Vor einiger Zeit habe ich der dpa ein kurzes Interview zu langen Wörtern im Allgemeinen gegeben, und anlässlich der Aufhebung des Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetzes (das war nämlich eins der längsten orthografischen Wörter des Deutschen) sind Teile dieses Interviews nun als Teil der dpa-Meldung über die Aufhebung des Gesetzes erschienen, nachzulesen z.B. auf Spiegel Online. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Kommentare
Shitstormgeburtstag
Seit wir 2011 Shitstorm zum Anglizismus des Jahres gewählt haben, vergeht kaum eine Woche, in der ich meinen Namen nicht irgendwo in Verbindung mit diesem Wort lesen darf. Wann immer ein Shitstorm diskutiert wird, finden sich in einem Nebensatz oder in einem erklärenden Kasten ein Hinweis auf unsere Wahl und ein oder zwei Zitate von mir. Obwohl ich leicht zu erreichen bin, sind diese Zitate normalerweise alt und stammen aus Pressemitteilungen oder Interviews, und nicht aus meiner Laudatio oder Susannes exzellenten Beiträgen zu diesem Wort. ((Wobei hier ein Lob an die Wikipedia angemessen ist, die sich in dem Eintrag zu diesem Wort in wichtigen Punkten auf unsere Recherchen stützt.)) So auch heute, wo eine Pressemeldung der dpa den 50. Geburtstag des Wortes bekannt gibt (abgedruckt z.B. in der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung unter der Überschrift „Vermeintlich neues Wort“): Weiterlesen
Von alten Säcken und alten Damen
Es fällt der taz in letzter Zeit sichtlich immer schwerer, das eigene Niveau noch zu unterbieten, aber Matthias Lohre ist es diese Woche wieder einmal gelungen: Er hat einen Text verfasst, der so unterirdisch verblödet und so unglaublich schlecht recherchiert ist, dass man ernsthafte Zweifel hegen muss, ob Texte bei der taz einen redaktionellen Prozess durchlaufen, bevor sie freigeschaltet werden.
Eine „neue Form der Diskriminierung“ will der Kolumnist gefunden haben, eine, die er – offenkundig ganz ohne sich mühsam mit der Forschungsliteratur zu Diskriminierung zu befassen, mit inspiriert-beschwingtem Federstrich „Altersgeschlechtsdiskriminierung“ nennt. Und die treffe — wait for it — „ausschließlich Männer, alte Männer“.
Für eine derartig absurde Behauptung dürften die für gesellschaftliche Diskriminierung vermutlich überdurchschnittlich sensibilisierten LeserInnen der taz überwältigend überzeugende Belege erwarten. Und diese Erwartung wird umgehend mit einer Konsequenz enttäuscht, wie sie derzeit nur die taz an den Tag legen kann. Und da die Belege rein sprachlicher Natur sind, greife ich sie im Sprachlog kurz auf, obwohl Felis die wesentliche Antwort bereits geliefert hat.
[Hinweis: Der folgende Text enthält Beispiele sexistischer und altersdiskriminierender Sprache.] Weiterlesen
In Memoriam Douglas Adams
Heute wäre der große Douglas Adams 61 Jahre alt geworden. Mir bleibt er natürlich als großartiger Science-Fiction-Autor, aber vor allem als genialer Wort- bzw. Bedeutungsschöpfer in Erinnerung. In The Meaning of Liff recycelt er Ortsnamen, um Bedeutungen ein Wort zu geben, die bislang keines haben. ((Es gibt auch eine deutsche Übersetzung, Der Sinn des Labenz von Sven Böttcher; außerdem betreibt Kilian Evang vom „Texttheater“ eine Webseite, auf der er sogenannte „Labenze“ sammelt.))
Um seiner zu gedenken, biete ich hier drei eigene Zweitverwertungen überflüssiger Ortsnamen an. Ich würde mich natürlich freuen, wenn Leser/innen des Sprachlogs zusätzliche selbst ausgedachte Vorschläge beisteuern.
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And the Winner is: Crowdfunding!
Zugegeben, der Anglizismus des Jahres 2012 scheint zunächst deutlich weniger spektakulär daherzukommen als sein Vorgänger, der Shitstorm (es ist zum Beispiel unwahrscheinlich, dass sich in absehbarer Zeit jemand für seine Mithilfe bei dessen Verbreitung entschuldigen wird). Aber der bescheidene Anschein täuscht, denn sowohl das Wort Crowdfunding, als auch das, was es bezeichnet, haben es in sich.
Zunächst zum Bezeichneten: Während der Shitstorm bei allem Positiven, das er im Einzelfall bewirken kann, eher für die destruktiven Kräfte des World Wide Web steht, zeigt das Crowdfunding das produktive Potenzial der vernetzten Kultur des Netzes: Wer eine gute Idee für ein Produkt, ein Kunstprojekt oder einen guten Zweck hat, braucht sich dank der seit einigen Jahren entstehenden Crowdfunding-Plattformen weder mit Banken oder Risikokapitalisten herumzuärgern, noch muss er oder sie sich mit der Sammelbüchse auf den Marktplatz stellen. Stattdessen wird das Projekt mittels lieb gewonnener Praktiken wie Youtube-Videos und Blogbeiträgen möglichst eingängig vorgestellt, und alle, die es umgesetzt sehen möchten, können sich mit Summen daran beteiligen, die von einem Sammelbüchseneuro bis zu mehreren tausend Risikokapitaleuros rangieren können. Abgewickelt unbürokratisch mit ein paar Klicks auf einer Webseite. Weiterlesen
Rassismus „Rassismus“ nennen
Nur ein paar Worte und ein Lektüretipp zu einem Thema, zu dem eigentlich alles gesagt ist, das aber offensichtlich sehr schwer zu verstehen ist.
[Hinweis: Der folgende Beitrag enthält Beispiele rassistischer und behindertenfeindlicher Sprache.] Weiterlesen
Log in for Sprachschutz
Alle Wege führen zum Sprachlog! Deshalb begrüßen wir die ZDFinfo-Zuschauer/innen, die über Anatols Besuch in der Sendung login hierher gespült wurden. Und für den Fall, dass Sie diese Unterrichtsstunde zum Klassiker der Apokalypsethemen verpasst haben, können Sie seit heute morgen in der Mediathek Ihre Hausaufgaben nachholen (und das Chatprotokoll von nach der Sendung). Möglicherweise stellen Sie sich danach aber die Frage, wer eigentlich „gewonnen“ hat, wenn man so will. Zwar „kippte“ die Stimmung unter den Zuschauer/innen während der Sendung zugunsten der sachlichen Diskussionsführung. Erstaunlich ist aber, dass die Gegenseite gewohnt argumentfrei, unerwartet schlecht vorbereitet und mit einem vorhersagbaren Plattitüdenbingo immer noch 43% der Publikumsgunst auf sich ziehen konnte.
Aber der Reihe nach.
Das Wortwahl-Abo
Das „Unwort des Jahres 2012“ ist Opfer-Abo. Gestern hat die Jury um die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich von der Technischen Universität Darmstadt bekannt gegeben, dass man heute auf einer Pressekonferenz das Gewinnerwort bekannt geben wird. Dementsprechend hoch war dann heute morgen die Quote der EIL-Meldungen. Weiterlesen
Wissenschafts(unterrichts)sprache Deutsch
Anfang Dezember machte wieder mal die Panikmache vor dem Aus des Deutschen als Wissenschaftssprache die Runde (z.B. hier in einem Beitrag auf DRadio). Darin wird in einem Nebensatz des Arguments „fehlender Mehrsprachigkeit“ mal wieder gemault, dass beim Aussterben des Deutschen in der Wissenschaft gleich auch die Hochschulunterrichtssprache Deutsch bedroht ist.
Saure Pflaumen
Wolfgang Thierse hat sich ja in den letzten Tagen etwas unbeliebt gemacht. Auf die Nachfrage eines Interviewers der Berliner Morgenpost, ob er dem „Nachbarschaftsmix mit den vielen Schwaben und Latte-Macchiato-Muttis“ etwas abgewinnen könne, verteidigte er zunächst netterweise die Muttis (bzw. die Eltern allgemein), was aber in der Folge niemanden interessierte, und „kritisierte“ dann die Schwaben dafür, dass sie erst nach Berlin zögen, „weil alles so bunt und so abenteuerlich und so quirlig“ sei, dann aber nach einer gewissen Zeit versuchen würden, Berlin in die „Kleinstadt mit Kehrwoche“ zu verwandeln, aus der sie eigentlich entfliehen wollten.
Schwaben-Bashing wirft man ihm dafür vor und stellt seine Bemerkung auf eine Ebene mit Ausländerfeindlichkeit. Den Kontext ignoriert man dabei ebenso, wie die Tatsache, dass die „Schwaben“ nicht lange zögerten, Thierses Worte nachträglich zu rechtfertigen, in dem sie für sich in Anspruch nahmen, den Berliner/innen über den Länderfinanzausgleich überhaupt erst eine menschenwürdige Lebensqualität zu ermöglichen (Oettinger), und „Dankbarkeit“ einzufordern (Özdemir). Weiterlesen