Archiv des Autors: Susanne Flach

The German Blitz macht endlich Sinn!

Von Susanne Flach

Gestört von sprach­wis­senschaftlich­er Prü­fungslit­er­atur waren die Tief­flieger vom VDS in der let­zten Zeit irgend­wie von meinem Radar ver­schwun­den. Ein weit­er­er Grund ist möglicher­weise auch, dass ein erneuter Viren- und Tro­jan­eran­griff auf meinen Rech­n­er meine Leseze­ichen­leiste mit den unter „Lustiges Fremd­schä­men für Fort­geschrit­tene” abgelegten Foren­beiträ­gen des Vere­ins unbrauch­bar gemacht hat. Den heuti­gen Besuch beim VDS ver­danke ich einem sehr witzi­gen Beitrag im Sprach­blog über „Sprach­pan­sch­er”.

Zur Erin­nerung und in Kurz­form: eigentlich geht es dem VDS nicht um Sprach­pflege, son­dern um die ange­bliche Über­frach­tung der deutschen Sprache mit „Denglisch”. Haup­taus­sagen: Nieder­gang des Deutschen! Pein­liche Ange­berei! Heiße Luft! Lehn­wörter ergeben kein­er­lei Sinn in ihrer Herkun­ftssprache! Mut­ter­sprach­ler lachen sich tot über unseren Gebrauch englis­ch­er Lehn­wörter! Bedeu­tung der Lehn­wörter im Englis­chen ganz anders! Goethe würde sich im Grab umdrehen!

Denkbar. Weit­er­lesen

Wenn ein Wort entzweit

Von Susanne Flach

Wann ist ein ‘Wort’ ein Wort und wann ist ein Wort zwei Wörter?

Diese Frage spal­tete auf der StuTS beim abendlichen Grillen die Gruppe. Wir spielte das StuTS-Tra­di­tion­sspiel, bei dem sich die Mit­spiel­er eine Per­son aus­denken und anonym auf einen Zettel schreiben. Diese Zettel kom­men in einen Topf. Zwei Grup­pen wer­den gebildet; dann soll im Wech­sel jew­eils ein Mit­glied einen Zettel ziehen und die Per­son auf dem gezo­ge­nen Zettel sein­er eige­nen Gruppe in max­i­mal drei Wörtern erk­lären. Beispiel: Ich hat­te Heinz Erhardt gezo­gen und beschrieb ihn mit ‘Schaus­piel­er’, ‘Nachkriegszeit’, ‘witzig’ (kam kein­er drauf). Wird die Per­son von der Gruppe errat­en, bekommt die Gruppe einen Punkt; wenn nicht, wan­dert der Zettel in den Topf zurück.

Für Runde Zwei kom­men die Zettel wieder in den Topf, das Spiel wieder­holt sich mit den gle­ichen zu erra­ten­den Per­so­n­en — in der zweit­en Runde dür­fen aber nur noch zwei Wörter zur Umschrei­bung ver­wen­det wer­den, da die Per­so­n­en ja bekan­nt sind und Wörter aus der ersten Runde wieder­holt wer­den dür­fen. In der drit­ten Runde das gle­iche Spiel, dieses Mal darf nur noch ein Wort benutzt wer­den. Alles klar? Wichtig für den weit­eren Ver­lauf ist lediglich, dass es um die Regel ging, ein Wort zur Umschrei­bung ein­er Per­son zu ver­wen­den, um den Punkt zu erhalten.

Die zu erra­tende Per­son war ‘Robin Hood’. Und der Begriff, um den es in der drit­ten Runde ging, war Sher­wood For­est. Weit­er­lesen

Neulich im Fast-Food-Tempel

Von Susanne Flach

Beim aktuellen Besuch von McDonald’s war ich ja ob der Neukreation des Nürn­burg­ers nicht unwesentlich ver­wirrt. Was mir darüber hin­aus aufge­fall­en ist, als ich auf meine Frit­ten wartete: wie spricht der Deutsche sie eigentlich aus, die Ham­burg­er, Cheese­burg­er, Fis­chburg­er oder Nürn­burg­er?

An mehreren beson­ders schö­nen Exem­plaren mut­ter­sprach­lich­er Eims­büt­tler fiel mir auf, dass zumin­d­est in Ham­burg fol­gende Aussprachemuster vor­liegen (pho­nol­o­gisch bess­er geschulte Lin­guis­ten und tech­nisch ver­siert­ere Men­schen mögen mir die Abwe­sen­theit ein­er Tran­skrip­tion auf pro­fes­sionellerem Niveau verzeihen):

  • Cheesebörger
  • Fis­chbörger

ABER:

  • Hamburger

(Wer Cheese­börg­er sagte, sagte auch Hamburger.)

Ich würde es übri­gens nicht anders aussprechen — die Frage ist, ob dieses Muster auch für andere Teile des deutschen Sprachraums gilt (ver­mut­lich). Die viel span­nen­dere Frage dürfte natür­lich sein, welche mor­phopho­nol­o­gis­chen Prozesse im Gang sind (d.h. -börg­er/-burg­er sind hier lexikalisch bed­ingte Allo­mor­phe). Ungek­lärt bleibt deshalb, wie man seinen Nürn­burg­er bestellt: Nürn­burg­er, Nürn­berg­er, Nürnbörger?

Ich gehe nicht zu McDonald’s, sie nen­nen es Feldforschung.

Katzenjammer

Von Susanne Flach

Im Super­markt des Shop­blog­gers hat ein Kunde eine Mit­teilung über eine zuge­laufene Katze aufge­hängt. Der Schreiber der Notiz kündigt an, für den Fall, dass sich der Eigen­tümer nicht meldet, die “schwarze Kätzin” bei seinem bevorste­hen­den Umzug nach Süd­deutsch­land mitzunehmen. Nun haben Klugscheißerviren eine kurze Inku­ba­tion­szeit und so dauert es auch nur bis zum zweit­en Kom­men­tar, bis jeman­dem auf­fällt, dass die Katze schon fem­i­nin ist und Kätzin dem­nach über­flüs­sig ist.

So weit, so falsch. Weit­er­lesen

Von Hamburgern und Nürnburgern

Von Susanne Flach

Sie haben’s geschafft. Ich stand let­zte Woche im Restau­rant zum gold­e­nen M und war kurzfristig sehr ver­wirrt. Aber der Rei­he nach.

McDonald’s wirbt auf Bussen im Ham­burg­er Nahverkehr mit “Mehr Ham­burg­er gibt’s bei uns”. Das Wort­spiel funk­tion­iert natür­lich, weil Ham­burg­er sowohl die Bedeu­tung ‘Per­son aus Ham­burg’ als auch ‘gegrilltes Rind­fleisch im Brötchen’ hat. Und auch wenn die Herkun­ft der zweit­en Bedeu­tung nicht zweifels­frei auf die Hans­es­tadt zurück zu führen ist, bzw. zu Ham­burg keine abschließende Beziehung herzustellen ist, ist — unter der Annahme, dass der Burg­er doch iii­i­ir­gend­wie mit der Hafen­stadt zu tun hat — Ham­burg­er eines der Haus- und Hof­beispiele für einige wichtige mor­phosyn­tak­tis­che Prozesse.

Zum Anek­doten­reper­toire eines Anglis­ten oder Lin­guis­ten sollte auch die Diskus­sion mit nicht-deutschsprachi­gen Glo­be­trot­tern darüber gehören, dass Ham­burg­er ver­mut­lich keine uramerikanis­che Erfind­ung ist und dass Burg­er ety­mol­o­gisch nicht nur mit Fleisch zwis­chen Brötchen zu tun hat, son­dern auch mit dem (der?) deutschen Burg ver­wandt ist. Eine solche Diskus­sion endet meist dann, wenn man dem lin­guis­tisch nicht geschul­ten Gesprächspart­ner die zugegeben­er­maßen fiese Frage stellt, wo im Ham­burg­er denn der Schinken (engl. ham) sei. Von einem befre­un­de­ten Lin­guis­tenkol­le­gen ist über­liefert, dass er in Aus­tralien meist für mehrere Minuten glaub­haft aufrechter­hal­ten kon­nte, dass die Schwest­er­stadt von Ham­burg das über die Elbe liegende weniger bekan­nte Cheese­burg sei.

Was passiert hier mor­phol­o­gisch? Weit­er­lesen

Noch mehr Tassen im Schrank

Von Susanne Flach

Kom­men­ta­tor Lukas hat mich darauf aufmerk­sam gemacht, dass man in Öster­re­ich auch den Begriff Häferl für ‘Tasse/Becher’ ken­nt. Dialek­tale Vari­a­tion ist natür­lich nichts ungewöhn­lich­es — und ver­mut­lich sind die kul­turellen und lexikalis­chen Unter­schiede bei so etwas pro­fanem wie Trinkge­fäßen noch deut­lich aus­geprägter, als wir glauben wollen.

Inter­es­sant sind die Ergeb­nisse ein­er Bilder­suche nach ‘Häferl’. Offen­bar beze­ich­net Häferl neben einem Kaf­fee­bech­er oder ein­er Tee­tasse auch ein Gefäß mit Aus­guss. Aber es macht deut­lich: wir kön­nen nicht sagen, wo Häferl aufhört und wo ein karaf­fenähn­lich­es Gefäß anfängt oder ob Häferl typ­is­cher­weise bei­de Gegen­stände ein­schließt. (Liebe Öster­re­ich­er, wir sind vielle­icht lin­guis­tisch ver­wandt, und bei Tassen hört’s ver­mut­lich schon auf. Verzei­ht mir meine absolute Nichtken­nt­nis des (?) Häferls.)

Vor allem von Fre­un­den aus dem Ruhrpott kenne ich noch den Pott. Woran denkt ihr, wenn ihr Pott hört? An ein Hil­f­s­mit­tel zur Auf­nahme von Kaf­fee oder an eines, diesen wieder abzuführen? An den DFB-Pokal (“Wir holen den Pott!”), aber bes­timmt nicht an den WM-Pokal?

Paul Potts ist keine pro­to­typ­is­che Tasse.

Meine Tasse hat keinen Henkel und heißt Becher

Von Susanne Flach

Wenn jemand sagen würde: “Zeichne ein Möbel­stück!”, wie groß ist die Wahrschein­lichkeit, dass ich ikonisch ein Bett oder einen Stuhl zeichne und nicht einen Spiegel oder ein Side­board? Und warum denkt man bei Stuhl eher an einen Stuhl in der Küche und nicht an einen Stuhl in der Zah­narzt­prax­is? Abge­se­hen von biol­o­gis­chem Experten­wis­sen — ist der watschel­nde Pin­guin wirk­lich eher ein Vogel, als die flugfähige Fle­d­er­maus? Und wer kann genau sagen, wo die Gren­ze zwis­chen Blau und Lila ist? Wenn ein Kind einen Hund sieht, wird es ver­mut­lich wed­er rufen “Schau mal, ein Tier” noch “Schau mal ein Pekinese!”

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Die Feindstaatenklausel

Von Susanne Flach

FIFA-Chef Blat­ter hat sich jegliche Ein­mis­chung der Poli­tik in den Fußball verbeten.

Fein! Nach­dem wir irgend­wie ger­ade alle vom Platz jagen, abschießen, nieder­walzen und durch geschick­te Vertei­di­gung, über­fal­lar­tige Kon­ter oder strate­gis­che Gege­nan­griffe ver­dreschen, ver­mö­beln (“Wer hat Argen­tinien am meis­ten weh getan?”) und zur Kapit­u­la­tion zwin­gen oder geg­ner­ischen Anführern zur Explo­sion brin­gen wollen, wun­dern wir uns noch über die Kriegsrhetorik aus­ländis­ch­er Medi­en über den bick­el­be­haubten hässlichen Deutschen (El Mun­do: “Bestie”) im anrol­len­den Panz­er. Da sind auch feinsin­nige Neol­o­gis­men wie “Deutsch­land müllert Eng­land” oder “Woe­ful Eng­land mullered by Ger­many” (Mir­ror) eher der Bick-Stick-Diplo­matie zuzuordnen.

Dabei ist alles in Wahrheit noch viel schlim­mer. Nach den immer noch gülti­gen — wenn auch obso­leten — Artikeln 53 und 107 der UN-Char­ta ist es allen Unterze­ich­n­er­staat­en ges­tat­tet, Aggres­sio­nen eines Feind­staates aus dem Zweit­en Weltkrieg mit mil­itärischen Mit­teln ohne beson­dere Ermäch­ti­gung gegenüberzutreten. Diese “Feind­staatsklausel” bezog sich natür­lich haupt­säch­lich auf Deutsch­land und Japan. Zu den Unterze­ich­n­ern der Char­ta 1945 gehörten unter anderem Aus­tralien, Jugoslaw­ien, das Vere­inigte Kön­i­gre­ich, Argen­tinien, Uruguay und die Nieder­lande; noch vor Deutsch­land (1990*) unterze­ich­neten die Char­ta außer­dem Ghana (1957) und Spanien (1955). (Okay, irgend­wie alle halt. Aber vor uns zit­tern jet­zt… ja auch irgend­wie alle!)

Aus Grün­den ver­patzter Pointen bin ich froh wenn die Prü­fun­gen durch sind.

*Streng genom­men hat Deutsch­land erst 1990/1 mit dem Zwei-Plus-Vier-Ver­trag volle Sou­veränität erhal­ten. Deutsch­land war aber bere­its mit dem NATO-Beitritt der BRD 1955 und der Unterze­ich­nung der UN-Char­ta der BRD und der DDR 1973 vor der Feind­staaten­klausel, äh, geschützt. Der Medi­en­ar­beit vom “hässlichen Deutschen” und der Kriegsrhetorik in aus­ländis­chen Fußballme­di­en hat das bekan­nter­maßen keinen Abbruch getan. So gese­hen ist Fußball ja auch irgend­wie die Fort­set­zung des Krieges mit anderen Mitteln.

Rand­no­tiz aus einem Prüfungsvorbereitungshirn.

Mehrsprachigkeit, Sprachpolitik, EU

Von Susanne Flach

Fragt man Men­schen, welch­es eines der größten Prob­leme der EU ist, ver­wette ich meinen Arsch darauf, dass 80% der Leute sagen: “Die EU hat ein Sprach­prob­lem”. Ver­mut­lich dürfte die Antwort auf die Frage aber auch kon­junk­turellen Schwankun­gen unter­liegen und derzeit mit “Griechen­land”, “(T)Euro” oder “Hä? EU?” konkur­ri­eren. Aber konzen­tri­eren wir uns auf Europas “Sprach­prob­lem”. Weit­er­lesen

Feiertag?

Von Susanne Flach

Ich bin nor­maler­weise kein Anglizis­men­jäger. Im Gegen­teil: meine Grund­mei­n­ung ist, dass die meis­ten der vielgescholte­nen Lehn­wörter unser Lexikon bere­ich­ern, weil sie in vie­len Fällen eben keine direk­ten Syn­onyme ihrer deutschen “Entsprechun­gen” sind. So ist ein Los­er nicht immer ein Ver­lier­er und shop­pen ist nicht gle­ich einkaufen. In anderen Fällen wirkt das “alte” deutsche Wort doch arg hol­prig oder antiquiert: Verabre­dung für Date (welche auch wiederum nicht kom­plett syn­onym sind, aber gut) oder E‑Post für E‑Mail. Das bedeutet nicht, dass mein Wortschatz mit “Fremd“wörtern durch­set­zt ist — ich nutze über­wiegend Rech­n­er statt Com­put­er, Lied statt Song oder Besprechung für Meet­ing. Das ist aber meine per­sön­liche Wort­wahl — und es muss schon viel passieren, bevor ich Anglizis­men für unerträglich halte.

Gestern war’s dann doch mal soweit. Weit­er­lesen