Unwort des Jahres 2016: Volksverräter.

Von Anatol Stefanowitsch

Die „Sprachkri­tis­che Aktion“ hat ger­ade das Unwort des Jahres 2016 bekan­nt­gegeben: Volksver­räter. Damit set­zt die Jury unter Leitung mein­er Darm­städter Kol­le­gin Nina Janich kon­se­quent die Kri­tik an rechter und recht­es Han­deln ver­harm­losender Sprache fort, die sie 2013 mit dem Unwort Sozial­touris­mus begonnen und sei­ther mit Lügen­presse (2014) und Gut­men­sch (2015) fort­ge­set­zt hat.

Die zunehmende Nor­mal­isierung rechter Inhalte und rechter Sprache im öffentlichen Diskurs ist eine erschreck­ende Entwick­lung und man kann es der „Sprachkri­tis­chen Aktion“ nicht hoch genug anrech­nen, dass sie jedes Jahr aufs neue auf diese Entwick­lung hinweist.

Volksver­räter ist ein Begriff, der his­torisch schon zwei sprach­liche Kon­junk­tur­phasen hat­te. Zum ersten Mal nimmt seine Häu­figkeit im Sprachge­bauch im ersten Weltkrieg zu und sinkt dann wieder ab, um dann in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus einen sprung­haften und nach­halti­gen Anstieg zu erleben, der in den 1950er und 1960er Jahren langsam wieder nachlässt.

Die Häu­figkeit­sen­twick­lung liest sich also wie eine Fieberkurve völkischen Denkens in Deutsch­land, und dass das Wort inzwis­chen wieder laut auf der Straße gerufen wird, zeigt, dass die aktuelle, häu­fig als „recht­spop­ulis­tisch“ ver­harm­loste Stim­mung in großen Teilen der Gesellschaft diskur­siv direkt an dieses Denken anschließt.

Wer mehr wis­sen will – ich bin ab 12:10 im Kul­tur­ra­dio des rbb zu Gast, um mit Mod­er­a­tor Frank Rawel und dem Kolum­nis­ten Har­ald Marten­stein über Unwörter all­ge­mein und das Unwort des Jahres im Beson­deren zu disku­tieren. Später bin ich dann noch im Deutsch­landra­dio Kul­tur zu Gast, Details folgen.

2 Gedanken zu „Unwort des Jahres 2016: Volksverräter.

  1. Michael

    Guten Tag,

    ich habe soeben ihre Aus­führun­gen im rrb Kul­tur­ra­dio gehört und stimme diesen prinzip­iell zu.

    Lohnenswert emp­fand ich auch die Forderung der let­zten Anruferin nach mehr Def­i­n­i­tio­nen. Speziell im poli­tis­chen Diskurs ist es mit­tler­weile üblich, dass Begriffe ver­wen­det wer­den, deren Ursprünge sowie Bedeu­tungsvielfalt der­art kom­plex sind, dass ohne gemein­same Grund­lage meist jed­er tief­ere Dia­log verun­möglicht wird. 

    Sowohl auf link­er als auch auf recht­spop­ulis­tis­ch­er Seite müsste man da viel mehr nach­hak­en, wer&was mit speziellen Begrif­f­en eigentlich gemeint ist, bevor man über­haupt eine sin­nvolle Diskus­sion starten kann.

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