie alle drei in ein angeregtes Gespräch ver­wick­elt angetrof­fen — an ein­er Toilettenwand.

Aus­lös­er für den sprachkri­tis­chen Fachdiskurs war fol­gende Unmut­säußerung eines anony­men Stu­den­ten (Name der Beschimpften und ihres Fach­es geändert):

Fuck for Eri­ka Mustermann!!!

Weg mit der „Muster­fach-Hexe“

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Die Mamas und die Papas

Von Anatol Stefanowitsch

Der schot­tis­che Schrift­steller Craig Rus­sell schreibt Krim­i­nal­ro­mane, die in Ham­burg spie­len und deren Haupt­fig­ur ein Polizeikom­mis­sar mit deutsch-schot­tis­chem Fam­i­lien­hin­ter­grund ist. Die Romane (derzeit gibt es drei) sind denen, die psy­chol­o­gis­che Thriller mögen, wärm­stens zu empfehlen, aber darum geht es heute nicht.

Rus­sell webt eine Vielzahl deutsch­er Wörter in seinen englis­chen Text ein und offen­sichtlich spricht er sel­ber sehr gut Deutsch und hat einen guten Lek­tor, denn man erwis­cht ihn kaum bei sprach­lichen Miss­grif­f­en, wie sie son­st häu­fig bei Autoren zu find­en sind, die ihre Texte mit fremd­sprach­lichem Wort­ma­te­r­i­al garnieren.

Aber manch­mal find­en sich doch extrem sub­tile Hin­weise darauf, dass Rus­sell eventuell doch nicht alle Schat­tierun­gen der deutschen Sprache beherrscht. So ist mir heute in seinem zweit­en Roman, „Broth­er Grimm“, der fol­gende Abschnitt aufge­fall­en: Weit­er­lesen

Falsus in unum, falsus in omnibus

Von Anatol Stefanowitsch

Aus ein­er alltäglichen Per­spek­tive ist das Latein schon deshalb unin­ter­es­san­ter als andere Sprachen, weil es im Prinzip eine tote Sprache ist — auch wenn sie in ein­er sehr eingeschränk­ten Funk­tion, als Amtssprache des Vatikan, kün­stlich am Leben gehal­ten wird. 

Aus sprach­wis­senschaftlich­er Sicht ist das Latein zunächst eine Sprache wie alle anderen. Für Sprach­wis­senschaftler, die sich mit den mod­er­nen Nachkom­men dieser Sprache befassen, ist es natür­lich ein Glücks­fall, dass sie recht umfan­gre­ich doku­men­tiert ist. Für alle anderen ist sie als Objekt sprach­wis­senschaftlich­er Stu­di­en sich­er etwas weniger inter­es­sant als lebendi­ge Sprachen, weil ihr die Mut­ter­sprach­ler fehlen (für Lin­guis­ten ist die Arbeit mit Mut­ter­sprach­lern ein unverzicht­bares Werkzeug), weil die Gesamt­menge der in dieser Sprache vor­liegen­den Texte beschränkt ist und weil sie sich nicht mehr weit­er­en­twick­eln kann. Trotz­dem — grund­sät­zlich ist sie uns gle­ich viel Wert. Weit­er­lesen

Wie man den Nobelpreis nicht gewinnt

Von Anatol Stefanowitsch

Doris, Doris, ich bin ent­täuscht von dir. Da bekommst du den Lit­er­aturnobel­preis ver­liehen und erhältst die Chance, der Welt deine Gedanken mitzuteilen, und dann fällt dir nichts besseres ein, als dich über die ange­bliche „Lese­faul­heit“ der Jugend in der „reichen Welt“ auszu­lassen. Und die Medi­en greifen das natür­lich dankbar auf: Weit­er­lesen

Netzplauderei

Von Anatol Stefanowitsch

Das kalte Win­ter­wet­ter und die Arbeit­slast machen mir immer noch zu schaf­fen. Wie gut ist es da, dass es die „Aktion Lebendi­ges Deutsch“ gibt, die zuver­läs­sig ein­mal im Monat für gute Laune sorgt.

Im lezten Monat war eine Alter­na­tive für chat­ten gesucht. Ich hat­te hier das Schlimm­ste befürchtet, näm­lich, dass der Alther­ren­club mit der Sprachkri­tik auch Kri­tik an der Kul­turtech­nik Inter­net verknüpfen würde, so wie es der „Anglizis­menin­dex“ des VdS tut. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht gekom­men: Weit­er­lesen

Sex sells words?

Von Kristin Kopf

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Bei Youtube gibt es höchst skur­rile Ety­molo­gie-Videos in Kom­bi­na­tion mit grauen­vollem Akzent und viel nack­ter Haut — Sprach­wis­senschaft mal anders:
http://www.youtube.com/user/hotforwords