Archiv des Autors: Kristin Kopf

Blogspektrogramm 35/2014

Von Kristin Kopf

Nehmen wir Gram­matik­fehler wahr, wo keine sind? Ist Säch­sisch viel stan­dard­näher als gemein­hin angenom­men? Und warum braucht man auf Bali einen Berg und keinen Kom­pass, um sich sprach­lich zu ori­en­tieren? Das und mehr gibt’s im heuti­gen Spektrogramm:

  • Die Sprache von Raed Saleh hat Sebas­t­ian Heis­er für die TAZ unter die Lupe genom­men: »Die taz fragte: „Wäre Berlin bere­it für einen Regieren­den, der gram­matikalisch manch­mal daneben­liegt?“ Die Antwort war in der Süd­deutschen Zeitung zu lesen: „SPD-Frak­tion­schef Raed Saleh hat so viel Mühe mit der Gram­matik, dass er für die Rolle des Thron­fol­gers auss­chei­det.“ Die Jour­nal­is­ten irren alle­samt: Raed Saleh hat eine sehr saubere Gram­matik.«
  • Über den säch­sis­chen Dialekt hat Lisa Cas­pari für die ZEIT ein Inter­view mit dem Sprach­wis­senschaftler Beat Sieben­haar geführt: »Die säch­sis­che Region­al­sprache und der Dialekt hat­ten schon lange einen schw­eren Stand. Säch­sisch wird oft gle­ichge­set­zt mit tölpel­haftem Ver­hal­ten, Unge­bilde­theit und Spießigkeit. Diese Ansicht hat sich über Jahrhun­derte tradiert. Dabei unter­schei­det sich das Säch­sis­che eigentlich rel­a­tiv wenig von unserem heuti­gen Hochdeutsch.«
  • Dafür, dass das Schreiben von SMS etc. die Schreibkom­pe­tenz von Kindern und Jugendlichen fördert, argu­men­tiert Ran­dall Munroe auf XKCD mit ein­er schö­nen Analo­gie. (Comic­strip, Englisch)
  • Wer sich für gram­ma­tis­che Fein­heit­en inter­essiert, die kön­nte der aktuelle Blog­post von Lau­ren Gawne auf SUPERLINGUO sehr glück­lich machen. Da wird Schritt für Schritt erk­lärt, was es eigentlich mit »Erga­tiv­ität« auf sich hat, und es fängt ganz leicht an: »What is in a sen­tence – Well, that depends on the lan­guage to a large extent, but it also depends on the verb. This is because on of the jobs of the verb is to decides how many people/things will be in the sen­tence.«
  • Und, wenn wir schon bei Sprachty­polo­gie sind: Wie ori­en­tiert man sich sprach­lich auf Bali? Auf SLATE erk­lärt Leah Velle­man die Beson­der­heit­en geozen­trisch­er Ori­en­tierungssys­teme: »If you were trav­el­ing around Bali with a com­pass, you would find your­self con­front­ed with a lin­guis­tic puz­zle. The word kaja in Bali­nese is some­times trans­lat­ed as mean­ing “north.” […] But as you trav­eled into the coun­try­side, you would find vil­lages where kaja seemed to mean “south,” “east” or “west” instead.«

Blogspektrogramm 33/2014

Von Kristin Kopf

Sie haben sich­er noch Leses­toff von let­zter Woche übrig — heute daher nur vier Links: Darüber, wo welche Vokale kurz oder lang gesprochen wer­den, darüber, was in der öster­re­ichis­chen Schulpoli­tik so passiert, darüber, wie ein Jour­nal­ist mit Lin­guistin­nen zusam­mengear­beit­et hat und darüber, was er dabei her­aus­ge­fun­den hat. Los geht’s:

  • Sagen Sie Spaaaaß oder Spass? Poli­ti­ik oder Pol­i­tick? schoon oder schonn? Und sind Sie damit in Ihrer Umge­bung sprach­lich richtig aufge­hoben? Die ZEIT hat mal wieder schöne Verteilungskarten erstellt, auf Basis von AdA-Dat­en.
  • Im STANDARD find­et sich ein Inter­view mit dem Sprach­wis­senschaftler Gero Fis­ch­er, das einen Ein­blick in den schulis­chen Umgang mit Mehrsprachigkeit in Öster­re­ich gibt. (via @Vilinthril)
  • Michael Erard beschreibt für THE MORNING NEWS, wie er eine lin­guis­tis­che Reportage mit seinen Inter­view­part­ner­in­nen auf Fehler über­prüft hat: »Talk­ing about lan­guage is already tough. Try dis­cussing a brand new lan­guage via Skype with two hear­ing lin­guists, plus anoth­er via text, who hap­pens to be deaf, and see what you learn.« (via @linguisten.de)
  • Wer sich jet­zt für die Reportage selb­st inter­essiert: Die ist schon im April bei ALJAZEERA AMERICA erschienen — es geht um bish­er unbeschriebene Gebär­den­sprachen. »Most of the news about minor­i­ty lan­guages is that they’re endan­gered or dying off, and the only new lan­guages we hear about are those cre­at­ed for Hol­ly­wood sci-fi block­busters. But some­times, lin­guists find a pre­vi­ous­ly unrecord­ed lan­guage — and when they do, it’s a sign language.«

Vom Beck und der Bäckerin

Von Kristin Kopf

Bei der deutschen Debat­te über geschlechterg­erechte Sprache geht es oft um eine bes­timmte Wort­bil­dungsendung: das -in. Es ist ein soge­nan­ntes »Movierungssuf­fix«, das aus ein­er Män­ner- eine Frauen­beze­ich­nung macht: Min­is­terin, Wirtin, Klemp­ner­in. Die männliche Form bildet also das Grund­ma­te­r­i­al, das durch einen Zusatz angepasst wird.

Das ist aber nicht die einzige for­male Beziehung, in der For­men für Män­ner und Frauen in ein­er Sprache zueinan­der ste­hen kön­nen! In der deutschen Sprachgeschichte gab es auch ein Muster, das keine der bei­den For­men als Voraus­set­zung für die andere nutzte. Wie das aus­sah, wohin es ver­schwun­den ist, wie man son­st noch Beze­ich­nun­gen für han­del­nde Per­so­n­en bilden kon­nte und was dem -in so wieder­fahren ist, will ich heute ein wenig beleucht­en. Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 31/2014

Von Kristin Kopf

Die heutige Son­ntag­sun­ter­hal­tung bietet prak­tis­che Werkzeuge, Tau­tolo­gien, Schaum vorm Mund, rät­sel­hafte Manuskripte und högschde Konzen­tra­tion. Viel Spaß!

  • Die NYT hat ein neues Spielzeug: Mit Chron­i­cle lassen sich Wörter und Phrasen seit Mitte des 19. Jahrhun­derts in der New York Times suchen und visu­al­isieren. Die Mes­sung ist sehr grob (Zäh­lung immer pro Artikel), aber lustig ist es den­noch — hier habe ich mal ein paar deutsche Lehn­wörter reingeschmis­sen. (Via Super­lin­guo)
  • Über dop­pelt gemop­pelte Wörter macht sich Stephan Bopp auf FRAGEN SIE DR. BOPP Gedanken.
  • Im LEXIKOGRAPHIEBLOG hat Michael Mann eine sehr nüt­zliche Liste von Wörter­buch-Plu­g­ins für den Brows­er zusammengestellt.
  • Kil­ian Evang präsen­tiert im TEXTTHEATER eine wun­der­volle Pas­sage zu Sprachvorschriften von Anfang des 20. Jahrhunderts.
  • Eine neue The­o­rie zur Entste­hung des rät­sel­haften Voyn­ich-Manuskripts nimmt Jür­gen Her­mes auf TEXPERIMENTALES unter die Lupe.
  • André Mei­n­unger hat sich im SPRAACHENBLOG Gedanken dazu gemacht, wie Jogi Löws ale­man­nis­ch­er Dialekt in den Medi­en ver­schriftet wird und freut sich über Input. (Achtung, einiges an Fachvokabular!)

Blogspektrogramm 28/2014

Von Kristin Kopf

Heute gibt’s im Spek­tro­gramm kluge Worte zu Mehrsprachigkeit, eine Studie zu Vorurteilen, einen lan­gen Text über ein kurzes Wort und zum Abschluss automa­tis­che Sprach­spiel­ereien. Einen schö­nen Son­ntag allerseits!

  • Die Wiener Sprach­wis­senschaft­lerin Bir­git­ta Busch spricht mit dem STANDARD über Mehrsprachigkeit in Öster­re­ich, beson­ders in Bezug auf die Schule: »[…] Deutsch ler­nen und eine Fam­i­lien­sprache aus­bauen ste­hen in keinem Konkur­ren­zver­hält­nis zueinan­der, ganz im Gegen­teil. Manch­mal geben Eltern nicht an, dass ihre Kinder noch eine andere Sprache als Deutsch beherrschen, weil sie sich vor möglich­er Diskri­m­inierung fürcht­en.« (Via @Vilinthril)
  • Wie nehmen eth­nozen­trische Men­schen fremde Akzente wahr? Auf LINGUISTICS RESEARCH DIGEST stellt Dan­niel­la Samos eine nicht über­raschende, aber schön gemachte Studie dazu vor. »While we, as lis­ten­ers, nat­u­ral­ly pick up these cues about people’s eth­nic, socioe­co­nom­ic and geo­graph­i­cal back­ground, exper­i­men­tal research has shown that lis­ten­ers can also make judge­ments on oth­ers’ intel­li­gence, warmth and even height just by lis­ten­ing to record­ed accent­ed speech.«
  • Erin­nert sich jemand an die Mel­dung, huh? sei eine uni­versell ver­wen­dete Äußerung? (Hier Hin­ter­gründe.) Auf DIVERSITY LINGUISTICS COMMENT nimmt Mark Dinge­manse vom MPI für Psy­cholin­guis­tik, einige inter­es­sante Aspek­te auf: »Prag­mat­ic typol­o­gy is a rel­a­tive­ly young field of inquiry. Its youth­ful­ness comes with cer­tain ben­e­fits —chief among them the excite­ment of new dis­cov­er­ies— but also with grow­ing pains. Here I have out­lined three of them: the mat­ter of sam­pling, the nature of data, and the chal­lenge of achiev­ing comparability.«
  • Auf MENTAL FLOSS hat Ari­ka Okrent 14 Text- und Tweet­gen­er­a­toren zusam­mengestellt, die automa­tisch  (englis­che) Gedichte oder ver­meintliche Redewen­dun­gen erzeu­gen. Mit dabei: Das Pen­tametron, das Online Dat­ing Ipsum und das Times Haiku.

Von männlichen Körperteilen

Von Kristin Kopf

Andere schwenken Fah­nen, ich kor­rigiere Fah­nen – und bin dabei auf ein Wort gestoßen, das auch in der Fußball­welt auf­taucht: Das Kör­perteil. So lesen wir in der taz über den Freistoß:

Wenn dann noch Cris­tiano Ronal­do den Ball tritt, ist es egal, welch­es Kör­perteil getrof­fen wird, es ist ab.

Und die Schweiz­er Tageswoche meldet:

Und so ist den Ronal­do-Beobachtern und ‑Bewun­der­ern auch nicht ent­gan­gen, dass sich der Mann von Cham­pi­ons-League-Sieger Real Madrid immer wieder mal an das linke Knie fasst. Es ist – zumin­d­est bei den Anhängern der por­tugiesis­chen National­mannschaft – das meist­beachtete Kör­perteil des Ausnahmefussballers.

Die Augs­burg­er All­ge­meine hinge­gen hat einen Mannschaft­sarzt gefragt

Was sind die häu­fig­sten Ver­let­zun­gen in einem Fußballer­leben, welch­er Kör­perteil ist am anfälligsten?

und stürzt uns damit in eine gram­ma­tis­che Krise: Während Kör­perteile in fast allen Medi­en­bericht­en ein neu­trales Genus (das) tra­gen, erkundigt man sich hier nach einem masku­li­nen Kör­perteil (der). So war’s auch in meinem Manuskript, wo ich das geschrieben und jet­zt in den Fah­nen der gefun­den habe.

Was wür­den Sie spon­tan sagen? Neu­trum? Maskulinum? Oder klingt bei­des gut? Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 26/2014

Von Kristin Kopf

Jede Menge Leses­toff: Was ruft man bei einem Tor? Welchen Sta­tus hat die Wis­senschaftssprache Deutsch und wo ist dabei das Prob­lem? Was passiert, wenn man Geset­ze mit dem Wörter­buch auslegt? Wie kam es dazu, dass man das Wort soc­cer auf den britis­chen Inseln naserümpfend betra­chtet? Und was kön­nte ein Fußfetisch noch sein? Hier sind die Antworten:

  • Wie verkün­den Fußbal­lkom­men­ta­torIn­nen aus ver­schiede­nen Län­dern Tore? Ari­ka Okrent hat es sich für MENTAL FLOSS angeschaut und Hör­beispiele zusam­menge­tra­gen: »The British style is wordy and poet­ic, a per­formed the­saurus of flab­ber­gast­ed­ness. Not sat­is­fied to sim­ply invest vow­els and syl­la­bles with emo­tion­al weight, as the Latin Amer­i­cans and Ital­ians do, the British announc­er must explain all the feels he is feel­ing with words, metaphors, and similes.«
  • Zum Rück­gang von Deutsch als Wis­senschaftssprache macht sich Ste­fan Hart­mann auf PFRIEMELPFUHL inter­es­sante Gedanken: »Dass die Wis­senschaft in der Öffentlichkeit oft genug als Elfen­bein­turm wahrgenom­men wird, liegt auch an Sprach­bar­ri­eren, die aber nicht nur zwis­chen unter­schiedlichen Sprachen, son­dern auch inner­halb ein­er Sprache beste­hen. Meine Oma kann mit einem deutschsprachi­gen Text von oder über Kant genau­so viel oder wenig anfan­gen wie mit einem englis­chsprachi­gen, und das gilt auch für viele Men­schen mein­er Generation.«
  • Ein Mann legt jedes Wort auf die Gold­waage: Für den NEW YORKER zeich­net Jeff Shesol ein Porträt von Antonin Scalia, beige­ord­netem Richter am US-amerikanis­chen Ober­sten Gericht­shof: »In oth­er instances, Scalia’s word games have had pro­found, soci­etal impli­ca­tions, lead­ing to—in at least one case—a dra­mat­ic shift in con­sti­tu­tion­al law. In Dis­trict of Colum­bia v. Heller, which Scalia con­sid­ers his great­est achieve­ment, he relied not on one but on three eigh­teenth-cen­tu­ry dic­tio­nar­ies to “clar­i­fy” the Sec­ond Amend­ment, which reads, “A well reg­u­lat­ed mili­tia being nec­es­sary to the secu­ri­ty of a free state, the right of the peo­ple to keep and bear arms shall not be infringed.”« (Via @Evo2Me)
  • soc­cer oder foot­ball? Sarah Lyall geht den Begrif­f­en für die NEW YORK TIMES auf den Grund und hat dafür unter anderem den fol­gen­den Leser­brief von 1905 aus­ge­graben: »It seems a thou­sand pities that in report­ing Asso­ci­a­tion foot­ball match­es The New York Times, in com­pa­ny with all the oth­er news­pa­pers, should per­sis­tent­ly call the game ‘sock­er,’ ” the writer, one Fran­cis H. Tabor, said in The Times. “In the first place, there is no such word, and in the sec­ond place, it is an exceed­ing­ly ugly and undig­ni­fied one.« (Via Sprachlogleser/in Speravir)
  • Und zulet­zt noch ein XKCD (Englisch), der das Wort Fußfetisch ganz neu definiert.

Blogspektrogramm 24/2014

Von Kristin Kopf

Wovor hat Franz Josef Wag­n­er Angst? Warum empfind­en wir manche Vor­na­men als männlich­er oder weib­lich­er als andere? Wie kann sich eine reine Endung zu einem Wort emanzip­ieren? Und worüber spricht man ger­ade in der Neu­rolin­guis­tik? Vier Links, vier Antworten:

  • Wer schon immer mal wis­sen wollte, was in »Post von Wag­n­er« ste­ht, ohne sie dafür lesen zu müssen, wird nun auf SURVEILLANCE AND SECURITY mit ein­er kor­puslin­guis­tis­chen Analyse von Joachim Schar­loth informiert»Wag­n­er hat […] Angst davor, Rent­ner oder ein Pflege­fall in Deutsch­land zu wer­den, vor Krebs, vor den let­zten Tagen. Aber auch vor Kim Jong-un und einem Wachs-Hitler (und bemerkenswerte Koinzi­denz: Angst auf der Auto­bahn). Und schließlich hat er Angst nachts in Berlin, Angst vor Berlin und Angst, nachts durch Berlin zu gehen.«
  • Zur »Weib­lichkeit« und »Männlichkeit« von Ruf­na­men wird in den let­zten Jahr(zehnt)en viel geforscht: Hier haben wir mal was fürs Deutsche ver­linkt, und diese Studie von neulich baut eben­falls darauf auf. Für die USA stellt Ari­ka Okrent auf MENTALFLOSS fest, dass die vergebe­nen Män­ner­na­men klan­glich immer »weib­lich­er« wer­den, aber: »In sim­ple terms, boys’ names became more like girls’ names so peo­ple start­ed mak­ing girls’ names girli­er. Nam­ing prac­tices change over the years, but there is a gen­er­al ten­den­cy to main­tain gen­der dis­tinc­tions. If the names get too sim­i­lar to each oth­er, adjust­ments will be made toward gen­der polarization.«
  • Für SLATE schreibt Gretchen McCul­loch über ein Suf­fix, das es in den let­zten Jahrzehn­ten zum eige­nen Wort geschafft hat: das englis­che -ish. »But while it’s quite com­mon for new words to be formed by adding pre­fix­es or suf­fix­es (edi­to­ri­al­ize from edi­tor, anti-nuclear from nuclear), or even by re-cast­ing a por­tion of a word that had­n’t before been thought of as an affix (snow­maged­don based on armaged­don, choco­holic based on alco­holic), it’s exceed­ing­ly uncom­mon to form a new word by keep­ing the suf­fix and dis­card­ing the rest.«
  • Und zum Schluss noch ein klein­er Ver­anstal­tungstipp: Näch­sten Dien­stag find­et an der FU Berlin die Antrittsvor­lesung ((Das ist eine Vor­lesung, die mit dem Antritt ein­er Pro­fes­sur ein­herge­ht, aber in der Prax­is fast immer erst viele Semes­ter später stat­tfind­et …)) des Neu­rolin­guis­ten Friede­mann Pul­ver­müller statt, mit dem Titel »Braucht die Sprache ein Gehirn?«

Kaiser, König, Edelmann …

Von Kristin Kopf

Hier im Sprachlog gab es ja mal so eine sprachgeschichtliche Kom­po­nente, nicht? Die kommt jet­zt mit voller Kraft zurück! In den let­zten Monat­en war ich hier sehr zurück­hal­tend, weil all meine Lust daran (und vor allem Zeit dafür), Sprach­wis­senschaftlich­es all­ge­mein­ver­ständlich zu erk­lären, in ein Buch­pro­jekt geflossen ist. Mit­tler­weile ist das beina­he abgeschlossen und im Sep­tem­ber kommt es raus – hier die Ver­lagsankündi­gung. Der Beschrei­bung­s­text ist etwas kryp­tisch, aber let­ztlich mache ich darin Sprachgeschichte an der Geschichte aus­gewählter Wörter sicht­bar. Die Ety­molo­gien sind also der Aufhänger, dahin­ter ver­birgt sich ein zwar assozia­tiv­er, aber sys­tem­a­tis­cher­er Blick auf (vor allem) Laut- und Bedeu­tungswan­del und den Wortschatz.

Auf dem (sehr steini­gen!) Weg zum fer­ti­gen Pro­dukt mussten immer wieder einzelne Kapi­tel dran glauben, und da ich so schnell sich­er kein zweites Ety­molo­giebuch schreiben werde, werde ich die in den näch­sten Monat­en nach und nach verbloggen – natür­lich neu angepasst ans Medi­um. Los geht es mit der Geschichte von Kaiser und Zar, die nicht nur ähn­lich mächtig sind, son­dern auch noch bei­de ein­er gemein­samen sprach­lichen Quelle entsprin­gen, und mit dem König, hin­ter dem Zeu­gung, Geburt und Geschlecht stehen.

Ein Name wird Programm

Den Kaiser als Herrsch­er haben wir uns in Rom abgeschaut. Dort gab es einst einen gewis­sen Gaius Julius Cae­sar, seines Zeichens enorm ein­flussre­ich­er Chef des römis­chen Reichs – so ein­flussre­ich, dass sein Name Pro­gramm wurde. Bei der römis­chen Bevölkerung set­zte sich Cae­sar als generelle Beze­ich­nung für ihren Herrsch­er durch − selb­st als der schon wieder ganz andere Namen trug. Das ver­lief also ähn­lich wie bei den Pro­duk­t­na­men Tem­po oder Tesa, die heute an jed­er Art von Papier­taschen­tuch oder Klebe­streifen haften kön­nen: Ein her­aus­ra­gen­der Vertreter wird zur Beze­ich­nung ein­er ganzen Gruppe gle­ichar­tiger Men­schen oder Gegenstände.

Dann kamen die ger­man­is­chen Völk­er an und Weit­er­lesen

Blogspektrogramm 23/2014

Von Kristin Kopf

Na, gestern genug Sonne abbekom­men? Dann kann der heutige Tag ja ganz dem Spek­tro­gramm gewid­met wer­den. Viel Spaß mit Ton­trägern, Bösewicht­en, aktueller Forschung, Min­der­heit­en­sprachen und unüber­set­zbaren Wörtern!

  • Auf einen musikalis­chen Spazier­gang durch die Dude­nau­fla­gen macht sich Michael Mann im LEXIKOGRAPHIEBLOG: Wann wurde eine Diskothek das, wofür wir sie heute hal­ten und wie tritt die CD erst­mals in Erscheinung?
  • Ist, wer einen britis­chen Akzent hat, böse? Auf SPEECH TALK schreibt Geoff Lind­sey sehr dif­feren­ziert und mit vie­len Hör­beispie­len über Film­fig­uren und ihr Englisch: »I think the pri­ma­ry fac­tor is social rather than nation­al: the most impor­tant thing about ‘British vil­lains’ is not their coun­try of ori­gin but the fact that they sound high class.«
  • Wer aus der Schweiz kommt und What­sApp benutzt, kann der Wis­senschaft helfen: Für ein lin­guis­tis­ches Forschung­spro­jekt wer­den sprach­liche Spenden gesucht!
  • Im NEW INTERNATIONALIST hält Jo Lateu ein Plä­doy­er für die Erhal­tung von Min­der­heit­en­sprachen: »Some peo­ple argue that, since lan­guages ebb and flow as part of a nat­ur­al order, it is point­less try­ing to save them. But the cur­rent threat to most of the world’s 7,000 lan­guages is far from being a nat­ur­al phenomenon.«
  • 13 abso­lut unüber­set­zbare Wörter hat Michael Covar­ru­bias auf WISHYDIG (Englisch) gesammelt.