Archiv der Kategorie: Bremer Sprachblog

In dieser Kat­e­gorie befind­en sich Ana­tol Ste­fanow­itschs Beiträge aus dem Bre­mer Sprach­blog (2007–2010)

taz gegen Sick

Von Anatol Stefanowitsch

Ich musste mit Schreck­en fest­stellen, dass es in mein­er Buch­hand­lung kein einziges Buch über die Ein­rich­tung und Admin­is­tra­tion von FTP-Servern unter Lin­ux gibt, aber sieben ver­schiedene Büch­er über Win­dows Serv­er 2008 und zwei über Win­dows Exchange Serv­er. Dafür habe ich auf dem Tisch mit den sprachkri­tis­chen Büch­ern einen schö­nen Stapel von Andre Mei­n­ungers Sick of Sick ent­deckt, genau zwis­chen dem fün­ften Band von „Der Dativ ist dem Gen­i­tiv sein Tod“ und „Hap­py Aua“. Das erfreut und deshalb sei dem Buch­händler sein man­gel­hafter Servergeschmack vergeben und vergessen. Weit­er­lesen

Care for a little linguistic necrophilia?

Von Anatol Stefanowitsch

Angesichts der Aufre­gung, mit der jede Phase der deutschen Rechtschreibre­form öffentlich disku­tiert wurde, hätte es ja sein kön­nen, dass wir uns auch für die Rechtschreibre­for­men unser­er europäis­chen Nach­barn inter­essieren. Das ist aber nicht der Fall: fast unbe­merkt hat das por­tugiesis­che Par­la­ment vor zehn Tagen eine der radikalsten Refor­men in der Geschichte der por­tugiesis­chen Orthografie verabschiedet.

Die Reform, auf die sich Por­tu­gal mit sieben weit­eren por­tugiesis­chsprachi­gen Län­dern (näm­lich Brasilien, Ango­la, Mosam­bik, Ost­ti­mor, den Kapver­den, Guinea-Bis­sau und São Tomé e Príncipe ver­ständigt hat), ist die bis­lang let­zte in ein­er lan­gen Rei­he von manch­mal mehr, aber meis­tens weniger gut koor­dinierten Refor­men, die Por­tu­gal und Brasilien seit 1911 an ihren jew­eili­gen Orthografien durchge­führt haben (die englis­chsprachige Wikipedia hat einen eige­nen Ein­trag zu diesen Refor­men). Weit­er­lesen

Abkürzungsgefährdet

Von Anatol Stefanowitsch

Die SMS ist den Briten ihr Anglizis­mus. Während hierzu­lande die Angst umge­ht, die deutsche Sprache kön­nte unter der Last einiger Lehn­wörter und sprach­lich fehlgeleit­eter Werbe­sprüche zusam­men­brechen, glaubt man im Vere­inigten Kön­i­gre­ich (und, wie wir hier erwäh­nt haben, auch in Irland) ern­sthaft, dass SMS-typ­is­che Abkürzun­gen dabei sind, in die All­t­agssprache junger Men­schen einzu­drin­gen und dort altherge­brachte Wörter zu ver­nicht­en. Weit­er­lesen

Die sprachliche Vermessung der Welt

Von Anatol Stefanowitsch

Der öffentliche Diskurs über Sprach­sys­teme hängt sich häu­fig an ober­fläch­lichen Aspek­ten wie der Orthografie und Inter­punk­tion oder aber an Fra­gen der „kor­rek­ten“ Aussprache oder des Wortschatzes auf. Für den Wis­senschaftler ist dage­gen die gram­ma­tis­che Struk­tur von Sprache und Sprachen ein wesentlich inter­es­san­ter­er Forschungs­bere­ich. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber unter anderem liegt es daran, dass sich Aussprache und Wortschatz rel­a­tiv schnell verän­dern und über ver­schiedene Sprachen hin­weg rel­a­tiv unsys­tem­a­tisch vari­ieren (lexikalis­che Seman­tik­er, Phonetik­er und Phonolo­gen mögen mir diese grobe Vere­in­fachung verzei­hen). Gram­ma­tis­che Struk­turen verän­dern sich dage­gen zwar stetig aber rel­a­tiv langsam, und vor allem vari­ieren sie in höchst sys­tem­a­tis­ch­er Weise. So gibt es Bere­iche, in denen Sprachen bes­timmte struk­turelle Eigen­schaften stark bevorzu­gen — zum Beispiel haben über 95 Prozent aller Sprachen einen grundle­gen­den Satzbau, bei dem das Sub­jekt im Satz irgend­wo vor dem Objekt auftritt (wir haben hier ein­mal darüber disku­tiert); andere Eigen­schaften bedin­gen sich gegen­seit­ig, sodass sich fest­stellen lässt, dass eine Sprache, die Eigen­schaft A hat, mit hoher Wahrschein­lichkeit auch Eigen­schaft B hat (wenn eine Sprache beispiel­sweise die Satzstel­lung Sub­jekt-Objekt-Verb hat, ist es sehr wahrschein­lich, dass sie Post­po­si­tio­nen hat (dass also Wörter wie von, in oder bei hin­ter dem Sub­stan­tiv ste­hen, auf das sie sich beziehen).

Solche all­ge­meinen Regeln sind deshalb inter­es­sant, weil sie all­ge­me­ingültige, also sprachüber­greifende oder gar spra­chun­ab­hängige Erk­lärun­gen ver­lan­gen. Aber solche Regeln zu find­en ist häu­fig schwierig. Es erfordert oft monate­lange Lek­türe gram­ma­tis­ch­er Beschrei­bun­gen von vie­len hun­dert Sprachen, die dann auf eine Art zusam­menge­fasst wer­den müssen, die es dem Forsch­er ermöglicht, all­ge­meine Regeln oder Ten­den­zen auch als solche zu erken­nen. Weit­er­lesen

Sprachnörgler und Sprachwissenschaftler

Von Anatol Stefanowitsch

Zu den let­zten paar Beiträ­gen hier im Sprach­blog haben sich inter­es­sante Diskus­sio­nen entspon­nen, an der sich neue und alte Sprach­blogleser rege beteili­gen. Das freut mich natür­lich und ich werde über die näch­sten Wochen ver­schiedene Aspek­te dieser Diskus­sio­nen auf­greifen und genauer disku­tieren um (noch) deut­lich­er zu machen, wo aus mein­er Sicht die Unter­schiede zwis­chen einem sach­lichen und einem sprach­nör­g­lerischen Umgang mit Sprache liegen (ein „sach­lich­er“ Umgang muss dabei übri­gens nicht unbe­d­ingt sprach­wis­senschaftlich sein — es gibt ja eine Rei­he von Diszi­plinen und Beruf­s­grup­pen, die sich pro­fes­sionell mit Sprache beschäftigen).

Aus zwei Kom­mentaren zum let­zten Beitrag möchte ich hier aber kurz schon ein­mal einen Aspekt auf­greifen. Weit­er­lesen

Neidlos

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Tagen hat ein gewiss­er „Jeeves“ — ver­mut­lich nicht sein richtiger Name — dieses Blog ent­deckt und wie fol­gt kom­men­tiert:

Huch, wohin hab’ ich mich denn hier verlaufen?

Studierte oder studierende Humor­lose sind offen­sichtlich eifer­süchtig auf einen Erfol­gre­ichen (näm­lich: Sick)?

Das mach auf mich als Außen­ste­hen­den jeden­falls diesen Eindruck.

Beson­ders gründlich kann er sich nicht umge­se­hen haben, denn über Sick reden wir hier nur sehr selten.

Aber zum Kern des Vor­wurfs: Sind Sprach­wis­senschaftler — studiert oder studierend — nei­disch auf die promi­nente Sprach­nör­gler wie Bas­t­ian Sick? Weit­er­lesen

Eine Aktion zum Canceln

Von Anatol Stefanowitsch

In den let­zten Tagen habe ich her­aus­ge­fun­den, dass es mit dem Bloggen bei mir so ähn­lich ist, wie mit dem Joggen — wenn man ein- oder zweimal die Zeit dazu nicht find­et, wird es schw­er, sich wieder aufzu­raf­fen. Aber jet­zt nehme ich die Aktion Lebendi­ges Deutsch, da sie schon nicht zur Lebendigkeit der deutschen Sprache beiträgt, zum Anlass, wenig­stens das Bre­mer Sprach­blog vor der dro­hen­den Leichen­starre zu bewahren. Weit­er­lesen

Gewinnmitteilung

Von Anatol Stefanowitsch

Und hier die über­fäl­lige Entschei­dung unseres Gewinn­spiels. Um mir die Entschei­dung ein­fach­er zu machen, habe ich die Wet­tbe­wer­ber in drei Kat­e­gorien eingeteilt:

  1. Sick-Geplagte
  2. Wiss­be­gierige
  3. Spaßvögel

Dann habe ich in jed­er Kat­e­gorie eine/n Sieger/in gekürt. Weit­er­lesen

Stimmen aus der Vergangenheit

Von Anatol Stefanowitsch

Ob die Nean­der­taler eine Sprache hat­ten, wer­den wir nie mit Sicher­heit wis­sen. Wis­senschaftler des Max-Planck-Insti­tuts für Evo­lu­tionäre Anthro­pol­gie in Leipzig fan­den im let­zen Jahr her­aus, dass der Nean­der­taler die gle­iche Vari­ante des Gens FOXP2 besaß, die beim Men­schen eine entschei­dende Rolle beim Gram­matik­er­werb spielt. Weit­er­lesen

Wörter zu Pflugscharen

Von Anatol Stefanowitsch

Angeregt von den Kom­mentaren zu unser­er Ver­losung (die mit­tler­weile been­det ist) habe ich darüber nachgedacht, ob Sprach­wis­senschaftler nei­disch auf Sicks Erfolg sind und warum sie sich manch­mal so über ihn aufre­gen. Die kurze Antwort ist „Nein“ und „Weil er etwas triv­i­al­isiert, was ihnen am Herzen liegt“. Die lange Antwort muss noch ein paar Tage auf sich warten lassen, da ich die Naturge­walt des ger­ade ange­fan­genen Semes­ters noch in den Griff bekom­men muss. Hier aber ein schönes Zitat zum The­ma, das ich in Randy Allen Har­ris’ The Lin­guis­tics Wars gefun­den habe (meine Über­set­zung): Weit­er­lesen