Archiv des Autors: Kristin Kopf

Donnerstagsrätsel (2)

Von Kristin Kopf

Don­ner­stag ist Rät­selt­ag! Eigentlich am drit­ten, dies­mal am vierten Don­ner­stag im Monat gibt es hier im Sprachlog ein kleines Rät­sel. Heute mit weltweit­em Fokus:

1. Welch­er der fol­gen­den Ter­mi­ni beze­ich­net keinen Kasus?

a) Aktiv, b) Instru­men­tal, c) Erga­tiv, d) Elativ

2. Wie heißt die Sprach­fam­i­lie, die auf der Karte grün markiert ist? ((Spoil­er: Karte mod­i­fiziert nach dieser von Lorn10, CC BY-SA 3.0))

3. Welche dieser Satzstel­lun­gen ist in den Sprachen der Welt am seltensten?

a) Sub­jekt — Objekt — Verb (Typ Das Kind das Eis isst)

b) Objekt — Sub­jekt — Verb (Typ Das Eis das Kind isst)

c) Objekt — Verb — Sub­jekt (Typ Das Eis isst das Kind)

d) Sub­jekt — Verb — Objekt (Typ Das Kind isst das Eis)

4. Welche der fol­gen­den Sprach­fam­i­lien ist in Afri­ka beheimatet?

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Tablet [Anglizismus 2012]

Von Kristin Kopf

Das Tablet ist ein Wiedergänger: Bere­its let­ztes Jahr hat es Anspruch auf den Anglizis­mus­des­jahresti­tel erhoben. Wer sich für die aus­führliche Besprechung inter­essiert, sollte sich daher den dama­li­gen Blog­beitrag dazu anschauen – heute unter­suche ich, wie sich das Wort sei­ther gemacht hat und ob es 2012 eine Gewin­n­chance hat.

Rein sub­jek­tiv rechne ich mit ein­er enor­men Fre­quenz­zu­nahme, basierend auf der Beobach­tung, dass die Geräte immer häu­figer zu sehen und für viele Men­schen zu einem All­t­ags­ge­gen­stand gewor­den sind.

Ein Blick in die Zeitung bestätigt das:

Vorkom­men pro Mio Tex­twörter. Quelle: Nürn­berg­er Nachricht­en, Mannheimer Mor­gen, Ham­burg­er Mor­gen­post, Braun­schweiger Zeitung via Cos­mas II. (n=1.632)

Erst­mals über­traf 2012 das blanke Wort Tablet (grüne Lin­ie) verdeut­lichende Zusam­menset­zun­gen wie Tablet-PC oder Tablet-Com­put­er (blaue Lin­ie). Das Konzept ist jet­zt also fest genug bei der Zeitungsle­ser­schaft ver­ankert, es bedarf sprach­lich­er Hil­festel­lung nicht mehr unbe­d­ingt. Damit ist einge­treten, was ich let­ztes Jahr ger­adezu prophetisch prog­nos­tiziert habe – und zwar schneller als gedacht:

Ich wage zu behaupten, dass sich die Form Tablet, falls das Gerät über­lebt, auf lange Sicht gegenüber Tablet-Com­put­er durch­set­zen wird. Ist kürz­er, und wenn man weiß, was gemeint ist, braucht kein Men­sch mehr eine deskrip­tive Benennung.

Diese Zusam­menset­zun­gen wer­den in den kom­menden Jahren sich­er noch weit­er zurück­ge­hen. ((Sag ich jet­zt, damit ich bei der AdJ-2013-Nominierung erneut auf meine prophetis­chen Fähigkeit­en ver­weisen kann.))

Im Gegen­zug braucht man mit­tler­weile mehr Dif­feren­zierungsmöglichkeit­en, um all die Tablets voneinan­der unter­schei­den zu kön­nen: Kom­posi­ta mit einem Erst­glied, das das Tablet näher bes­timmt (lila Lin­ie) nehmen weit­er zu. In fast allen Fällen wird hier Bezug auf den Her­steller oder Verkäufer (Apple, Aldi, Sony-Tablet, …) oder auf Leis­tungs­fähigkeit und Größe genom­men (High­end-, Full-HD-, Sieben-Zoll-, Riesen-Tablet, …).

Zwar war der Anstieg des Wortes Tablet von 2010 nach 2011 viel deut­lich­er (um 3,8 Prozent­punk­te) als der von 2011 nach 2012 (um 2,2 Prozent­punk­te) ((Eine Suche über Begriffe im Wan­del der ZEIT liefert zwar für Die Zeit einen sprung­haften Anstieg 2012, hier in ich aber skep­tisch, was die Daten­ba­sis bet­rifft. Über den Bug­fix­ing-Modus gelangt man an absolute Zahlen, das sind für 2012 genau 116 Tre­f­fer, die sich recht gle­ich­mäßig über das Jahr verteilen (z.B. je 10 im Novem­ber und Dezem­ber). Hier muss also bei der Nor­mal­isierung etwas schiefge­gan­gen sein.)), allerd­ings würde ich das nicht sofort als AdJ-Aus sehen. Das Tablet hat 2012 an Land gewon­nen, beson­ders gegenüber bemut­tern­den Bil­dun­gen, in denen es nur Erst­glied ist. Es ist zwar sprach­lich nicht beson­ders aufre­gend, aber man kann von so einem Anglizis­mus jet­zt auch nicht alles erwarten.

[Anglizismus 2012] Mit gendern ändern?

Von Kristin Kopf

Heute geht’s um den AdJ-Kan­di­dat­en gen­dern und ich will gle­ich vorauss­chick­en, dass ich dem Mon­sterthe­ma zwar einige Köpfe abschla­gen kon­nte, aber immer neue nachgewach­sen sind. Also: Anspruch auf Unvollständigkeit.

Nominiert wurde gen­dern von David, mit fol­gen­der Begründung:

Das Wort wird vor allem in der Bedeu­tung »in geschlechterg­erechter Sprache schreiben« ver­wen­det. In Englisch gibt es das Verb »to gen­der« nicht, und das Nomen »gen­der« in der Bedeu­tung »soziales Geschlecht« ist eben­falls ver­gle­ich­sweise jung. Das Wort zeugt also von einem kreativ­en Umgang mit Sprache, außer­dem scheint es momen­tan Hochkon­junk­tur zu haben.

Für mich ist es aus min­destens zwei Grün­den ein sehr span­nen­des Wort:

Zum einen kam es mir zunächst sehr etabliert vor, für den Anglizis­mus des Jahres schon viel zu lange viel zu ver­bre­it­et. Aber vielle­icht ist das nur in mein­er sehr geis­teswis­senschaftlich-uni­ver­sitär geprägten Welt so, wo geschlechterg­erechte Sprache weit­ge­hend Kon­sens ist?

Zum anderen trage ich, trotz der hohen Ver­wen­dung­shäu­figkeit in meinem Umfeld, noch immer leise Zweifel mit mir herum, was das Wort denn nun heißen kann. Die sind darin begrün­det, dass ich in einem Sem­i­nar ein­mal gel­ernt habe, gen­dern würde zunehmend falsch ver­wen­det – es hieße näm­lich nicht ‘etwas in geschlechterg­erechte Sprache brin­gen’ son­dern ‘geschlechter­basierte Unter­schiede erzeu­gen’. Nach dieser Bedeu­tung wäre z.B. Baby­mode gegen­dert (rosa, Schmetter­linge und Blüm­chen für Mäd­chen – blau, Bag­ger und Flugzeuge für Jungs).

Diesen bei­den Punk­ten werde ich in diesem Beitrag auch haupt­säch­lich nachgehen.

Was war das Vorbild?

Der Anglizis­mus des Jahres muss, logisch, aus dem Englis­chen stam­men – was für unser deutsches Verb gen­dern mehr oder weniger direkt zutrifft. Es gibt zwei poten­zielle Wortliefer­an­ten: Zum einen das Sub­stan­tiv gen­der, das David im Ver­dacht hat, und zum anderen das Verb to gen­der, das es näm­lich sehr wohl gibt, wenn es auch im Gebrauch recht sel­ten ist.

Das Sub­stan­tiv haben wir auch als solch­es schon vor Län­gerem ins Deutsche entlehnt (Gen­der), wo es sich beson­ders in der Sozi­olo­gie (und den rel­a­tiv neuen Gen­der Stud­ies) als aus­ge­sprochen nüt­zlich erwiesen hat. Bis dahin gab es näm­lich nur Geschlecht, wo man auf Englisch zwei wichtige Aspek­te unter­schei­den kon­nte: Weit­er­lesen

Le mot-dièse: ein ♯hashtag

Von Kristin Kopf

Anlässlich der franzö­sis­chen Wort­neuschöp­fung mot-dièse, dem staatlichen Ver­such, den overten Anglizis­mus hash­tag durch einen verdeck­ten zu erset­zen, habe ich mich gefragt, warum das #-Zeichen eigentlich dièse heißt, wie in zahlre­ichen Pressemel­dun­gen zu lesen:

»Dièse« heißt im franzö­sis­chen [sic!] das Raute-Zeichen »#«, mit dem »Hash­tags« vor dem Schlüs­sel­wort [sic!] in Tex­ten etwa im Kurzmit­teilungs­di­enst Twit­ter markiert wer­den. (Focus)

Kurioser­weise musste ich dabei fest­stellen, dass (nicht nur) ich von ein­er falschen Prämisse aus­ge­gan­gen war: Das franzö­sis­che Wort für unser Dop­pelkreuz (a.k.a. Raut­en­ze­ichen) ist näm­lich nicht dièse, son­dern Weit­er­lesen

Donnerstagsrätsel (1)

Von Kristin Kopf

Don­ner­stag ist Rät­selt­ag! Ab sofort gibt es hier im Sprachlog immer am drit­ten Don­ner­stag im Monat ein kleines Sprachrät­sel. Los geht’s mit einem ety­mol­o­gis­chen Domino:

Die Domi­nos­teine sind Kom­posi­ta, die aus zwei Sub­stan­tiv­en beste­hen, z.B. Log+Buch, Abschlags+Zahlung, Teil+Stück, Bau+Klotz, …

Nun gibt es in diesem Rät­sel immer ein Kom­posi­tum, bei dem der zweite Teil mit dem ersten Teil eines anderen Kom­posi­tums zusam­men­hängt: Das eine ist (oder war ein­mal) eine (Teil-)Bedeutung des anderen.

So gehört z.B. Bauklotz zu Logbuch, weil Log die Ursprungs­be­deu­tung ‘Holzklotz’ hat­te. Das Wort wurde aus dem Englis­chen entlehnt, Weit­er­lesen

Jetzt vermehrt und verbessert: Der Ngram-Viewer

Von Kristin Kopf

Das zugrun­deliegende Kor­pus des Ngram-View­ers von Google ist vor kurzem verbessert wor­den. Damit eröff­nen sich faszinierende neue Such­möglichkeit­en, von denen ich drei ganz kurz vorstellen möchte – in der Hoff­nung, dass sich meine Studieren­den nicht herverir­ren, die sollen das näm­lich alles in ein­er Wei­h­nachts­fe­rien­hausauf­gabe selb­st rausfinden:

Der Aufstieg des Computers: Sprachübergreifende Vergleiche

Nen­n­form für ‘Com­put­er’ im Englis­chen, Deutschen und Franzö­sis­chen. Such­abfrage: computer:eng_2012,Computer:ger_2012,ordinateur:fre_2012

Während man in der 2009er-Ver­sion nur inner­halb ein­er Sprache suchen kon­nte, lassen sich jet­zt auch sprachüber­greifende Ver­gle­iche anstellen. Hier musste ich also noch drei Grafiken hin­tere­inan­der erstellen, jet­zt kann die Fre­quenz des Wortes für ‘Com­put­er’ im Englis­chen, Deutschen und Franzö­sis­chen (und eini­gen weit­eren Sprachen) auf ein­mal angezeigt wer­den. Weit­er­lesen

Empörende Geburt in einer krummen Krippe

Von Kristin Kopf

Fro­he Botschaft: Das Ety­molo­giequiz ist vor­bei, und größ­ten­teils mit Bravour gelöst wor­den. Eine Ehrenurkunde geht an koma, Grumpfzessin, zr0wrk und Zitro­nen­milch! Eben­falls tapfer geschla­gen haben sich Thier­bach und paci­oli mit je ein­er Ver­wech­slung. Gratulation!

Wie die einzel­nen Wort­paare zusam­men­hän­gen, will ich im Schnell­durch­lauf erk­lären. Wenn ich dabei von ein­er konkreten laut­lichen Form spreche, set­ze ich sie kur­siv, wenn die Rede von ein­er Bedeu­tung ist, ste­ht sie in ein­fachen Anführungszeichen.

Geburt und empören haben bei­de eine gemein­same indoeu­ropäis­che (ie.) Wurzel mit der Bedeu­tung ‘tra­gen’. Bei der Geburt ist das noch recht deut­lich (vgl. ein Kind unter dem Herzen tra­gen), bei empören muss eine Bedeu­tungser­weiterung hin zu ‘erheben’ stattge­fun­den haben (wie auch bei empor), wenn man empört ist, ist man ja auch oft auffahrend.

Gold und Galle sind bei­de gelb, auch wenn man’s bei der Galle in der Regel nicht so sieht.  Sie sind von ein­er ie. Wurzel ‘glänzen, schim­mern’ abgeleit­et. Lustiger­weise haben andere Sprachen die Wurzel auch für andere leuch­t­ende Far­ben benutzt, Weit­er­lesen

Weihnachtslektüre

Von Kristin Kopf

In den ver­gan­genen Jahren haben sich in unseren Vorgängerblogs eine ganze Menge Beiträge mit Fest­tagsanstrich ange­sam­melt, die gerne gemein­sam mit den Baumkugeln aus dem Keller geholt wer­den möchten:

Um X‑mas geht es gle­ich in mehreren Beiträ­gen von Ana­tol: Hin­ter der Form steckt, oh Wun­der, nicht das Ende des Chris­ten­tums – obschon ein Mr. Mar­tin aus den USA ander­er Mei­n­ung war. Ein Jahr später war X‑mas dann auch bei uns angekom­men und richtete die deutsche Sprache zugrunde. Das fand zumin­d­est die zwis­chen­zeitlich selb­st zugrun­dege­gan­gene »Aktion Lebendi­ges Deutsch«. Außer­dem gab es mal wieder kreative Mei­n­un­gen zur Bedeu­tung des X.

In Wei­h­nacht­sliedern steck­en eine Menge sprach­liche Beson­der­heit­en, die ich mir ange­se­hen habe: In »Ihr Kinder­lein, kom­met …« geht es um die Kind-er-lein (statt Kind-lein) und bei »Wie schon die Alten sun­gen« um die Ver­gan­gen­heits­form. (Nein, sun­gen statt san­gen wurde nicht nur deshalb gewählt, weil es sich dann reimt! )

 Außer­dem habe ich gek­lärt, warum es  Christ­mette heißt – die Messe hat damit gar nichts zu tun! – und wieso man Wei­h­nacht­en sagt, wo doch die Mehrzahl von Nacht Nächte sein müsste. In Wei­h­nachts- vs. Christ­baum schließlich geht es darum, welche der bei­den Beze­ich­nun­gen für das Gewächs wo und wann häu­figer ist.

Wer jet­zt noch immer nicht genug Leses­toff mit Wei­h­nachts­bezug hat, die kann sich ander­swo weit­er umschauen:

Bei DR. BOPP lässt sich nach­le­sen, ob man denn nun an oder zu Wei­h­nacht­en zu Besuch kommt,  im LEXIKOGRAPHIEBLOG find­et sich eine sehr schöne Kor­pu­s­analyse ver­schieden­er Gruß­formelnfroh oder geseg­net, Wei­h­nacht­en oder Fest­tage? –, im ADA kann man sehen, mit welchen Wörtern selb­st­gemacht­es Gebäck im deutschen Sprachraum beze­ich­net wird (ich bin für Bre­tle) und im OXFORDWORDS BLOG (Englisch) geht es um Beze­ich­nun­gen für den Wei­h­nachts­mann, ein Analy­se­tool für A Christ­mas Car­ol, die Ety­molo­gie von Plätzchen­sorten wie gin­ger­snaps und die exzel­lente Arbeitsmoral beim OED an den Wei­h­nachts­feierta­gen des Jahres 1879.

Wir hof­fen, dass Sie eine eben­solche nicht an den Tag leg­en müssen und wün­schen Ihnen schöne Feiertage ganz nach Ihrem Geschmack!

Das weihnachtliche Etymologie-Quiz

Von Kristin Kopf

Zur Ein­stim­mung auf die Feiertage gibt es heute ein Ety­molo­giequiz mit Wei­h­nacht­shin­ter­grund. Im fol­gen­den Wor­dle habe ich sprach­liche Ver­wandte durcheinan­derge­wor­fen – immer zwei Wörter besitzen eine gemein­same Wurzel. Welche gehören zusammen?

Zur Erk­lärung:

Die Ver­wandtschaft kann ziem­lich weit zurück­ge­hen, weshalb der Bezug bei den wenig­sten offen­sichtlich ist. So wür­den, wären sie drin, Etat und Dis­tanz zusam­menge­hören, denn Etat kommt über frz. état aus lat. sta­tus ‘Zus­tand’, was zu stāre ‘ste­hen’ gebildet wurde und Dis­tanz kommt von lat. dis­tan­tia, ein­er Abstrak­t­bil­dung zu dis­tāre ‘voneinan­der weg­ste­hen’, das sich aus dis- und stāre ‘ste­hen’ zusam­menset­zt. (aus Ety­molo­giequiz Nr. 1)

Das Quiz läuft bis zum 26.12. – falls über die Feiertage mal Langeweile aufkom­men sollte –, dann poste ich die Auflö­sung. Nach­schla­gen und Googeln sind erlaubt!

[Edit: Die Kom­mentare scheinen sich nicht unsicht­bar machen zu lassen, ich färbe sie daher weiß ein – wer noch rät­seln will, sollte nicht zu weit nach unten scrollen!

Auf vielfachen Wun­sch hier die Wörter noch ein­mal im Textfor­mat, streng alphabetisch:

Elch, empören, erlöschen, Galle, Geburt, Gen­er­a­tion, gerin­nen, Gold, Heer, Her­berge, Kind, kön­nen, Krippe, krumm, lahm, Lamm, liegen, Lüm­mel, peku­niär, Reise, riechen, Säugling, Stall, stre­ichen, Stroh, stülpen, Suppe, verkün­den, Vieh, Visi­er, Weihrauch, weise

]

Viel Spaß beim Grübeln!

Wer hier noch nicht genug zu rät­seln hat, kann sich ja an ver­gan­genen Ety­molo­giequizzen aus­pro­bieren (Achtung, Lösun­gen immer am Ende des Beitrags):

Gähnende Leere

Von Kristin Kopf

Echolot­ta hat kür­zlich bei Twit­ter gefragt:

Und weil mir keine philosophisch-amüsante Randbe­merkung von max­i­mal 130 Zeichen einge­fall­en ist ((Ja, ich weiß, 140, aber @Echolotta kostet auch schon 10 …)), habe ich beschlossen, die Frage hier in epis­ch­er Länge und wörtlich anzugehen.

Gäh­nende Leere auf ein­er anony­men Baustelle irgend­wo in Deutschland.

Bei der gäh­nen­den Leere liegt eine feste Verbindung zweier Wörter vor. Sie tritt in Sätzen wie es herrschte gäh­nende Leere auf und drückt dann aus, dass nichts oder nie­mand anwe­send oder vorhan­den ist (s. rechts).

Wie fest diese Verbindung eigentlich ist, lässt sich nicht nur intu­itiv fest­stellen, son­dern auch empirisch über­prüfen. Dazu macht man eine soge­nan­nte »Kol­loka­tion­s­analyse«, man schaut nach, welche Wörter in ein­er großen Textsamm­lung beson­ders häu­fig miteinan­der auftreten. Das geht zum Beispiel recht kom­fort­a­bel über das DWDS.

Da erfährt man dann, dass gäh­nend das Adjek­tiv ist, das Leere in den aller­meis­ten Fällen mod­i­fiziert (danach fol­gt erst mit großem Abstand die innere Leere) – und dass auch umgekehrt Leere das Sub­stan­tiv ist, das am öftesten von gäh­nend begleit­et wird (danach fol­gt mit noch größerem Abstand die Langeweile): ((Hier Leere eingeben und im Kas­ten »Wort­pro­fil 2012« nach­schauen, da als Wor­tart »Sub­stan­tiv« wählen (linkes Dia­gramm) bzw. gäh­nend eingeben und »ist Adjek­ti­vat­trib­ut von« wählen (recht­es Dia­gramm). Eine Erk­lärung des Wort­pro­fils gibt es hier. Was meine Suche natür­lich nicht abdeckt, sind ver­bale For­mulierun­gen wie die Leere gäh­nt bedrohlich, denn dort gäh­nt bere­its der Schlund o.ä.))

Kol­loka­tio­nen von Leere (links) und gäh­nend (rechts) ab ein­er Min­dest­fre­quenz von 5. Dat­en: DWDS Wort­pro­fil 2012, Zeitraum 1900–1999.

Aber warum?

Dass diese bei­den Wörter etwas miteinan­der haben, lässt sich also nicht nur fühlen, son­dern auch zeigen. Nun stellt sich aber die Frage, warum es hier eine der­art enge Verbindung gibt. Weit­er­lesen