Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Auf der Zielgeraden: Keine Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz

Von Anatol Stefanowitsch

Der Vere­in Deutsche Sprache ist ein sprach­puris­tis­ch­er und kul­tur­pro­tek­tion­is­tis­ch­er Vere­in, dessen Haup­tan­liegen darin beste­ht, englis­che Fremd­wörter und den Ein­fluss des Englis­chen generell zu bekämpfen. Daneben ver­fol­gt er aber seit vie­len Jahren auch das Ziel, den Artikel 22 des Grundge­set­zes, der die Haupt­stadt und die Far­ben der Staats­flagge regelt, um den Satz „Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch“ zu ergänzen. In den let­zten Jahren hat der VDS sich mit ein­er Rei­he promi­nen­ter Poli­tik­er zusam­menge­tan, sie diese Forderung unter­stützen, darunter wichtige Mei­n­ungs­mach­er wie Bun­destagspräsi­dent Nor­bert Lam­mert und Bun­destagsvizepräsi­dent Wolf­gang Thierse. Im Jahr 2008 fasste sog­ar der CDU-Parteitag einen entsprechen­den Beschluss. Es ist also dur­chaus denkbar, dass der VDS sein Anliegen mit­tel­fristig durch­set­zen wird.

Weit­er­lesen

Tag der Muttersprache 2011

Von Anatol Stefanowitsch

Heute ist der Inter­na­tionale Tag der Mut­ter­sprache, den die UNESCO im Jahr 2000 ins Leben gerufen hat, um „ein Bewusst­sein für die Wichtigkeit kul­tureller und sprach­lich­er Vielfalt zu weck­en“. Beson­ders die  weltweit etwa 2 500 bis 3 000 bedro­ht­en Sprachen sollen dabei im Mit­telpunkt stehen.

Wer sich mit diesen bedro­ht­en Sprachen näher beschäfti­gen möchte, dem sei als Ein­stieg der von der UNESCO her­aus­gegebene inter­ak­tive Atlas der bedro­ht­en Sprachen empfohlen.

Bedro­hte Sprachen gibt es nicht nur ander­swo, son­dern auch direkt vor unser­er Tür. Nicht die deutsche Sprache ist es, um deren Über­leben wir uns sor­gen müssen, son­dern sechs Min­der­heit­en­sprachen, die die UNESCO als „gefährdet“ (def­i­nite­ly endan­gered) oder sog­ar „schw­er gefährdet“ (severe­ly endan­gered) einstuft.

Weit­er­lesen

Warum die Idee einer Staatssprache Deutsch nicht harmlos ist

Von Anatol Stefanowitsch

In der Diskus­sion um die Peti­tion „Keine Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz“ kommt häu­fig das Argu­ment, dass die Peti­tion zu aufgeregt und schwarz­ma­lerisch oder auch ganz ein­fach zu unwichtig sei, um sich ern­sthaft damit zu befassen.

Die ein­fache Form dieses Argu­ments lautet „Es gibt wichtigere Dinge, über die wir uns Sor­gen machen soll­ten“. Das ist zwar richtig, es ist aber kein Grund, sich an der Peti­tion nicht zu beteili­gen. Es gibt immer wichtigere Dinge — Atom­müll, Bürg­erver­sicherug, Cas­tor­trans­porte, Demogra­phiewan­del, Erd­beben, Finanzkrise, Gen­er­a­tio­nenkon­flik­te, HIV, Irak, Jugen­dar­beit­slosigkeit, Kli­mawan­del, Län­der­fi­nan­zaus­gle­ich, Mil­itärdik­taturen, Net­zneu­tral­ität, Oder­hochwass­er, Pri­vatin­sol­ven­zen, Quack­sal­berei, Rohstoff­man­gel, Sozial­re­for­men, Tibetkon­flikt, Umweltver­schmutzung, Verteilungskriege, Whistle­blow­er­schutz, Xeno­pho­bie, Yup­pisierung und Zeitar­beit­star­ife. Aber es ist ja nicht so, als ob die zwei Minuten, die nötig sind, um sich auf der Web­seite des Peti­tion­sauss­chuss­es zu reg­istri­eren und die Peti­tion zu zeich­nen, jeman­den davon abhal­ten wür­den, sich an der Lösung dieser Prob­leme zu beteiligen.

Die dif­feren­ziert­ere Form des Argu­ments lautet „Die Ver­ankerung der deutschen Sprache im Grundge­setz hätte keine rechtlichen Kon­se­quen­zen. Es geht nur darum, die deutsche Sprache zu würdi­gen.“ Und das ist nicht richtig. Es stimmt zwar, dass die Auf­nahme ein­er Lan­dessprache allein keine Kon­se­quen­zen hätte, aber die Befür­worter ein­er solchen Auf­nahme lassen keinen Zweifel daran, dass sie eine grundge­set­zliche Ver­ankerung der deutschen Sprache als Grund­lage für eine Rei­he geset­zlich­er Regelun­gen betrachten. 

Weit­er­lesen

Ein Jahr Sprachlog

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen (am 24. Jan­u­ar) hat­te das Sprachlog seinen ersten Geburt­stag. In der kurzen Atem­pause zwis­chen dem Anlaufen der Peti­tion „Keine Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz“ und der Verkün­dung des ersten „Anglizis­mus des Jahres“ hat­te ich nicht die Ruhe , das zum Anlass zu nehmen, um über das ver­gan­gene Jahr nachzu­denken, deshalb hole ich es heute nach.

Weit­er­lesen

Lobet den Herrn!

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn auch Ihr in den Klauen ein­er Sek­te seid, in der englis­ches Lehngut ange­betet wird: Es beste­ht Hoff­nung. Entsagt dem angel­säch­sis­chen Teufel­szeug und kehrt in den Schoß der einen wahren Kirche zurück.

Vomanglizismuskonvertiert

Oder ihr lernt den Unter­schied zwis­chen „Anglizis­mus“ und „Anglikanis­mus“ und genießt ein­fach euer Leben. Und feiert den Anglizis­mus des Jahres.

Deutschlernen leicht gemacht

Von Anatol Stefanowitsch

Die Befür­worter ein­er Festschrei­bung des Deutschen als Staatssprache im Grundge­setz argu­men­tieren häu­fig mit ein­er inte­gra­tions­fördern­den Wirkung. Ein paar Beispiele:

Ich will keine Zuwan­der­erfam­i­lien, die sich bis in die dritte Gen­er­a­tion weigern, die Sprache des Lan­des kor­rekt zu ler­nen, in dem sie leben! [Unter­schriften­samm­lung der Bild-Zeitung, zitiert z.B. hier]

Wir steuern auch sprach­lich auf Par­al­lelge­sellschaften zu. Berlin-Kreuzberg und Neukölln sind fast schon autarke Gebi­ete. Vom Gemüse­händler bis zum Zah­narzt spricht dort alles türkisch. Ich sehe deshalb die Fes­tle­gung auf Deutsch als Lan­dessprache als einen wichti­gen Schritt zur Inte­gra­tion. Wer auf diese Fes­tle­gung verzichtet, kriegt Par­al­lelge­sellschaften […] Zuwan­der­er sollen auch qua Ver­fas­sung merken, was dieser Staat und dieses Gemein­we­sen erwarten. [Josef Kraus, Präsi­dent des Deutschen Lehrerverbandes] 

Der Schutz der deutschen Sprache gehört im Grundge­setz ver­ankert. Respekt vor unser­er deutschen Sprache ist Respekt vor unser­er Kul­tur und unserem Land, den wir von allen ein­fordern, die bei uns leben. Ohne gemein­same Sprache gibt es keine wirk­same Inte­gra­tion. Wer sich der deutschen Sprache ver­weigert, ver­weigert sich der Inte­gra­tion in Deutsch­land. [Alexan­der Dobrindt, Gen­er­alsekretär der CSU

Auch in den Kom­mentaren hier im Sprachlog, im Forum des Peti­tion­sauss­chuss­es und an anderen Stellen, an denen über die Peti­tion berichtet wird, find­en sich solche Aussagen. 

Weit­er­lesen

Die Sprachen der Bundesrepublik sind…

Von Anatol Stefanowitsch

„Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch” — diesen Satz wollen die Befür­worter ein­er ver­fas­sungsrechtlich geschützten Lan­dessprache ins Grundge­setz aufnehmen, und argu­men­tieren unter anderem damit, dass schließlich auch viele andere Län­der der Europäis­chen Union — siebzehn ist eine oft genan­nte Zahl — ihre jew­eilige Lan­dessprache in ihrer Ver­fas­sung festschreiben. Vor allem unsere deutschsprachi­gen Nach­bar­län­der, die Schweiz und Öster­re­ich, wer­den in diesem Zusam­men­hang immer wieder genan­nt, so, als dürfe Deutsch­land nicht hin­ten anste­hen, wenn es um patri­o­tis­che Beken­nt­nisse zur deutschen Sprache geht. Obwohl es für die Gestal­tung unseres Grundge­set­zes ja eigentlich neben­säch­lich sein sollte, was andere Län­der in ihre Ver­fas­sun­gen schreiben, ist es also höch­ste Zeit, sich diese ein­mal näher anzusehen.

Begin­nen wir mit der Schweiz. In der Bun­desver­fas­sung der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft wird die Sprach­frage wie fol­gt geregelt:

Weit­er­lesen

Norbert Lammert, die deutsche Sprache und das Grundgesetz

Von Anatol Stefanowitsch

Bun­destagspräsi­dent Nor­bert Lam­mert hält die Ver­ankerung der deutschen Sprache im Grundge­setz nicht nur für wichtig, er hält sie für sehr, sehr wichtig. Eigentlich für wichtiger als alles andere.

O‑Ton Lam­mert:

Wenn ich mir allerd­ings die 58 Änderun­gen und Ergänzun­gen des Grundge­set­zes betra­chte, die es seit 1949 gegeben hat, fall­en mir keine fünf Änderun­gen ein, die es an Bedeu­tung und Rang mit der Sprache als Mit­tel der Selb­stver­ständi­gung und Iden­tität eines Lan­des aufnehmen kön­nen. [welt.de]

Ern­sthaft? Keine fünf? Sie sind doch 1948 geboren, Herr Lam­mert, also alt genug, um sich möglicher­weise and die fol­gen­den Grundge­set­zän­derun­gen zu erin­nern: Weit­er­lesen

Warum die Petition “Keine Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz” sinnvoll ist

Von Anatol Stefanowitsch

Die Peti­tion gegen die Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz ist gut ange­laufen, aber bis wir die 5 200 Stim­men erre­ichen, die ich als Min­i­malziel for­muliert habe, ist es noch ein weit­er Weg. Es find­en an ver­schiede­nen Stellen inter­es­sante (manch­mal aber auch erschreck­ende) Diskus­sio­nen über die Peti­tion statt, schon diese Diskus­sio­nen waren die Sache wert. Susanne Flach hat in ihrem Blog einige der wichtig­sten inhaltlichen Argu­mente und Gege­nar­gu­mente aus der Diskus­sion exzel­lent zusam­menge­fasst; ich möchte hier kurz eine Rei­he von Argu­menten gegen die Form der Peti­tion an und für sich auf­greifen und ver­suchen, sie zu entkräften. Vielle­icht kann ich damit zögernde poten­zielle Mitzeichner/innen ermuti­gen, zu entschlosse­nen tat­säch­lichen Mitzeichner/innen zu werden.

Die Peti­tion des Vere­ins Deutsche Sprache ist lächer­lich, aber mit der Gegen­pe­ti­tion lässt man sich auf das­selbe Niveau herab“, oder anders for­muliert: „Indem man eine Gegen­pe­ti­tion startet, zeigt man nur, dass man die lächer­lichen Forderun­gen des VDS ernst nimmt.“

Vielle­icht sind die Posi­tio­nen des Vere­ins Deutsche Sprache tat­säch­lich lächer­lich, aber die Peti­tion ist es sich­er nicht. Es gibt in bei­den großen Volksparteien Unter­stützer dieser Forderung, und vor allem aus der CDU kom­men mit Volk­er Kaud­er und Nor­bert Lam­mert zwei gewichtige Stim­men, die die Argu­men­ta­tion des VDS seit Jahren öffentlich und öffentlichkeitswirk­sam stützen. Die CDU hat gegen den Willen ihrer Vor­sitzen­den, Bun­deskan­z­lerin Merkel, einen Parteitags­beschluss gefasst, der die Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz vor­sieht. Es han­delt sich also nicht um eine kuriose Forderung eines kleinen Sprachvere­ins, son­dern um einen ern­stzunehmenden Ver­such, ein sprach­lich­es Monopol des Deutschen im Grundge­setz festzuschreiben. Meine Peti­tion dient einem klaren Ziel: Die 46 000 Unter­schriften, die der VDS gemein­sam mit der Bild nach eige­nen Aus­sagen gesam­melt hat, dür­fen nicht unwider­sprochen als Mehrheitsmei­n­ung der Bevölkerung ste­hen bleiben.

Weit­er­lesen