Archiv der Kategorie: Decaf

In dieser Kat­e­gorie befind­en sich Susanne Flachs Beiträge aus dem *decaf-Blog (2010–2012)

Kandidat I: LEAKEN (Anglizismus des Jahres)

Von Susanne Flach

Kristin hat nebe­nan im Sch­plock bere­its einen ganz heißen Kan­di­dat­en für den Titel “Anglizis­mus des Jahres 2010” vorgestellt, die/das App. Mit ihrem aus­führlichen Artikel hat sie die Mess­lat­te für die bloggende Jury hoch ange­set­zt. Dann will ich mich heute dem zweit­en Favouriten der Pub­likums­gun­st wid­men: leak­en.

[Kristin und ich haben unsere Gedanken zu leak­en zeit­gle­ich veröf­fentlicht. Update 0 Uhr 21: Kristins Beitrag find­et sich hier.]

Die Gedanken zu leak­en — auch für alle fol­gen­den Kan­di­dat­en — wer­den sich im Wesentlichen an den für die Wahl aufgestell­ten Haup­tkri­te­rien ori­en­tieren: Aktu­al­ität für eine bre­ite Öffentlichkeit und dem Füllen ein­er lexikalis­chen Lücke in der deutschen Sprache. Darüber hin­aus soll die Sprache und weniger die Gesellschaft­skri­tik im Vorder­grund stehen.

Pack­en wir’s an.

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Mehr Fehler, wie üblich

Von Susanne Flach

Der Erk­lärungs­druck wird größer, weshalb nach der Kon­sul­ta­tion des RSS-Feed der Tagess­chau mein Blick auf Spiegel Online fällt. Es ist ver­mut­lich eine Marotte aus der Zeit, in der Spiegel Online noch nicht ganz so offen­sichtlich als Stu­den­ten-BILD daher kam. Wofür diese Gewohn­heit aber doch recht gut ist: Man find­et oft aller­hand span­nende Übersetzungsfehler.

Nach der Ver­haf­tung von Wik­ileaks-Chef Julian Assange twit­terte Wik­ileaks gestern:

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Niveaulimbo bei Spiegel Online

Von Susanne Flach

Niveaulim­bo ist “Jugend­wort des Jahres 2010”. Spiegel Online schreibt dazu:

Laut Jury­be­grün­dung ste­ht es für ein “ständi­ges Absinken des Niveaus, aus dem Rud­er laufende Par­tys und sinnlose Gespräche” unter Jugendlichen. Zudem werde damit auch die “gegen­wär­tige Entwick­lung der TV-Land­schaft” von Jugendlichen kri­tisch beäugt und kom­men­tiert. Das find­et jeden­falls die Jury.

Soso.

Im Ren­nen waren noch arg gepresst wirk­ende Kreatio­nen wie Arschfax ‘Tex­tilpflege­hin­weis’, Speck­bar­bie ‘dick­es Mäd­chen in engen Klam­ot­ten’ (welch­es von den Jugendlichen in der Jury übri­gens als zu abw­er­tend abgelehnt wurde), und Klapp­karibik ‘Münz­mal­lor­ca’.

Aber mir gefällt das. Also Niveaulim­bo. Sehr tre­f­fend, fast schon unfrei­willig komisch. Und weil ich mir jet­zt nicht die Mühe machen will, alle Google­tr­e­f­fer für Niveaulim­bo von vor dem let­zten Woch­enende zu analysieren (nur so viel: ein Jugend­wort iss­es nicht), hier ein Hin­weis an SPON: Ein­fach mal im eige­nen Archiv nachguck­en, not­falls 2005, da wird die Bedeu­tung anhand ein­er sehr anschaulichen Metaver­wen­dung auch gle­ich mitgeliefert.

Guy Deutscher — Der mit dem Whorf tanzt*

Von Susanne Flach

Begin­nen wir den Neuan­fang mit einem Kauf­be­fehl. Da die Wei­h­nacht­szeit vor der Tür ste­ht und der ein oder die andere schon nach einem Geschenk sucht, hier ein Tipp aus der Sprach­wis­senschaft. Während der Lek­türe von Im Spiegel der Sprache von Guy Deutsch­er ertappte ich mich näm­lich immer wieder bei einem Gedanken: this guy will this year’s christ­mas shop­ping very easy.

Anders ange­fan­gen: Die Sprach­wis­senschaft hat in den let­zten Jahrzehn­ten einige — aus unser­er Sicht — recht ungewöhn­liche Ent­deck­ung gemacht. Ungewöhn­lich für uns, weil das, was wir natür­lich find­en, nicht immer natür­lich für Sprech­er ander­er Sprachen ist. Wenn man beispiel­sweise Sprech­ern europäis­ch­er Sprachen Bilder ein­er Geschichte vor­legt und sie bit­tet, die Bilder in die richtige Rei­hen­folge zu brin­gen, dann ist die Wahrschein­lichkeit recht groß, dass sie sie von links nach rechts leg­en. Mut­ter­sprach­ler des Hebräis­chen leg­en sie ten­den­ziell von rechts nach links (Fuhrmann & Borodit­sky 2010). Das mag man ja noch mit der Rich­tung ihrer Schrift­sprache erk­lären kön­nen. Aber Sprech­er ein­er aus­tralis­chen Sprache leg­en mal von links nach rechts, mal von oben nach unten und umgekehrt. Wer sich das augen­schein­liche Chaos genauer ansieht, stellt fest, dass sie die Bildergeschichte von Ost nach West erzählen (Borodit­sky 2009).

Ups!

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Der Newsmixa

Von Susanne Flach

Auch Schlagzeilen­gener­a­toren haben Humor:

Screen­shot bei MSN.de, 8. Juli 2010

Erin­nert mich irgend­wie an fol­gen­des lustiges Schlagzeilen­wür­feln — als Ver­such­skan­inchen für Home­brew in mein­er aus­tralis­chen WG hielt ich es damals für eine Art Nahtoderfahrung:

Screen­shot bei BR Online, 19. Mai 2005 (via malison.org)

Im gle­ichen Monat heiratete außer­dem Prinz Charles seine Camil­la, oder, wie mein britis­ch­er Mit­be­wohn­er meinte: “Die arme Sau — 30 Jahre warten und wofür? Damit ihm ein alter Pole und ein nicht so alter Deutsch­er die Show stehlen!”

Haarige Derivate

Von Susanne Flach

Haben Sie auch schon mal gehört, dass Irisch keine Wörter für ja und nein hat? Oder keins für Sex? Ersteres ist wahr, zweites nicht. Kön­nen die Iren deshalb zum Sex (nicht) nein sagen? Oder Taga­log, das ange­blich kein Wort für Kap­i­tal­is­mus hat? Doch, kap­i­tal­is­mo. Oder die berühmte Schaden­freude, die Anglo-Amerikan­er ange­blich nicht empfind­en, weil sie kein Wort dafür haben? Und die Deutschen sind natür­lich geord­neter, als die Englän­der, weil wir die über­sichtliche Über­sichtlichkeit haben. Das ist natür­lich eine wah­n­witzige Logik, aber darum soll’s hier jet­zt nicht gehen.

Umgekehrt geht’s natür­lich auch: Eski­mo­sprachen haben ___ Wörter für Schnee, asi­atis­che Sprachen ___ Wörter für die Zubere­itung von Reis — und Alban­isch hat eine beachtliche Zahl an Wörtern für Schnurrbart.

Ange­blich 27, um genau zu sein.

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Das Schäufele aus Freiburg

Von Susanne Flach

Das aktuelle Tohuwabo­hu um Wolf­gang S. aus F. riss die Sprecherin beim Nachrichten­zulief­er­er eines Ham­burg­er Radiosenders zu einem zumin­d­est für Fre­unde der süd­deutschen Küche amüsan­ten Ver­sprech­er hin:

Wolf­gang Schäufele… Schäu­ble ist zurückgetreten/tritt zurück/wird zurückgetreten/dementiert Rück­tritts­gerüchte. [Nichtzutr­e­f­fend­es ist je nach Sach­lage zu stre­ichen.]

Jet­zt ist mir nach nem Schoiblə Schäufəle.

Ich bin (k)ein Berliner

Von Susanne Flach

Machen wir aus aktuellem Anlass einen Aus­flug in deutsch-deutsch­er Geschichte und erzählen den lusti­gen Schwank vom amerikanis­chen Präsi­den­ten und seinem Alter Ego, dem frit­tierten Marme­ladenkissen. Die Leg­ende, dass sich John F. Kennedy bei sein­er Rede in Berlin am 26. Juni 1963 unwis­send als jel­ly donut beze­ich­nete und die Berlin­er Bevölkerung zu amüsierten Mitlei­ds­bekun­dun­gen hin­riss, ist in der englis­chsprachi­gen Welt fast so schw­er tot zu kriegen, wie das lin­guis­tis­che Nicht­phänomen von dre­itausend Wörtern der Eski­mos für Schnee.

Die Mär vom Krapfen geht so: Kennedy sagte am Ende sein­er Rede den berühmten Satz:

Ich bin ein Berliner.

Die West­ber­lin­er gröl­ten. Es bedarf aber schon ein­er gewagten sprach­lichen Spitzfind­igkeit, als deutsch­er Mut­ter­sprach­ler hier die Bedeu­tung ‘Ich bin ein Kon­fitüren­ballen’ her­auszule­sen. Weit­er­lesen

Quizzen ohne Wissen

Von Susanne Flach

Der Men­sch liebt Wis­sensquizze. Warum also nicht mal als eben exam­iert­er Sprach­wis­senschaftler an einem Quiz über Sprache teilnehmen?

Ich war ja selb­st mal Quiz­mas­ter, also liegt es mir fern, mit den Mach­ern des Quiz all zu hart ins Gericht zu gehen, geschweige­denn das Quiz auf dem Nachricht­en­por­tal Rhein­Neckar für bare Münze zu nehmen. Aber der Witz ist, dass man mit Wis­sen über Sprache bei dem Quiz gar nicht die volle Punk­tzahl erre­ichen kon­nte — ist man gnädig, dann sei ange­merkt, dass die Fra­gen zumin­d­est sehr missver­ständlich for­muliert waren.

Schre­it­en wir zur Analyse: Weit­er­lesen

Parataktisches Länderspiel

Von Susanne Flach

Ist Baden-Wuert­tem­berg ein Koordinativkompositum?

Bei diesen Kom­posi­ta, auch Dvand­vas genan­nt, befind­en sich die Bestandteile nicht im “üblichen” Ver­hält­nis seman­tis­ch­er Unter- bzw. Oberord­nung, son­dern sind — obäch­tle — gle­ich­w­er­tig. Baden-Wuert­tem­berg ist aber schlicht ein unmöglich­er Aus­druck. Und niemals, lieber NDR, ist es ein Der­by, auch nicht das Baden-Wuert­tem­berg-Der­by.

Es ist Länderspiel.

Zur Feier des Tages spendiere ich den Schwaben zwei Punkte.