Ich habe kürzlich ein Gespräch mit Michel Winde von der dpa geführt — über Leerzeichen und Bindestriche in Komposita. Es ging dabei um sehr emotional besetzte Schreibungen wie z.B.
Johannes Gutenberg-Universität
dpa-Kindernachrichten
Würfel Zucker
Nun ist ein Artikel entstanden, in dem sich Spurenelemente des Interviews wiederfinden. ((Meine Zitate wurden freigegeben, den ganzen Text kannte ich vorher nicht.)) Der Text nervt mich. Neben inhaltlichen Aspekten (dazu gleich mehr) finde ich es unredlich, dass durch extreme Zitatmontage der Eindruck entsteht, alle Interviewten hätten ein Gespräch miteinander geführt, aufeinander Bezug genommen. So z.B.:
Sprache ändert sich. „Aus sprachwissenschaftlicher Sicht finde ich das spannend“, sagt Kopf über das Deppenleerzeichen. Allerdings gehen auch Ausdrucksmöglichkeiten verloren. Ein „Chefingenieur“ sei nun mal etwas anderes als ein „Chef Ingenieur“, sagt Lutz.
Ich hatte aber weder mit den wissenschaftlicheren Stimmen noch mit Bastian Sick oder Titus Gast irgendeine Art von Austausch und der suggerierte Konsens zum Thema existiert auch nicht.
Ganz abgesehen davon habe ich wirklich keinen blassen Schimmer, was denn ein <Chef Ingenieur> anderes sein soll als ein <Chefingenieur>. Kann mir da jemand helfen? Und welche “Ausdrucksmöglichkeiten” sollen das sein, die man da verliert? In der gesprochenen Sprache gibt’s auch keine Getrennt- und Zusammenschreibung und trotzdem funktionert die Kommunikation ganz wunderbar. Das Englische, wo Komposita oft getrennt geschrieben werden, leidet meines Wissens auch nicht gerade an Ausdrucksarmut.
Die Deppen, das sind die anderen
Der zweite übergreifende Punkt, der mich nervt, ist, dass das Wort “Deppenleerzeichen” überall vorkommt und so getan wird, als sei das ein etablierter Fachbegriff. In Wirklichkeit ist das Wort einfach nur widerlich: Es klassifiziert Menschen, die nicht normgerechte Leerzeichen benutzen, als dumm. Das Muster kennt man zur Genüge: Auch wer Tippfehler macht, umgangssprachliche Syntax schreibt oder dialektale Einflüsse in der Standardsprache hat, wird gerne dafür abqualifiziert. Was kann man daran tatsächlich sehen? Dass — und darüber habe ich sehr lange und wohl leider vergeblich mit Herrn Winde gesprochen — das Schreiben und Sprechen demokratisiert wird. Was lange Zeit auf privates Gespräch und private Texte beschränkt war, bekommt zunehmend Öffentlichkeit: In der gesprochenen Sprache, weil es auch im Radio und Fernsehn zunehmend informeller zugeht (nicht erst seit dem Internet!) und auch Privatleute Youtubevideos oder Podcasts machen. In der geschriebenen Sprache (also da, wo das Leerzeichen ins Spiel kommt), weil die medialen Gatekeeper wegfallen: Im Internet kann jede/r schreiben und gelesen werden. Viele Kommunikationsarten gehören hier zur sogenannten “konzeptionellen Mündlichkeit”: Man schreibt zwar, die Texte haben aber eher Gesprächscharakter und sind nicht für die Ewigkeit gedacht. Auch Menschen, die früher schriftlich kein “Gehör” gefunden hätten, werden nun gelesen — darunter viele Menschen mit einem niedrigeren formalen Bildungsgrad, Menschen, die nicht “was mit Medien” arbeiten und entsprechend weniger geübt sind, was orthographische und textsortenbezogene Normen angeht. “Deppenleerzeichen” ist diesen Menschen gegenüber ekelhaft arrogant, es kommt aus einer Ecke, in der man auch “Hauptschüler” oder “Bauer” für ein Schimpfwort hält.
Hauptprinzip: Auffälliges Trennen
So, jetzt, wo die Hauptpunkte aus der Welt sind, können wir tatsächlich noch ein wenig über die Schreibung von Komposita reden. Ich greife einige Stellen aus dem Artikel heraus und kommentiere oder ergänze.
Dabei fristet der Bindestrich seit Jahren ein kümmerliches Schattendasein. Das Deppenleerzeichen greift um sich.
Dafür würde man doch gerne irgendeine Art von Nachweis sehen. Der Bindestrich ist, jede Wette, noch tausendmal verbreiteter als das Leerzeichen in Komposita — eben weil er teilweise der etablierten Norm entspricht und daher in lektorierten Texten bevorzugt wird. Was stimmt, ist, dass das Leerzeichen und der Bindestrich in einer gewissen Konkurrenz zueinander stehen: Beide werden insbesondere dann genutzt, wenn die Wortstruktur irgendwie “auffällig” ist. Beide sind nämlich eine Art Strukturierungshilfe.
So eine Auffälligkeit kann rein graphisch bedingt sein: Wenn Nicht-Buchstabenzeichen oder Groß- und Kleinbuchstaben an unerwarteten Stellen auftauchen, wird normgerecht der Bindestrich genutzt. So findet man <AIDS-Behandlung>, <Schüler/innen-Ticket>, <dpa-Artikel> oder <50-Tonner>. Zusammenschreibung würde hier verwirren, bei einer <AIDSBehandlung> erkennt man nicht gleich, wo die Abkürzung aufhört, bei einem <Schüler/innenticket> will man nach <Schüler> schon einen Sinneinschnitt machen.
So eine Auffälligkeit kann aber auch mit dem Wort selbst zu tun haben. Zum Beispiel habe ich gesagt:
„Namen werden oft anders behandelt als andere Wörter“
Das liegt daran, dass Namen häufig nicht die typische Wortstruktur von Substantiven einhalten und da es sehr viele Namen gibt, kennt man natürlich auch nicht alle. Wenn man Namen innerhalb von Komposita durch Bindestriche oder Leerzeichen abgrenzt, werden sie schneller als solche erkannt. Deshalb gibt es auch die <Johannes Gutenberg-Universität>, ein Name, der einen Namen beinhaltet. Ganz ähnlich ist das mit Fremdwörtern: Auch sie sind strukturell ungewöhnlich und deshalb markierungsbedürftig. Ich habe dazu mal eine kleine Recherche gemacht, bei der sich gezeigt hat, dass von 937 Bindestrichkomposita mit den Anfangsbuchstaben A oder B, die im Internet verwendet wurden, nur 78 keinen strukturell auffälligen Bestandteil hatten. ((Daten aus dem COW-Korpus, s. Kopf (2017).))
Der Bindestrich ist in solchen Fällen ein praktischer Kompromiss: Man zeigt an, dass die Bestandteile zusammengehören, unterstützt aber bei der erwartbar schwierigeren Segmentierung. Das Leerzeichen tut nur letzteres — aus der Verarbeitungsperspektive nicht ganz ideal, aber es hat gegenüber der Zusammenschreibung trotzdem Vorteile.
Bei Komposita, die schon sehr lange etabliert sind und nur “normale” Wörter beinhalten, ist das anders: Hier kennen wir meist das Wortbild schon und entsprechend kommt man zwar oft auf die Idee, <Acerola-Kirsche> oder <Acerola Kirsche> zu schreiben, aber eher nicht <Haus-Tür> oder <Haus Tür>.
Verständnisboykott
Vielleicht sind die verlorenenen “Ausdrucksmöglichkeiten”, die beklagt werden, die angeblich verlorengegangenen Unterscheidungen aus dem Anreißer:
„Sechs Korn Müsli“, „Würfel Zucker“, „Behinderten WC“ – häufig werden zusammengesetzte Wörter durch Leerzeichen getrennt. Das ändert ihre Bedeutung – und ist falsch. Ist die Smartphone-Kommunikation schuld?
[…]
Bedenklich sei, wenn durch ein falsches Leerzeichen die Verständlichkeit eingeschränkt werde. Beispiel „Zugang zum Behinderten WC“: „Da steht dann, dass das WC behindert ist. Es führt einfach auf eine falsche Fährte“, sagt Gast.
Haaaaa. Haaaa. Haaaa. Logisch! Wenn auf einer Müslipackung “Sechs Korn Müsli” steht, denke ich, dass das nur sechs Körner drin sind, und kaufe das nicht! Wenn ein “Behinderten WC” ausgeschildert ist, denke ich, dass das WC eine Behinderung hat, eine sehr übliche Eigenschaft von Toiletten. Und wenn jemand “Würfel Zucker” kaufe, dann … äh … ja. Vier Punkte dazu:
- Das Weltwissen. Wir erwarten bestimmte Dinge. Zum Beispiel eine Toilette für Behinderte. Und wir erwarten andere Dinge nicht. Zum Beispiel, dass es jemand für nötig erachten sollte, ein WC mittels offizieller und permanenter Aufschrift als behindert zu bezeichnen.
- Schreibung ist mehr als die Frage nach zusammen und getrennt. Steht irgendwo <zum Behinderten WC>, dann haben wir noch die Großschreibung, die zeigt, dass <Behinderten> ein Substantiv ist, kein Adjektiv.
- Und es gibt da auch noch den grammatischen Kontext. Steht an einer Toilette nur <Behinderten WC>, kann <Behinderten> auch aufgrund seiner Endung niemals als Adjektiv aufgefasst werden. Wenn man die Lesart wirklich wollte, müsste man <Behindertes WC> schreiben. Man muss sich insgesamt schon bösartig dumm stellen, um auch nur in die Nähe einer Verwechslungsgefahr zu geraten. Wenn jemand schreibt <Ich brauche Würfel Zucker>, dann ist durch die Abwesenheit des Artikels schon klar, dass die Stoffbezeichnung Würfelzucker gemeint ist. Wenn es dagegen heißt <Ich brauche einen Würfel Zucker>, dann liegt es nahe, dass tatsächlich nur ein Würfel gewünscht wird.
- Dass wir uns i.d.R. nicht bösartig dumm stellen (außer wir schreiben “sprachkritische” Texte mit “humorvollem” Einschlag), liegt daran, dass Sprache ein Kommunikationsmittel ist. Entsprechend unterstellen wir allen Sprachbenutzer/innen generell, dass sie sinnvoll und verständlich kommunizieren wollen und dass sie, falls sie irgendeine abwegige Nebenlesart wünschen, das auch deutlich machen.
Englisch, Englisch, zu Hülf, Englisch!
Der Frage nach der Herkunft der Leerzeichen wird im Text etwas ausführlicher mit drei Vermutungen nachgegangen. Wenn man Bastian Sick fragt, weiß man natürlich vorher schon, was kommt:
„Der allgemeine Trend ist eben, dass wir uns ganz und gar am Englischen orientieren“, sagt Autor Sick. Im Englischen gibt es zusammengeschriebene Komposita nämlich nicht; stattdessen werden Leerzeichen gesetzt. Es heißt „online banking“, nicht wie im Deutschen „Online-Banking“ oder gar „Onlinebanking“.
Natürlich gibt es im Englischen neben getrennten auch zusammengeschriebene Komposita (z.B. <houseboat>, <rooftop>, <landowner>) und Komposita mit Bindestrich (<house-warming>, <roof-tree>, <land-leave>), und sogar Fälle, bei denen alles vorkommt (<land line>, <land-line>, <landline>). Aber ja, das Englische hat durchaus bedeutend mehr getrennt geschriebene Komposita als das Deutsche. Dass es unser Schreibvorbild ist, müsste aber erst mal nachgewiesen werden. Oft scheint der Zusammenhang klar, und dann stellt sich heraus, dass die entsprechenden Formen oder Schreibungen schon lange vor dem intensiven Kontakt mit dem Englischen bestanden — möglicherweise versteckt in der privaten Schriftlichkeit. (Ein solcher Fall ist der ebenfalls oft beklagte Apostroph.) Es ist absolut legitim, sich Gedanken über die Rolle des Englischen zu machen, aber den Zusammenhang einfach so zu behaupten, ist Quark.
Das Leerzeichen in Komposita zeigt viele spannende Aspekte auf: Zum einen zeigt es, wie sich geändert hat, wer öffentlichen schreiben darf. Zum anderen zeigt es, welche Wortbestandteile besonders auffällig sind und verrät dabei etwas über Kern und Peripherie von Wortschatz. Und zum dritten zeigt es, dass man als Sprachwissenschaftlerin seine Artikel doch am besten selbst schreibt.
Literatur:
Kristin Kopf (2017): Fugenelement und Bindestrich in der Compositions-Fuge. Zur Herausbildung phonologischer und graphematischer Grenzmarkierungen in (früh)neuhochdeutschen N+N‑Komposita. In: Nanna Fuhrhop, Renata Szczepaniak & Karsten Schmidt (Hgg.): Sichtbare und hörbare Morphologie. Berlin, New York: de Gruyter. 177–204. [Manuskriptversion zum Download]
Habe mal mit der Südzucker-Susi (einem PR-Kontakt) eine Diskussion zur Schreibung “Würfel Zucker” angefangen. Als nicht zu verachtendes Argument kam zurück, dass diese Schreibweise genau so als Warenzeichen eingetragen sei. Ohne das tiefer geprüft zu haben, stelle ich fest, dass in der Tat Google nur den Südzucker unter dieser Schreibweise findet.
Die viel schönere Retourkutsche kam aber noch. Die Würfel des Zuckers seien ja überhaupt keine Würfel, sondern eben Quader und somit in Sachen Korrektheit sowieso alles zu spät. Und Quaderzucker klinge einfach scheiße.
Das muss man der Susi immerhin lassen: schlagfertig ist sie.
Das „Deppenleerzeichen” gibt es in der Tat nicht, das heißt im Lektorat Plenk. Und mit Verlaub, so ein Zeichen korrekt zu setzen (oder eben nicht), hat nicht alleine mit dem Verständnis zu tun, sondern auch mit der Lesbarkeit von Fließtexten.
Und: das hat weniger damit zu tun, dass die Verfasser Deppen sind. Sie sind eher Ignoranten.
@creezy:
Wenn schon Klugscheißen, dann bitte richtig. Ein Plenk ist ein falsches Leerzeichen vor einem Punkt, Komma, etc.
Sehr klug und wirklich Nachdenken befördernd. Aber die Irritation, die das regelwidrige Leerzeichen verursacht, ist nicht wegzudiskutieren. Und da stellt sich halt die Frage, ob das sein muss und ob wir die Millisekunde haben, uns des Kontextes zu vergewissern.
Dass Schriftsprache wirklich demokratisiert wird durch Digitalisierung ist erst einmal nicht mehr als eine These. “Deppenleerzeichen” und “Deppenapostroph” sind dann wohl die Distinktionsmerkmale, die die Sprach-Klassen-Gesellschaft wieder herstellen.
Danke schön, Dankeschön, Danke-Schön!
Es ist ein gutes Gefühl, in der Überheblichkeit gegenüber den Überheblichen bestätigt zu werden!
Hm. Mein Eindruck ist ja eigentlich eher, dass das nach herkömmlichem Regelverständnis nicht korrekte und deshalb für die mit nicht nur höherer formaler Bildung, sondern auch entsprechendem Statusdünkel ausgestatteten Leute womöglich einen Mangel an beidem und am Ende auch noch an Intelligenz signalisierende Leerzeichen gar nicht so sehr in informellen Texten nichtsahnender Chat- und Forenschreiber vorkommt, sondern mehr in Marketing und offizieller Beschriftung. Aber ich bin natürlich nur vage interessierter Laie. Hat dazu jemand Daten oder sowas?
Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass man über Hauptschüler natürlich reden kann, ich kenne richtig tolle, aber bis Bauer für mich keine Beleidigung mehr ist, schon noch ein bisschen was in der Gesellschaft passieren muss. Und vor allem bei den Bauern.
Dass es in der gesprochenen Sprache keine Getrennt– und Zusammenschreibung gibt, stimmt nicht. “Chef Ingenieur” und “Chefingenieur” werden anders betont. Dadurch entsteht beim Lesen von Sätzen mit Deppenleerzeichen oft eine unbeholfen wirkende, der Verständlichkeit abträgliche Sprachmelodie.
Das sog. “Deppenleerzeichen” wird einfach deshalb immer öfter genutzt, weil unkundige SEOs glauben, dass Googles Such-Algo mit Bindestrichen nicht umgehen kann. Dabei liest der immer schon auch verbundene Konstrukte als zwei Worte. Also keine Panik auf der Will-gefunden-werden-Titanic!
Das Argument des Vorbilds der englischen Sprache geht leider etwas zu kurz. IMHO kann man auch versuchen einen Zusammenhang zwischen Worterkennungssoftware (auf vorwiegend mobilen Endgeräten) in das Kalkül einrechnen.
Deutsche Komposita sind vom Computer nicht ohne erhöhten Rechenaufwand zu erkennen, Das Übernehmen der englischen Regeln ist zudem einfacher, da hier nicht noch extra die Worterkennung angepasst werden muss.
Hört sich das logisch an?
Im Deutschen fusionieren Wörter zu Komposita. Sonst sind es keine, sondern es stehen halt Wörter nebeneinander. Die Grammatik sieht so etwas einfach nicht vor. Okay, Sie sagen: Aber das versteht man doch trotzdem. Das gilt aber auch für „Voierwer“ oder „Schbrächsdunde“. Mit welchem Argument wollen Sie da auf eine korrekte Schreibung bestehen? Fließende, reibungslose Kommunikation hat sehr viel zu tun mit richtig angewandter Grammatik und Orthografie. Wenn man hingegen immer erst mal kurz nachdenken muss, was das Gegenüber mit seinem Gammelschrieb gemeint haben könnte, beeinträchtigt das die Kommunikation. Und was das D*****leerzeichen angeht: Wenn selbst Sie als Sprachwissenschaftlerin die Bedeutungsunterschiede nicht herausfiltern können, dann ist eh alles zu spät. Zwischen „schief gehen“ und „schiefgehen“ liegen Welten. Und zwischen „zusammenkommen“ und „zusammen kommen“ ebenfalls (ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen).
Ich habe die Verwendung des Begriffs “Deppenleerzeichen” (genau wie “Deppenapostroph”) bisher nur im Zusammenhang mit Wörtern/Texten mitbekommen, die eigentlich hätten lektoriert oder korrigiert sein sollen — also Produktbeschriftungen, Geschäftsnamen, Werbetexten und anderen “offiziellen” Texten. Und da hat es m.M.n. nichts mit “Hauptschüler als Beleidigung” zu tun — denn da geht es um Ignoranz oder fehlende Sorgfalt.
In informellen Texten wie Kommunikation im Internet ist’s einfach ein Rechtschreibfehler, der in ungeprüften Texten nunmal vorkommen kann.
Simplifizierung der Schreibweise als Demokratisierung zu bezeichnen, sagt eigentlich alles über diesen Beitrag.
Also, ich habe jetzt den Artikel in der FR gelesen. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, “dass
durch extreme Zitatmontage der Eindruck entsteht, alle Interviewten hätten ein Gespräch miteinander geführt”
Es werden einfach alle Meinungen Themenweise dargestellt. Das ist TV-Reportagen wie in Zeitungsartikeln gängige Praxis. In wissenschaftlichen Artikel übrigens gelegentlich auch, aber da wird es durch die Fußnoten klar, dass die nicht an einem Tisch saßen …
Ich muss zugeben, dass auch ich in Argumenten den Begriff Deppenleerzeichen verwendet habe. Künftig versuche ich, das zu vermeiden.
In der Sache finde ich aber, dass in der Schriftsprache schon ein Unterschied zwischen einem mit oder ohne dieses Leerzeichen geschriebenen Wort besteht. Das gilt sogar für das Beispiel vom Zucker. Notiz auf dem Küchentisch:
“Bring beim Einkaufen für die Party heute Abend bitte noch Karten, Würfel Zucker, Tequila, Salz und Zitrone mit.” Fehlt da jetzt ein Komma hinter dem (Spiel-)Würfel oder geht es doch um Würfelzucker? Klar, die meisten würden nur Zucker schreiben und der Kontext der Party erleichtert es mir hoffentlich, das Gewünschte mitzubringen.
Gerade bei Texten mit vielen englischen Einschlägen oder Produktnamen stelle ich aber oft fest, dass ein fehlender Bindestrich die Lesbarkeit hemmen kann. Manchmal gibt es Monstren der Art “Das FIRMA MARKE SCHNULLIBULLI 2345 Pflaster klebt besonders gut auch in nassem Zustand.” Das wird auch mit Bindestrichen nicht viel besser, aber zumindest wird mein Auge am Bandwurmwort lang bis zu dessen Ende geführt. Schöner fände ich “Das Pflaster XYZ der Marke ABC …”
Langer Rede, kurzer Sinn: Privat (und das gilt auch für Blogs, eigene Webseiten usw.) darf jeder schreiben, wie er will. In eher als Öffentlichkeitsarbeit gedachten Texten bevorzuge ich Schreibung mit Bindestrich oder echten Komposita, denn alle, die den Text lesen, sollen es so leicht wie möglich haben.
Wobei, bringt uns dass dann nicht schon zur Leichten Sprache?
Ist der Autorin klar, wie schwer es Lesern gemacht wird, nach so einem wirklich unsäglichen Einstieg den kompletten Artikel zu lesen, wenn schon von vornerein deutlich gemacht wird, dass die Autorin sich eigentlich ja gar nicht mit Sprache beschäfigt?
“Ganz abgesehen davon habe ich wirklich keinen blassen Schimmer, was denn ein anderes sein soll als ein . Kann mir da jemand helfen? Und welche “Ausdrucksmöglichkeiten” sollen das sein, die man da verliert? In der gesprochenen Sprache gibt’s auch keine Getrennt– und Zusammenschreibung und trotzdem funktionert die Kommunikation ganz wunderbar. Das Englische, wo Komposita oft getrennt geschrieben werden, leidet meines Wissens auch nicht gerade an Ausdrucksarmut.”
Ist das eine Art Ironie, den Unterschied zwischen Chef Ingenieur und Chefingenieur nicht zu wissen? Und natürlich gibt es in der gesprochenen Sprache Getrennt- und Zusammenschreibung. Betonung und Pause wären hier Stichworte. Und tatsächlich leidet das Englische an Ausdrucksarmut.
Also die Autorin hat sich weder mit Sprache noch mit Schrift noch mit dem Englischen beschäftigt, fühlt sich aber genötigt, über ein ihr nicht bekanntes Thema in einem SPRACHblog zu schreiben? Wäre das nicht sinnvoller in einem Soziologie-Blog oder in einem AfD-Blog untergebracht, denn um Fragen des Umgangs geht es ja tatsächlich ausschließlich?
„Ganz abgesehen davon habe ich wirklich keinen blassen Schimmer, was denn ein anderes sein soll als ein .“
Im ersten Fall ist der Chef (einer Abteilung bspw.) zufällig ein Ingenieur, im zweiten geht es um einen leitenden Ingenieur, der aber weiterhin als Ingenieur tätig ist.
Von den vier Punkten im Abschnitt „Verständnisboykott“ kann ich lediglich den ersten nachvollziehen. Ja, Weltwissen und die enorme Redundanz unserer Sprache erlaubt eine weitgehende Fehlerkorrektur. Dennoch bürde ich damit meinem Gegenüber eben diese auf. Zumindest ich sehe das als grob unhöflich an. Die restlichen Punkte dagegen stellen nur darauf ab, dass Leser auch fehlerhafte Texte schon „richtig“ verstehen werden.
Spizte Klammern zur Auszeichnung zu benutzen ist auch eine lustige Idee — mangels Vorschau hat das wohl einigen Kommentatoren die Antwort versaut.
Weil es der wichtigste Punkt ist, will ich ihn mit eigenen Worten naochmal wiederholen: Ich war selbst keine Leuchte in Rechtschreibung, obwohl ich viel gelesen habe und dachte lange, was ist schon dabei, wenn ich Machiene statt Maschine schreibe? Seit ich viele Texte von Laien im Internet lese, mit all ihren Fehlern, habe ich gemerkt, wie sehr einen die kleinen Störungen aus dem Lesefluss bringen. Spätestens beim dritten Fehler in einem Absatz werde ich dann sauer. Will man derartige Emotionen der Leser vermeiden muss man sich eben etwas anstrengen.
Noch ein Beispiel: “Sie hatten den Personen Verkehr verboten.”
Zum Chef Ingenieur ergänzend: Klarer wird es bei Meister Schneider, da Schneider ein verbreiteter Nachname ist. Und dass bei Meisterschneider und Kartoffelpüree kein Leerzeichen steht, hört man auch, aber natürlich nicht wenn es so gelesen wird, wie es mit Deppenleerzeichen dasteht.
Dass Schüler/innen-Ticket Quatsch ist, ist eine ganz eigene Diskussion. Das führe ich hier nicht aus; lesen Sie dazu Scholtens belleslettres. Im Übrigen führt Laxheit wahrscheinlich über früher oder später dann dazu, dass die Leute den Satz oben als Dass Schüler/innenticketquatsch ist., denn wenn ’s in die eine Richtung legal ist, wieso nicht in die andere?
@felix:
Deutsche Komposita sind vom Computer nicht ohne erhöhten Rechenaufwand zu erkennen,
Dafür ist mit Depenleerzeichen die Satzstruktur nicht mehr zu erkennen. “Was machen Sie hier? Ich kaufe Katzen Futter.” Oder: “Isst Du lieber Sahne oder Frucht Joghurt?” Die Augen spielen Ping-Pong, was gehört wozu.
Geschriebene Texte werden nur einmal geschrieben aber 100 Mal gelesen. Deswegen ist es ökonomisch die Arbeit ins Schreiben zu stecken, wo sie nur einer leisten muss, nicht 100.
Im übrigen schließe ich mich der Vermutung an, dass die Unsitte aus dem Marketing herrührt, nicht von Leuten mit Rechtschreibschwäche.
Bemerkenswert finde ich den Verweis auf geläufige Wortzusammenschreibungen, die das Auge als Wortbild gleich erkennt wie bei Haustür. Woher kennt das Auge denn das Wortbild? Weil andere es richtig geschrieben haben. Also schreiben auch Sie in Zukunft richtig, damit sich die Augen Ihrer Leser schneller an das richtige Wortbild gewöhnen.
Dass eine Schreibweise, die ich – wenn man einmal von der Flüchtigkeit des Chats und der E‑Mail absieht – in ihrer Häufung und teils beleidigenden Aufdringlichkeit ausschließlich aus Reklame, eingetragenen Marken (also aus Reklame) und Journalismus (also aus einem gewerbsmäßig erstellten Content-Köder für den Reklametransport) – oder anders gesagt: als Form des modernen ständischen Herrschaftssprachgebrauches – kenne, als eine Form der »Demokratisierung des Schreibens« bezeichnet wird, ist ebenfalls… ähm… interessant.
Wenn ich hier aus dem Fenster schaue, sehe ich eine “Tiger Wäsche” und eine “Motor Inspektion”, die in diesen Schreibweisen plan- und absichtsvoll zur Corporate Identity gemacht wurden. (Nein, mit Werbung wird von großen Werbenden nicht gespielt, dafür ist sie teuer, ernst und wichtig genommen!) Nicht einmal einige meiner — dieses Adjektiv ist nicht beleidigend gemeint, sondern die traurige Tatsache in einem Lande mit allgemeiner Schulpflicht feststellend — grenzanalfabetischen Chat- und Mailkontakte kommen bei ihren (sichtbar etwas angestrengten) Gehversuchen im Lande der Schriftlichkeit auf solche Schreibweisen.
Liebe Frau Kopf, darf ich Ihnen ein Experiment vorschlagen? Nehmen Sie Ihren eigenen Text und ersetzen Sie alle Komposita durch getrennt geschriebene Worte. Dann lesen Sie ihn sich noch einmal durch. Wie oft geraten Sie dabei ins Stolpern?
Ich arbeite als Redakteurin und Lektorin für ein Verlagshaus, das viele Texte für die Tagespresse, ein wöchentliches Anzeigenblatt und hauseigene Magazine produziert. Dabei predige ich immer wieder, dass zusammengesetzte Hauptwörter im Deutschen mit Bindestrichen durchgekoppelt werden. Gerade im Verlagswesen sind solche Regeln essenziel: Es geht darum, für den Leser ein Produkt aus einem Guss zu schaffen. Der grammatische Nutzen der Durchkopplung liegt für mich klar auf der Hand: Dann steht da eben nicht irgendein Willy vor dem Brandt-Platz. Wie vorangegangene Kommentatoren geschrieben haben, erleichtert die Durchkoppelung die Erkennbarkeit. Das findet übrigens auch der Duden: http://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/zusammengesetzte-substantive
Natürlich kann man diskutieren, ob der “Depp” in “Deppenleerzeichen” nicht etwas hart ist. Doch Zuspitzung ist ja auch ein Stilmittel. “Leerzeichen, das eigentlich laut Duden zwischen zwei Worten nicht existieren dürfte, sich aber immer weiter ausbreitet” ist dann doch ein bisschen arg lang …
Schreibung von Komposita: Mir gefallen die “Deppenleerzeichen” auch nicht, aber wo steht denn in Stein gemeißelt, dass sich die deutsche Rechtschreibung nie nicht mehr ändern darf? Rechtschreibung ist zu einem großen Teil ist Gewohnheit, und wenn ich englische Texte lese, habe ich keine Probleme, Zeichenketten wie “home owner” korrekt zu interpretieren. Im Gegensatz zu “Haus Besitzer” ist das Muster von “home owner” ein von mir Erwartetes.
Was natürlich doof ist im Sinne von “Kommunikationsökonomie”, ist der Verlust von Verlässlichkeit. Wenn meine Erwartungen zunehmend unterlaufen werden, wird das Lesen anstrengend.
Dass eine Blabla-Aussage von Herrn Sick ungeprüft (“allgemeiner Trend”, “ganz und gar” — da will man doch Belege!) ins Blatt gehoben wird, ist allerdings ein Trauerspiel. Auf dem Niveau des Herrn Sick bewegen sich aber auch die Kommentare auf fr.de
Das meiste wurde ja scho gesagt. Noch 2 Anmerkungen:
> Das Weltwissen. Wir erwarten bestimmte Dinge.
> Entsprechend unterstellen wir allen Sprachbenutzer/innen generell, dass sie sinnvoll und verständlich kommunizieren wollen
Beide Aspekte blenden leider komplett aus, dass gerade Beschriftungen wie die eines Behinderten-WC’s sich durchaus an Menschen mit eingeschränktem Lesevermögen, Sprachverständnis usw. richten können. Die allgemeinverständliche “Beschilderung” ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da gehts nicht um Werbewirksamkeit oder Modernitätsaspekte, sondern dass das bezeichnete Ding schlichtweg verstanden bzw. erkannt werden kann.
> dann haben wir noch die Großschreibung, die zeigt, dass ein Substantiv ist, kein Adjektiv.
Bei allem Respekt, auf der Ebene der Groß-/Kleinschreibung sieht es bei den meisten Digitalschreibern doch noch viel finsterer aus. Auf dieses Kriterium würde ich mich schon mal nicht verlassen. Es gibt selbst (Blog-)Autoren, als Vielschreiber, die vollständig auf Großbuchstaben verzichten.
Schön, dass schon zwei der Interviewpartner unglücklich sind mit dem dpa-Artikel und vor allem seiner Wahrnehmung. Meine 5 Cent habe ich hier aufgeschrieben:
https://deppenleerzeichen.de/2017/05/05/in-eigener-sache-bindestriche-sind-toll/
Dass es beim “Deppenleerzeichen” um gesprochene oder informell geschriebene Sprache ginge, stimmt übrigens nicht. Wie einige hier in den Kommentaren völlig richtig bemerken, ging es dem Gründer mit mir dabei immer nur um Beschriftungen, Schilder, Markennamen etc. Deshalb finden sich ja auch keine E‑Mails oder Chat-Nachrichten in den Beispielen.
Im Übrigen hätte alleine die Lektüre der Seite „Was ist Deppenleerzeichen.de“ genügt, um den Vorwurf, hier ginge es um die Herabwürdigung mit Menschen geringer Bildung, zu entkräften. Als ich noch sprachwissenschaftlich geforscht habe, war Quellenstudium noch angesagt. Ich weiß nicht, ob sich das geändert hat … 😉
Ich bin da tendenziell anderer Meinung.
1. In der Schule wird jedem Kind eingebläut, wie wichtig Rechtschreibung ist. Ein anderer Kommentator brachte schon das Beispiel an, dass man, wenn falsche Leerzeichen kein Problem sind, auch die Rechtschreibung als solches in die Tonne hauen kann, denn für das Verständnis ist es nicht wichtig, ob ich nun: “Goethes Faust ist ein schwieriges Werk” oder “Goetes Faust ist ein schwirieges Werc” schreibe. In beiden Fällen ist klar, was gemeint ist. Nur: nach der Schule wird das korrekte Schreiben im Alltag häufig als irrelevant empfunden und das fängt nicht erst im Internet an, sondern bei Einkaufszetteln, Notizen und schnell hingekleckerten Texten und geht weiter über Aufsteller vor Kneipen und Imbissen, die so voller Rechtschreib‑, Grammatik- und Zeichenfehler sind, dass man eigentlich im Boden versinken möchte. Und wer es dann wagt, die Fehler zu korrigieren, ist gleich ein Pedant. Bedankt.
2. Das Wort “Deppenleerzeichen” oder “Deppenapostroph” mag herabwürdigend sein. Ja, es gibt Menschen, die kennen die Regeln einfach nicht. Geschenkt. Aber: wenn ich dann darauf aufmerksam mache, dass es — wegen der Regeln — “Rosas Kiosk” und nicht “Rosa’s Kiosk” ist, dann wird man wieder blöd angemacht, was denn diese Pedanterie soll.
Ja, vielleicht ändert es sich irgendwann, vielleicht sieht der Duden es auch schon als “gegeben” an, dass man dieses Apostroph da (fälschlicherweise) setzt. Aber: wenn wir so tun, als sei das halb so wild, dann müssen wir auch aufhören, darüber zu diskutieren ob man nämlich nun mit “h” schreibt oder nicht. Es tut weder dem Verständnis noch der Aussprache einen Abbruch. Und wer nämlich dann doch mit “h” schreibt ist nicht dämlich, sondern kreativ — könnte man jetzt behaupten.
3. Menschen, die die Regeln kennen, sich aber nicht daran halten und gleichzeitig darüber jammern, wie schlecht das Deutsch der Schüler geworden, ärgern mich gleich in doppeltem Maße.
Man lese den folgenden Satz laut vor: “Wenn der Staat auf Vermögen Steuer erhebt, heißt es, dass er nicht auf Vermögen Steuer verzichtet.”
Dann sieht man, dass der Zwischenraum zu einer anderen Betonung führt; ihn zu setzen ist also mit Nichten (hoppla!) reine Schreibkonvention, sondern bildet die gesprochene Sprache ab.
Ich wollte nur mal darauf hinweisen, dass es nicht so cool ist, “dumm” als Abwertung / Schimpfwort zu benutzen wie du das hier machst.. Gerade dieses “sich dummstellen” etc.. ist halt voll ableistisch. siehe auch hier:
https://hirngefickt.wordpress.com/2016/01/24/warum-nazis-nicht-dumm-sind/
“In der gesprochenen Sprache gibt’s auch keine Getrennt– und Zusammenschreibung und trotzdem funktionert die Kommunikation ganz wunderbar.”
Es haben bereits viele auf die Betonung verwiesen, die in der gesprochenen Sprache vorhanden ist. Daneben gibt es andere Elemente wie Rhythmus etc.
All das lässt sich schriftlich nicht 1:1 abbilden, doch an deren Stelle treten Leerzeichen und Satzzeichen…
Interessanterweise hat niemand eine Aussprachehilfe versucht anzugeben, für den Fall, dass jemand tatsächlich nicht wissen sollte, wie der Unterschied in der Betonung zwischen “Chef Ingenieur” und “Chefinggenieur” ist. Also versuche ich es mal:
erste Variante: Die Betonung liegt in diesem Fall auf der letzten Silbe des Konstrukts (“chef ingenIEUR”). Außerdem kommt eine deutlich hörbare Pause an der Stelle, wo sich das Leerzeichen befindet.
zweite Variante: Die Betonung liegt auf der ersten Silbe (“CHEFingenieur”). Außerdem sind die beiden Teile sehr stark zusammengezogen, werden “in einem Rutsch” durch, ohne wirkliche Pause, ausgesprochen.
Ich selbst finde den Ansatz zur Demokratisierung von Sprache grundsätzlich gut. Immer wieder, wenn das Thema aufkommt, versuche ich Leuten zu vermitteln, dass es sich beim “Duden” nicht um ein Gesetzbuch handelt, sondern eher ein Geschichtsbuch. Also er sagt nicht etwa “das hat man soundso zu schreiben”, sondern “die meisten schreiben das soundso”.
Ich finde aber die Verständlichkeit und Lesefluss sollten vorgehen, zumindest wenn man möchte, dass der Text, den man geschrieben hat, auch gelesen wird (und man diesem Leser ein Mindestmaß an Respekc entgegengebracht wird). Und die sind bei willkürlich gesetzten Leerzeichen oder Bindestrichen nicht mehr gegeben.
Im Vergleich damit würde beispielsweise ein kompletter Verzicht auf Großbuchstaben deutlich weniger ausmachen, nämlich fast gar nichts.
Großbuchstaben gibt es auch nicht in der gesprochenen Sprache. Und anders als bei den Trenn- und Bindezeichen gibt es auch (meines Wissens) kein akustisches Element, was deren Funktion übernimmt.
Wobei man auch da sagen könnte, dass die Großschreibung von Substantiven die Satzstruktur schneller erkennbar macht und somit den Lesefluss fördert.
Wenn es aber rein danach geht, müsste man eigentlich die Lesezeichen am Satzanfang abschaffen (außer natürlich, es handelt sich um ein Substantiv). Diese erfüllen nämlich wirklich keine Funktion, außer eine ästhetische — und die mag durchaus rein gewohnheitsbedingt sein.
Wobei es auch ein gutes Argument für die Abschaffung der Großschreibung von allen Substantiven gibt, das vielen bereits bekannt sein würde: dass Eigennamen nicht von generischen Substantiven klar unterscheidbar sind.
Danke für den schönen Artikel.
Und den Meckerern von Dr. Duden abwärts: Geht‘s sauffa.
@Trys: ‘ ist ein Deppenapostroph, korrekt ist ’!! Das hat mich total aus dem Lesefluss gehauen – erst dachte ich, da beginnt jetzt britisch-englische wörtliche Rede! Aber nachdem ich deinen Kommentar mit Mühe entziffert habe, kann ich dem Inhalt vollumfänglich zustimmen.
Vielen Dank für diesen Beitrag und vor allem die Diskussion im Kommentarbereich.
Als ich Ihren Artikel durchgelesen hatte, gebe ich zu, dass ich ihn zuerst begrüßt und ihm größtenteils zugestimmt habe.
Zum ersten Mal seit langem habe ich mir allerdings auch die Kommentare zu Gemüte geführt und musste meine Meinung ein stückweit revidieren.
Dies lag per se nicht an den Argumenten sondern eher am Art des Austausches: Es wurde schlichtweg auf die Schreibweise geachtet. Dabei ist mir bewusst geworden, wieso ich Kommentarspalten bisher eher ignoriert habe — das Lesen wegen mangelnder Achtsamkeit, Unwissenheit, Ignoranz, Flüchtigkeit etc. ist oft mühsam. Und ja, schlechter bzw. falscher Stil sagen doch etwas beim Empfänger über den Sender aus. Kleider machen ja auch Leute, behauptet man, und genau so funktioniert es mit Sprachkleidern. Eine weitere Redewendung, die man für die “Verrohung” in internetbasierten Diskussionen bemühen kann, lautet “Der Ton macht die Musik”. Und ja, das Schreiben im Internet ist oft flüchtig und voller Fehler, es ist nichtsdestotrotz ein schriftliches und zusätzlich dazu noch ein Massenmedium, so dass theoretisch auch und vielleicht gerade deswegen hier eine besondere Sorgfalt zum Tragen kommen sollte. Was sagen denn einfach hingeklatschte Texte über gegenseitige Achtung, vorheriges Nachdenken und angemessene Tiefgründigkeit aus? Genau! Dass es davon zu wenig gibt! Und das spiegelt sich haargenau so (und nicht etwa Haar genau so) im Umgang miteinander wieder.
Aus diesem Grunde möchte ich mich für Ihren Text bedanken, da er diesen Exkurs erst ermöglicht und mich etwas gelehrt hat.
Danke für den guten BlogEintrag.
Da es so viele VerständnisProbleme zu geben scheint bezüglich des Umgangs mit DoppelWörtern, plädiere ich für einen radikalen neuen LösungsAnsatz: CamelCase! Das ist nicht nur superLesbar, jeder BundesBürger muss auch zugeben, dass es sehr elegant aussieht. Das hat auch den VorTeil, dass ComputerProgrammierer diesen ohneHin schon nutzen, da ProgrammierSprachenVariablen weder LeerZeichen noch BindeStriche entHalten dürfen.
Love & Peace
“Das Weltwissen. Wir erwarten bestimmte Dinge.”
Stimmt. Zum Beispiel nicht, dass auf einem Sprachlog die richtige Getrennschreibung als unwichtig angesehen wird. Man versteht sich ja auch so, nä?
Was mir erwähnenswert erscheint ist, dass Texte zunehmend auf Smartphones und Tablets geschrieben werden, mit Hilfe von Touchscreen Tastaturen, welche eine automatische Wort Vervollständigung bieten. Und diese automatische Vervollständigung kennt oft nur einfache Wörter, aber keine beliebig zusammen gesetzten. Hier gewöhnt man sich automatisch eine Schreibweise an, die Wörter getrennt zu schreiben um in den Genuss der Auto Vervollständigung zu kommen. So wie ich es hier getan habe. Manchmal mache ich mir die Mühe zurück zu gehen und die Abgehaktheit zu korrigieren. Manchmal aber auch nicht.
Bei der ganzen Aufregung um einen angeblichen Sprachverfall: Gerade in Firmen- und Markennamen ist die Getrenntschreibung überhaupt kein neues Phänomen, wie man etwa an „Bayerische Motoren Werke“ etc. sieht. Das nur als Beobachtung am Rande.
Pingback: In eigener Sache: Bindestriche sind toll – Deppenleerzeichen | Leerzeichen in Komposita
Vielen Dank allen Mitdiskutanten für diese tolle und überwiegend sehr respektvolle Diskussion hier. So was ist selten geworden und tut extrem gut (und tröstet auch ein wenig darüber hinweg, dass der Startpunkt dieser Diskussion ein böses Missverständnis und ein daraus resultierender heftiger Angriff gegen einen selbst war).
Diese zivilisierte Diskussion war auch der Grund dafür, dass ich nun versucht habe, einige der Missverständnisse auf Deppenleerzeichen.de selbst zu thematisieren, denn anscheinend ist das bis dato noch nicht so offensichtlich:
https://deppenleerzeichen.de/2017/05/05/in-eigener-sache-bindestriche-sind-toll/#nachtrag
Ich glaube, letztendlich reden wir hier aneinander auch ein bisschen vorbei. Aus Sicht der deskriptiven historischen Sprachwissenschaft, die Dr. Kristin Kopf betreibt, gibt es selbstverständlich keine „Deppenleerzeichen“. Das hilft nur auch nichts, wenn das eigentliche Problem ist, dass Leute, die professionell geschriebene Sprache produzieren, sich nicht an die dafür geltenden Regeln halten; das ist mindestens so arrogant wie das Verhalten, das mir in obigem Text vorgeworfen wird.
Davon abgesehen bin ich jederzeit offen für eine wissenschaftlichere, aber auch hinreichend knappe und pointierte Alternativbezeichnung für Leerzeichen in Komposita. Vorschläge bitte jederzeit gerne an tg@deppenleerzeichen.de.
Als ich zuletzt umzog, geschah das zu einer Adresse, deren Straßenbezeichnung noch früher, als meine Großmutter noch lebte und dort wohnte, allgemein, und, so meine ich mich zu erinnern, auch amtlicherseits wie “St.-Florian-Straße” geschrieben wurde. Ein Hinweis darauf ist, dass das Straßennamensschild (§ 45 Abs. 3 Satz 1 StVO) auch heute noch diese Schreibweise zeigt.
Als ich eingezogen war, wurde mir jedoch von der Meldebehörde die Schreibweise wie “Sankt Florian-Straße” in den Perso gedruckt, was mich nicht unerheblich irritierte. Wenn schon die Behörden entgegen simpelster Zeichensetzungsregeln schreiben, dachte ich, ist eh alles zu spät, und ich fügte mich, ohne einen Eklat zu provozieren. Im nicht-behördlichen Schriftverkehr konnte ich ja immer noch die gewohnte Schreibweise verwenden…
Doch dabei blieb zunächst die Angst, zumindest in der digitalen Welt künftig Probleme mit der alten, aber richtigen Schreibweise zu bekommen. Denn ich hatte schon einmal in einer Bahnhofstraße gewohnt, die in einem der einschlägigen, bei vielen Unternehmen zum Einsatz kommenden Adressverifikationssysteme fälschlicherweise als Bahnhofsstraße mit zwei ’s’ eingetragen war – so dass mir nicht selten bei der Registrierung meiner Adresse z.B. für eine Internetbestellung die richtige Angabe verwehrt und automatisch zur falschen korrigiert wurde.
Die gute Nachricht ist, dass Ähnliches mit der neuen Adresse deutlich seltener passiert als damals in der Bahnhofstraße – während ich aber ohnehin, beginnend spätestens mit der “Rechtschreibreform”, nach der Rechtschreibung ja schon offiziell etwas “egaler” geworden ist, inzwischen auch eine gewisse Leidenschaftslosigkeit in solchen Dingen entwickelt habe, die durchaus auch gesund für den Blutdruck ist.
Was speziell das »Deppenleerzeichen« anbelangt, haben mich »grammar nazis«, die sich von morgens bis abends über solche und ähnliche Lässlichkeiten in der Onlinekommunikation aufregen können, ohnehin schon gefühlsmäßig immer mehr abgestoßen als die Lässlichkeiten selbst – zumal solche Aufregung, wenn sie denn am Ort des Vorfalls öffentlich stattfindet, jede Kommunikation um einige Größenordnungen zuverlässig gravierender und nachhaltiger stört, als alles zuvor Vorgefallene dies jemals gekonnt hätte.
Nach der Lektüre dieses Artikels sehe ich mich nun auch insofern bestätigt, als dem Gefühl offensichtlich unterbewusst auch die richtigen Gedanken zugrundelagen. Wie auch die meisten hier bisher gegen den Artikel Einspruch erhebenden Kommentare zeigen, deren “Argumente” inhaltlich bereits im Artikel mehr oder weniger abgefrühstückt sind.
Wer als geistig nur durchschnittlich begabte/r Leser/in sich von derart “falsch” Geschriebenem in die Irre führen, im “Lesefluss” signifikant stören oder gar ärgern lässt, hat in erster Linie selbst ein Problem, genauer: macht sich eins. Denn objektive Gründe dafür kann ich angesichts der voraussetzbaren durchschnittlichen menschlichen Intelligenz, die ohnehin immer wieder gezwungen ist, eine konkrete Semantik aus dem Kontext zu erschließen, und die das auch zuverlässig leistet, tatsächlich keine sehen.
Vielen Dank an alle Freigebigen für die konstruktiven Beiträge zum Thema. Ich werde jetzt öfters einen Bindestrich setzen bei zusammengesetzten Wörtern, bei denen ich mich zur Zusammenschreibung gezwungen habe, z. B. Dharma-Unterweisungen.
Kann mir, bitte, noch jemand ein Beispiel mittels eines Satzes geben, was denn nun ein Chef Ingenieur ist? Mein Sprachgefühl hat da wohl einen Blinden Fleck. Danke!
Wer Sprache liebt (oder wem einfach nur an Verständlichkeit gelegen ist), geht sorgsam mit ihr um. Darum weiß ich nicht, wer ignoranter ist: Der, der Komposita mit einem Leerzeichen trennt, oder der, der Kritik daran als überheblich empfindet.
Das “Deppenleerzeichen” ist deshalb zu beanstanden, weil es die Lesbarkeit erschwert. Gegen SINNVOLLEN Sprachwandel ist überhaupt nichts einzuwenden.
Also, ich finde, dass in dem Beitrag insgesamt zu viele Leerzeichen sind. =:-) Ihr solltet Euch mal eine Silbentrennung gönnen. Gibt es automatisch (hyphenator.js).
Sorry, could not resist.
Es ist ein Unterschied, ob ich sage: “Deppen, Leerzeichen!” oder “Deppenleerzeichen.”
Wie sich eine Firma nennt und schreibt, ist ihre Angelegenheit, aber für alle anderen Fälle ist es so, dass die getrennt Schreibung aus Wirkungen auf die aus Sprache hat und die Bedeutung verändern kann.
Bei irgendwelchen Chatkommentaren kann’s einem ja egal sein, bei irgendwelchen Texten, die eigentlich gegen gelesen hätten werden müssen, stellt sich die Frage, ob sich wer das Geld oder die Arbeit gespart hat.
Demokratischer Sprach Wandel gut und schön, aber in wie fern stellt eine getrennte Schreibung eine Verbesserung dar?
Zum Beispiel: “Ich brauche Würfel Zucker.” Braucht die sprechende Person Würfelzucker? Oder mehrere Würfel Zucker? Oder _einen_ Würfel Zucker, hat aber den Artikel vergessen, was nicht zu kritisieren ist, weil sich Sprache ja wandelt? Oder braucht sie Würfel, und Zucker ist einfach ihre Anrede für mich als Lehnübersetzung aus dem Englischen, und die Komma-Pause war halt zu kurz?
Im Konzept der “Leichten Sprache” wird bewusst auf das Zusammengesetzte schreiben von Hauptwörtern verzichtet, um das Verständnis von Texten zu erleichtern. Zitat aus Wikipedia: “Die Leichte Sprache soll Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen, das Verstehen von Texten erleichtern.” Dadurch wird die Leichte Sprache zu einem Teil der geforderten Barrierefreiheit.
Ich kann mir nicht helfen, aber vielleicht lese ich auch einfach auf den falschen Seiten im Internet oder habe zu viele alte Texte von Karl May oder auch mal was Mittelhochdeutsches gelesen, aber mal ein wenig wegen ungewohnter Schreibung aus dem ach so viel gepriesenen Lesefluss gerissen zu werden, ist ja nun wirklich kein Beinbruch, so lange man den gesamten Text versteht, besonders wenn es sich um einen informellen Rahmen handelt. Viel wichtiger ist doch tatsächlich, dass jetzt mehr Leute an öffentlichen Diskussionen teilhaben (können) als das noch vor ein paar Jahren der Fall und wenn es sich dabei um die schöde Bewertung der Eisdiele um die Ecke handelt.
Klar, die Form ist die Verpackung, einen entsprechend geschriebenen Text lese ich grundsätzlich auch lieber, dennoch nützt die Form nichts, wenn der Inhalt nicht stimmt und beispielsweise eben aus den durchaus vorkommenden Beschimpfungen allein aus der Rechtschreibung resultierend bestehen. Wir, die es besser können, sollten nicht vergessen, dass es zum einen Menschen gibt, die es eben nicht besser können, zum anderen aber auch unser Schulsystem durchaus nicht so pralle ist, als dass es (funktionale) Analphabeten verhindern würde.
Daneben gibt es zwar etwas wie die deutsche Grammatik, aber wer sagt denn, dass sie überall gleich ist? (Ja, es gibt da §§, die umfassen aber eben nicht alles.) Die Dudenredaktion führt nicht jährlich irgendwelche aufwändigen Studien durch, um herauszufinden, wie es richtig heißt, wäre auch viel zu aufwändig. Das, was im Duden steht, ist eigentlich nichts anderes als eine Annäherung an eine eigentlich fiktive Hochsprache, die wohl letztlich keiner von uns tatsächlich spricht oder schreibt.
Vor diesem Hintergrund einen Schreiber mit der Korrektur seiner Rechtschreibung oder Grammatik argumentativ aushebeln zu wollen und gerade nicht inhaltlich auf das Geschriebene einzugehen oder noch schlimmer, die Schreibung als Grundlage für Beleidigungen herzunehmen, ist durchaus kein Zeichen für ein hohes Bildungsniveau, kommt aber immer wieder vor.
Konzentriert man sich zu sehr auf die Rechtschreibung und die verwendete Grammatik statt auf den eigentlichen Inhalt, schließt man Leute aus, die aber ebenso das Recht haben, sich zu äußern, wie jeder andere auch. Ich mochte es nicht glauben, aber das hat auch wieder Folgen im Reallife. Ich arbeite als Aushilfe in einem Betrieb, wo normalerweise Menschen mit Hauptschulabschluss ihre Ausbildung machen, ab und an jemand mit Realschulabschluss, seltener jemand ohne Abschluss. Die haben alle mehr zu sagen als ich und sind fachlich besser, nur habe ich, wie ein paar andere Aushilfen, eben den höheren Schulabschluss. Wegen eines Schichtsystems wurde zur Erleichterung für die jeweilige Übergabe ein Notizbuch für die wichtigsten Informationen eingeführt. Es stellte sich heraus, dass nur die Aushilfen Dinge in diesem Buch vermerkt haben. Die anderen Mitarbeiter mochten da nichts reinschreiben, weil sie sich nicht vor uns blamieren wollten, hatten sie doch selbst schon die Erfahrung gemacht, auf Grund ihrer schriftlichem Äußerungen im Netz abgewatscht worden zu sein. Schöne Scheiße! (Zu allem Überfluss kam der Vorwurf an mich, ich würde immer so unverständlich schreiben, ein normaler Mensch wisse nicht, was ich sagen wolle, mündlich sei das ja kein Problem, aber meine Texte … Viel zu lange Sätze und dann die ungewohnten Worte und obendrauf noch meine schwer leserliche Handschrift. Adressaten klar verfehlt.)
Man kann ja gerne über Sprache diskutieren, aber so lange Menschen einander verstehen, und das ist sowohl beim Behinderten-WC als auch beim Behinderten WC der Fall, sollte man die Wertigkeit aus der Diskussion nehmen. Zumindest ich breche ja auch nicht das Gespräch mit jemandem ab, nur weil er stottert oder taub ist, warum sollte ich dann das Lesen von Texten vermeiden, die ich als ein wenig holperig empfinde?
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Neben einigen nachvollziehbaren Argumenten enthält dieser Text leider auch Polemisierung.
Was ich argumentativ insbesondere für sehr bedenklich halte, ist, den Maßstab für die Verständlichkeit der Schriftsprache an der der mündlichen Kommunikation auszurichten.
Offensichtlich ist es der Verfasserin nicht bewusst, dass es Leute gibt, die Texte grundsätzlich schnell lesen und erfassen ( müssen). Gesprochene Sprache verhält sich im Vergleich zum Lesen nun mal wie snail mail zu e‑mail.
Abweichungen von der üblichen Zusammen — und Getrenntschreibung stellen aber für diese nicht unbeträchtliche Zahl von Lesern ein Hindernis und damit eine Verlangsamung bei der Erfassung eines Textes dar.
Somit trifft der liberale Umgang mit der Rechtschreibung gerade die, die auf schnelle Texterfassung angewiesen sind.
Verzicht auf korrekte Rechtschreibung bedeutet: Die Bequemlichkeit des Schreibers wird über die Rücksichtnahme auf den Rezipienten gestellt.
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@Helmut_Richter
(der Helmut Richter, der schon früher viel Kluges im Usenet gesagt hat?)
Spielt das Leerzeichen nicht nur dann eine Rolle, wenn sonst ein Bindezeichen steht? Es wird ja immer Vermögens(s)teuer geschrieben und nie Vermögen-Steuer. Gibt es denn relevante Beispiel von Begriffen, die direkt von der Zusammenschreibung zum Leerzeichen wechseln?
Mir ist das besagte Leerzeichen auch unangenehm, aber das dürfte mehr am Ungewohnten liegen.
@Gerald Fix: Dass Ihnen das unangenehm ist, liegt nur daran, dass es dieses Leerzeichen in der deutschen Grammatik schlicht nicht gibt. Komposita werden durch Fusionierung gebildet, manchmal auch durch Bindestriche, aber niemals durch Leerzeichen. Ihre Reaktion ist also eine sehr logische.
Noch eine kleine Anmerkung zur Ehrenrettung des Begriffs „Deppenleerzeichen“. Ich verwende ihn in Online-Diskussionen auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, aber nicht, um mich grundsätzlich über Mitmenschen zu mokieren, die die entsprechenden amtlichen Regeln nicht kennen oder missachten. Mir ist vielmehr oft aufgefallen, dass eine auffällige Korrelation besteht zwischen vom Standard abweichender Rechtschreibung (insbesondere in Bezug auf Zeichensetzung, Groß-/Kleinschreibung und eben Getrennt-/Zusammenschreibung) und einer aggressiven Haltung gegenüber „Migranten“ und Jugendlichen, die aufgrund angeborener Unfähigkeit oder übermäßig tolerierter Unwilligkeit angeblich nicht fähig sind, sich in eine vorhandene Gemeinschaft mit ihren eigenen Regeln zu „integrieren“ und deren Sprache korrekt zu verwenden. Beispiel: die aggressiven Reaktionen auf eine deskriptivistische Herangehensweise an das Thema „Kiezdeutsch“ à la: „Scheiß politische Korrekt Heit Migrations Hinter Grund ist kein Frei Brief, für Kids Deutsch“. In solchen Fällen mache ich gern mal darauf aufmerksam, dass wer im Glaushaus sitzt, die Finger von den Steinen lassen sollte… und zwar auch mit politisch unkorrekten Begriffen wie „Deppen Leer Zeichen“.
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Die Erwiderung auf die (tatsächlich) unbelegten und (vermeintlich) unbelegbaren Behauptungen von Bastian Sick besteht im Wesentlichen aus anderen unbelegten Behauptungen. Ich befinde mich also in bester Gesellschaft, wenn ich eine weitere hinzufüge, ohne sie zuvor durch wissenschaftliche Prüfung von knapp 1000 Google-Suchergebnissen evaluiert zu haben: Die letzte Rechtschreibreform mit all ihren Purzelbäumen hat zwar viel Sinnvolles mitgebracht, aber bei der Getrennt- und Zusammenschreibung hat sie durch einen unentschuldbaren Mangel an Logik erheblichen Schaden angerichtet und Verwirrung gestiftet. In diesem Trojanischen Pferd fand das Deppenleerzeichen über das immer schon vorhandene Maß hinaus Einlass in die Standardsprache.
Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass Werbung vor 30 Jahren fast schon als Hort der Sprachpflege gelten konnte.
Und nur der Vollständigkeit halber: “Rosa’s Kiosk” hat von der Dudenredaktion keinen Gegenwind (mehr) zu befürchten und der Deppenapostroph ist im Englischen ähnlich verbreitet wie im Deutschen.
Aktuelle Rechtschreibkorrekturalgorithmen kommen mit zusammengesetzten Haupt- und Eigenschaftswörtern übrigens überraschend gut klar. Alle Fehler in diesem Kommentar sind natürlich trotzdem ausschließlich der Korrekturfunktion meines Mobiltelefons geschuldet. Die Fehler, die es verhindert hat, bleiben unerwähnt. 😉
Ihr Beispiel “online banking” ist schlecht gewählt, da es sich nicht um ein getrennt geschriebenes Substantiv handelt, sondern um ein Substantiv mit vorangestelltem Adjektiv.
Lieber Herr Kopf. Betreffend Deppenleerzeichen schreiben Sie “Der Bindestrich ist, jede Wette, noch tausendmal verbreiteter als das Leerzeichen in Komposita…”. Mind. in technischen Texten und allgemein in Werbung und Produktmarketing sehe ich das ganz anders! Da genügt eine kurze Internetrecherche, um das bestätigt zu sehen. Ja; Deppenleerzeichen ist kein wiss. Begriff — aber oft ein nützlicher Wink mit dem Zaunpfahl an MINT-Studenten, ja sogar an meine Professorenkollegen.
Entschuldigen Sie — sehe gerade Frau Kopf…
“Man lese den folgenden Satz laut vor: ‘Wenn der Staat auf Vermögen Steuer erhebt, heißt es, dass er nicht auf Vermögen Steuer verzichtet.’ ”
Das kommt wahrscheinlich einfach daher, daß *keine alte Sau* “Vermögenssteuer” jemals so schreibt. Oder, etwas präziser: In den mehr als fünfzehneinhalb Milliarden Wörtern von DECOW16 findet sich diese Schreibung nur ein einziges Mal in eindeutiger Weise.
Dementsprechend erwartet man in ihrem Doofsatz einfach kein Kompositum und liest das Wort zunächst anders. Wodurch der Satz einfach keinen Sinn ergibt, bis man die Betonung eben doch ändert.
Man sieht, es ist Vorsicht geboten. Depp sein geht auch ohne Leerzeichen.
@Matthias Wagner:
Es ist wirklich nicht schlimm, daß Sie von Sprache nichts verstehen. Allerdings läßt sich das auch kürzer mitteilen.
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Nach der ultralangen Pause auf sprachlog.de erschien am 4. Mai endlich wieder ein Beitrag. Ich hoffte, zu meiner Gewohnheit Sonntag-Vormittag-Sprachlog-Lesen zurückkehren zu können. Jetzt ist wieder einen Monat nichts neues erschienen. Schade!
Was ist denn los?
Und noch Kommentar zum Artikel. Sehr spät, aber es gibt ja kein neues Thema.
Zitat:“ich wirklich keinen blassen Schimmer, was denn ein anderes sein soll als ein . Kann mir da jemand helfen? ”
Lese ich , stutze ich kurz, checke das Ingenieur kein Nachname ist und denke “ach, nur Bindestrich vergessen”. Dauert eine gefühlte Viertelsekunde und ist nur nervig, wenn es in einem Text oft passiert.
Wenn aber in einem Text über einen Getränkebetrieb vom die Rede ist, nehme ich an, das etwas über den Boss der Firma namens Brauer gesagt wird und nicht über den Leiter der Brauerei-Abteilung.
Gesprochen klingen die zwei Sachen auch verschieden. Bei kurzer Bruch; neue Betonung auf der ersten Silbe des Nachnamens. Es erscheint mir sinnvoll, dass sich dieser Unterschied in der gesprochenen Sprache auch in der Schreibweise niederschlägt. Beim Vorlesen des Textes hilft das.
Im gerade abgechickten Kommentar sind Dinge unverständlich, da ich nicht wusste, welchen Effekt spitze Klammern im Kommentartext haben. Deshalb die korrigierte Version.
(Wenn möglich, ersetzen. Danke!)
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Nach der ultralangen Pause auf sprachlog.de erschien am 4. Mai endlich wieder ein Beitrag. Ich hoffte, zu meiner Gewohnheit Sonntag-Vormittag-Sprachlog-Lesen zurückkehren zu können. Jetzt ist wieder einen Monat nichts neues erschienen. Schade!
Was ist denn los?
Und noch Kommentar zum Artikel. Sehr spät, aber es gibt ja kein neues Thema.
Zitat:“ich wirklich keinen blassen Schimmer, was denn ein ‘Chef Ingenieur’ anderes sein soll als ein ‘Chef-Ingenieur. Kann mir da jemand helfen? ”
Lese ich ‘Chef Ingenieur’, stutze ich kurz, checke das Ingenieur kein Nachname ist und denke “ach, nur Bindestrich vergessen”. Dauert eine gefühlte Viertelsekunde und ist nur nervig, wenn es in einem Text oft passiert.
Wenn aber in einem Text über einen Getränkebetrieb vom ‘Chef Brauer’ die Rede ist, nehme ich an, das etwas über den Boss der Firma namens Brauer gesagt wird und nicht über den Leiter der Brauerei-Abteilung.
Gesprochen klingen die zwei Sachen auch verschieden. Bei ‘Chef Ingenieur’ kurzer Bruch; neue Betonung auf der ersten Silbe des Nachnamens. Es erscheint mir sinnvoll, dass sich dieser Unterschied in der gesprochenen Sprache auch in der Schreibweise niederschlägt. Beim Vorlesen des Textes hilft das.
Herr Nickelsen, Ihre Ausführungen sind sachlich und logisch. Was mich aber weiterhin wundert, ist die Tatsache, dass die Autorin des Beitrags als Expertin nicht von selbst auf diese Argumente gekommen ist – und auch auf viele weitere nicht, die im Lauf der Diskussion genannt wurden. Zu all den Einwänden hätte ich zudem auch gerne mal eine Replik von Frau Kopf gehört, aber da scheint leider nichts mehr zu kommen.
Pingback: Lightroom-Basics, Deppenleerzeichen und Halbzeitshows – Johannes Mirus
Ich finde schon, dass man Bindestriche korrekt setzen sollte. Das Argument “Sie wissen ja, was ich meine” ist schon etwas lau denn dan könnte ich ja auch ganz auf Rehctshcreibnug und Interpunktion verzichten Sie wissen ja was ich meine. Es beeinflusst schlichtweg die Leserlichkeit von Texten und ich denke, dass man diese ruhig erwarten darf.
Abgesehen davon finde ich es übrigens schade, dass hier in dem Text der falsche Gedankenstrich verwendet wurde – nämlich ein Geviert- statt eines Halbgeviertstrichs. Zum Vergleich: — – — (Viertelgeviert‑, Halbgeviert- und Geviertstrich). Der Geviertstrich erzeugt eine unnötig große Lücke im Text und beeinflusst die Leserlichkeit, wie übrigens auch die spitzen Klammern.
Nachtrag: Seltsam, es mag wohl vielleicht an der Schrift hier liegen, aber jetzt sind ja alle Striche in dem Kommentar durcheinander 😀 Getippt habe ich die drei verschiedenen Striche hintereinander, aber ausgegeben werden dann leider andere, was den Vorführeffekt natürlich zunichtemacht, nunja.
(Ein letzter Test: — – —)
“Drei Monate ohne Grund Gebühr” ist aber schon was anderes als “Drei Monate ohne Grundgebühr”. Auch die Betonung fällt jeweils auf eine andere Silbe. Also entscheiden wir ja doch auch in der gesprochenen Sprache zwischen zusammengeschriebenen und getrenntgeschriebenen Wörtern.
Mit der Orientierung am Englischen hat der Artikel gar nicht so unrecht.
Meiner Erfahrung nach ist das aber nicht nur eine freiwillige Ausrichtung, sondern auch eine Vorgabe technischer Geräte.
Allem voran ist dabei die Autokorrektur bei Smartphones zu nennen. Diese trennt Komposita nämlich gerne auf. Das liegt vermutlich daran, dass die Technik aus dem englischen Sprachraum kommt und nicht alle möglichen Komposita zusätzlich zu den Einzelwörtern im Wörterbuch gespeichert sind.
Durch diese Autokorrektur kommen — oft unbeabsichtigt — viele falsche Leerzeichen in die geschriebene Sprache und werden nicht korrigiert, weil es mühsam ist und Zeit kostet und — ja auch das kommt vor — nicht wenige die Grammatik nicht sicher genug beherrschen um die Autokorrektur zu korrigieren.
Außerdem kann zwar Google mit deutschen Komposita umgehen, andere Suchmaschinen aber nicht, wie z. B. Ebay. Hier wurden sogar mit Absicht die Suchmöglichkeiten reduziert. So ist eine Suche mit der Wildcard “*” seit Jahren nicht mehr möglich, was massiv zur Getrenntschreibung von Komposita geführt hat, damit die Auktion trotzdem gefunden wird.
Ich persönlich vermute, dass solche “zwangsweisen” Änderungen des Sprachgebrauchs maßgeblich zum inflationären “Deppenleerzeichen” (dieses Wort ist immer noch griffiger als “Getrenntschreiben von Komposita”) geführt haben.
Und das führt, insbesondere in Verbindung mit weitgehend eingesparten Satzzeichen, zu schwieriger verständlichen Sätzen bzw. gar zu nicht auflösbaren Sinn-Unklarheiten.
Eine Nebenwirkung dieser Gewöhnung an die Trennung von Komposita sind dann Formulierungen wie “es geht Berg ab” (gelesen in einer WhatsApp-Unterhaltung.
Solche Entstellungen zeigen m. E. eindrucksvoll, wohin die Reise geht, wenn sich diese Entwicklung fortsetzt.
“Chef Ingenieur” ist doch etwas anderes als “Chefingenieur”.
Beim ersten spricht man einen Ingenieur als Chef an: “Hey, Chef Ingenieur, komm mal her Bier trinken, es ist Pause.”
In diesem Beispiel geht es nicht darum, ob dieser gemeinte Ingenieur tatsächlich Chefingenieur ist.
Ein Chefingenieur ist Chef einer Ingenieursgruppe. Ein Ingenieur, der Chef von Ingenieuren ist.
Ein Bauingenieur auf der Baustelle ist dagegen kein Chefingenieur. Sprechen ihn seine Arbeiter mit “Chef Ingenieur” an, wie in obigem Beispiel, wird er deswegen nicht zum Chefingenieur befördert.
Doch, das Deppenleerzeichen gibt es.
“So genannt” heißt ja auch was anderes als “sogenannt”.
Oder spöttisch gemeint: Da hat sich ein Ingenieur als Chef aufgespielt.
“Jawoll, Chef Ingenieur, ihre Instruktionen werden ausgeführt!”
Es gibt inzwischen einen Fachbegriff für das Deppenleerzeichen: Agovis. Zuerst in diesem Artikel gefunden: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/aus-dem-maschinenraum/digitale-rechtschreibung-wir-stottern-weil-die-software-es-so-will-13321077.html .
Aus meiner Sicht ist der Begriff “Deppenleerzeichen” eher humorvoll als abwertend gemeint. Er ist plakativ, überspitzt, leicht verständlich und wohl dem “Deppenapostroph” nachempfunden. Wer Deppenleerzeichen setzt, ist nicht automatisch ein Depp, sondern schreibt deppert.
Wie hier mehrfach gezeigt wurde, führt die deutsche Substantiv- oder Adjektivkomposition zu inhaltlichen Bedeutungsunterschieden, die sich sehr wohl auch in der Betonung niederschlagen.
Der Vergleich zum Englischen liegt nahe (obwohl es auch dort “doorbell”, “spokesman”, “software” und anderes gibt), greift aber zu kurz. Die Art, wie wir Substantive und Ajektive im Deutschen zusammensatzen, ist tatsächlich anders als im Englischen. Das ist sehr gut an den Fugen in “gebrauchsfertig”, “Umstandsmode” und “Klassensprecher” zu erkennen.
Wenn das überflüssige Leerzeichen als Deppenleerzeichen bezeichnet wird, so mag das unangebracht sein, weil despektierlich. Und der Chef Ingenieur bzw. Chefingenieur ist wahrlich kein gutes Beispiel für die Ausdrucksmöglichkeiten. Deutlicher wird es am Beispiel Schreinermeister und Schreiner Meister. Ohne Leerzeichen steht es für einen Schreiner mit Meisterbrief und mit Leerzeichen für einen Schreiner namens Meister, hier bleibt jedoch offen, ob Herr Meister auch einen Meisterbrief hat! Und bei Veltins Arena erhebt sich die Frage, wer denn wohl der Veltin ist, dessen Arena auf Schalke steht.
In aller Regel ist hier die Betonung der Schlüssel zur Rechtschreibung. Wenn man Schreiner Meister so betont wie Kanzlerin Merkel, dann ist der Fall klar. Den Schreinermeister muss man betonen wie z.B. Hundesteuer, nämlich vorne!