Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler (Teil 3)

Von Anatol Stefanowitsch

Kom­men wir heute zur drit­ten und let­zten Folge unser­er kleine Rei­he zu den „10 am häu­fig­sten falsch ver­wen­de­ten Wörtern“ von Andreas Busch und BILD.de. Uns fehlen in der Diskus­sion noch drei Wörter, wollte, ver­stor­ben und Reifen­wech­sel, und fehlt noch die Ermah­nung, Berufs­beze­ich­nun­gen wie Arzt für Män­ner zu reservieren und für Frauen immer die weib­liche Form Ärztin zu nehmen. Heute beschränke ich mich auf die drei Wörter, die Frage nach den Berufs­beze­ich­nun­gen ist zu kom­plex um sie im Busch’schen Par­a­dig­ma von „richtig“ und „falsch“ auch nur anzureißen. Ich komme aber in näch­ster Zeit umfassender darauf zurück.

In der ersten Folge ging es ja darum, dass Sprach­nör­gler wie Busch nicht in der Lage sind, Sprach­wan­del zu ver­ste­hen und zu akzep­tieren, in der zweit­en Folge ging es daneben auch noch um ihre Schwierigkeit­en mit der Erken­nt­nis, dass Wörter nor­maler­weise mehr als eine Bedeu­tung haben, von der keine die „richtige“ ist. Die heute disku­tierten Fälle zeigen ein drittes Prob­lem: Die sprach­liche Intel­li­genz der Sprachge­mein­schaft wird sys­tem­a­tisch unterschätzt.

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Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler (Teil 2)

Von Anatol Stefanowitsch

Nach­dem ich mich im ersten Teil unser­er kleinen Serie über Andreas Buschs Liste der „10 am häu­fig­sten falsch ver­wen­de­ten Wörter“ mit sor­gen, Kult und Busen beschäftigt habe, komme ich im zweit­en Teil zu irri­tiert und Sym­pa­thie. BILD.de hat die Liste ja unter der Über­schrift „Mit Fremd­wörtern kön­nen Sie mir nicht impräg­nieren!“ veröf­fentlicht und so unter­stellt, dass es vor­rangig um Ver­wech­slun­gen eben dieser gin­ge, aber tat­säch­lich sind nur vier der zehn Wörter über­haupt Fremd­wörter — Pub­lic View­ing (das ich in dieser Serie nicht behan­dle, siehe aber hier und hier), Kult (das ich am Mon­tag bere­its behan­delt habe), und eben irri­tieren und Sym­pa­thie.

Der Grund, warum ich die bei­den Wörter heute gemein­sam bespreche, liegt aber nicht in ihrer lateinis­chen bzw. griechis­chen Herkun­ft, son­dern daran, dass sie das zweite der drei Grund­prob­leme des Sprach­nörgelns demon­stri­eren: Die Vorstel­lung, dass Wörter nur eine Bedeu­tung haben (dür­fen).

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Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler (Teil 1)

Von Anatol Stefanowitsch

Die ganze lange und trüb­sin­nige Tra­di­tion der Sprach­nörgelei entspringt einem bedauer­lichen Missver­ständ­nis: Die Sprach­nör­gler unter­schätzen sowohl die Kom­plex­ität von Sprachen als auch die Intel­li­genz von Sprecher/innen (ob let­zteres darin begrün­det liegt, dass sie von sich auf andere schließen, sei dahingestellt).

Drei Vorstel­lun­gen sind für den Sprach­nör­gler nicht fass­bar. Erstens, Sprache verän­dert sich. Zweit­ens, Wörter (und andere sprach­liche Zeichen) kön­nen mehr als eine Bedeu­tung haben. Drit­tens, Ver­ste­hen beste­ht nicht in einem mech­a­nis­chen Dekodieren von Wortbe­deu­tun­gen, son­dern in einem aktiv­en Deuten von Äußerun­gen in konkreten Sit­u­a­tio­nen und im sprach­lichen Zusammenhang.

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Die Sprachpanscher schlagen zurück

Von Anatol Stefanowitsch

Der Vere­in der Dort­munder Sprach­nar­ren hat die Liste der Kan­di­at­en für den „Sprach­pan­sch­er des Jahres“ bekan­nt­gegeben, mit dem die Anglizis­men­jäger jedes Jahr ver­suchen, par­a­sitär von der Medi­en­präsenz bekan­nter Mit­men­schen zu prof­i­tieren, indem sie diese beschuldigen, mit­tels englis­ch­er Lehn­wörter den Unter­gang alles Deutschen voranzutreiben.

Wie nicht anders zu erwarten wer­den die Nominierun­gen mit den sel­ben sub­stan­zlosen und schw­er bis gar nicht über­prüf­baren Behaup­tun­gen unter­mauert, die auch die son­sti­gen Aktiv­itäten des Vere­ins charakterisieren.

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Viren und ihr Genus

Von Anatol Stefanowitsch

SciLog­ger Sören Schewe hat heute Mit­tag per Twit­ter nachge­fragt, ob es der Virus oder das Virus heißen muss. Anlass war wohl dieser Tweet des Nachricht­en­por­tals „Der Westen“.

Anders als son­st war ich bere­it, hier eine absolute Regel zu nen­nen: der bei Com­put­er­viren, das bei allen anderen Viren. Ich habe das behauptet, weil ich meine, das schon ein­mal empirisch unter­sucht zu haben (vielle­icht im Bre­mer Sprach­blog) und eine ziem­lich ein­deutige Ten­denz bestand. Der West­en hat sich gle­ich unter Beru­fung auf den Duden vertei­digt, denn dort ste­ht: „das, außer­halb der Fach­sprache auch: der Virus“. Das ist aber natür­lich keine echte Vertei­di­gung, da der Duden, wie die Sprach­nör­gler nicht müde wer­den, ihm vorzuw­er­fen, lediglich fes­thält, welche For­men im Sprachge­brauch mit ein­er gewis­sen Häu­figkeit vorkom­men (wenn er nicht ger­ade aus PR-Zweck­en erfun­dene Wörter aufn­immt). Weit­er­lesen

Die Philosophie, Königin der Wikipedia

Von Anatol Stefanowitsch

Zum zweit­en Mal in diesem Monat ein Car­toon von XKCD, dies­mal nicht mit
einem sprach­lichen Bezug, dafür aber als Aufhänger für einen
tat­säch­lichen Blogeintrag:

Wissenswertes zur Wikipedia: Wenn du irgendeinen Eintrag nimmst, auf den ersten Link im Text klickst, der nicht in Klammern steht oder Kursiv ist, und das ganze immer wieder wiederholst, kommst du irgendwann zu dem Eintrag über Philosophie.

Wis­senswertes zur Wikipedia: Wenn du irgen­deinen Ein­trag nimmst, auf den ersten Link im Text klickst, der nicht in Klam­mern ste­ht oder Kur­siv ist, und das ganze immer wieder wieder­holst, kommst du irgend­wann zu dem Ein­trag über Philosophie.

XKCD ist immer bloggenswert, und das hier illus­tri­erte Prob­lem kenne ich nur allzu gut. Aber was mich an diesem Car­toon heute inter­essiert, ist der Mouseover-Text, den ich her nochmal zitiere:

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Quantensprung in der Platte*

Von Anatol Stefanowitsch

Beat­rice Lug­ger, ehe­mals Com­mu­ni­ty Man­ag­er bei unseren Erzfein­den von den ScienceBlogs.de, blog­gt seit heute bei uns (bzw. bei unseren Tod­fein­den von den Brainslugs Brain­Logs). Das freut mich natür­lich, und ich heiße sie her­zlich willkom­men, aber das war’s dann auch erst­mal mit den Net­tigkeit­en. Denn für ihren ersten Beitrag hat sie sich aus irgen­deinem Grund dafür entsch­ieden, ein biss­chen Sprach­nörgelei zu betreiben.

Stein ihres Anstoßes ist die all­t­agssprach­liche Ver­wen­dung des Wortes Quan­ten­sprung:

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Die Emanzipation der Schmetterlinge

Von Anatol Stefanowitsch

Vorhin im Schreib­waren­laden: Ein Vater und sein ca. 5‑jähriger Sohn suchen ein Aufk­le­ber­mo­tiv, mit dem ein Geburt­stags­geschenk für einen Fre­und des Sohnes deko­ri­ert wer­den soll. Sie haben bere­its über Blu­men und Sterne disku­tiert, dann schlägt der Sohn Herzen vor.

Vater: Lieber keine Herzen. Und Schmetter­linge gehen für Jungs auch nicht. 

Sohn: Doch, Schmetter­linge gehen auch für Jungs. 

Vater: Schmetter­linge für Jungs? 

Sohn: Ja, die gehen auch für Jungs. Ich mag Schmetterlinge. 

Vater: Na gut. 

Sohn: Schmetter­linge sind so hübsch! 

Vater: Ja, gut, das stimmt. 

Sohn: Hüb­sch und cool. Schmetter­linge sind wirk­lich hüb­sch und cool. 

Vater: Gut, dann nehmen wir die Schmetterlinge.

Ich will keine Kla­gen mehr hören, über die Kinder heutzu­tage und so.

Pfarrer Assmann und Pfarrer Nolte

Von Anatol Stefanowitsch

Leser Lukas Ruge hat sich dieser Tage mit fol­gen­der Frage an das Sprachlog gewandt:

Wenn es ihr gän­zlich egal war, meinte meine Oma immer, ich solle das doch ein­fach machen wie der Pfar­rer Ass­mann. Fragte ich nach, wie der es gemacht habe, bekam ich zu hören, er habe es gehal­ten wie der Pfar­rer Nolte. „Und der?“ „Der machte es wie er wollte.“

Ich sage das noch heute und freue mich, wie meine Groß­mut­ter, jedes Mal, wenn jemand nach­fragt. Nun musste ich mit Entset­zen fest­stellen, dass viele mein­er Fre­unde denken, die Autoren der Serie Stromberg hät­ten diese Red­wen­dung erfun­den. Nun ist meine Groß­mut­ter vor der Erstausstrahlung der Serie Stromberg ver­stor­ben, das kann also so nicht sein. Ich dachte natür­lich sofort, dass das Inter­net mir weit­er­helfen kön­nte, doch bish­er ohne Erfolg. Zwar find­et sich in Google oft die Frage nach der Herkun­ft, aber keine Antwort.

Hier ein Beleg für die Ver­wen­dung der Redewen­dung in der Serie „Stromberg“: Weit­er­lesen

Analogiefalle

Von Anatol Stefanowitsch

Die Ver­wen­dung von Meta­phern und Analo­gien im Fachunter­richt ist seit vie­len Jahren ein beliebtes Staat­sex­a­m­en­sthe­ma bei meinen Studieren­den und es ist ein inter­es­santes und lohnen­des Forschungs­ge­bi­et. Das Kern­prob­lem lässt sich aber ein­fach zusammenfassen:

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