Der Verein Deutsche Sprache produziert ja so schnell und ausdauernd so viel Unsinn, dass Deutschland eine Goldmedallie sicher wäre, wenn Unsinn eine olympische Disziplin wäre. Aber dass Sprachnörgelei (noch) nicht olympisch ist, hindert die Sprachnörgler natürlich nicht daran, die Olympischen Spiele trotzdem zu nutzen, um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen.
Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch
Sprachbrocken 31/2012
Bei der Suche nach Sprachbrocken finde ich häufig Artikel, in denen die Kommunikationssysteme von Tieren als „Sprache“ bezeichnet werden. Normalerweise ignoriere ich die, weil es sich bei solchen Systemen nicht um „Sprachen“ handelt. Damit die Tiere sich nicht ungerecht behandelt fühlen, mache ich aber heute eine Ausnahme.
Vundo pasas, vorto restas
Normalerweise bekomme ich in den Kommentaren ja Gegenwind nur von Sprachnörglern mit schwachen Argumenten und durchschaubaren Motiven. Aber ich mir neulich in den Sprachbrocken 24–28 einen Seitenhieb gegen das „leidige, nicht tot zu kriegende Esperanto“ erlaubt habe, haben mich zur Abwechslung zwei langjährige und sprachlich höchst kompetente Leser/innen zurechtgewiesen: jgoschler, promovierte Sprachwissenschaftlerin, und Bertil Wennergren, der als Programmierer für die Esperantic Studies Foundation und das Esperanto-Lernportal lernu.net gearbeitet hat. Wennergren warf mir vor, mich über die Sprache „lustig zu machen“, die er „zuhause jeden Tag mit [s]einer Frau spreche“ und jgoschler wies mich darauf hin, dass das Esperanto nicht weniger wert sei als andere Sprachen und denselben Respekt verdiene, und dass es unangemessen sei, sich über Esperanto-Sprecher/innen „lustig zu machen“. Beide fanden, dass ein solches Verhalten gerade von mir als Linguist befremdlich sei. Grund genug, meine Worte und meine Meinung zum Esperanto etwas genauer zu erläutern.
Sprachbrocken 29–30/2012
Dass die Jugend von Heute nicht viel im Kopf hat, wissen wir ja alle, und so kann uns auch eine neue Studie nicht schockieren, die zeigt, dass deutsche Studierende „Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung, der Orthographie, der Beherrschung von Grammatik und Syntax“ haben, dass sie nicht in der Lage sind, „selbstständig zu formulieren, zusammenhängende Texte zu schreiben“, „bei Vorträgen mitzuschreiben“ oder überhaupt „den roten Faden eines Textes zu begreifen“. Weiterlesen
Stille Post verschlechtert die Grammatik
Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die SMS-Sprache von Jugendlichen deren Grammatik verschlechtert. Zumindest behauptet das eine Presseerklärung des Contentlieferanten „Pressetext“. Aber wie immer, wenn wir etwas über die neuesten Erkenntnisse der amerikanischen Wissenschaft erfahren, haben diese ein langes Stille-Post-Spiel hinter sich.
Sprachbrocken 24–28/2012
„Wäre es nicht praktisch, wenn alle Menschen eine einzige Sprache sprächen?“ fragt das Hamburger Abendblatt in der Rubrik Kindernachrichten. „Das könnte viele Missverständnisse verhindern und überhaupt — stellt euch vor, ihr reist nach Japan und könntet euch dort problemlos verständigen.“ Das wäre wirklich toll. Ein guter Kandidat für eine solche Sprache wäre ja das Englische, das mit weltweit 1,5 Milliarde Sprecher/innen schon fast so weit ist. Aber das wäre wohl zu einfach, und deshalb empfiehlt das Hamburger Abendblatt stattdessen das leidige, nicht tot zu kriegende Esperanto, das es weltweit auf eine schlappe Million Sprecher/innen bringt. Warum nicht gleich Klingonisch, das von immerhin ca. 20 bis 30 Sprecher/innen flüssig beherrscht wird.
Wie man Männer zu Affen macht
Die Rheinische Post hat gestern mit der Behauptung „Männer ähneln Affen mehr als Frauen“ die schlechteste Schlagzeile eines populärwissenschaftlichen Artikels geliefert, die mir in diesem Jahr untergekommen ist. Sie ist nicht nur falsch (was selbst biologisch nur schwach gebildeten Menschen intuitiv klar sein dürfte), sie beruht außerdem auf einem tief verwurzelten sexistischen Denkmuster.
Special Woman sucht vielfliegenden Kreditgeber. Oder: Wie die Lufthansa die Welt sieht.
Es gibt schlechte Werbung. Es gibt dumme Werbung. Und es gibt gefährliche Werbung.
Ein Beispiel, das alle drei Kriterien erfüllt, ist eine aktuelle Mailingkampagne der Lufthansa, auf die mich jemand über diesen Blogbeitrag aufmerkam gemacht hat.
Musikalische Männergefühle
Vor ein paar Tagen gab es einige Aufregung um eine Werbekampagne des Musikversands Thomann, genauer gesagt, um ein Motiv daraus, das sich akkurat mit dem Fachbegriff „sexistische Kackscheiße“ beschreiben lässt. Die Werbekampagne präsentiert eine Reihe von Motiven, bei denen jeweils zwei unterschiedliche Bilder so zusammengefügt werden, dass das untere Bild eine Fortsetzung des oberen darstellt. Das obere Bild stellt dabei jeweils eine/n Musiker/in beim Musizieren (hauptsächlich Musiker, darauf komme ich dann auch gleich) dar, und ist mit dem Claim „PLAY IT.“ versehen. Das untere Bild zeigt ganz unterschiedliche Szenen, die das Gefühl hinter der Musik ausdrücken soll und die mit dem Claim „FEEL IT.“ versehen ist. Wer sich ein besseres Bild machen will, findet die Motive hier (dass mindestens eins davon sexistisch ist, habe ich erwähnt).
Das Motiv, das Stein des Anstoßes war, zeigt in der oberen Hälfte einen Pianisten, der auf einer Klaviertastatur spielt. Sein Körper wird auf der unteren Bildhälfte durch den eines Mannes mit heruntergezogenen Hosen fortgeführt, der in seinem Auto sitzt. Auf seinem Schoß sitzt eine weitgehend nackte Frau, von der man nur den Unterkörper sieht, der die Tastatur der oberen Bildhälfte fortführt. Der Blogger „Sofakissen“, der die Kampagne erst auf Twitter ausführlich kritisiert und dann auch in seinem Blog aufgegriffen hat, sieht darin (absolut korrekt) eine sexuelle Objektifizierung der (zur Hälfte) dargestellten Frau:
Sprachbrocken 23/2012
Die Lübecker Nachrichten waren diese Woche ein solcher Quell sprachlicher Freuden, dass ich für die Sprachbrocken woanders gar nicht mehr suchen musste. Da schreibt ein Peter Intelmann zum Beispiel begeistert, aber anlass- und auch etwas ziellos über die polnische Sprache. Und die verwirrt ihn sehr, denn sie benutzt zwar das lateinische Alphabet, „aber es sind eben lateinische Buchstaben mit polnischem Migrationshintergrund“: Weiterlesen