Archiv des Autors: Susanne Flach

Blogspektrogramm 28/2015

Von Susanne Flach

Die heutige Hitzewel­leaus­gabe ist kurz, aber gewohnt knack­ig — mit Chemie, Sex, Drugs und Sex und — naja, wenn Ihnen das jet­zt zu heiß ist, gehen Sie erst­mal an den Bade­see, dem Rest wün­schen wir jet­zt schon viel Spaß!

Blogspektrogramm 26/2015

Von Susanne Flach

Das heutige Spek­tro­gramm kommt (fast) pünk­tlich und natür­lich voll­gepackt mit span­nen­den und lusti­gen Links. Heute zu Punk, Berlin, Emo­ji, „Zweit“sprachen, Dialek­ten und einen Hin­weis auf einen lin­guis­tis­chen Pod­cast. Viel Spaß!

  • Dan Nosowitz legte Linguist/innen Punksongs vor, um mehr über das Ver­hält­nis von Aussprache und Musik zu erfahren: „But it turns out that when you make a lin­guist lis­ten to a Blink-182 song, you get more than you expect­ed.“ Was das ist? Mehr auf ATLAS OBSCURA.
  • Ana­tol wurde wieder zu Emo­ji gefragt. Er hat aber für alle, die die Grun­didee längst ken­nen, ein paar Ein­blicke in die Geschichte sein­er Emo­ji­forschung und Ergeb­nisse eines pri­vat­en Exper­i­ments parat (u.a. hier).
  • Berlin war lange geteilt — das hat­te auch Auswirkun­gen auf den Sprachge­brauch auf bei­den Seit­en. Eine Kolumne in der Berlin­er Zeitung berichtet davon, der darin befragte Peter Schlobin­s­ki hat einen Fachauf­satz geschrieben, der die Forschung und Entwick­lung um den/die Berlin­er Dialekt(e) aus den let­zten zwei Jahrzehn­ten zusam­men­fasst und den man hier im Manuskript lesen kann.
  • Es gibt ja immer so viele bunte Karten über Sprachen der Welt. Eine solche Karte neueren Datums, die für die Län­der jew­eils die am häu­fig­sten gesproch­ene „zweite“ Sprache illus­tri­eren soll, hat Asya Pereltsvaig von LANGUAGES OF THE WORLD, nun­ja, auseinan­dergenom­men: was man alles falsch machen kann.
  • Was fehlt? Na klar, ein Pod­cast über Lin­guis­tik und Linguist/innen von und mit Linguist/innen. Dieses span­nende Pro­jekt gibt es seit ger­aumer Zeit als „ange­sprochen“ von Kolleg/innen an der Uni­ver­sität Zürich.
  • Noch ne Karte: „unübe­set­zbar“ ist zwar „albern“ (O‑Ton Kristin), aber Karte ganz witzig: Dialek­t­be­griffe (ich würds fast ander­srum sehen, aber sei’s drum).

Blogspektrogramm 23/2015

Von Susanne Flach

Heute melden wir uns direkt aus Tri­er, Koblenz, Bonn, dem schö­nen Rhein­land, und testen auf der Rück­reise ein­er Kon­ferenz das WLAN in der Bahn. Im dynamis­chsten Abge­spek­tro­gramm aller Zeit­en find­en Sie heute Infos zu Kalligra­phie, Vorurteile, Brex­it & Co.:

  • Bei DIM SUM beschreibt Ilka Schnei­der, wie man ein Chi­ne­sis­ches Zeichen im Wörter­buch find­et: „Rund um die Zeichen­schlag­mas­chine“.
  • An der Uni­ver­si­ty of British Colum­bia hat man unter­sucht, wie sich Vorurteile auf das Ver­ste­hen und die Kom­mu­nika­tion auswirken — obwohl die Sprache die gle­iche ist.
  • [Hier kön­nte der Link zu einem Artikel „Ras­sis­mus in der Sprache“ ste­hen — da sich der Artikel aber hin­ter ein­er Bezahlwand befind­et, kann ich nicht abschätzen, ob er gut genug ist, um unser­er Leser/innenschaft eine pos­i­tive Bezahlentschei­dung zu empfehlen.]
  • Phablet, Grex­it, Sex­ting — Ali­son Crutch­ley im GUARDIAN zu Blends, im deutschen Kon­t­a­m­i­na­tio­nen genannt.

Blogspektrogramm 21/2015

Von Susanne Flach

Heute begrüßen wir Sie im lin­guis­tis­chen Train­ingslager in fast auss­chließlich englis­ch­er Sprache — die Teil­nahme ist natür­lich kosten­frei und dazu noch infor­ma­tiv, klug, unter­halt­sam und geeignet für alle, die sich für Wörter, Bedeu­tun­gen, Ety­molo­gien, Mythen und lustige Wortbe­standteile inter­essieren. Been­det wird das Boot­camp mit einem Test. Viel Spaß!

Um und bei dialektologisch

Von Susanne Flach

In meinem Kom­men­tar zu round about let­zte Woche erwäh­nte ich als Umschrei­bung von round about als ‚unge­fähr‘ beiläu­fig um und bei. Das führte im Kom­men­tarz­im­mer zu Ver­wun­derung: gibt’s das über­haupt? Wenn ja, wo? Nie gehört! Nun ist mir die Wen­dung intu­itiv so geläu­fig und ich glaub(t)e auch nicht, dass sie als dialek­tal markiert ist (son­st hätte ich sie so oder so nicht ver­wen­det). Aber ich habe eine lin­guis­tisch bewegte erste Leben­shälfte in zwei sehr unter­schiedlichen Dialek­tre­gio­nen hin­ter mir, dass es mir offen­bar beson­ders leicht fällt, angenommene Region­al­is­men wie Stan­dard­sprache zu behan­deln. Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 19/2015

Von Susanne Flach

EIL +++ Heute zwei Beiträge im Sprachlog +++ EIL +++ Richtig was los dieses Woch­enende +++ EIL +++ Spek­tro­gramm deshalb am Nach­mit­tag +++ EIL +++ Trotz­dem voller Qual­ität­slinks +++ EIL +++ Heute u.a. mit Zahlen, Pla­giat­en, Ver­schlus­slaut­en und Lin­guis­tis­chen Prob­le­men bei der Benen­nung von Unruhen +++ EIL +++ Redak­tion wün­scht viel Spaß +++

  • Eins, zwei, drei, vier, … zehn — lang­weilig! Zahlsys­teme in den Sprachen der Welt kön­nen faszinierend unter­schiedlich sein, wie Ari­ka Okrent in MENTAL FLOSS zeigt.
  • Wenn Pla­giate „Abschreibkun­st“ sind: mit Pla­gia­ris­mus in der Sprachkri­tik hat sich Hei­di Reuschel von der Uni­ver­sität Bam­berg beschäftigt — rezen­siert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG von Thomas Steinfeld.
  • Wegen der Ver­wen­dung des Glot­tisver­schlus­slauts, einem Phänomen, das im britis­chen Sprachraum mit der Arbeit­erk­lasse assozi­iert wird, haben sich viele Briten über den Chef der Labour­partei, Ed Miliband. lustig gemacht. Warum das am Kern eines faszinieren­den Aspek­ts des Sprach­wan­dels vor­bei geht, erk­lärt David Shari­at­madari im GUARDIAN.
  • Auf­s­tand, Unruhe oder Krawalle? Wie nen­nt man das, was ger­ade in Bal­ti­more passiert? Kommt drauf an, wer’s kom­men­tiert, sagt Karen G. Bates bei NPR.

Round about daneben

Von Susanne Flach

SPIEGEL ONLINE hat da einen Kolum­nis­ten, Peter Littger, und eigentlich sind seine Kolum­nen unter „Flu­ent Eng­lish“ recht lang­weilig. Sie sind im großen Lauf der Sprachdinge sog­ar ziem­lich uner­he­blich. Littger hat sich auf Pseudoan­glizis­men spezial­isiert und erk­lärt der Welt regelmäßig, dass es blablal­aber­tion im Englis­chen eigentlich nicht gibt und „wir“ uns „damit“ bei „Mut­ter­sprach­lern“ lächer­lich machen. Aber zum Glück gibt es dann diese Kolumne, in der sich Littger über die Englis­chken­nt­nisse ander­er lustig machen kann und wir dann wis­sen, wie wir „Pein­lich­es Pseu­do-Englisch“ ver­mei­den können.

Nun sind sprach­liche Nuan­cen immer poten­tiell prob­lema­tisch, beson­ders bei interkul­turellen Begeg­nun­gen. Nur ist die ange­bliche Lächer­lichkeit, der wir uns im Aus­land damit aus­set­zen, sicher­lich sehr über­trieben. Die ein­sprachig englis­chen Muttersprachler/innen, die ich ken­nen­gel­ernt habe, sind es erstens gewöh­nt, mit vie­len Nicht-Mut­ter­sprach­ler/in­nen zu kom­mu­nizieren, zweit­ens sehr koop­er­a­tiv, was das Ver­ste­hen ihrer Gesprächspartner/innen ange­ht und drit­tens angesichts ihrer eige­nen Ein­sprachigkeit recht zurück­hal­tend, was die Abw­er­tung der Sprach­fer­tigkeit­en ihres Gegenübers bet­rifft. Woher diese Ger­man Angst des Lächer­lich­machens im englis­chsprachi­gen Raum kommt, ist mir unbegreiflich.

(Suz, Lin­guis­tik!)

Achso­jamo­ment. Laut Bio unter seinen Artikeln beschäftigt sich Littger „mit seinen eige­nen sprach­lichen Unzulänglichkeit­en“. Mir ist jet­zt nicht so ganz klar, was das heißen soll. Sei’s drum. Aber weil er (und ich meine: wieder­holt) behauptet, dass round­about wie in round­about drei Mil­lio­nen Euro im Englis­chen nicht „unge­fähr“, son­dern „Kreisverkehr“ heißt, und das schlicht falsch ist, mache ich mich jet­zt ein­fach mal über sein über­steigertes Fremd­sprachenselb­stver­trauen lustig. Kurz: dieses Ger­man Ego nervt näm­lich langsam.

Natür­lich heißt round­about „Kreisverkehr“. Aber eben nicht nur.

Round­about (‚Kreisverkehr‘) ist ein Nomen, round about (dt. ‚unge­fähr‘) ein, nun­ja, nen­nen wir es vorüberge­hend Adjek­tiv. Littger behauptet, let­zteres gäbe es im Englis­chen nicht. Machen wir’s kurz: natür­lich gibt es round about im Englis­chen und auch genau in dieser Bedeutung.

Dazu hil­ft ein Blick ins OED, welch­es zwei große Bedeu­tungs­bere­iche liefert, näm­lich eine konkret-räum­liche und eine abstrakt-metapho­rische. In bei­den Ver­wen­dun­gen kann round about ‚um X herum‘, also kre­is­för­mige Bezüge her­stellen, oder ‚in der Umgebung/Nähe von‘ heißen, wo die Umkreisung des Bezug­sob­jek­ts nicht unbe­d­ingt „vol­l­zo­gen“ sein muss.

  1. RÄUMLICH: (a) All around; in every sur­round­ing direc­tion; on every side. (b) In the vicin­i­ty, near­by; in a place or var­i­ous places nearby.
  2. METAPHORISCH: (a) With ref­er­ence to an amount, quan­ti­ty, etc.: about, approx­i­mate­ly; not much above or below; near­ly. (b) With ref­er­ence to time or a peri­od of time: about; at approx­i­mate­ly; some time near.

Die Tat­sache, dass Kreisverkehr aus diesen möglichen Anwen­dungs­bere­ichen von round about abgeleit­et wurde, heißt im Umkehrschluss natür­lich nicht, dass es die einzige Möglichkeit ist, dies zu tun. Jede erden­kliche Ableitung ist im Prinzip möglich, die sich mit ‚unge­fähr‘, ‚dadrum­rum‘, oder ‚um und bei‘ beschreiben ließe (und das tut round about bere­its seit 1350). So ist es nicht beson­ders erstaunlich, mit round about einen Bezug zwis­chen zwei Größen herzustellen, wenn das Bezug­sob­jekt ORT, OBJEKTUHRZEIT oder GELDBETRAG ist. Deshalb ist die These schon gewagt, dass round about GELDBETRAG eines deutschen Busi­nesskaspers im englis­chsprachi­gen Raum nen­nenswertes Gelächter aus­löste (abge­se­hen vom Geld­be­trag vielle­icht, der dann im Raum steht).

Beispiele gefäl­lig?

  1. I think he said he was tak­ing a trip down to the Orne bridges round about mid-day, and would like you to accom­pa­ny him. [BNC]

  2. It was Elsie all right — the police seemed con­vinced of that — but she had died round about 1970, not 1934. [BNC]

  3. got Nim­bus off the ground with an ini­tial ‘joint devel­op­ment’ invest­ment round about $1.5m. [BNC]

  4. there was a chantry priest worth £40 and two more with £20 each; their incomes were nor­mal — round about £6 a year. [BNC]

Also selb­st wenn die Ver­wen­dung von round about mit Geld­be­trä­gen nicht üblich wäre, die Tat­sache, dass es räum­lich ver­wen­det wird, ermöglicht die metapho­risch-zeitliche Ver­wen­dung. Dann ist es zur metapho­rischen Ver­wen­dung mit (heute meist abstrak­ten) Geld­ber­gen wirk­lich nicht weit. Die kog­ni­tive Dis­tanz hinge­gen, die Muttersprachler/innen zurück­le­gen müssten, um von Deutschen bei round­about einen „Kreisverkehr“ rauszuhören, ist rel­a­tiv groß (abge­se­hen davon, dass es wegen der Wortk­lassen unplau­si­bel ist). Dafür wären selb­st pein­lichkeitssuchende Muttersprachler/innen zu faul.

 

Die Narzissmuskeule

Von Susanne Flach

Wenn Sie regelmäßig im LANGUAGE LOG vor­beis­chauen, dann haben Sie let­ztens dort vielle­icht Mark Liber­mans Kom­men­tar zu ein­er Studie gele­sen, die keinen Zusam­men­hang von Narziss­mus und der Ver­wen­dung von Per­son­al­pronomen (ich, mein, meins) gefun­den hat. Eine Studie kom­men­tieren, die kein Ergeb­nis hat? Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 17/2015

Von Susanne Flach

Also das war eine ruhige Woche — keine Links in die Warteliste gespe­ichert, keine WG-Bewohner­in, die Links auf die Tafel in der Küche gekritzelt hätte und stun­den­langes erfol­glos­es Durch­forsten der Net­zwelt. Machen wir das doch jet­zt mal so: Sie kön­nen uns aktuelle Artikel in die Kom­mentare posten und wenn sie unseren knall­harten Spek­tro­grammkri­te­rien genü­gen, füge ich sie noch hinzu. Bis dahin viel Vergnü­gen mit Grimm & ein paar anderen:

  • Das Grimm­sche Wörter­buch ein Pla­giat?
  • Im Englis­chen gibt (gab) es die Endun­gen -ess, -ette, und -trix, um weib­liche Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen zu kreieren. Anne Curzan von der Uni­ver­si­ty of Michi­gan im Gespräch mit LEXICON VALLEY darüber, warum das heute ungewöhn­lich und diskri­m­inierend ist.

Und dann auf Zuruf:

Blogspektrogramm 16/2014

Von Susanne Flach

Heute ver­meldet die Zen­trale des besten Blogspek­tro­gramms der WeltTM die Ver­linkung von viel Reflex­ion­sstoff bei gerechter und weniger gerechter Sprache, Farb­palet­ten bei Emo­jis und Emoti­cons, ver­balen Kom­posi­ta und dem ersten Wet­tbe­werb­s­beitrag in schweiz­erdeutsch­er Sprache (kann Spuren von Hund enthal­ten!). Auf geht’s:

  • Dass Reflex­ion über gerechte Sprache und den eige­nen Sprachge­brauch kein „Luxu­s­prob­lem“ von Sprachwissenschaftler/innen ist, zeigt der Physik­er Mar­tin Bäk­er, der auf seinem Wis­senschafts­blog HIER WOHNEN DRACHEN Prob­leme, aber auch Ziele sehr aus­führlich reflek­tiert, und mit den Worten begin­nt: „Es ist schon faszinierend: Ich kann Artikel schreiben, die sich mit den Kom­p­lika­tio­nen der Raumzeitkrüm­mung oder mit dem Ursprung der Blütenpflanzen befassen – aber wenn ich darin generell weib­liche For­men benutze (…), dann gibt es jede Menge Kom­mentare dazu, mit so schö­nen Worten wie “Scheiß­gen­dern”, “Erziehung durch Sprache “1984″, oder so unglaublich tollen Wort­spie­len wie “Raumzeitin” (slow clap).“ (Derzeit so unge­fähr 270 Kommentare).
  • Sprache kann nicht nur auf der Ebene des Ras­sis­mus oder des Sex­is­mus prob­lema­tisch und diskri­m­inierend sein, son­dern auch mit Aus­drück­en wie Spasti oder behin­dert. Dazu befragt die AKTION MENSCH die Lin­guistin Nora Sties.
  • Dass Emoti­cons und Emo­jis die Sprache nicht bedro­hen, son­dern zusät­zliche Kom­mu­nika­tion­saspek­te bedi­enen (hier eine aktuelle Über­sicht mit vie­len Links; Englisch), ist für Sprachlogleser/innen nichts neues. Ana­tol war gestern dazu auch bei RADIO FRITZ zu hören —zu Emo­jis und Emoti­cons, dies­mal aber mit nicht weniger inter­es­san­ten Beobach­tun­gen und Kom­mentaren zu deren Farbspektrum.
  • Wie wer­den heute Hunde genan­nt? Has­so und Wal­di heißen heute eher Luna und Ben. Damaris Nübling von der Uni Mainz dazu und was das auch über ihre Besitzer/innen und unsere Gesellschaft aus­sagt im SRF1-Inter­view (Deutsch/Schwyzerdütsch).
  • Unter­richtet im Som­merse­mes­ter wer Mor­pholo­gie und braucht noch ein The­ma für eine span­nende Gruppe von Neol­o­gis­men? Kom­posi­ta wie to rage quit, to stress cook oder to hum­ble brag wollen doch bes­timmt mal kor­puslin­guis­tisch unter­sucht wer­den. Lesen Sie dazu zunächst den Beitrag von Chi Luu im Blog von JSTOR (Englisch).