Archiv der Kategorie: Bremer Sprachblog

In dieser Kat­e­gorie befind­en sich Ana­tol Ste­fanow­itschs Beiträge aus dem Bre­mer Sprach­blog (2007–2010)

Sprachbewahrer Reloaded

Von Anatol Stefanowitsch

Mir fällt in let­zter Zeit immer häu­figer ein neuer Typ des Anglizis­men­jägers auf, der sich vom alten Typ lei­der nicht etwa durch mehr Sachken­nt­nis oder wenig­stens durch mehr gesun­den Men­schen­ver­stand unter­schei­det, son­dern auss­chließlich dadurch, dass er mit dem Anglizis­men­jäger alten Typs nichts zu tun haben will, sich aber trotz­dem mit dessen verquas­ten Mei­n­un­gen schmück­en will.

So zum Beispiel Jens Jessen in der gestri­gen ZEIT (von der ich bis­lang annahm, sie sei der let­zte Hort feuil­leton­is­tis­ch­er Ver­nun­ft). Weit­er­lesen

A Tale of Translation

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen haben die Oberöster­re­ichis­chen Nachricht­en über einen Graz­er Kün­stler, Folke Teget­thoff, berichtet, der in ein­er „visu­al­isierten Klang­wolke“ erzählt, „wie das Dorf zur Welt und die Welt zum Dorf wurde“. Davon kann man hal­ten, was man will. Inter­es­sant ist aber diese Diskus­sion um den Titel der Instal­la­tion, Six Tales of Time:

Warum ver­wen­den Sie als deutschsprachiger Erzäh­ler einen englis­chen Titel?“, fragten die OÖN. [Teget­thoff antwortet:] „An sich bin ich gegen Anglizis­men und gegen die Ver­hun­zung unser­er sehr schö­nen, poet­is­chen Sprache, aber ‚Sechs Geschicht­en über die Zeit‘ klingt tech­nis­ch­er und holpriger.“

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Statt einer Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Ich komme ger­ade von der Inter­na­tion­al Cog­ni­tive Lin­guis­tics Con­fer­ence in Krakau wieder. Dort gab es nur einen sehr sparsamen Zugang zum Inter­net und ich war ohne­hin voll mit dem Kon­feren­zgeschehen beschäftigt, so dass das Bre­mer Sprach­blog eine Zwanspause ein­le­gen musste.

Die Kon­ferenz war extrem anre­gend und hat meine vom Endse­mes­ter­stress gedrück­te schlechte Laune voll­ständig wegge­blasen. Allerd­ings habe ich seit ein­er durchgemacht­en Don­ner­sta­gnacht mit einem wun­der­schö­nen Son­nenauf­gang über der Karmelic­ka in der Krakauer Innen­stadt nicht sehr viel geschlafen. Ich bin deshalb zu milde ges­timmt und viel zu müde, um mich auf die Suche nach kom­men­tierungswürdi­gen Press­es­tim­men zu machen. Weit­er­lesen

Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Für mich ist das Sprechen ein Sport und der Zun­gen­brech­er das Turngerät“, zitiert der Focus den Wet­ten-Dass-Kan­di­dat­en Georg Win­ter. Der Mann ist auf ein­er Mis­sion: er will jun­gen Men­schen das Sprechen beib­rin­gen. Denn

[d]ie jugendliche Umgangssprache ist meist alles andere als deut­lich: Nuscheln ist cool – und nicht nur das, gerne lassen die Teenag­er auch mal ganze Wörter weg oder sprechen sie nur in Teilen aus: „Hey Mann, geh’n wir Bahn­hof?“ heißt es dann. Um diese sprach­lichen Ver­hun­zun­gen einzu­gren­zen will Win­ter den sportlichen Ehrgeiz der Kinder weck­en. „Stimm­bän­der sind genau wie der Bizeps Muskeln, die trainiert wer­den kön­nen,“ meint der Ham­burg­er. Er ist überzeugt, dass das „Sprechen“ an deutschen Schulen sys­tem­a­tisch ver­nach­läs­sigt wird.

Also nur ganz kurz: Weit­er­lesen

Plappermäuler

Von Anatol Stefanowitsch

Bish­er haben wir hier im Blog eine Geschichte behar­rlich ignori­ert, die seit bes­timmt einem Jahr durch die Medi­en geis­tert: die amerikanis­che Psy­cha­terin Louann Brizen­dine behauptet in ihrem Buch The Female Brain neben ein­er Menge anderem Unfug auch, dass Frauen viel geschwätziger seien als Män­ner. Zwanzig­tausend Wörter gäben Frauen pro Tag von sich, während Män­ner es ger­ade ein­mal auf sieben­tausend brächten.

Mein Kol­lege Mark Liber­man, der mit dem Lan­guage Log das Mut­ter­schiff aller Sprach­blogs kom­mandiert, hat oft und aus­führlich darauf hingewiesen, dass es für diese Behaup­tung nicht den ger­ing­sten Beleg gibt. Außer­dem hat er einen großen Teil der Forschungslit­er­atur aufgear­beit­et und gezeigt, dass es, ganz im Gegen­teil, gute Gründe für die Annahme gibt, dass Män­ner und Frauen in etwa gle­ich viel reden. Weit­er­lesen

Happy Hour

Von Anatol Stefanowitsch

Die „Aktion Lebendi­ges Deutsch“ bit­tet jeden Monat um Vorschläge zur Erset­zung von Lehn­wörtern durch Wörter mit anstand­s­los deutschem Stamm­baum. Natür­lich sind die Wörter des Anstoßes auss­chließlich englis­ch­er Herkun­ft, aber trotz­dem kommt die Aktion etwas weniger aufgeregt daher als viele andere Sprach­be­wahrer. So kann ich mir immer wieder einre­den, dass die Aktion beina­he ein Beispiel für einen „guten“ sprach­nor­ma­tiv­en Diskurs abgeben kön­nte. Aber diese Illu­sion wird jedes Mal durch die völ­lige Inkom­pe­tenz zunichte gemacht, die die Juroren der Aktion zeigen, wenn am Monat­sende die besten Vorschläge gekürt wer­den. So auch dieses Mal: Weit­er­lesen

Lange Wörter

Von Anatol Stefanowitsch

Ines Bal­cik fragt in ihrem Sprach­blog stel­lvertre­tend für Ania Dorn­heim, die wiederum im Auf­trag ein­er Hil­fe­suchen­den in ihrem Sprach­ber­atungs­fo­rum fragt, ob jemand ein tat­säch­lich ver­wen­detes Wort ken­nt, das länger ist als das sagenum­wobene Donau­dampfschif­fahrts-elek­triz­itäten­haupt­be­trieb­swerk­bauunter­beamtenge­sellschaft.

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Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen haben wir uns mit der „Bibel in gerechter Sprache“ beschäftigt, die beim Über­set­zen gle­ich eine mod­erne Geschlechterg­erechtigkeit in den Orig­inal­text hineindichtet. Ich habe meine Mei­n­ung geäußert, dass es „die Auf­gabe des Über­set­zers [ist], einen ziel­sprach­lichen Text zu schaf­fen, der den Inhalt des Orig­i­nals möglichst genau wiedergibt“. Das hat man im Vatikan wohl zum Anlass genom­men, über die Über­set­zung­sprob­lematik noch ein­mal grund­sät­zlich nachzu­denken, und dabei hat man zu ein­er radikalen Lösung gefun­den: Weit­er­lesen