Archiv des Autors: Kristin Kopf

Chomsky-Bashing

Von Kristin Kopf

Wusstet Ihr, dass es ein Buch namens The Anti-Chom­sky-Read­er gibt? Und dass sich darin nur zwei Kapi­tel mit sein­er Sprach­wis­senschaft befassen? Eines davon wird hier näher beschrieben.

Am Ampfang war es scheimbar der Umpfang

Von Kristin Kopf

Jip­pie! Dank Inter­net sieht man endlich mal, wo Mor­phem­gren­zen opak werden …

schein­bar > sche­im­bar: 1.150 Google-Tre­f­fer

sor­ry wollte edi­tieren und hab sche­im­bar zitieren gedrückt! 🙂

Quelle: board.mofapower.de

Anfang > Amfang: 23.400 Google-Treffer

Am Amfang macht es Spaß, später nicht mehr!!!!

Quelle: dooyoo.de

Anfang> Amp­fang: 1.230 Google-Tre­f­fer (Aber nicht auswert­bar, weil da noch ganz viele Emp­fang > Amp­fang drin sind!)

So dann wieder ganz am Amp­fang die Treppe wieder hoch und ger­ade aus in die Tür wo ich so Kerzen aus­machen musste (4x Buu-Huu).

Quelle: mogelpower.de

Umfang > Ump­fang: 6.620 Google-Tre­f­fer

Allerd­ings wurde mir vor kurzem ein Mod­elver­trag ange­boten unter der Vor­raus­set­z­tung, dass ich 5–7 cm Ump­fang an der Hüfte verliere.

Quelle: forum.gofeminin.de

Man kön­nte ewig weit­er­ma­chen: Emfang, ambi­eten, Umbill, …

—————————————————————

Und noch ein schön­er Fall, in dem ein­fach nur ein Fremd­wort eingedeutscht wurde — vielle­icht durch die laut­liche Ähn­lichkeit mit Kanzel und ein­er damit irgend­wie ver­bun­de­nen Volksetymologie?

can­celn > kanzeln

es fing sil­vester let­zten jahres an — wir woll­ten zusam­men zu mein­er fam­i­lie fahren, 2 tage vorher hat er das gekanzelt, weil er nicht ohne seine tochter sein konnte…

Quelle: brigitte.de

Sex sells words?

Von Kristin Kopf

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=_s-u3ZN_YXs&color1=0xb1b1b1&color2=0xcfcfcf&feature=player_embedded&fs=1]
Bei Youtube gibt es höchst skur­rile Ety­molo­gie-Videos in Kom­bi­na­tion mit grauen­vollem Akzent und viel nack­ter Haut — Sprach­wis­senschaft mal anders:
http://www.youtube.com/user/hotforwords

Pirahã vs. Chomsky

Von Kristin Kopf

Im New York­er gab es im April eine lange Reportage von John Colap­in­to: The Inter­preter.
Darin geht es um Dan Everett — einen Mis­sion­ar der zum Lin­guis­ten wurde, die Pirahã — ein Ama­zonasvolk, das nichts von der Außen­welt hält — und ihre Sprache — mit der sich Chom­sky nicht vere­in­baren lässt.
Eine angenehm les­bare Zusammenfassung!

Und noch ein Zitat von Michael Tomasel­lo:

Uni­ver­sal gram­mar was a good try, and it real­ly was not so implau­si­ble at the time it was pro­posed, but since then we have learned a lot about many dif­fer­ent lan­guages, and they sim­ply do not fit one uni­ver­sal cook­ie cut­ter.

Mischievous Michif

Von Kristin Kopf

Ich lese span­nende Büch­er und muss drin­gend erzählen, was drin ste­ht!
Aber erst die Quelle:

Peter Bakker (1997): A Lan­guage of Our Own. The Gen­e­sis of Michif, the Mixed Cree-French Lan­guage of the Cana­di­an Métis. New York, Oxford.

Michif ist eine Sprache, die aus zwei Sprachen beste­ht, die sich auf sehr ungewöhn­liche Weise miteinan­der ver­bun­den haben — näm­lich fein säuberlich.

Lexik

Die eine Hälfte (Ver­ben, Demon­stra­ti­va) ist Plains Cree, die andere (Nomen, Adpo­si­tio­nen, Per­son­al­pronomen, Numer­alien) ist Franzö­sisch. Adjek­tive, Adver­bi­en, Quan­tifika­toren und andere Funk­tion­swörter kön­nen aus bei­den Sprachen stammen.

Phonolo­gie

Es gibt zwei ver­schiedene Phonem­sys­teme in Michif — selb­st wenn ein Phonem in bei­den Teilen vorkommt, hat es immer noch ver­schiedene Allo­phone. Nur im frz. Teil hat sich eine Art Vokalhar­monie entwick­elt (die es natür­lich im “richti­gen” Franzö­sisch nicht gibt, aber vielle­icht in dem frz. Dialekt der als Basis für Michif diente, das ist noch nicht erforscht). Die bei­den Sys­teme bee­in­flussen sich also nicht gegen­seit­ig — mit ein­er klitzek­leinen Aus­nahme, näm­lich der Cree-Beto­nung, die den frz. Teil in eini­gen Fällen (drei- oder mehrsil­bige Wörter) beeinflusst.

Syn­tax

Die Wort­stel­lung ist wie im Cree, näm­lich sehr frei. Inner­halb der Nom­i­nalphrase ist sie wie im Französischen.

Die Kon­gruen­zsys­teme der bei­den Sprachen verbinden sich — im frz. Teil maskulin/feminin in der NP, im Cree belebt/unbelebt — die frz. Nomen wer­den also als belebt oder unbelebt klas­si­fiziert und entsprechend kon­gruiert dann das Cree-Verb.

Mor­pholo­gie

Manch­mal kön­nen frz. Wörter Cree-Affixe haben, aber das kommt eher sel­ten vor.

Und wer macht sowas?

Gesprochen wird Michif von den Métis in Kana­da und Nor­dameri­ka, ein Volk, das sich eben­so fein säu­ber­lich ver­bun­den hat: Die Män­ner waren europäis­che Pelzhändler, die Frauen Cree-Indi­aner­in­nen. Heute gibt es weniger als 1000 Sprecherin­nen und Sprech­er, zu Spitzen­zeit­en waren es aber auch nur max­i­mal 3000. Die meis­ten von ihnen sprechen wed­er Franzö­sisch noch Cree.

Das Buch von Bakker hat sich zum Ziel geset­zt, her­auszubekom­men, wie es zu dieser ungewöhn­lichen Mis­chung kam. Bish­er hat er allerd­ings nur Hypothe­sen ver­wor­fen, die eh nicht ern­stzunehmen waren, ich warte noch auf die magis­che Lösung … wenn die kommt, sage ich natür­lich Bescheid, und ich suche auch noch ein paar schöne Beispiel­sätze aus!

Update:

Ich habe natür­lich schon lange her­aus­ge­fun­den, was Bakker denkt, auch wenn ich das Buch lei­der nicht zu Ende lesen kon­nte. Uuu­u­u­und zwar:
Es han­delt sich um ein absichtlich geschaf­fenes Phänomen, um die neue kul­turelle Iden­tität der Métis zu stärken. Das denkt auch Sarah Grey Thoma­son, ich bin mir aber noch nicht so sich­er, ob ich es so plau­si­bel finde. Sollte ich mal wieder in die Nähe des Bakker-Buch­es kom­men, lasse ich mich aber gerne eines Besseren belehren.

Oh, und der ver­sproch­ene Beispiel­satz:
æ be:bi la præses ki:-aja:w‑e:w
ART:Sg. Baby ART:Sg. Prinzessin PRÄT-haben-TRANS.ANIM.3.>3.Sg.
‘Die Prinzessin hat­te ein Kind.’
(Bakker/Papen 1997:336)

Guten Morgen, Guten Tag …

Von Kristin Kopf

Ich lese grade in ein­er Kolum­nen­samm­lung der Japan Times namens Nihon­go Notes (Osamu & Nobuko Mizu­tani) in mehreren Bän­den (eher Bänd-chen) aus den 70ern/80ern. Es geht qua­si darum, arme Aus­län­der im höflichkeitssen­si­blen Japan vor sozialer Aus­gren­zung und Äch­tung wegen Ver­wen­dung falsch­er Aus­drücke zu bewahren.
In Deutsch­land sind die Büch­er wohl nur noch anti­quar­isch und zu hor­ren­den Preisen zu bekom­men (die phan­tasievoll­ste Pre­is­forderung will pro Seite einen Euro), großes Buh!

Was mich sehr fasziniert hat (Erken­nen, Eigenes, Fremdes etc.):
お早う ohay­ou heißt ‘Guten Mor­gen!’ und 今日は kon­nichi­wa ‘Guten Tag!’ Mit großer Mühe und viel Liebe wird den Japanis­chler­nen­den nun nahege­bracht, dass es nicht nur an der Tageszeit liegt, welchen Gruß man benutzt, son­dern auch an der Beziehung, in der man zu jeman­dem ste­ht. Ohay­ou ver­wen­det man generell mor­gens, sowohl der eige­nen Gruppe (Fam­i­lie, Fre­unde, Kol­legin­nen) als auch Frem­den gegenüber. Sollte es sich aber ein­mal zutra­gen, dass man z.B. erst mit­tags zur Arbeit kommt, dann darf man nii­i­i­i­i­i­iemals kon­nichi­wa sagen, denn das ist ein Gruß, den man Leuten gegenüber ver­wen­det, die nicht zum engeren Umfeld gehören.

So weit, so gut, ominöse Japan­er … aaaaaaber dann ist mir aufge­fall­en: Wir machen es auch nicht anders! (Guten) Tag! ist auch bei uns sehr an die Ver­trautheit gekop­pelt — man würde es nie zur eige­nen Fam­i­lie oder zu Fre­un­den sagen, da klingt es viel zu formell.
今晩は kon­ban­wa bzw. Guten Abend ver­hält sich wie kon­nichi­wa/Guten Tag!
Und die Gute Nacht! finde ich lei­der nicht mehr, ich bin mir sich­er, dass irgend­wo etwas dazu stand, aber mein Leseze­ichen­sys­tem weist ern­sthafte konzep­tionelle Fehler auf.
Den­noch wün­sche ich sie hier­mit: お休みなさい oya­sum­i­na­sai!

[Bilderbuchtipp] Windows Vista = ‘Windaugensicht’

Von Kristin Kopf

Oooh, oooh, ganz drin­gend lesen:

Wolf­gang Viereck, Karin Viereck, Hein­rich Ramisch (2002): dtv-Atlas Englis­che Sprache. München.

2007-08-11-dtvatlas1Da erfährt man zum Beispiel, dass win­dow ein skan­di­navis­ches Lehn­wort ist und ursprünglich ‘Win­dauge’ hieß. Oder dass die Pik­ten von den Römern so genan­nt wur­den, weil sie pic­ti ‘Bemalte’ waren. Oder dass Pro­fes­sor Slughorn eine Nack­tsch­necke bein­hal­tet, und keine mit Häuschen, denn die heißt ja snail (*summ* “I’d rather be a spar­row than a snail …”). – Und auch wenn man Englisch studiert oder so etwas aus anderen Grün­den für All­ge­mein­wis­sen hält, wird man bes­timmt seine Freude dran haben.
Außer­dem hat es ein Text-Bild-Ver­hält­nis von 50:50! Juhu!

Auf dem Gartenweg

Von Kristin Kopf

“Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana.”
(Grou­cho Marx)

Gar­den-path sen­tences heißen auf Nieder­ländisch intu­inzin [ɪn tœyn zɪn] ‘im Garten Satz’ — ein Aus­druck, der für Deutsche wiederum ein Zun­gen­brech­er (tong­brek­er) ist. Mein lieb­stes Nieder­ländis­chwörter­buch ken­nt das Wort aber lei­der nicht. Den­noch sei es emp­fohlen: www.uitmuntend.de