In einem Kommentar hat Leser/in „mus“ darauf hingewiesen, dass der NDR den „Tag der deutschen Sprache“ (den es natürlich nicht wirklich gibt und der nur der überhitzten Fantasie der Sprachnörgler entsprungen ist) mit einer Umfrage würdigt, in der nicht etwa die Schönheit und Vielfalt der deutschen Sprache gefeiert wird sondern in der die Leser zum sprachlichen Snobismus aufgefordert werden. Weiterlesen
Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch
Sprachnörglerische Scheinheiligkeit
Das Hamburger Abendblatt lässt seine Leser aufgeregt darüber abstimmen, ob die neue S‑Bahn-Station am Hamburger Flughafen wie geplant „Hamburg Airport“ heißen soll, oder ob nicht ein reindeutsches „Flughafen“ besser wäre (kleiner Hinweis: der Flughafen selbst nennt sich bereits Hamburg Airport und „Flughafen“ ist kein international gebräuchlicher Begriff).
Nebenbei schaffen es die Macher auch noch, in einem Artikel über einen Französischkurs einen überflüssigen Seitenhieb auf englische Lehnwörter einzubauen. Nur eins schaffen sie nicht: selbst auf diese zu verzichten. Weiterlesen
Ahnungslos lahme Denglischjäger
„The unspeakable in pursuit of the inedible“ — die Unsäglichen auf der Jagd nach dem Ungenießbaren –, so hat Oscar Wilde einmal die Fuchsjagd beschrieben. Die Jagd der Aktion Lebendiges Deutsch nach Alternativen zu englischen Lehnwörtern könnte man analog als „die Unbelehrbaren auf der Jagd nach dem Unnötigen“ definieren.
Jeden Monat beglücken die vier Aktionäre die deutsche Sprachgemeinschaft mit Wortschöpfungen, die die Welt nicht braucht (denn anders als der Wortist suchen sie immer nur nach Bezeichnungen für Dinge, für die es bereits etablierte Begriffe gibt). Weiterlesen
Grammatik ist mehr faszinierend als alles andere
Vor ein paar Wochen habe ich im Fernsehen beim Sendersurfen den folgenden Satz gehört (ich weiß leider nicht mehr in welcher Sendung, ich glaube, es war eine Krimiserie mit Laiendarstellern):
(1) Ich weiß gar nicht, wer mehr nervös war — er oder ich.
Der Satz kam mir komisch vor. Mehr nervös klingt wie eine umständliche und unkonventionelle Umschreibung für nervöser.
Wäre ich ein Sprachnörgler, es wäre klar, was ich zu tun hätte: ich müsste mich über die „immer häufiger zu beobachtenden“ und „falschen“ Vergleichsformen von Adjektiven im Besonderen und über junge Menschen und das Privatfernsehen im Allgemeinen echauffieren und die Schuld für den Verfall der deutschen Sprache beim Englischen suchen, wo man ja schließlich auch more nervous sage. Weiterlesen
Stil(l)stand
Mein treues Apple PowerBook Titanium ist nach sieben Jahren fast ununterbrochenen Betriebes an einer korrupten PDF-Datei gescheitert und ließ sich erst nach einer kompletten Neuinstallation des Betriebssystems wieder starten. Da ich regelmäßig Sicherungskopien anlege, sind dabei keine Daten verloren gegangen, aber da ich meine Sicherungskopien nicht besonders systematisch verwalte, bin ich noch damit beschäftigt, die Daten zu ordnen (bzw., sie in den Zustand der mir vertrauten Unordnung zu bringen, die sie vor dem Absturz hatten). Weiterlesen
Sprache als Werkzeug oder Zuflucht
In der Schule lernen wir, Sprachen, vor allem fremde, als kommunikatives Werkzeug zu betrachten — als Mittel zur Verständigung oder als Tor zu anderen Kulturen. Für diejenigen von uns, die ihr Leben der Beschäftigung mit Sprache und Sprachen widmen, sind Sprachen aber häufig weniger als das, und gleichzeitig viel mehr. Helen De Witt bringt es auf den Punkt: Weiterlesen
Bitte nicht öffnen
Nochmal ein wenig Schilderkunde: in meinem Hotel in Brighton waren solche Schilder an den Zwischentüren, die einem in englischen Hotels ständig den Weg versperren:
Das ist ja nachvollziehbar. Wenn man nicht dafür sorgt, dass die Tür zu ist, kann sie ihre Funktion als Feuerschutztür nicht erfüllen. Weiterlesen
Et tu, FR?
Eigentlich arbeite ich gerade an ein paar Sprachblogbeiträgen, in denen es tatächlich um Sprache gehen soll und nicht immer nur um das sprachliche Unverständnis der Sprachnörgler. Aber die Kolumne in der Frankfurter Rundschau, auf die Kristof gestern in einem Kommentar hingewiesen hat, ist so verblödet, dass ich sie nicht unkommentiert stehen lassen kann.
Charima Reinhardt, freie Autorin und ehemalige stellvertretende Sprecherin der rot-grünen Bundesregierung, redet darin dem VDS so unreflektiert nach dem Maul, dass man sich nicht länger über das Scheitern von Rot-Grün wundert. „Denglisch für Anfänger I“, nennt sie ihr Werk, und löst damit ein dumpfes Gefühl von dräuendem Unheil bei mir aus, denn ich vermute, dem wird ein „Denglisch für Anfänger II“ folgen (Merke: eine Kolumne ist eine Glosse, die immer wiederkehrt.) Weiterlesen
Keine Durchfahrt
Vor ein paar Wochen war ich auf einer Konferenz im Süden Englands und beim Zwischenaufenthalt in London ist mir dieses Schild aufgefallen:
Aufgefallen ist mir das Schild wohl deshalb, weil die grammatische Struktur der Warnung für mich ungewoht klingt. Ich habe einige Jahre in Texas gelebt und von dort ist mir dieses Schild vertraut: Weiterlesen
Glossen
Wenn ich bei meiner wöchentlichen Suche nach Sprachblogbarem auf eine „Glosse“ stoße, weiß ich, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit einen dicken Fisch am Haken habe. Definiert ist das Wort Glosse ja eigentlich als „kurzer, spöttischer Artikel (in der Zeitung)“ (so das Bertelsmann-Wörterbuch), aber meiner Erfahrung nach bedeutet es eher so etwas wie „uninformiertes, schlecht abgeschriebenes und selbstgefälliges Geschwätz (in der Zeitung)“. Weiterlesen