Da wende ich dem Wissenschaftsfeuilleton nur kurz den Rücken zu, um mich ein paar Tage lang auf einer der wichtigsten Konferenzen der deutschen Sprachwissenschaft herumzutreiben, und verpasse dabei glatt die sprachwissenschaftliche Sensation des Jahrhunderts. Holger Dambeck weiß auf Spiegel Online nämlich Folgendes zu berichten:
So sehr sich amerikanische und europäische Kinder in Mathe-Tests anstrengen – ihre Altersgenossen aus China sind besser. Dank eines einfacheren Zahlensystems können sie schon früh besser zählen und rechnen. Sprachforscher glauben, dass die Methodik auch deutschen Kindern helfen würde. [SPIEGEL.de/Dambeck 2010]
Bevor ich erklären kann, was daran eine Sensation wäre, muss ich erklären (wie es auch der Artikel tut), was mit einem „einfacheren“ Zahlensystem gemeint sein soll: nämlich ein System sprachlicher Ausdrücke, das sich möglichst streng an der Dezimalschreibweise orientiert. In dieser Schreibweise gibt es, wie wir alle wissen, eigene Symbole für die Zahlen von Null bis Neun, ab der Zehn werden alle Zahlen als Kombination dieser Symbole geschrieben, in der Einer, Zehner, Hunderter, usw. in absteigender Reihenfolge genannt werden. Die Zahl „Einhundertfünfzehn“ etwa wird 115 geschrieben, was ja soviel heißt wie „Ein Mal Hundert, und ein Mal Zehn, und fünf Mal eins“.