Archiv der Kategorie: Decaf

In dieser Kat­e­gorie befind­en sich Susanne Flachs Beiträge aus dem *decaf-Blog (2010–2012)

Quelle versiegt

Von Susanne Flach

Jed­er Sech­ste von Zehn Euro kommt über das Online hinein. (Thomas Voigt von der Otto-Gruppe in einem Tages­the­men­beitrag über die Quelle-Pleite.)

Wenn die bei Quelle ähn­lich wider­sprüch­liche Ken­nt­nisse über ihre Wirtschafts­dat­en hat­ten, wundert’s ja nich so sehr.

Ein Sech­s­tel ist immer­hin weit weniger als etwas mehr über der Hälfte.

Humor II

Von Susanne Flach

…und manch­mal sind die Schreiber unfrei­willig komisch:

I hope you will Improve your Self at School and Study the Eng­lish Gra­mar as your Let­ter is bad­ly Spelt. [Ulster, 1818]

schreibt jemand, der unter anderem auch solche Stil­blüten von sich gibt:

Neaver the Less I must Acknowl­edge Ire­land is by no means to be Com­paired to Amer­i­ca {.} I must be Con­tent to Lay my Boanes with my Ans­es­ters as I hive No fam­ly at pre­sant [Ulster, 1820]

Da gibt’s orthografisch aber Schlimmeres.

Humor

Von Susanne Flach

Die Dat­en für meine Unter­suchung beziehe ich aus einem Kor­pus, der zum über­wiegen­den Teil aus Briefen von und nach Irland beste­ht. Die Briefe wur­den zwis­chen 1675 und 1931 von meist min­i­mal­st­ge­bilde­ten Auswan­der­ern oder deren zurück­ge­bliebe­nen Fam­i­lien­mit­gliedern geschrieben. Darin tritt die ganze Band­bre­ite der Dra­men zu Tage, die sich damals zuge­tra­gen haben: die Hunger­snot von 1845–1849, irische Erfahrun­gen im Bürg­erkrieg (im eige­nen Land oder in Ameri­ka), die teil­weise nieder­schmettern­den Erfahrung der Auswan­der­er — und nicht vergessen darf man die Fam­i­lien­tren­nun­gen, die damals in den aller­meis­ten Fällen endgültig war.

Ja, aber manch­mal find­et man auch ein wenig Humor:

the sailors always say when a breeze gets up god help the poor souls ashore to night {.} prob­a­bly they did not say that aboard the Titan­ic [Ade­laide, Aus­tralien, May 13, 1912]

Da kommt noch mehr.

Westerwave and The Aufschwung

Von Susanne Flach

Ich gehöre ganz bes­timmt zu den­jeni­gen, die sich jet­zt eins ins Fäustchen kich­ern — und genüßlich dabei zuse­hen, wie Jour­naille und Web‑2.0‑Gemeinde Gui­do West­er­welle im Wech­sel mit Häme über­schüt­ten. Mit sein­er lei­dlich geschick­ten Reak­tion auf die Anfrage eines BBC-Reporters beschäftigt sich unter einem sprach­wis­senschaftlichen Aspekt heute das Bre­mer Sprach­blog.

Schon machen Videos die Runde, die sich an West­er­welles schwachen Englis­chken­nt­nis­sen ergötzen: auf die Frage eines jun­gen Osteu­ropäers, was Osteu­ropa von der deutschen Erfahrung mit dem Frieden ler­nen kön­nte, antwortet West­er­welle:

The fall of the wall… There has been so much dynam­ic in the new mem­bers of the Euro­pean Union. And I do not mean only the eco­nom­ic dynam­ic, I mean the dynam­ic of the soci­ety. If I would com­pare this some­times to the old EU 50 [das sehen wir ihm nach, weil wir davon aus­ge­hen, dass auch ein FDP-Chef weiß, wieviele Mit­gliedsstaat­en die EU vor Mai 2004 hat­te], we could learn that the [queue] for a suc­cess­ful wel­fare state, a suc­cess­ful econ­o­my is the dynam­ic of the soci­ety is the will to reach very ambi­tious aims and per­haps this is some­thing what we in the last years lost in our men­tal­i­ty or lost too much in our men­tal­i­ty. For exam­ple, if I look to what we got today, we got today the new unem­ploy­ment rates and when I lis­ten to the gov­ern­ment and I hear there that 11 per­cent or 10.8 per­cent unem­ploy­ment rate and “Der Auf­schwung ist da”, this is not ambi­tious enough. The aim, for exam­ple for the Ger­man soci­ety, should not be to come from the last place with the growth rates in the Euro­pean Union to the sec­ond last or third last. Our aim, our issue should be to reach once again the top again. And this is what we can learn, I think, at the moment, much more.”

Diese Tran­skrip­tion — begün­stigt durch das stock­ende Englisch — kostete mich zwei Video­durch­läufe (und einen davon zum Kor­rek­turlesen). Und ver­mut­lich ist meine Inter­punk­tion auch ein wenig vorteilss­tif­tend für Her­rn West­er­welle. Das ist jet­zt zwar kein sprach­lich-kün­st­lerisch­er Erguss, aber bis auf ein paar gram­matikalis­che Patzer und ein­er oft­mals unglück­lichen Wort­wahl ist das nicht das schlecht­este, da gibt’s mehr Stoiberis­men in deutsch­er Sprache.

Und mal Hand aufs Herz — das ist lediglich die um polemis­che Phrasendrescherei bere­inigte Ver­sion eines Vor­trags in deutsch­er Sprache. Ihr glaubt doch nicht ern­sthaft, dass diese Pas­sage — hätte er die Frage auf Deutsch beant­wortet — nur einen Hauch mehr Inhalt gehabt hätte, als ein wahlkampfgeprägter Reflex der Marke Die gegen­wär­tige Regierung beschönigt die neuen Arbeits­mark­tzahlen. Die Antwort auf die Frage, was Osteu­ropa von Deutsch­land ler­nen kön­nte, war es so oder so nicht.

Außer­dem offen­bart es einen weit­eren Aspekt, der mir in mein­er neben­beru­flichen Über­set­zertätigkeit immer wieder begeg­net: Ein über­set­zter Text kann immer nur so gut sein, wie das Orig­i­nal. Das war jet­zt ernst gemeint — ver­mut­lich fällt vie­len, die sich über Her­rn West­er­welles Englisch amüsieren, erst jet­zt wirk­lich auf, welchen Müll er von sich gibt — wom­it ich nie­man­dem unter­stelle, West­er­welles polemis­ches Blafasel von der Leis­tungs­ge­sellschaft nicht auch auf Deutsch für aus­gemacht­en Blödsinn zu hal­ten. In Über­set­zun­gen habe ich das oft: schlechte Texte und sin­nentleerte Phrasen, schön­klin­gend und unübersetzbar.

Naja, und wenn ich mich aus dem Fen­ster lehnen wollte, würde ich auch die kühne Behaup­tung auf­stellen, dass einige der jet­zi­gen Hämekü­belum­dreher mit dem oben tran­skri­bierten Text ihre — nicht in West­er­welles Englisch fußen­den — Ver­ständ­nis­prob­leme hät­ten, aber das würde meinem Belus­ti­gungs­drang doch sehr ent­ge­gen­wirken. Obgle­ich sich die Webge­mein­schaft da uneins ist, ob’s Hel­mut Kohl zu Mag­gie Thatch­er oder Hein­rich Lübke zur Queen gesagt oder irgen­dein Kabaret­tist erfun­den hat — aber der amüsan­teste Sprach­panch­er ist ohne­hin bere­its belegt:

You can say you to me.

Der Artikel im Niederländischen

Von Susanne Flach

Ihr seht, ich bin voll dabei!

Nieder­ländisch ist für Deutsche rel­a­tiv gese­hen sehr ein­fach. Wir ren­nen ja nur so durch die Lek­tio­nen; Nicht­mut­ter­sprach­ler des Deutschen haben den Kurs nach zwei Tagen auch schon sehr gefrustet aufgegeben. Vok­a­beln sind oft ein­mal gese­hen und abge­spe­ichert, flek­tierte For­men dauern etwas länger und die Funk­tion­swörter — naja gut, die schaut man eben ein­mal mehr nach. Allerd­ings ist es nicht ganz so ein Pip­pi­fax, wie man glauben kön­nte: Ohne Nach­bear­beitung und zugegeben auch stumpfes Auswendigler­nen geht’s auch hier nicht. Das hat gut die Hälfte des Kurs­es nicht richtig verstanden.

Nun ist das Nieder­ländis­che sog­ar ein wenig hin­terlistig. Das Genussys­tem unter­schei­det zwis­chen Maskulinum/Femininum (das soge­nan­nte Utrum) und dem Neu­trum. So, als hät­ten wir im Deutschen einen gemein­samen Artikel für der und die und eben das. Das sind de (Utrum) und het (Neu­trum). So weit, zo goed. Jet­zt haben aber die Wörter im Utrum auch noch ein männlich­es oder weib­lich­es Geschlecht:

De trein is te laat. Nu rijdt hij het sta­tion binnen.
‘Der Zug ist zu spät. Nun fährt er in die Sta­tion ein.’

Das ist fies. Auf die Frage an unsere bel­gis­che Dozentin, wie man das als Lern­er denn wis­sen kann, antwortet sie süffisant:

Gar nicht. Aber macht’s am Besten wie die Nieder­län­der — bei denen ist ein­fach alles maskulin. Auch die Kuh.

Na dann, will ich mal den Freizeit genießen gehen.