Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Der blinde Fleck der Lehnwortgegner

Von Anatol Stefanowitsch

Der Kon­feren­zstress ver­hin­dert es derzeit, dass ich regelmäßiger blogge, aber ich ver­spreche, dass sich das bald wieder ändert. Zum Glück brauchen die Sprachblogleser/innen mich nicht, um laut über Sprache nachzu­denken: die Diskus­sion zu meinem let­zten Ein­trag hat ger­ade die in diesem beschei­de­nen Blog eher sel­tene Gren­ze von 40 Kom­mentaren erre­icht. Die Diskus­sion hat sich vom ursprünglichen The­ma wegen­twick­elt (der Frage nach dem Ver­fas­sungsrang des Deutschen) und dreht sich nun um die Vor- und Nachteile von Lehn­wörtern (ich werde darauf ver­weisen, wenn ich das näch­ste Mal dafür kri­tisiert werde, dass ich zu viel über Anglizis­men schreibe).

Ein Argu­ment, das die Lehn­wort­geg­n­er in dieser Diskus­sion bre­it­treten ist das der Ver­ständlichkeit: Anglizis­men (und andere Lehn­wörter) seien deshalb schlecht, weil diejeni­gen, die deren Ursprungssprache nicht beherrschen, sie nicht ver­ste­hen kön­nten. Weit­er­lesen

Sprachlicher Imperialismus

Von Anatol Stefanowitsch

Im let­zten Beitrag hat­te ich verse­hentlich nicht auf das Inter­view mit Ver­fas­sungsrichter Di Fabio ver­linkt, son­dern auf einen Gastkom­men­tar meines Würzburg­er Kol­le­gen Nor­bert Richard Wolf in der Main­post. Da dieser Kom­men­tar äußerst lesenswert ist, hole ich hier offiziell eine nicht-verse­hentliche Ver­linkung nach.

Wolf drückt zunächst Zweifel an der Sinnhaftigkeit ein­er Ver­ankerung der deutschen Sprache im Grundge­setz aus und weist dann noch darauf hin, dass „Die anderen machen es aber auch“ in diesem Fall kein gutes Argu­ment ist: Weit­er­lesen

Sprachverleugnende Eliten

Von Anatol Stefanowitsch

Die Frage, ob die deutsche Sprache als Staatssprache im Grundge­setz fest­geschrieben wer­den soll, hat uns hier im Sprach­blog immer wieder beschäftigt, zulezt im Dezem­ber, als die CDU einen Parteitags­beschluss mit dieser Forderung fasste. Seit­dem ist auf der poli­tis­chen Bühne nichts weit­er geschehen und man durfte schon hof­fen, dass die Forderung der Partei (die bei der Bun­deskan­z­lerin auf wenig Gegen­liebe stieß), leise in der Versenkung ver­schwinden würde.

Doch nun ist die Debat­te neu aufge­flammt, weil der Ver­fas­sungsrichter Udo Di Fabio in einem Inter­view mit der Rheinis­chen Post dieser Forderung angeschlossen hat. Zunächst spricht er sich dage­gen aus, jed­er poli­tis­chen Mode Ver­fas­sungsrang zu geben: Weit­er­lesen

Zehn „Geheimnisse“ der deutschen Sprache

Von Anatol Stefanowitsch

Auf Bild Online sind dieser Tage unter der Über­schrift „Die 10 Geheimnisse der deutschen Sprache“ zehn nicht sehr geheime Wis­sens­brock­en über die deutsche Sprache erschienen. Beim Lesen der Über­schrift habe ich Vor­freude über die Dummheit­en ver­spürt, die da wohl ste­hen wür­den und die ich hier zerpflück­en kön­nte. Aber beson­ders ergiebig war die Sache dann doch nicht. Nur bei ein paar Details liegt die Bild-Redak­tion offen­sichtlich daneben, der Rest ist etwas unge­nau oder schw­er nachvol­lziehbar aber nicht ein­deutig falsch. Da ich mir die Arbeit aber nun ein­mal gemacht habe, will ich die Ergeb­nisse mein­er Über­prü­fung trotz­dem teilen. Weit­er­lesen

Rollmöpse und deutsche Sehnsucht

Von Anatol Stefanowitsch

Ich kann gar nicht sagen, was mich mehr erstaunt — die sprach­lichen Unter­gangsphan­tasien der Sprach­nör­gler vom Vere­in deutsche Sprache oder der sprach­liche Größen­wahn, der sich häu­fig im Umfeld der „schön­sten aus­ge­wan­derten Wörter“ breitmacht.

Auf der Web­seite des ZDF erfahren wir in dieser Woche:

110 Mil­lio­nen Mut­ter­sprach­ler, eine der wichtig­sten Sprachen Europas: Jet­zt wid­met sich eine Ausstel­lung im Deutschen His­torischen Muse­um Berlin „Der Sprache Deutsch“.

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Attachmentieren

Von Anatol Stefanowitsch

In der Kat­e­gorie „Richtet euch nach meinen Worten, nicht nach meinen Tat­en“ regt sich dieser Tage wieder ein­mal jemand über Angliszis­men auf, der seine Ratschläge eigentlich lieber selb­st in die Tat umset­zen sollte. Der „Klein Report“ (das Dep­pen­leerze­ichen überse­hen wir geflissentlich), ein Schweiz­er Medi­en­di­enst, ver­wen­det im Menü sein­er Web­seite fol­gende Lehn­wörter: Home, News, Links, Newslet­ter (2 Mal) und Handy-Flash. Alles gebräuch­liche Begriffe, aber für alle gäbe es deutsche Entsprechun­gen. Aber nur, weil man sich sel­ber mit vollen Hän­den beim englis­chen Wortschatz bedi­ent, möchte man das anderen nicht zugeste­hen: Weit­er­lesen

Seit wann machen wir im Deutschen Sinn?

Von Anatol Stefanowitsch

Zu den meist­ge­le­se­nen Beiträge hier im Sprach­blog gehört die Serie über die Redewen­dung Sinn machen — vier der fünf Teile (siehe hier: I, II, III, IV, V) kom­men unter die ewigen Top Ten. Auch die Diskus­sion in den Kom­mentaren zu diesen Beiträ­gen flammt immer wieder ein­mal auf. Das freut mich natür­lich, und so möchte ich einige der dort disku­tierten Fra­gen ich in näch­ster Zeit in mehr oder weniger knap­pen Beiträ­gen aufgreifen.

Im ersten Teil der Serie habe ich unter anderem darauf hingewiesen, dass es sich bei der Redewen­dung Sinn machen nicht um ein neues Phänomen han­delt, anders als fol­gen­des Zitat des ober­sten Sin­n­machen­has­sers Bas­t­ian Sick ver­muten lässt: Weit­er­lesen

Hallo WDR2-Hörer!

Von Anatol Stefanowitsch

Her­zlich Wilkom­men im Bre­mer Sprach­blog. Wenn das kurze Inter­view im Mor­gen­magazin Sie neugierig auf die Eski­mowörter für Schnee gemacht hat, find­en Sie hier zwei län­gere Blog­beiträge dazu:

Natür­lich sind Sie her­zlich ein­ge­laden, sich auch darüber­hin­aus auf den Seit­en des Bre­mer Sprach­blogs umzuse­hen. Der Link „Favoriten“ im Menü rechts ist ein guter Ein­stiegspunkt in unser Archiv.

Nach­trag I: Im Inter­view wollte ich mich auf­grund der Kürze der Zeit und der (ver­ständlichen) Anweisung der WDR-Redak­tion, nicht allzu aus­führlich über Dinge wie „Mor­pholo­gie“ und „abgeleite Wörter“ zu reden, nicht auf eine unter­schiedliche Bedeu­tung der Wort­stämme aput und qanik fes­tle­gen. Wie im Blog­beitrag „Schneeschmelze“ erwäh­nt, wird all­ge­mein (und ver­mut­lich kor­rekt) berichtet, dass im West­grön­ländis­chen aput „liegen­der Schnee“ und qanik „fal­l­en­der Schnee“ bedeutet. Das Deutsche hat hier ja auch zwei Wörter: Weit­er­lesen

Schmutz(e(d))ecke

Von Anatol Stefanowitsch

Ein uner­warteter pos­i­tiv­er Neben­ef­fekt der Arbeit mit sprach­wis­senschaftlichen Kor­po­ra: Man häuft einen bun­ten Schatz unsys­tem­a­tis­ch­er Wis­sens­bröckchen an. Denn beim Durch­suchen der Kor­pus­dateien nach Beispie­len stolpert man immer wieder über merk­würdi­ge Geschicht­en und unbekan­nte Wörter, die nach aus­führlich­er Recherche ver­lan­gen. In einem Kor­pus von indis­chem Englisch fand ich gestern zum Beispiel den fol­gen­den Satz:

As the water enters the schmutzecke, bio­log­i­cal action breaks down some of the organ­ic mat­ter. (ICE-IND:W2A-036#25:1)

Obwohl es mir eigentlich um die gram­ma­tis­chen und seman­tis­chen Eigen­schaften des Verbs enter ging, wit­terte ich bei der schmutzecke natür­lich sofort einen Kan­di­dat­en für das „schön­ste aus­ge­wan­derte Wort“. Was mag der Inder mit ein­er schmutzecke meinen? Weit­er­lesen