Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Karibische Umnachtung

Von Anatol Stefanowitsch

Der Vere­in Deutsche Sprache pro­duziert ja so schnell und aus­dauernd so viel Unsinn, dass Deutsch­land eine Goldmedal­lie sich­er wäre, wenn Unsinn eine olymp­is­che Diszi­plin wäre. Aber dass Sprach­nörgelei (noch) nicht olymp­isch ist, hin­dert die Sprach­nör­gler natür­lich nicht daran, die Olymp­is­chen Spiele trotz­dem zu nutzen, um medi­ale Aufmerk­samkeit zu bekommen.

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Sprachbrocken 31/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Bei der Suche nach Sprach­brock­en finde ich häu­fig Artikel, in denen die Kom­mu­nika­tion­ssys­teme von Tieren als „Sprache“ beze­ich­net wer­den. Nor­maler­weise ignoriere ich die, weil es sich bei solchen Sys­te­men nicht um „Sprachen“ han­delt. Damit die Tiere sich nicht ungerecht behan­delt fühlen, mache ich aber heute eine Ausnahme.

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Vundo pasas, vorto restas

Von Anatol Stefanowitsch

Nor­maler­weise bekomme ich in den Kom­mentaren ja Gegen­wind nur von Sprach­nör­glern mit schwachen Argu­menten und durch­schaubaren Motiv­en. Aber ich mir neulich in den Sprach­brock­en 24–28 einen Seit­en­hieb gegen das „lei­di­ge, nicht tot zu kriegende Esperan­to“ erlaubt habe, haben mich zur Abwech­slung zwei langjährige und sprach­lich höchst kom­pe­tente Leser/innen zurecht­gewiesen: jgoschler, pro­movierte Sprach­wis­senschaft­lerin, und Bertil Wen­ner­gren, der als Pro­gram­mier­er für die Esper­an­tic Stud­ies Foun­da­tion und das Esperan­to-Lern­por­tal lernu.net gear­beit­et hat. Wen­ner­gren warf mir vor, mich über die Sprache „lustig zu machen“, die er „zuhause jeden Tag mit [s]einer Frau spreche“ und jgoschler wies mich darauf hin, dass das Esperan­to nicht weniger wert sei als andere Sprachen und densel­ben Respekt ver­di­ene, und dass es unangemessen sei, sich über Esperan­to-Sprecher/in­nen „lustig zu machen“. Bei­de fan­den, dass ein solch­es Ver­hal­ten ger­ade von mir als Lin­guist befremdlich sei. Grund genug, meine Worte und meine Mei­n­ung zum Esperan­to etwas genauer zu erläutern.

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Sprachbrocken 29–30/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Dass die Jugend von Heute nicht viel im Kopf hat, wis­sen wir ja alle, und so kann uns auch eine neue Studie nicht schock­ieren, die zeigt, dass deutsche Studierende „Schwierigkeit­en bei der Rechtschrei­bung, der Orthogra­phie, der Beherrschung von Gram­matik und Syn­tax“ haben, dass sie nicht in der Lage sind, „selb­st­ständig zu for­mulieren, zusam­men­hän­gende Texte zu schreiben“, „bei Vorträ­gen mitzuschreiben“ oder über­haupt „den roten Faden eines Textes zu begreifen“. Weit­er­lesen

Stille Post verschlechtert die Grammatik

Von Anatol Stefanowitsch

Amerikanis­che Wis­senschaftler haben her­aus­ge­fun­den, dass die SMS-Sprache von Jugendlichen deren Gram­matik ver­schlechtert. Zumin­d­est behauptet das eine Presseerk­lärung des Con­tentliefer­an­ten „Pres­se­text“. Aber wie immer, wenn wir etwas über die neuesten Erken­nt­nisse der amerikanis­chen Wis­senschaft erfahren, haben diese ein langes Stille-Post-Spiel hin­ter sich.

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Sprachbrocken 24–28/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Wäre es nicht prak­tisch, wenn alle Men­schen eine einzige Sprache sprächen?“ fragt das Ham­burg­er Abend­blatt in der Rubrik Kinder­nachricht­en. „Das kön­nte viele Missver­ständ­nisse ver­hin­dern und über­haupt — stellt euch vor, ihr reist nach Japan und kön­ntet euch dort prob­lem­los ver­ständi­gen.“ Das wäre wirk­lich toll. Ein guter Kan­di­dat für eine solche Sprache wäre ja das Englis­che, das mit weltweit 1,5 Mil­liarde Sprecher/innen schon fast so weit ist. Aber das wäre wohl zu ein­fach, und deshalb emp­fiehlt das Ham­burg­er Abend­blatt stattdessen das lei­di­ge, nicht tot zu kriegende Esperan­to, das es weltweit auf eine schlappe Mil­lion Sprecher/innen bringt. Warum nicht gle­ich Klin­go­nisch, das von immer­hin ca. 20 bis 30 Sprecher/innen flüs­sig beherrscht wird.

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Wie man Männer zu Affen macht

Von Anatol Stefanowitsch

Die Rheinis­che Post hat gestern mit der Behaup­tung „Män­ner ähneln Affen mehr als Frauen“ die schlecht­este Schlagzeile eines pop­ulär­wis­senschaftlichen Artikels geliefert, die mir in diesem Jahr untergekom­men ist. Sie ist nicht nur falsch (was selb­st biol­o­gisch nur schwach gebilde­ten Men­schen intu­itiv klar sein dürfte), sie beruht außer­dem auf einem tief ver­wurzel­ten sex­is­tis­chen Denkmuster.

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Musikalische Männergefühle

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Tagen gab es einige Aufre­gung um eine Wer­bekam­pagne des Musikver­sands Thomann, genauer gesagt, um ein Motiv daraus, das sich akku­rat mit dem Fach­be­griff „sex­is­tis­che Kackscheiße“ beschreiben lässt. Die Wer­bekam­pagne präsen­tiert eine Rei­he von Motiv­en, bei denen jew­eils zwei unter­schiedliche Bilder so zusam­menge­fügt wer­den, dass das untere Bild eine Fort­set­zung des oberen darstellt. Das obere Bild stellt dabei jew­eils eine/n Musiker/in beim Musizieren (haupt­säch­lich Musiker, darauf komme ich dann auch gle­ich) dar, und ist mit dem Claim „PLAY IT.“ verse­hen. Das untere Bild zeigt ganz unter­schiedliche Szenen, die das Gefühl hin­ter der Musik aus­drück­en soll und die mit dem Claim „FEEL IT.“ verse­hen ist. Wer sich ein besseres Bild machen will, find­et die Motive hier (dass min­destens eins davon sex­is­tisch ist, habe ich erwähnt).

Das Motiv, das Stein des Anstoßes war, zeigt in der oberen Hälfte einen Pianis­ten, der auf ein­er Klavier­tas­tatur spielt. Sein Kör­p­er wird auf der unteren Bild­hälfte durch den eines Mannes mit herun­terge­zo­ge­nen Hosen fort­ge­führt, der in seinem Auto sitzt. Auf seinem Schoß sitzt eine weit­ge­hend nack­te Frau, von der man nur den Unterkör­p­er sieht, der die Tas­tatur der oberen Bild­hälfte fort­führt. Der Blog­ger „Sofakissen“, der die Kam­pagne erst auf Twit­ter aus­führlich kri­tisiert und dann auch in seinem Blog aufge­grif­f­en hat, sieht darin (abso­lut kor­rekt) eine sex­uelle Objek­ti­fizierung der (zur Hälfte) dargestell­ten Frau:

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Sprachbrocken 23/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Die Lübeck­er Nachricht­en waren diese Woche ein solch­er Quell sprach­lich­er Freuden, dass ich für die Sprach­brock­en woan­ders gar nicht mehr suchen musste. Da schreibt ein Peter Intel­mann zum Beispiel begeis­tert, aber anlass- und auch etwas ziel­los über die pol­nis­che Sprache. Und die ver­wirrt ihn sehr, denn sie benutzt zwar das lateinis­che Alpha­bet, „aber es sind eben lateinis­che Buch­staben mit pol­nis­chem Migra­tionsh­in­ter­grund“: Weit­er­lesen