Archiv der Kategorie: Kommentare

Das längste Wort

Von Anatol Stefanowitsch

Vor einiger Zeit habe ich der dpa ein kurzes Inter­view zu lan­gen Wörtern im All­ge­meinen gegeben, und anlässlich der Aufhe­bung des Rin­der­ken­n­ze­ich­­nungs- und Rind­fleisch­eti­ket­tie­rungs­über­wa­chungs­auf­ga­ben­über­tra­gungs­ge­setzes (das war näm­lich eins der läng­sten orthografis­chen Wörter des Deutschen) sind Teile dieses Inter­views nun als Teil der dpa-Mel­dung über die Aufhe­bung des Geset­zes erschienen, nachzule­sen z.B. auf Spiegel Online. Weit­er­lesen

Shitstormgeburtstag

Von Anatol Stefanowitsch

Seit wir 2011 Shit­storm zum Anglizis­mus des Jahres gewählt haben, verge­ht kaum eine Woche, in der ich meinen Namen nicht irgend­wo in Verbindung mit diesem Wort lesen darf. Wann immer ein Shit­storm disku­tiert wird, find­en sich in einem Neben­satz oder in einem erk­lären­den Kas­ten ein Hin­weis auf unsere Wahl und ein oder zwei Zitate von mir. Obwohl ich leicht zu erre­ichen bin, sind diese Zitate nor­maler­weise alt und stam­men aus Pressemit­teilun­gen oder Inter­views, und nicht aus mein­er Lau­da­tio oder Susannes exzel­len­ten Beiträ­gen zu diesem Wort. ((Wobei hier ein Lob an die Wikipedia angemessen ist, die sich in dem Ein­trag zu diesem Wort in wichti­gen Punk­ten auf unsere Recherchen stützt.)) So auch heute, wo eine Pressemel­dung der dpa den 50. Geburt­stag des Wortes bekan­nt gibt (abge­druckt z.B. in der Wolfs­burg­er All­ge­meinen Zeitung unter der Über­schrift „Ver­meintlich neues Wort“): Weit­er­lesen

Von alten Säcken und alten Damen

Von Anatol Stefanowitsch

Es fällt der taz in let­zter Zeit sichtlich immer schw­er­er, das eigene Niveau noch zu unter­bi­eten, aber Matthias Lohre ist es diese Woche wieder ein­mal gelun­gen: Er hat einen Text ver­fasst, der so unterirdisch verblödet und so unglaublich schlecht recher­chiert ist, dass man ern­sthafte Zweifel hegen muss, ob Texte bei der taz einen redak­tionellen Prozess durch­laufen, bevor sie freigeschal­tet werden.

Eine „neue Form der Diskri­m­inierung“ will der Kolum­nist gefun­den haben, eine, die er – offenkundig ganz ohne sich müh­sam mit der Forschungslit­er­atur zu Diskri­m­inierung zu befassen, mit inspiri­ert-beschwingtem Fed­er­strich „Alters­geschlechts­diskri­m­inierung“ nen­nt. Und die tre­ffe — wait for it — „auss­chließlich Män­ner, alte Männer“.

Für eine der­ar­tig absurde Behaup­tung dürften die für gesellschaftliche Diskri­m­inierung ver­mut­lich über­durch­schnit­tlich sen­si­bil­isierten LeserIn­nen der taz über­wälti­gend überzeu­gende Belege erwarten. Und diese Erwartung wird umge­hend mit ein­er Kon­se­quenz ent­täuscht, wie sie derzeit nur die taz an den Tag leg­en kann. Und da die Belege rein sprach­lich­er Natur sind, greife ich sie im Sprachlog kurz auf, obwohl Felis die wesentliche Antwort bere­its geliefert hat.

[Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beispiele sex­is­tis­ch­er und alters­diskri­m­inieren­der Sprache.] Weit­er­lesen

In Memoriam Douglas Adams

Von Anatol Stefanowitsch

Heute wäre der große Dou­glas Adams 61 Jahre alt gewor­den. Mir bleibt er natür­lich als großar­tiger Sci­ence-Fic­tion-Autor, aber vor allem als genialer Wort- bzw. Bedeu­tungss­chöpfer in Erin­nerung. In The Mean­ing of Liff recycelt er Ort­sna­men, um Bedeu­tun­gen ein Wort zu geben, die bis­lang keines haben. ((Es gibt auch eine deutsche Über­set­zung, Der Sinn des Labenz von Sven Böttch­er; außer­dem betreibt Kil­ian Evang vom „Textthe­ater“ eine Web­seite, auf der er soge­nan­nte „Laben­ze“ sammelt.))

Um sein­er zu gedenken, biete ich hier drei eigene Zweitver­w­er­tun­gen über­flüs­siger Ort­sna­men an. Ich würde mich natür­lich freuen, wenn Leser/innen des Sprachlogs zusät­zliche selb­st aus­gedachte Vorschläge beisteuern.
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And the Winner is: Crowdfunding!

Von Anatol Stefanowitsch

Zugegeben, der Anglizis­mus des Jahres 2012 scheint zunächst deut­lich weniger spek­takulär daherzukom­men als sein Vorgänger, der Shit­storm (es ist zum Beispiel unwahrschein­lich, dass sich in abse­hbar­er Zeit jemand für seine Mith­il­fe bei dessen Ver­bre­itung entschuldigen wird). Aber der beschei­dene Anschein täuscht, denn sowohl das Wort Crowd­fund­ing, als auch das, was es beze­ich­net, haben es in sich.

Zunächst zum Beze­ich­neten: Während der Shit­storm bei allem Pos­i­tiv­en, das er im Einzelfall bewirken kann, eher für die destruk­tiv­en Kräfte des World Wide Web ste­ht, zeigt das Crowd­fund­ing das pro­duk­tive Poten­zial der ver­net­zten Kul­tur des Net­zes: Wer eine gute Idee für ein Pro­dukt, ein Kun­st­pro­jekt oder einen guten Zweck hat, braucht sich dank der seit eini­gen Jahren entste­hen­den Crowd­fund­ing-Plat­tfor­men wed­er mit Banken oder Risikokap­i­tal­is­ten herumzuärg­ern, noch muss er oder sie sich mit der Sam­mel­büchse auf den Mark­t­platz stellen. Stattdessen wird das Pro­jekt mit­tels lieb gewonnen­er Prak­tiken wie Youtube-Videos und Blog­beiträ­gen möglichst eingängig vorgestellt, und alle, die es umge­set­zt sehen möcht­en, kön­nen sich mit Sum­men daran beteili­gen, die von einem Sam­mel­büch­seneu­ro bis zu mehreren tausend Risikokap­i­taleu­ros rang­ieren kön­nen. Abgewick­elt unbürokratisch mit ein paar Klicks auf ein­er Web­seite. Weit­er­lesen

Log in for Sprachschutz

Von Susanne Flach

Alle Wege führen zum Sprachlog! Deshalb begrüßen wir die ZDFin­fo-Zuschauer/in­nen, die über Ana­tols Besuch in der Sendung login hier­her gespült wur­den. Und für den Fall, dass Sie diese Unter­richtsstunde zum Klas­sik­er der Apoka­lypsethe­men ver­passt haben, kön­nen Sie seit heute mor­gen in der Mediathek Ihre Hausauf­gaben nach­holen (und das Chat­pro­tokoll von nach der Sendung). Möglicher­weise stellen Sie sich danach aber die Frage, wer eigentlich „gewon­nen“ hat, wenn man so will. Zwar „kippte“ die Stim­mung unter den Zuschauer/innen während der Sendung zugun­sten der sach­lichen Diskus­sions­führung. Erstaunlich ist aber, dass die Gegen­seite gewohnt argu­ment­frei, uner­wartet schlecht vor­bere­it­et und mit einem vorher­sag­baren Plat­titü­den­bin­go immer noch 43% der Pub­likums­gun­st auf sich ziehen konnte. 

Aber der Rei­he nach.

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Das Wortwahl-Abo

Von Susanne Flach

Das „Unwort des Jahres 2012“ ist Opfer-Abo. Gestern hat die Jury um die Sprach­wis­senschaft­lerin Nina Janich von der Tech­nis­chen Uni­ver­sität Darm­stadt bekan­nt gegeben, dass man heute auf ein­er Pressekon­ferenz das Gewin­ner­wort bekan­nt geben wird. Dementsprechend hoch war dann heute mor­gen die Quote der EIL-Mel­dun­gen. Weit­er­lesen

Wissenschafts(unterrichts)sprache Deutsch

Von Susanne Flach

Anfang Dezem­ber machte wieder mal die Panikmache vor dem Aus des Deutschen als Wis­senschaftssprache die Runde (z.B. hier in einem Beitrag auf DRa­dio). Darin wird in einem Neben­satz des Argu­ments „fehlen­der Mehrsprachigkeit“ mal wieder gemault, dass beim Ausster­ben des Deutschen in der Wis­senschaft gle­ich auch die Hochschu­lun­ter­richtssprache Deutsch bedro­ht ist.

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Saure Pflaumen

Von Anatol Stefanowitsch

Wolf­gang Thierse hat sich ja in den let­zten Tagen etwas unbe­liebt gemacht. Auf die Nach­frage eines Inter­view­ers der Berlin­er Mor­gen­post, ob er dem „Nach­barschaftsmix mit den vie­len Schwaben und Lat­te-Mac­chi­a­to-Mut­tis“ etwas abgewin­nen könne, vertei­digte er zunächst net­ter­weise die Mut­tis (bzw. die Eltern all­ge­mein), was aber in der Folge nie­man­den inter­essierte, und „kri­tisierte“ dann die Schwaben dafür, dass sie erst nach Berlin zögen, „weil alles so bunt und so aben­teuer­lich und so quirlig“ sei, dann aber nach ein­er gewis­sen Zeit ver­suchen wür­den, Berlin in die „Kle­in­stadt mit Kehrwoche“ zu ver­wan­deln, aus der sie eigentlich ent­fliehen wollten.

Schwaben-Bash­ing wirft man ihm dafür vor und stellt seine Bemerkung auf eine Ebene mit Aus­län­der­feindlichkeit. Den Kon­text ignori­ert man dabei eben­so, wie die Tat­sache, dass die „Schwaben“ nicht lange zögerten, Thiers­es Worte nachträglich zu recht­fer­ti­gen, in dem sie für sich in Anspruch nah­men, den Berliner/innen über den Län­der­fi­nan­zaus­gle­ich über­haupt erst eine men­schen­würdi­ge Leben­squal­ität zu ermöglichen (Oet­tinger), und „Dankbarkeit“ einzu­fordern (Özdemir). Weit­er­lesen