Im November haben wir hier im Blog den von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften herausgegebenen Band Reichtum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache in drei Blogbeiträgen diskutiert [Teil 1 von Anatol, Teil 2 von Susanne, Teil 3 von Kristin]. Da wir den Band ja sowieso gelesen hatten, haben wir uns entschieden, ihn auch gleich richtig zu rezensieren. Das Ergebnis ist nun in zwei Teilen in der Zeitschrift für Rezensionen zur germanistischen Sprachwissenschaft erschienen, und da das eine Open-Access-Zeitschrift ist, steht allen interessierten Leser/innen ab sofort sowohl unsere inhaltliche Rezension des Berichts als auch unsere Bewertung seiner Öffentlichkeitstauglichkeit und ‑wirksamkeit frei zur Verfügung. Das wird übrigens nicht das einzige Mal bleiben, dass aus dem Sprachlog gemeinsame Fachveröffentlichungen entstehen, aber dazu ein andermal mehr.
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[Buchtipp] Heike Wiese: Kiezdeutsch. Ein neuer Dialekt entsteht
Heute will ich euch Heike Wieses »Kiezdeutsch. Ein neuer Dialekt entsteht« empfehlen. Viele von euch werden in den letzten Wochen in den Medien etwas zum Thema aufgeschnappt haben – im Rahmen der Buchpublikation wurde Frau Wiese oft interviewt und rezensiert. Sie forscht und schreibt nämlich über ein Thema, bei dem die Emotionen hochkochen und manchen beim Geifern der Schaum aus dem Mund schlägt: Über eine sprachliche Varietät, die sie Kiezdeutsch nennt.
Kiezdeutsch ist eine Jugendsprache, die sich in multiethnischen Wohnvierteln besonders in Berlin, also z.B. Kreuzberg und Neukölln, herausgebildet hat. Von anderen Jugendsprachen unterscheidet sie sich dadurch, dass sehr viele der SprecherInnen zwei- oder mehrsprachig aufwachsen – aber nicht alle: Weiterlesen
Guy Deutscher — Der mit dem Whorf tanzt*
Beginnen wir den Neuanfang mit einem Kaufbefehl. Da die Weihnachtszeit vor der Tür steht und der ein oder die andere schon nach einem Geschenk sucht, hier ein Tipp aus der Sprachwissenschaft. Während der Lektüre von Im Spiegel der Sprache von Guy Deutscher ertappte ich mich nämlich immer wieder bei einem Gedanken: this guy will this year’s christmas shopping very easy.
Anders angefangen: Die Sprachwissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten einige — aus unserer Sicht — recht ungewöhnliche Entdeckung gemacht. Ungewöhnlich für uns, weil das, was wir natürlich finden, nicht immer natürlich für Sprecher anderer Sprachen ist. Wenn man beispielsweise Sprechern europäischer Sprachen Bilder einer Geschichte vorlegt und sie bittet, die Bilder in die richtige Reihenfolge zu bringen, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass sie sie von links nach rechts legen. Muttersprachler des Hebräischen legen sie tendenziell von rechts nach links (Fuhrmann & Boroditsky 2010). Das mag man ja noch mit der Richtung ihrer Schriftsprache erklären können. Aber Sprecher einer australischen Sprache legen mal von links nach rechts, mal von oben nach unten und umgekehrt. Wer sich das augenscheinliche Chaos genauer ansieht, stellt fest, dass sie die Bildergeschichte von Ost nach West erzählen (Boroditsky 2009).
Ups!