Ich musste mit Schrecken feststellen, dass es in meiner Buchhandlung kein einziges Buch über die Einrichtung und Administration von FTP-Servern unter Linux gibt, aber sieben verschiedene Bücher über Windows Server 2008 und zwei über Windows Exchange Server. Dafür habe ich auf dem Tisch mit den sprachkritischen Büchern einen schönen Stapel von Andre Meinungers Sick of Sick entdeckt, genau zwischen dem fünften Band von „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ und „Happy Aua“. Das erfreut und deshalb sei dem Buchhändler sein mangelhafter Servergeschmack vergeben und vergessen. Weiterlesen
Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch
Care for a little linguistic necrophilia?
Angesichts der Aufregung, mit der jede Phase der deutschen Rechtschreibreform öffentlich diskutiert wurde, hätte es ja sein können, dass wir uns auch für die Rechtschreibreformen unserer europäischen Nachbarn interessieren. Das ist aber nicht der Fall: fast unbemerkt hat das portugiesische Parlament vor zehn Tagen eine der radikalsten Reformen in der Geschichte der portugiesischen Orthografie verabschiedet.
Die Reform, auf die sich Portugal mit sieben weiteren portugiesischsprachigen Ländern (nämlich Brasilien, Angola, Mosambik, Osttimor, den Kapverden, Guinea-Bissau und São Tomé e Príncipe verständigt hat), ist die bislang letzte in einer langen Reihe von manchmal mehr, aber meistens weniger gut koordinierten Reformen, die Portugal und Brasilien seit 1911 an ihren jeweiligen Orthografien durchgeführt haben (die englischsprachige Wikipedia hat einen eigenen Eintrag zu diesen Reformen). Weiterlesen
Abkürzungsgefährdet
Die SMS ist den Briten ihr Anglizismus. Während hierzulande die Angst umgeht, die deutsche Sprache könnte unter der Last einiger Lehnwörter und sprachlich fehlgeleiteter Werbesprüche zusammenbrechen, glaubt man im Vereinigten Königreich (und, wie wir hier erwähnt haben, auch in Irland) ernsthaft, dass SMS-typische Abkürzungen dabei sind, in die Alltagssprache junger Menschen einzudringen und dort althergebrachte Wörter zu vernichten. Weiterlesen
Die sprachliche Vermessung der Welt
Der öffentliche Diskurs über Sprachsysteme hängt sich häufig an oberflächlichen Aspekten wie der Orthografie und Interpunktion oder aber an Fragen der „korrekten“ Aussprache oder des Wortschatzes auf. Für den Wissenschaftler ist dagegen die grammatische Struktur von Sprache und Sprachen ein wesentlich interessanterer Forschungsbereich. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber unter anderem liegt es daran, dass sich Aussprache und Wortschatz relativ schnell verändern und über verschiedene Sprachen hinweg relativ unsystematisch variieren (lexikalische Semantiker, Phonetiker und Phonologen mögen mir diese grobe Vereinfachung verzeihen). Grammatische Strukturen verändern sich dagegen zwar stetig aber relativ langsam, und vor allem variieren sie in höchst systematischer Weise. So gibt es Bereiche, in denen Sprachen bestimmte strukturelle Eigenschaften stark bevorzugen — zum Beispiel haben über 95 Prozent aller Sprachen einen grundlegenden Satzbau, bei dem das Subjekt im Satz irgendwo vor dem Objekt auftritt (wir haben hier einmal darüber diskutiert); andere Eigenschaften bedingen sich gegenseitig, sodass sich feststellen lässt, dass eine Sprache, die Eigenschaft A hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Eigenschaft B hat (wenn eine Sprache beispielsweise die Satzstellung Subjekt-Objekt-Verb hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie Postpositionen hat (dass also Wörter wie von, in oder bei hinter dem Substantiv stehen, auf das sie sich beziehen).
Solche allgemeinen Regeln sind deshalb interessant, weil sie allgemeingültige, also sprachübergreifende oder gar sprachunabhängige Erklärungen verlangen. Aber solche Regeln zu finden ist häufig schwierig. Es erfordert oft monatelange Lektüre grammatischer Beschreibungen von vielen hundert Sprachen, die dann auf eine Art zusammengefasst werden müssen, die es dem Forscher ermöglicht, allgemeine Regeln oder Tendenzen auch als solche zu erkennen. Weiterlesen
Sprachnörgler und Sprachwissenschaftler
Zu den letzten paar Beiträgen hier im Sprachblog haben sich interessante Diskussionen entsponnen, an der sich neue und alte Sprachblogleser rege beteiligen. Das freut mich natürlich und ich werde über die nächsten Wochen verschiedene Aspekte dieser Diskussionen aufgreifen und genauer diskutieren um (noch) deutlicher zu machen, wo aus meiner Sicht die Unterschiede zwischen einem sachlichen und einem sprachnörglerischen Umgang mit Sprache liegen (ein „sachlicher“ Umgang muss dabei übrigens nicht unbedingt sprachwissenschaftlich sein — es gibt ja eine Reihe von Disziplinen und Berufsgruppen, die sich professionell mit Sprache beschäftigen).
Aus zwei Kommentaren zum letzten Beitrag möchte ich hier aber kurz schon einmal einen Aspekt aufgreifen. Weiterlesen
Neidlos
Vor ein paar Tagen hat ein gewisser „Jeeves“ — vermutlich nicht sein richtiger Name — dieses Blog entdeckt und wie folgt kommentiert:
Huch, wohin hab’ ich mich denn hier verlaufen?
Studierte oder studierende Humorlose sind offensichtlich eifersüchtig auf einen Erfolgreichen (nämlich: Sick)?
Das mach auf mich als Außenstehenden jedenfalls diesen Eindruck.
Besonders gründlich kann er sich nicht umgesehen haben, denn über Sick reden wir hier nur sehr selten.
Aber zum Kern des Vorwurfs: Sind Sprachwissenschaftler — studiert oder studierend — neidisch auf die prominente Sprachnörgler wie Bastian Sick? Weiterlesen
Eine Aktion zum Canceln
In den letzten Tagen habe ich herausgefunden, dass es mit dem Bloggen bei mir so ähnlich ist, wie mit dem Joggen — wenn man ein- oder zweimal die Zeit dazu nicht findet, wird es schwer, sich wieder aufzuraffen. Aber jetzt nehme ich die Aktion Lebendiges Deutsch, da sie schon nicht zur Lebendigkeit der deutschen Sprache beiträgt, zum Anlass, wenigstens das Bremer Sprachblog vor der drohenden Leichenstarre zu bewahren. Weiterlesen
Gewinnmitteilung
Und hier die überfällige Entscheidung unseres Gewinnspiels. Um mir die Entscheidung einfacher zu machen, habe ich die Wettbewerber in drei Kategorien eingeteilt:
- Sick-Geplagte
- Wissbegierige
- Spaßvögel
Dann habe ich in jeder Kategorie eine/n Sieger/in gekürt. Weiterlesen
Stimmen aus der Vergangenheit
Ob die Neandertaler eine Sprache hatten, werden wir nie mit Sicherheit wissen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropolgie in Leipzig fanden im letzen Jahr heraus, dass der Neandertaler die gleiche Variante des Gens FOXP2 besaß, die beim Menschen eine entscheidende Rolle beim Grammatikerwerb spielt. Weiterlesen
Wörter zu Pflugscharen
Angeregt von den Kommentaren zu unserer Verlosung (die mittlerweile beendet ist) habe ich darüber nachgedacht, ob Sprachwissenschaftler neidisch auf Sicks Erfolg sind und warum sie sich manchmal so über ihn aufregen. Die kurze Antwort ist „Nein“ und „Weil er etwas trivialisiert, was ihnen am Herzen liegt“. Die lange Antwort muss noch ein paar Tage auf sich warten lassen, da ich die Naturgewalt des gerade angefangenen Semesters noch in den Griff bekommen muss. Hier aber ein schönes Zitat zum Thema, das ich in Randy Allen Harris’ The Linguistics Wars gefunden habe (meine Übersetzung): Weiterlesen